Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.03.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189603049
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18960304
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18960304
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-03
- Tag 1896-03-04
-
Monat
1896-03
-
Jahr
1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.03.1896
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bez«g--Prei- i» t« Haupterpedtttou oder den tm Stadt bezirk und den Bororten errichteten AuS- aobestellen ab geholt: vierteljährlich ^lschO^ bei zweimaliger täglicher Zustellung tut Hau» KLO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertelläbrlich 6.—. Direkt« tägliche Kreuzbandirndung Ins Au-laud: monatlich 7.KO. Di» Morgeu-Tu-gabe «scheint um '/,? Uhr. Hk» Lb«»chdch-ab» «ochentng» um » Uhr. Ledartto» und Lr-editio«: S-hnnneSgaff« 8. Di« Expedition ist Wochentags «nnntrrbroche» l»»0ff»«t früh 8 bis «end» 7 Uhr. Filiale«: vtt- Klemm'» «ortim. («lfrrb Hahn), UaiverfltiitSstraße 1, , Laut» Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und König-Platz 7. MpMer. TaMM Anzeiger. Amtsblatt -es Aönigtichen Land- ««- Amtsgerichtes Leipzig, -es Natljes un- Nokizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. «lnzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamen unter demRedactivnSstrich <4ge- spalten) 50/H, vor den Famlliennachrichlen (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut »userein Preis- Verzeichnis!. Tabellarischer und Ztfsernsatz nach höherem Tarif Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohne Poftbesörderuna SO-, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmrschluß für Jinzrigen: Abend-Ausgabe: Bormitlags 10 Uhr Margen-Au-gabe: Nachmittag» 4Uhr Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde frither. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Berlag von L. Pol» in Leipzig 115. Mittwoch den 4. März 1896. SV. Jahrgang. Zur Eröffnung -er italienischen Kammer- fitzungeu. Wir Deutsche sehen dem am Donnerstag stattfindenden Wiederbeginn der Sitzungen der italienischen Deputirten- kammer diesmal mit ernster Sorge und mit einer Spannung entgegen, die wir kaum den Sitzungen unsere» eigenen Paria» ment» widme«. Denn es entspricht dem deutschen Charakter, für Freunde ein besonder» herzliche» Empfinden zu hegen und zu äußern, wenn sie sich in schwieriger Lage befinden. Und so denken wir in diesen Tagen besonders des italienischen Ministerpräsidenten und de» un» so überaus sympathischen Königs Humbert. Durch di« immer schwieriger sich ge staltende Situation auf dem abessinischen Kriegsschauplätze ohnehin bekümmert, werden diese Männer mit banger Sorge der weiteren Verwickelung und Verschlimmerung der Lage entgegensehen, die sich durch den Verlauf der Kammersitzungen ergeben mag. Denn es sprechen allerdings vielerlei Anzeichen dafür, daß die Debatten in der italienischen Kammer sehr stürmisch verlaufen werden und den Sturz de» Ministerpräsidenten herbeiführen können. Schon im December setzte die Opposition Herrn CriSpi sehr heftig zu, und jetzt wird sie, da sie durch einige College» CriSpi's unterstützt wird und da die Ope rationen in Afrika einen immer ungünstigeren Verlauf nehmen, den Kampf gegen den den Conservativen wegen seiner Ver gangenheit, den Radicalen wegen seine» „diktatorischen" Ver halten» verhaßten CriSpi mit besonderer Energie fortführen Und e» ist zuzugeben, daß dem Ministerpräsidenten ein schwerer Vorwurf zu machen ist. Um die Finanzkraft des Landes nickt allzu sehr anzugreifen, hat