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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.09.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020909026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902090902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902090902
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-09
- Tag 1902-09-09
-
Monat
1902-09
-
Jahr
1902
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Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesürderung 00.—, mit Postbesürderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 9K. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 9. September. Am Ende voriger Woche sahen wir uns veranlaßt, die durch nichts gerechtfertigte Forderung der „Times", die eng lischen Gäste unseres Kaisers bei den deutschen Kaiser- manövern möchten mit besonderer Aufmerksamkeit behandelt werden, rurückzuweisen und bei dieser Gelegenheit die alte, die Anbahnung eines besseren Verhältnisses zwischen den Be völkerungen beider Reiche sehr erschwerende Anmaßung des Londoner Cityblattes abermals zu kennzeichnen. Dir Ge rechtigkeit legt uns heute die Pflicht auf, eine andere Auslassung desselben Blattes hervorzuheben, die von An maßung weit entfernt ist und den Beweis zu liefern scheint, daß in der englischen Presse doch allmählich Ver- sländniß für das wach wird, was Deutschland vor England voraus hat und diesem Anlaß zu Bescheidenheit geben sollte. Während nämlich während des südafrikanischen Kriegs die englische Presse sich bemühte, die Mängel der eigenen Kriegs führung durch Herabsetzung der deutschen DiSciplin zu ver decken, erkennen jetzt die „Times" in einer vergleichenden Charakteristik der deutschen und der englischen Heeresleitung die wissenschaftliche Ueberlegenheit der deutschen obersten Militärbehörde rückhaltlos an und empfehlen sie dem britischen Kricgsamte als nachahmenSwertheö Beispiel. Es heißt in dem Artikel: „Auf dem bewunderungswürdigen Zusammenwirken der leitenden intellektuellen Kräfte ist die gejammte Organisation Les deutschen Hceressystcms ausgebaut, aber das ist nur die Grund lage, aus der sich alles Uebrige, die Lösung der mannigfaltigen Fragen und Ausgaben entwickelt. Die deutsche Heeresleitung begnügt sich nicht damit, Mittheilungen, Berichte rc. über alles in mili tärischer Hinsicht irgendwie Wissenswerthe aufzuhäufen und, wohl gesichtet und geschichtet, in den Archiven zu verwahren. Die in diesen Berichten enthaltenen Erfahrungen werden größeren Kreisen zugänglich gemacht, die Tragweite jedes ein- zelnen Falles eingehend geprüft und verwerthet, alle sich daran- ergebenden Probleme sorgfältig erwogen und vom Standpunkte der modernen Kriegswissenschaft beleuchtet und Praktisch erprobt. Solche Arbeit zu leisten, ist unser Kriegs amt völlig unfähig, wie der Krieg bewiesen hat, und es werden auch keinerlei praktische Versuche gemacht, diese- Ziel zu erreichen. Bei Beginn des Kriege- war ein umfangreiches und ziemlich zuverlässiges Nachrichtenmaterial vorhanden, aber cs fehlte durchaus an einer systematischen Verarbeitung dieser iickormatorischen Quellen und demgemäß an einer praktischen Verwerthung der darin enthaltenen Fingerzeige und Lehren. Es ist dagegen kein Geheimniß, daß der Generalstab in Berlin besser als unser eigenes KriegSamt und vor Beginn der Feindseligkeiten die Natur des Krieges und seine Aufgaben gekannt hat. Und