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' 1, 1875 Z 145 Spanische Zustände. Die Betrachtung der Zustände im heutigen Spanien veranlaßt die National-Zeitung zu dem Bekenntniß, daß man dem raubritterlichen Zaunkönige der Feudalzeit, wie sie Don Karlos nennt, doch nicht Energie und organisato rische Kraft in Verfolgung seines Zieles absprechen könne. Indem sie nun diese Eigenschaften in Parallele stellt mit den Maßregeln des Gegners, kommt sie dabei zu folgendem Resultate. Don Alfonso hat jetzt den Thron seiner Mutter seit 6 Monaten inne; seine Regierung, deren Mitglieder die Restauration vorbereiteten und durchführten, führte sich mit den glänzendsten Verheißungen ein und entwickelte scheinbar eine Thätigkeit, welche erwarten ließ, daß die Versprechungen baldigst in Erfüllung gehen würden. Doch was ist geschehen? Ist der Bürgerkrieg beendet oder wenigstens seinem Ende näher geführt worden? Hat sich die Regierung im Innern konsolidirt und sind verfassungsmäßige Zustände geschaffen worden? Auf diese und ähnliche Fragen giebt es nur die eine Antwort: Nein! Der Bürgerkrieg verheert nach wie vor die nördlichen Provinzen und erschöpft die materiellen Kräfte des Landes, dessen finanzielle Hilfsquellen zu ver siegen beginnen. Die Begründung einer Verfassung liegt ebenfalls noch in weiter Ferne, wenngleich es den Anschein hat, als ob sich Herr Canovas del Castillo mit den Ver fassungsfragen ernstlich beschäftigte. Was ist also geschehen? Die Kultus- und Lehrfreiheit ist beschränkt worden ; die katholische Glaubenseinheit soll wiederhergestellt und somit die Intoleranz als Staatsprinzip festgestellt werden. Zwar hütet man sich aus Rücksicht auf die protestantischen Groß mächte, diese Anschauungen sofort zur Durchführung zu bringen, aber man sucht schrittweise das von dem päpstlichen Nuntius mit allen Künsten römischer Politik vorgesteckte Amtsblatt für di- königlichen und städtische» Behörden zu Freiberg und Brand. Sonnabend, den 26. Javi. Abonnements-Einladung. »r »M» »a« «-»»-mm. M m« --M I. I.» »-„-»m»- 2 ,-„i« MIMM.,° «Ml», ».mit Mr Z'r" W " kt «m-awm »e» z»»^m »«"»»NX v-m» -i»- -»'!«>-»-» «--tu»»«,- Richt»»,, witt-tM «r i»vq», ml »I- deshalb die Benutzung des „Freiberger Anzeiger" allen Inserenten znr ferneren geneigten Bech g. Dit Expedition. (Arotscher'sche »uchhandlnng, «rbischestr. Nr. E.) Ziel zu erreichen. Die Armee muß zunächst, wie Msgr. Simeoni es verlangt hat, die katholische Einheit des Staates repräsentiren, sie wird offiziell al- eine katholische bezeichnet. Während in allen übrigen europäischen Heeren wenigstens in der neueren Zeit das religiöse Bekenntniß, vielleicht mit einziger Ausnahme des republikanischen Frankreichs, in militärischer Hinsicht keine irgendwie maßgebende Rolle spielt, wird die spanische Armee fortan keinen Soldaten oder Offizier in ihren Reihen dulden, der nicht an die Un fehlbarkeit des Papstes glaubt. Dies Alles sind Erschei nungen, welche die Sympathien für das Königthum Don Alfonso's keineswegs vermehren können; vielmehr ist zu konstatiren, daß die Theilnahme, welche man im Allge meinen der bourbonischen Restauration widmete, durch das Verhalten des Madrider Kabtnets sich immer mehr gemindert hat. Wir legen keinen Werth auf die neuesten Meldungen von republikanischen und kantonalen Verschwörungen, welche die Regierung entdeckt habe. Denn obwohl die Elemente zu derartigen Erhebungen in Spanien nicht so leicht aus sterben werden, so glauben wir doch, daß die Republikaner wie Kantonalisten