er halbe Maß regeln ergriffen, und so hat er ebenso Diejenigen auf gebracht, die um der Wiederherstellung de» finanziellen Gleich gewichts willen geneigt wären, Erytbräa aufzugeben, wie Diejenigen, die erkennen, daß der Rückzug an« der afri kanischen Colonie oder auch nur ein ungünstiger Friede mit Menelik das Ansehen Italien» unheilbar schädigen würden. In Folge der halben Maßregeln ist nun einerseits sehr viel Geld auSgegeben worden, andererseits bat sich die militairische Situation andauernd verschlimmert. Seit der Vertagung der Kammer ist Makalle gefallen, die Eingeborenen sind zum Theil aufständisch geworden, die Derwische sind vor Kassala erschienen und General Baratieri hat sich mit dem Verlust der gesammten Gebirgsartillerie nach Aufgabe seiner festen Stellung bei EntiScio vor der Uebermacht der Schoaner fluchtähnlich nach Norden zurückziehen müssen. Gelingt eS trotzdem den Italienern, rasch einen erheblichen Erfolg zu er zielen, so mag es CriSpi gelingen, den Sturm im Parlament zu beschwören. E» ist aber leider ebenso möglich oder vielmehr noch wahrscheinlicher, daß die Italiener auch auf einem andern Theile des Kriegsschauplatzes eine Schlappe erleiden, daß ent weder die Truppen, die von Massaua nach dem Kampfe»- ccntrum marschiren, einzeln abgefangen werden, oder daß Kassala eingenommen wird, oder gar, daß dem Hauptheere ein noch schwereres Unglück zustößt. In diesen Fällen wäre bas Schicksal CriSpi'» besiegelt. Vielleicht genügt schon das schlimme FiaSco Baratieri'S. Wie allen romanischen Völkern ist e» auch den Italienern nicht gegeben, den Kopf oben zu behalten, die Volksleidenschaft verlangt nach einem Opfer, und dieses Opfer würde natur gemäß der leitende Staatsmann sein. E» würde vergeblich sein, daß CriSpi die Opposition darauf Hinweisen könnte, daß die Rücksicht auf ihr Geschrei wegen der schwierigen finanziellen Lage ihn gehindert habe, mit der Energie vorzu gehen, die seinem Charakter und seinen Wünschen entsprochen hätte, wenn die Leidenschaften einmal erhitzt sind, verlieren die Vernunftgründe ihre Geltung, der Erfolg wird belohnt, der Mißerfolg wird al» Verbrechen angesehen. Und da» war Cri»pi'S Fehler, daß er den Erfolg nicht in seinen Bann gezwungen bat. Die immer schwieriger sich gestaltende Situation hätte ihn schon im Januar berechtigt, die geforderten Eredite zu überschreiten, um große Lruppenmassen nach Afrika zu werfen, und dann bei Wiedereröffnung der Kammern Indemnität nackzusucken. Wenn General Baratieri schon vor sechs Wochen die Truppenmassen zur Verfügung gehabt hätte, die nun erst in etwa drei Wochen in den Kampf werden einareifen können, so hätte er einen entscheidenden Erfolg bereits erzielen können. Und von der Wirkung diese» Erfolges unter stützt, hätte CriSpi ebenso leicht oder noch leichter seinen Frieden mit dem Parlamente machen können, wie Bismarck nach dem Kriege von 1866. Es ist nicht immer nur rin leichtsinniger Spieler, der Alle» auf ein« Karte setzt; auch ein vorsichtiger Politiker wird wohl einmal durch die Um stände dazu gezwungen. Daun thut er aber richtig daran, wenn er den großen Einsatz macht, bevor die Partie sich ungünstig stellt. Bismarck wagte im Jahre 1866 zur rechten Zeit den großen Wurf, CriSpi hat durch sein Zögeru die Aussicht aus den Erfolg verringert. Zweifellos aber würden sich die Chancen de» Erfolges noch ungünstiger stellen, wenn entweder da» Parlament CriSpi's Sturz herbeisührte, oder CriSpi sich genöthigt sähe, durch die Auflösung de» Parlament» einen letzten Versuch zu machen, am Ruder zu bleiben. Die letztere Eventualität