dabei ist zu bedenken, daß, obwohl man in Deutschland den Verlauf der Ereignisse in Südafrika mit schärferen Augen verfolgt hat als in irgend einem andern Lande, von einer eingehenden Beschäftigung mit den vielseitigen Fragen und Interessen der südafrikanischen Gebiete nicht die Rede sein konnte. Trotzdem wurden, natürlich lediglich für theoretische Zwecke und Ziele, seitens deS deutschen General stabes außerordentlich sorgfältige Studien und Vorarbeiten für einen Feldzug in Südafrika angesertigt, während andererseits das Lon doner KriegSamt keinerlei Pläne von irgendwelcher praktischer Bedeutung und Verwendbarkeit vorzulegen vermochte." Diesen Ausführungen deS Londoner CityblatteS, die ledig lich das in Deutschland seit langen Jahrzehnten bestehende Urtheil über die Thätigkeit seiner obersten Militärbehörden bestätigen, kann hinzugesügt werden, daß auch während des Krieges das Interesse der deutschen Heeresleitung an den Operationen auf dem südafrikanischen Kriegsschauplätze nicht erlahmt ist und daß die probeweise Anwendung der sog. Boeren- taktik bei den Felbdienstübungen eines Theilcs der Infanterie als ein Ergebniß der vom deutschen Generalstabe gemachten Beobachtungen zu betrachten ist. DaS dürfte auch den mili tärischen Gästen des Kaisers zum Bewußtsein kommen und sie nicht nur vor ungerechtfertigten Ansprüchen auf besonders ausgezeichnete Behandlung bewahren, sondern sie auch nach ihrer Rückkehr in die Heimath zur Dämpfung etwaiger neuer UeberhebungSgelüste der englischen Presse veranlassen. Täglich mehren sich die Klagen und die Besorgnisse über die in letzter Zeit gestiegenen Flcischpreisc, welche die Er nährung weiterer VolkSkrcise, namentlich der ärmeren Classen, ungünstig beeinflussen. Diese Befürchtungen werden nicht nur in Gegenden mit überwiegend städtischer Bevölke rung, sondern auch in ländlichen Bezirken laut. Von extrem agrarischer Seite fertigt man das Drängen nach Einfuhr ausländischen Fleisches, um der in der That bestehenden und stetig zunehmenden Fleischnoth und Fleischverthenerung entgegen zu treten, mit dem Bemerken ab, die ganze Preis steigerung beruhe lediglich auf einer künstlichen Machenschaft der Händler, Commissionäre und der mit ihnen in Ver bindung stehenden Metzger, um dadurch einen Druck auf die Negierung auSzuüben, die Grenzen zur Einfuhr von aus ländischen Schweinen zu öffnen. Derartige Machen schaften sind ja allerdings da und dort nackgewicsen, aber aus den amtlichen Stanstiken geht unwiderleg lich hervor, daß eine so erhebliche und andauernde Preissteigerung sich nicht lediglich durch künstliche Einwirkung hervorbringen läßt, sonderen einen anderen Grund haben muß: den der unzureichenden Fleischproduction im In lande. Die „Kreuzztg." verzichtet denn auch darauf, die Fleischnoth gänzlich zu bestreiten, aber statt diese als Ursache der Fleiichtbeuerung anzuerkennen, macht sie für die letztere die städtischen Schlachthäuser, die besser, fast luxuriös ausgestatteten Metzzerläden und andere Erscheinungen verant wortlich, die längst vorhanden waren, als die Tbeuerung ein trat, und also deren alleinige oder auch nur wesentlichste Ursache nicht sein können. Schließlich tröstet sich die „Kreuzztg." damit, daß die Fleischtheuerung eine vorübergehende Er scheinung sei; namentlich im Preise der Schweine herrsche ein rascker Wechsel und seien diese Preise heute hoch, so würden sie vielleicht in 6—8 Wochen, also