augenblicklich noch an dem Fiasko zu tragen haben, das sie mit ihren Bestrebungen thatsächlich gehabt und daher jetzt schwerlich die Zeit schon gekommen erachten, um neue Aufstände heraufzubeschwören. Aber die Regierung sollte in ihrem Vorgehen gegen die freiheitlichen Errungenschaften, welche fast in ganz Europa eine staat liche Anerkennung erlangt, und die sich in Spanien seit 1868 entwickelt haben, vorsichtiger umgehen, dann wird sie den republikanischen Bestrebungen den Boden zu entziehen im Stande sein. Sie wird dann auch nicht nöthig haben, sich über böswillige Gerüchte und Beurtheilungen zu beklagen, die angeblich in der europäischen Presse über sie verbreitet werden. Es dürfte schwerlich in den tonangebenden Organen So fuhr sie nun wirklich nach wenigen Wochen diesen Weq zurück, wie ihr vorhergesagt worden war, den Blick hoff nungsvoll auf eine unerwartet glücklich gestaltete Lebenslage gerichtet und bis zum Besteigen des Koupö's hatte sich Alles so glatt, so leicht, so angenehm gemacht ; geheimnißvoll, es ist war — faßt märchenhaft, aber was war auch im Grunde noch Geheimniß? Der Name ihres Herrn und ihres Bestimmungsortes und der Kommerzienrath hatte Recht — man nimmt eine Wirthschafterin an, d. h. eine Arbeitskraft, eine bestimmte Leistung, eine lebendige Maschine für eine gewisse Aufgabe — was thuen Namen dabei?" Sie stieg in Station St. ad. Da stand wirklich der Wagen mit den beiden Schim meln; da trat der Kutscher, in einfacher Livree, den Hut in der Hand, der jungen Dame entgegen. „Ich bitte das Fräulein um den Gepäckschein." Dort brachte der Packträger schon den leichten Koffer des Fräuleins herbei; er warf ihn auf den Kutschersitz, öffntte den Wagen, schob das Mädchen hinein und fort ging es im lustigen Trabe! Es war wie ein Traum. Nach einer raschen Fahrt von einer halben Stunk b°g der Wagen in einen geräumigen üosrgum ein-, im nächsten Moment hielt er an — der Bediente öffnet? und mll klopfendem Herzen trat die neue Wirthschafterin in . das elegante Herrenhaus. Während sie den Weg von der Effenbahn hierher zu- ' saßen zwe. Herren in einem reich und mit Ge- - schmack eingerichteten Zimmer dieses Hauses. „Hübsch von Dir, Neffe," sprach der Aeltere. dak l Du meinem Wunsche so bereitwillig nachgekommen "bist und einige Tage die Einsamkeit eines alten Mannes theilen NmbergerAMMW " und Tageblatt. der europäischen Journalistik sich eine Feder finden, welche in böswilliger Absicht gegen Don Alfonso schriebe. Die Spanier haben sich während der sieben Jahre ihrer Unabhängigkeit so unfähig gezeigt, ein freie- Gemeinwesen zu bilden und sich selbst zu regieren, daß Jedermann dem unglücklichen Lande wünscht, die angestammte Dynastie möge wieder festen Boden daselbst gewinnen und einigermaßen Ordnung und Gedeihen Herstellen, die zu zerstören sie soviel . beigetragen. Daß Don Alfonso bei diesen Bestrebungen auf den moralischen Beistand de- AuSlanV»- Wen darf, ist zweifellos. Wie sehr man selbst in Rußland dafür gesinnt ist, zeigt das „Journal de St. PeterSbourg", da- in ausführlicher Weise gegen die in einigen russischen Zeitungen enthaltenden düsteren Schilderungen über die spanischen Zustände polemisirt und zu dem Schluß gelangt, daß Madrid ruhiger als je und in den Provinzen die Ordnung koutplet sei, und daß der König wie seine Regierung ihre Autorität sich jeden Tag mehr befestigen sähen. Daß da- ein russisches Blatt, dessen Beziehungen zur Regierung bekannt sind, mit einer gewissen Orientation behauptet, ist jedenfalls