wäre immerhin noch die günstigere, aber sie wäre noch immer schlimm genug, denn die Unsicherheit und Aufregung des Wahlkampfe» würde die Stellung Italien» noch mehr er schüttern, al» r» leider durch di« bisherigen Mißerfolge schon geschehen ist, und die Thatkraft der Regierung würde durch di« inneren Wirren gehemmt werde«. Jetzt ist es aber wahrlich höchste Zeit, alle Spannkraft auf ein Ziel, die Niederwerfung des äußeren Feinde«, zu richten. Darum wünschen wir al» treue Freunde Italien» von Herzen, daß die italienischen Parlamentarier Einkehr bei sich halten und die politische und persönliche Verbitterung dem patriotischen Empfinden weichen lassen möge«. Mag man CriSpi vorwerfen, wa» immer man will: man möge doch ja bedenken, daß er die einzige Persönlichkeit i« Italien ist, die den politischen und den — finanziellen Credit de« Laude- im Ausland« noch immer aufrecht erhält. Wer ihn in dieser schweren Zeit zu stürzen wagt, nimmt ein« so ««geheut« Last voa Verantwortung auf sich, wie sie nur von dem höchsten Muth oder dem höchsten Leicht sinn getragen werden kann. Wenn die Gegner CriSpi'» diesen höchsten Muth besitzen, wenn sie das sichere und berechtigte Selbstgefühl in sich haben, eS besser machen zu können, dann allen Respect vor ihnen. Wenn sie es aber wagen sollten, ihn auS Rachsucht oder Leichtsinn zu stürzen, dann verdienen sie, vom tarpejischen Felsen herabgesturzt zu werden, wie die Meineidigen im alten Rom. Denn ein Volksvertreter, der in schwerer, trüber Zeit sich bei schwer wiegenden Entschlüssen von üblen Instinkten leiten läßt, bricht den Eid, den er Kraft seine» heiligen Amtes in äußerer Form oder in seinem Innern zu leisten hat: für seines Volkes Wohl einzustehen. Deutsches Reich. 6. 8. Berlin, 2. März. Es ist unbestreitbar, daß man in einem großen Theil der deutschen Presse und deS Publikums Forderungen für Neubauten von Kreuzern viel sym pathischer gegenübersteht al» solchen für weitere Ver mehrung der Panzerflot te. Der mächtig emporblühende deutsche überseeische Handel bat in der letzten Zeit öfter Gelegenheit gehabt, den Nutzen der schnell fahrenden Kreuzer kennen zu lernen; wie die Verhältnisse heute liegen, kann der deutsche überseeische Handel nur dann mit Erfolg sich weiter entwickeln, wenn er gestützt wird durch eine hinreichend starke Kreuzerflotte. Ganz verkehrt aber ist e«, wenn man bei der Bereitwilligkeit, die Kreuzerflotte zu ver mehren, die Panzer als für Deutschland entbehrlich bezeichnet. Alle kompetenten Kreise sind darin einig, daß Panzer und Kreuzer einander ergänzen müssen. Eine Kreuzerflotte, die deS Stützpunktes einer Panzerflotte entbehrt, ist auch für uns Deutsche fast wertbloS. Gewiß werden wir bei Verwicke lungen überseeischer Natur zuerst auf unsere Kreuzer recurriren müssen; sie sind schnell zur Stelle und können dem feindlichen Lande etliche Tage hindurch großen Schaden zufügen; haben wir eS aber mit einem Gegner zu thun, der über Panzer verfügt, so wird durch letztere der Seekrieg zu Gunsten der feindlichen Macht entschieden werden, wenn un» nicht gleich falls Panzer zur Verfügung stehen. Immer muß nian sich vor Augen halten, daß der. ungeschützte Kreuzer gegen dm Panzer durchaus wehrlos ist; er bricht unter dem Feuer de» Panzer» förmlich zusammen; die Granate deS Panzers durch schlägt ihn, während seine Geschosse dem Panzer nicht» an haben können. In der vielbesprochenen Schlacht am Ialu- flusse wurde der Sieg trotz der weitaus überlegenen japanischen Taktik in Frage gestellt, weil die japanischen Kreuzer mit den beiden in Stettin erbauten chinesischen