nach der Kartoffel ernte, wieder niedrig sein. Mit solcher Vertröstung ist aber der minder begüterten Bevölkerung um so weniger gedient, je weniger zu erwarten ist, daß die Voraussage der „Kreuzztg." sich erfüllen werde. Hat doch die Fleischtheuerung nach dem Urtheile sachverständiger und objectiver Beurtheiler folgende Ursachen. Einmal mußte die Landwirthschaft in Folge des Futtermangels im vorigen Jahre den Viebbestand bedeutend vermindern; andererseits versprachen dieses Frühjahr die Futterpflanzen reichen Ernteertrag; dies veranlaßte einen großen Theil der Landwirthe, den verminderten Viehbestand wieder zu vervollständigen; sie erschienen als Käufer und nicht als Verkäufer für das Vieh, dessen Antrieb auf den Viehmärkten sich in Folge dessen bedeutend ver ringerte. DaS hierdurch bedingte verminderte Angebot rief Viehmangel ;und naturgemäß Steigerung der Fleischpreise hervor. Die aus diesen beiden Ursachen entspringende Fleisch- notb kann sich frühestens im Verlaufe von einigen Monaten ausgleichen. Aber bis dahin drücken die erhöhten Fleischpreise doppelt schwer auf die ärmeren Volksclassen wegen der dar- niederliegenten ArbeitS- und Lohnverhältnisse. Wenn man nun auch der drohenden Verseuchungsgefahr halber von der Oeffnung der Grenzen zur Einfuhr von lebendem Vieh aus dem Auslande Abstand nehmen will, so könnten doch unter voller Berücksichtigung und Wahrung des Reichsgesetzes Preußen und die übrigen Bundesstaaten durch die Ein führung frisch geschlachteten VieheS, das an den Ein- sührungSstellen unter amtlichen Verschluß genommen würde und den städtischen Schlachthäusern zur Untersuchung zu ginge, der Besorgniß erregenden Fleischtheuerung ein sofortiges Ende bereiten. Diese Maßregel würde so lange im er forderlichen Umfange aufrecht zu erhalten sein, bis jene oben bezeichneten Ursachen der Fleischnoth und -Tbeuerung einen natürlichen Ausgleich durch die vermehrte inländische Fleisch production und das vermehrte inländische Angebot gesunden hätten. In der gesummten deutschen Presse, soweit sie nationalen Empfindungen nicht gänzlich unzugänglich ist, wird es mit Ge- nugtbuung begrüßt, baß das deutsche Kanonenboot „Panther" bei Haiti ein Exempel statuirt hat. Das war, schreibt u. A. die „Kölnische Zeitung", die Lösung, die gegenüber einem von der Cultur nur an der Oberfläche beleckten Negergesindel am wirksamsten war, denn nur der bleiche Schrecken vermag eS im Zaume zu halten. Nach den vorliegenden Meldungen lag Seeraub vor. Die „Erste S, Pierrot, die zu dem Präsidentschaftsbewerber Firmin hält, hatte die „Markomannia" sestgehalten, durchsucht und eine Sendung Munition und Waffen, die sie führte, in Beschlag genommen. Die feindlichen Brüder auf Haiti mögen sich gegenseitig die Köpfe nach Herzenslust blutig schlagen, kriegführende Parteien im Völkerrecht, lichen Sinne sind sie darum nicht; am allerwenigsten haben die Aufständischen die Rechte einer kriegführenden Partei. Jeder Angriff, den sie auf fremdes Eigenthum machen, ist daher widerrechtlich und der Verletzte Lars sein Recht suchen mit den schärfsten Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen. In diesem Falle mußte die Strafe bei dem Charakter der Frevler ganz besonders drastisch sein; hätte man dieses Gesindel zimperlich angesaßt, so wär» ihm seine Frevelthat kaum klar zum Bewußtsein gekommen, weil es die geringer» Energie als Schwäche aufgefaßt hätte. Diese