beachtenswerth. Hat das „Journal de St. Peters burg" Recht, befestigt sich in der That die Herrschaft des jungen spanischen Königs, so wollen wir am Ende auch die Hoffnung nicht aufgeben, daß es ihm einmal gelingen werde, sich von dem Einfluß der reaktionären Elemente zu befreien, die dem jungen König gefährlicher sind, als Don Karlos in seinen Bergen. Tagesschau. Freiberg, den 25. Juni. Nur in einem Theile der gestrigen Auflage konnten wir die telegraphische Meldung bringen, daß der ehemalige Ge sandte am Pariser Hofe, Graf Arnim, vom Kammergericht in Berlin wegen Beiseiteschaffung amtlicher Urkunden zu neunmonatlicher Gefängniß strafe verurtheut willst ; obgleich mir Dein trübseliges Gesicht gerade keine heitere Gesellschaft verspricht." Der junge Mann murmelte etwas wie in ketzer Zeit viel arbeiten — ein Wenig angegriffen." „Dann wird die Landlust recht dienlich sein. Bei läufig — Du kannst hier Deine Berufung nach den neuen Provinzen abwarten. Das wird noch etwa vierzehn Tage dauern. „O, lieber Onkel!" rief der junge Mann überrascht; „wieder ein Werk Deiner gütigen Sorge!" „Nichts da! — Ich wurde gefragt, ob Du annehmen würdest, und habe zugesagt. — Ist eS Dir recht?" „O, vollkommen! Gerade jetzt ist mir eine Veränderung recht erwünscht." Ein Blick des alten Herrn streifte den jungen Mann. „Die Verhältnisse sind dort schwierig," sprach der Onkel; „sie verlangen besondere Anstrengung und Umsicht, sagt man mir. Du wirst das besser verstehen , als sch. DaS ist ein Feld für einen strebsamen Mann — man bleibt ein Jahr dort oder zwei — zeichnet sich au-' -l- und kehrt Mit Vortheil zum Mittelpunkt der großen Staatsmaschine zurstck." „Wenn man sich nicht etwa auf den Sand fährt." „Das darfst Du natürlich nicht. — Einstweilen soll Dir hier die Zeit nicht lang werden. Wir werden Gesell schaft haben — unsere Nachbarn, hübsche Leute, nur ein Bischen langweilig — Deine Mutter — ein Diner — ein Ball — o, es wird ein lustiges Leben sein!" i „Onkel, ich werde irre aN Dir," sprach der Neffe mit trübseliger Miene. — „Du bist also entschlossen, hier zu bleiben? Du hast dieses Gut seither immer geradezu ge mieden — mir wär es stets der liebste Aufenthalt, und nun diese Vorliebe — die völlig neue, glänzende Einrichtung!" Feuilleton. Im Kou-6 für Nichtraucher. Relse-Silhouett- von O. Hüttig. (Schluß.) „Ich vertraue Ihnen ganz," sprach die junge Dame nach eimgem Besinnen, „und werde weiter reisen!" „Sie werden es nicht bereuen. Und nun, liebes Fräu lein, der nächste Zug geht erst in einigen Stunden ab, meme Frau wird es sich angelegen sein lassen, Ihnen über dkt Lanaewetle der Zwischenzeit hinwegzuhelfen. Erlauben Sie, daß ich. Sie ihr vorstelle." -Gniae Stunden später hatte der Kommerzienrath seine Schutzbefohlene in einem Koupö untergebracht, daß sie mit zwei Damen theilte. „Vergessen Sie nicht," rief ihr der Kommerzienrath , ""X Station St. finden Sie einen mit zwei Schimmeln bespannten Wagen, der Sie an das Ziel Ihrer Reffe bringen wird. Sie können nicht fehlen, denn es stetgen dorr selten Passagiere aus." „Das Alles ist so geheimnißvoll, so eigenthümlich," sprach das junge Mädchen mit einiger Befangenheit. „Lassen Sie sich dadurch nicht irre machen ; es hat Jedermann seme kleinen Sonderheiten." Die Plocke erklang. wie soll ich Ihnen genug danken!" rief das Mädchen gerphrt. Es wird Ihnen gut gehen. Das ist genug." setzte sich stöhnend in Bewegung. Die junge AU 'l.W genommen von einer wirbelnden Gedanken- schlaft^ ^ruck und schloß die Augen, wie um zu