Panzern nicht fertig werden konnten. In der Militairischen Gesellschaft hat dieser Tage der Capitain zur See v. Ahlefeld, Decernent im Oberkommando der Marine, ein frei erfundenes See gefecht zwischen einem großen Kreuzer und einem kleinen Panzer geschildert. Der Redner kam zu dem Resultat, daß der Kreuzer nach wenigen Minuten untergehen müsse. Der berühmteste amerikanische Marineschriftsteller, der Capitain der Marine A. C- Mahan, hat sich in seinem interessanten Buch „Ter Einfluß der Seemacht auf die Geschichte" über den militairischen Wertb deS Kreuzerkrieges wie folgt ausgelassen: „Ein Kreuzerkrieg kann nicht selbstständig geführt werden und er bedarf eine» Stützpunkte», ui» einen militairischen Ausdruck zu gebrauchen. Seiner Natur nach flüchtig, kann er sich nicht weit von seiner Basis auS erstrecken. Die Basis muß entweder ein Heimaths- hafen sein, oder irgend ein sicherer Außenposten der nationalen Macht, zu Land oder zur See, eine ent fernte Besitzung oder eine mächtige Flotte. Wenn ein folcher Stützpunkt fehlt, kann der Kreuzer nur schnell auf kurze Entfernung aus dem HeimathShafen bervorbrechen, und seine Schläge werden, wenn auch schmerzlich, so doch nicht verhängnißvoll sein. Eine reine Kreuzerkriegführung, die sich nicht auf mächtige Geschwader stützt, ver wundet nur, tödtet nicht; ja man darf wohl sagen, daß sie nutzlose Leiden verursacht." Die Japaner haben längst eingeseben, daß sie mit Kreuzern allein nichts ausrichten können; der dem Landtage vorgelegte Plan sieht eine ganz bedeutende Vermehrung der Panzerflotte voraus. Es sollen gebaut werden: 4 große Geschwader- Panzer von 15 000 t (17,5 Knoten Geschwindigkeit), 4 mit Panzerdeck versehene, aber keinen Seitenpanzer führende Kreuzer I. Claffe von 7500 t (21 Knoten Gelchwindigkeit), 3 geschützte Kreuzer II. Classe von 4850 t (22,5 Knoten Geschwindigkeit), 2 geschützte Kreuzer III. Classe von 3200 t (20 Knoten Geschwindigkeit), 3 Torprdokreuzer von 1200 t (2 l Knoten Geschwindigkeit), 1 Torpedodepotschiff von 6750 t (20 Knoten Geschwindigkeit) 11 Torpedobootsjäger von 254 t (30AnotenGeschwindigkeit), 23TorpedobooteI. Classe von 120t (24 Knoten Geschwindigkeit), 31 Torpedoboote II. Classe von 84 t (22 Knoten Geschwindigkeit), 35 Torpedoboote III. Classe von 54 t und 21 Knoten Gefchwindigkeit. Im Bau ist bereit- daS Schlachtschiff ,Suje", das «ine Länge von 114 m, eiae Breite von 22 m und einen Tiefgang von 8 w haben soll. Da« Deplacement wird 12 650 t betragen. Berlin, 3. Marz. An die Mittheilung, daß der BundeSrath dem Anträge Preußens wegen Regelung der ArbeitSverbältnisse in Bäckereien und Con- ditorrien im Wesentlichen zuzestimmt habe, ist in der Presse abermals der Zweifel an der formellen Berech tigung einer solchen Verordnung geknüpft worden. ES ist dies ein unnützes Beginnen, denn Z 120e der Gewerbeord nung stellt da» Recht de» BundeSrath» außer Frage, für Gewerbe, in welchen durch übermäßige Dauer der täglichen Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird, An ordnungen hinsichtlich der Arbeitszeit zu erlassen. Ob dafür in einem Gtwerbe die vom Gesetze gefordert« Voraussetzung, die Gefährdung der Gesundheit der Arbeiter, gegeben ist, unterliegt ohne Zweifel gleich falls nur der Beurtheikung deS BundeSrath«. Steht dies fest, so ist e« gleichwohl nicht richtig, wenn in der Presse, anscheinend officio«, bemerkt wird, mit dem BundeS- rathSbeschlusse über dir Regelung der Arbeitsverhältniff« in den Bäckereien und Eonbitoreieu würde „durchaus kein orurr Weg der Gewerbeverwaltung" beschritten, da der Bundes rath bereits die