Gefahr ist nun vermieden, und es ist zu hoffen, daß den schwarzen Gesellen für eine Weile die Lust, sich an deutschem und fremdem Gut überhaupt zu ver greisen, benommen ist, denn auch den Angehörigen der übrigen Nationen kommt die Lehre, die der „Panther" den Haitianern er- theilt hat, zu gut, weil sein Vorgehen für den Schutz fremden Eigenthums vorbildlich ist. Für unsere Marin» ist diese Execution als Ruhme-that kaum zu bezeichnen; dazu war der Gegner zu er bärmlich. Aber sie ist immerhin ein erfreuliches Zeichen dafür, daß unsere Flotte den deutschen Namen vortrefflich zu vertreten versteht, selbst da, wo sie nur geringe Mittel zur Verfügung hat. Man ge winnt aus diesem Zwischenspiel die Ueberzeugung, daß deutsches Eigenthum und der deutsche Name wohl geborgen sind, wo die Flagge unserer Krieg-marine weht. Die „Vossische Zeitung" bemerkt: Ob die Gewehre, welche die „Markomannia" geführt hat, für die provisorische Regierung bestimmt waren oder nicht, muß dahin- gestellt bleiben. Es sind bisher keine Mittheilungen darüber gemacht worden. Jedenfalls war die Flagge Les haitischen „Admirals" Killik von Niemandem anerkannt und sein gewaltthätiges Vorgehen wurde daher nicht bloS von dec deutschen Regierung, sondern, wie gemeldet worden ist, von dem gejammten diplomatischen Corps in Haiti als Seeraub qualificirt. Das deutsche Kriegsschiff hat in Folge dessen kurzen Proceß mit dem Admiral und seinem Schisse gemacht. Tas Maß der Sünden Killik's war bereits zum Ueberlaufen voll. Er war eS, der vor einiger Zeit ein Bombardement gegen die Hasen stadt Cap Haitien unternahm, ohne das dortige diplomatische Corps vorher von seiner Absicht verständigt zu haben, er hauptsächlich wird als Urheber de- jüngsten großen Brandes der Stadt Goave angesehen, er hatte die Anmaßung, zu verlangen, daß die von ihm erklärte Blockade der haitischen Häfen, für die er lediglich sein einziges Schiff verwenden konnte, als effektiv betrachtet werde. Für die Interessen fämmtlicher civilisirteu Mächte in deu mittelamerikanischen Gewässern ist die Vernichtung des „Erste ä. Pierrot" von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Die Mächte haben sich dort gar viel gefallen lassen, bis endlich ein warnendes Beispiel gegeben wurde, das auch außerhalb Haitis beachtet werden muß. Uebrigens hat „Admiral" Killik schon seit Wochen und Monaten auf fremde Kauffahrer gefahndet, um sich etwaiger, an deren Bord befindlicher Waffen zu bemächtigen. Im August hatte er eö auf das amerikanische Schiff „Paloma" abgesehen, doch ließ er schließlich aus Furcht vor dem amerikani schen Panzer „Machias", der sich damals in den haitischen Ge wässern befand, die Hand davon. Weniger gefährlich erschien ihm daS Wagniß, sich an einem deutschen Schiffe zu ver greifen. Er brauchte Waffen und Munition, und da er sie nicht kaufen konnte, so raubte er sie, indem er die „Marko mannia" anhielt und sich ihrer Ladung bemächtigte. Wie arg er sich geirrt hat, und wie schlecht ihm die Unterschätzung deutscher Schneidigkeit bekommen ist, haben wir gesehen. Das „Deutsche Tagblatt für Ungarn" (TemeSvar) bringt eine Zusammenstellung der 65 ungarischen Städte, in denen nach ofsiciellen Angaben der letzten Volkszählung mehr als 1000 Deutsche wohnen. Es sind dies die Städte: Pest mit 104 520 Deutschen, Preßburg mit 33 202, TemeSvar mit 27 051, Oedenburg mit 17 924, Hcrmannstadt mit 16 151, Werschctz mit 13 378, Essezg mit 12 436, Kronstadt mit 10 644, Groß-Becskerek mit 8055, Aünfkirchcn mit 7717, Panscova mit 7434, Semlin mit 7086, Neusatz mit 6483, Großkikinda mit 6442, Ung.-Weißkirchen mit 6245, Lugos mit6241, Bistritz mit 5887, Arad mil5643,Schäßburgmit5462, Agram mil4250,Güns mit 4146, Mediascd mit 3833, Munkacs mit 3820, Kaschau mit 3446, Käsmark mit 3408, Szegedin mit 3174, Sächsisch- Reen mit 2939, Dobsckau mit 2790, Mitrowitz mit 2742, Göllnitz mit 2686, Zvmbor mit 2564, Tyrnau mit 2564, Eisen stadt mit 2369, MarmaroS-Sziget mit 2329, Neutra mit 2312, Mühlbach mit 2253, Jglau mit 2042, KaransebeS mit 2082, Kremnitz mit 1950, Fiume mit 1945, Maria-Tberesiopel mit 1822, Klausenburg mit 1784, Leutschau mit 1755, Bösing mit 1752, Steinamangcr mit 1729, Bartfeld mit 1721, Eperies mit 1705, Gyula mit 1648, Baja mit 1571, I Leibitz mit 1486, Rust mit 1446, Szepesbela mit 1441, I Großwardein mit 1404, Brod mit 1399, Broos mit I 1321, Karlsburg mit 1261, Komorn mit 1234, Neusobt I mit 1179, Peterwardein mit 1156, Miskolcz mit 1153, Feuilleton. 8j Der Liebeshandel. Roman von Rudolf Hirsch berg-Jura. Nachdruck vtrboien. Um Robcrt's Lippen zuckte cs rvchmüthig spottend, und mit ungewohnter Wärme erwiderte er: „Du meinst, Dn hast sie lieb? Ich begreife sehr gut, was das heißen soll. Aber ich glaube Dir's nicht, .ich glaube nicht, daß Du sic lieb hast. Du magst ein zärt liches Gefühl für sic empfinden, vielleicht sogar eine be gehrende Leidenschaft, Du möchtest das schöne Mädchen haben. Aber lieb haben ist das nicht. Lieb haben heißt rücksichtsvoll sein, sich nnterordnen, nicht das Leine suchen! Glücklich sein in dem Gedanken, dem Anderen Alles leicht zu machen. Deine Liebe aber ist die Selbstsucht. Du willst nur empfange«, nicht geben. Nicht einmal die Ehre der Wahrheit gicbst Du Deiner Liebe, versteckst sic vor der Welt und schämst Dich ihrer!" „Im Gcgenthcil! Ich habe mich nicht versteckt vor der Ocffentlichkcit, sondern mich einfach nicht um die Außenwelt gekümmert. Ich hielt cs nicht für nöthig, mein Glück in alle Welt hinauszuschreien. An all' den vorschriftsmäßigen Formelkram, wie VcrlobnngSkarten und dergleichen, denkt man eben nicht, wenn man von den seligsten Gefühlen be geistert ist!" Ter Rechtsanwalt bezwang seine Erregung noch ein mal und sprach jetzt kälter und ruhiger: „Begeistert bist Du? Natürlich, das ist ja die herrlichste Entschuldigung jugendlicher Herzen, und die wohlfeilste zugleich. Begeisterung macht sich von allen Bedenklichkeiten des Verstandes frei und stürmt blindwüthend auf den lockenden Köder oder daS rothe Tuch ein, bas man ihr vorhält. Begeisterung ist die gefährliche Wurzel jedes Wahnwitzes. Nützlich wird sie allenfalls in der Hand des Weisen, der sie zu klugen Zwecken etnzuimpfcn versteht. Denn wer zu dumm ist, die Zweckmäßigkeit eines Bor habens einzusehcn, den packt man mit Begeisternng. Also der verdächtige Seelenzustand, dessen Du Dich rühmst, ist nur etwas für minberwerthige Köpfe. Ein ganzer Mann sollte sich niemals „begeistern", ebenso wenig sich „ver lieben"!" Ernst wußte, daß «I mit dem «roll seines Bruders ge wöhnlich zu Ende war, so bald er sich nach seiner Gewohn heit in einigen Wcishcitssprüchen Luft gemacht hatte. Scherzend erwiderte er daher: „Na, jedenfalls wirst Du mir für meine Begeisterung oder mein Unrecht, wie Du cs nnn nennen willst, einen mildernden Umstand zubilligen, der Dir nicht entgangen sein durfte: Käthc's Schönheit und Liebenswürdigkeit!" Da aber brach Robert mit erneuter Hitze los: „Einen mildernden Umstand nennst Du das? Er macht Dein Vergehen nur desto schlimmer! Es ist geradezu erbärmlich, in welch' zweideutige Lage Dn dies prächtige, anbetungswürdige Geschöpf gebracht hast. Wer Euren Verkehr beobachtet hat, muß ja schlecht von Fräulein Wendelin denken, die doch jeden Mannes ehrliche Hoch achtung verdient. Ich selbst habe gestern derartig zu ihr gesprochen, daß ich mich schäme und es ihr auf den Knien abbittcn möchte. Daran bist Du Schuld! Du hast meiner wohlmeinenden Warnungen nicht geachtet und ihr einfaches Leben in die schimpflichste Verwirrung gebracht. Nun siehe zu, wie Du das wieder auflöscst! Sonst bist Du nicht wcrth, daß ich nur noch eine Hand für Dich rtthre!" Ernst erschrak. Er fürchtete für seinen monatlichen Zuschuß. Kleinlaut antwortete er: „Ja freilich, jetzt sehe ich es ganz deutlich ein, wie Recht Du gehabt hast und wie gnt Du es mit mir meintest, als Du mir die Heirath verbotest." „Ich habe Dir nichts verboten!" „Oder als Du mir davon abriethest. Es ist wohl noch nicht zu spät für mich, diesem Rathe ehrlich und ganz zu folgen. Noch heute mache ich mich ganz frei. Es ist doch immer das Beste, den Knoten mit einem entschlossenen Hiebe zn durchschneibcn." „Dafern am Faden nichts gelegen ist! Hier aber gilt eS ein Menschenherz. Da ist das Durchschneiden kein Heldenstück, sondern eine Rohheit. Hättest Du damals Selbstbeherrschung gezeigt! Jetzt ist zu solcher Kraftprobe nicht mehr die Zeit. Was Du geschürzt hast, das mußt Du nun redlich entwirren!" „Was willst Du denn, daß ich thun soll?" fragte Ernst erstaunt. „Was Dn thun sollst?" antwortete Robert und schüttelte milde lächelnd den Kopf. „Ist denn bas so schwer zu rathen? Oder hast Du nicht mehr den Muth, Dich Deinem ehrlichsten, wärmsten Triebe bedingungslos zu überlassen ? Hctrathen sollst Du Deine Käthe! Glücklich soll sie werben 17 „Du selbst sagst mir " „Komm, komm", unterbrach ihn Robert herzlich, faßte ihn bei beiden Händen und führte ihn zum Schreibtisch, wo er ein NcchnungSbuch aus der Schublade nahm und eS mit zitternden Fingern anfklappte. „Hier ist mein letzter Jahresabschluß", sagte er. „Wie Dn siehst, habe ich keine schlechten Geschäfte gemacht. Wenn Dn nun Kopf und Herz auf dem rechten Flecke hast, dann thust Du Dreierlei: Erstens holst Du Dir das Jawort Fräulein Wcndclin's, zweitens reichst Du Deinen Ab schied bet der Justiz ein und drittens trittst Du an dem selben Tage, an dem Tu aus Deiner Civilkammcr heraus spazierst, in meiner Anwaltskanzlei als Theilhabcr ein." Ernst blickte starren Auges in das Buch und rief: „Robert, so hoch hätte ich Deine Praxis niemals ein geschätzt. Herr Gott, wir sind ja reich, und ich habe bei nahe das Einkommen eines Ministers! Ein solches Ge schenk anzunehmcn, sollte ich mich eigentlich schämen. Aber ich time cs für Käthe!" „Ach was, Geschenk!" versetzte Robert mit brummiger Stimme, aber seine Augen leuchteten. „Jetzt schenke ick; Dir nichts mehr. Ein Ehemann darf nicht von der Gnade seines Bruders abhängcn. Er muß durchaus auf eigenen Füßen stehen. Nicht wahr? Wir machen also einfach ein Geschäft miteinander, und ich schlage Dir folgende Be dingungen vor: Ich zahle Dir das Doppelte Deines jetzigen Gehalts, also monatlich 300 und bc- thcilige Dich außerdem im ersten Jahre mit einem Sechstel, im zweiten mit einem Fünftel und im dritten mit einem Viertel am Gewinne unserer gemeinsamen Praxis." „Abgemacht", rief Ernst und schlug in die dargebotene Hand. „Rechne das ganz, wie Du willst. Ich bin mit Allem einverstanden. Weiß Emilie schon darum?" Emilie wurde herbcigeholt. Die Art, wie Robert sein Versprechen, die Angelegenheit zn beendigen, cingelüst hatte, kam ihr sehr unerwartet. Doch schnell erholte sic sich von ihrer Ucberraschung und sagte zögernd: „Meinen Glückwunsch, Ernst! Vielleicht ist eS so am besten. Bis jetzt war ich eigentlich nicht recht einverstanden mit Deiner Wahl. Aber Robert trifft ja immer das Rich tige. Na, und wenn Ihr Euch wirklich heirathet und Deine Braut doch natürlich vom Theater abgeht, da kann schließlich kein Mensch mehr etwas Unpassendes dabei finden. Ick; freue mich, Deine Braut jetzt näher kennen zu lernen. Wenn ich mir's recht überlege, hat sie mir eigent- ltch schon gestern Abend aar nicht schlecht gefallen. Ich denke, sie wird sehr gut zu uns passen. Bringe sie uns nur recht bald!" Als Ernst eilig davongegangcn war, um diesen Wunsch der Schwester möglichst bald zu verwirklichen, und Robert nachdenklich zu Boden blickte, streichelte sie ihm sanft die Hand und sagte herzlich: „Dn hast Dich wieder einmal großmüthig gezeigt! Ich bin stolz ans Dich, Robert." „Ach, sprich doch nicht auch den Unsinn, den ich mir ohnehin sckwn selbst vorerzähle. Man bleibt wahrhaftig zeitlebens ein eitles, läppisches Kind. Es muß wobt nn möglich sein, einmal wirklich verständig zu werden, so nahe man auch schon dem Schwabcnaltcr ist. Hat man einmal etwas einigermaßen Kluges und Verständiges gcthan, so wie ich jetzt eben, sofort zeigt sich der Rückschlag. Man bespiegelt sich recht selbstgefällig und kommt sich äußern edel und erhaben vor. Verfluchte Dummheit!" Völlig frei von solchen nachdenklichen Grübeleien, schritt Ernst frohgcmuth durch die Ringanlagen dahin. Auf den Spitzen der Zweige lag schon der gclbgrünc Schimmer springender Knospen. Es war heute der erste echte Frnü- lingsmvrgen. Kein Heller Glanz trügerischen Winter sonnenscheins lag auf den Wegen. Feucht war die Lust, und den blauen Himmel bedeckten weiße Wolken. Aber der kühle Morgenwind blies weich nnd leise und verbreitete einen Duft von Werdclust und Fruchtbarkeit, und die wenigen Sonnenstrahlen, die hin und wieder durch den Hellen Wolkcnschleter brachen, schiininerten goldig. Ernst bemerkte plötzlich, daß ein kleines Mädel neben ihm hertrippclte. Ihr Kleid war zerrissen, die schmutzig blonden Haare hingen ihr wirr in s Gesicht, am Arme trug sie ein Körbchen mit Veilchen. Bittend hielt sic ihm eins der Sträußchen entgegen und sagte das übliche, mitlcio- erregcnde Sprüchlein: „Der Vater tvdt, die Mutter krank, seit zwei Tagen nichts gegessen" und so weiter. Der Assessor nahm die Veilchen, roch glcichgiltig daran und gab dem Mädchen zwei Mark. Voll glücklichen Staunens blickte ibn das Kind an. Er bemerkte es nicht und eilte weiter. Auch sein Edelmuth kam ihm nicht zum Bewußtsein. Er mar nur stolz darauf, seiner Käthe heute einmal ein bescheidenes, einfaches Sträußchen zu bieten. Sie hatte oft ernstlich über seine thcuren Blumcnspendcn gescholten. Er war überglücklich in dem Gedanken an das reiche Einkommen, über das er nun bald verfügte und das ihm erlaubte, dem Wunsche seines Herzens nachzugeben und die
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