Arbeitszeit in den Bleifarben- und Blei zuckerfabriken geregelt habe. Zwischen den beiden Anord nungen würde ein Unterschied aus zwei Gesichtspunkten sich ergeben. Die letztgenannten Betriebe sind Großbetriebe, die Bäckerei und Conditorei wird fast ausschließlich handwerksmäßig betrieben, und die Arbeit in Blei fabriken ist an sich gesundheitsschädlich, während die in den Bäckereien einem Gutachten des ReichSgesundheltS- ainteS zufolge cs au sich nicht ist. ch Berlin, 3. März. Vor Kurzem ist auf den bemerkens- werthen Umstand verwiesen worden, daß die Getreide- Zufuhren der nordamertanischen Farmer an den offenen Markt anscheinend planmäßig geleitet werden, derart, daß nach der Ernte nur ein Theil derselben, der andere erst im Winter nach und nach zum Angebot gelangt. Die preis haltende Wirkung dieses Verfahren« ist ja nun nicht mehr zu verkennen, und um so mehr verdient das Beispiel Beachtung auf Seiten unserer eigenen körnerbauenden Landwirthe. In welchem Umfange die Farmer des Westens der Union die Erntevorrätbe zurückgehalten haben, erweisen die letzten Meldungen von drüben. Obwohl die Ernte 1895 nach der Menge den beiden vorauSgegangenen Ernten mindestens ebenwerthig gewesen, war 1893 und 1894 die Zufuhr seitens jener Farmer im Westen unmittelbar nach der Ernte so stark betrieben worden, daß nach Neujahr z. B. in den letzten Januar- und den ersten drei Februarwochen zusammen nur noch 810 000 bez. 560 000 Quarters Weizen angeboten werden konnten, im gleichen Zeit raum dieses IahreS aber 1 365 000 Quarters! Um so viel weniger war in den Herbstmonaten 1895 zu Markt gebracht und diese, man möchte glauben, organisirte Ablieferung je nach dem Bedarf deS Markte», statt nach dem Vorrath der Producenten, hat dann ihren bleibenden Einfluß dahin geübt, daß die Farmer zu angemessenem Preist verkaufen konnten und noch können. Indessen besteht auch die Tbat- sache fort, daß das Angebot der Landwirthe der Union zurück- weickt, weil der Eigenbedarf des Landes mehr erfordert. Die „sichtbaren Vorräthe" an Weizen in der Union bezifferten sich am 22. Februar 1896 ans 95,4 gegen 100,4 Millionen BnsbelS zur gleichen Zeit 1895, obwohl die letzte Ernte vielleicht noch ergiebiger war, al« die vorletzte. Wenn dem Weltmarkt dennoch 5 Proc. weniger zur Verfügung stehe«, kann die» nu in dem gesteigerten Verbrauch des Lande« felbst sich erllären. X. Berlin, 3. März. (Telegramm.) Der Kaiser unter nahm gestern Nachmittag einen Spazierritt. Zur Abendtafel waren der Prinz und die Prinzessin Friedrich Leopold, sowie Prinz Ernst von Sachsen-Weimar geladen. Um 8 Ubr begab sich der Kaiser und die Kaiserin nach dem Opernhause. Heute Vormittag machte das Kaiserpaar von 9 Ubr ab den gewohnten Spaziergang durch den Thiergarten. Nach dem königlichen Schlosse zurückgekehrt, hörte der Kaiser die Bor träge des CbefS deS Ingenieurcorps, General Golz und deS Chef« de« Militair-Cabinet«, empfing um 11>/s Ubr den neuernannten großbriltannischen Militair - Attache Oberst lieutenant Grierson in Audienz und nahm um 1 Uhr militairische Meldungen, sowie die Rapporte der Leib- Regimenter entgegen. Nachmittags gedenkt der Kaiser einen Spazierritt zu unternehmen und Abend» um 7 Ubr einem Diener der Artillrrie-Prüfungs-Commission, anläßlich der Einweihung des Gebäudes in der Kaiser-Allee 124/125, beizuwobnen. Berti«, 3. März. (Telegramm.) Da» „Marine- BerorVnungSblatt" veröffentlicht anläßlich de« Tode« de« StaatSministcrs a. D. v. Ttosch eine Allerhöchste Ordre an den Reickskanzler, durch welche die Anlegung einer drei tägigen Trauer für die Officiere der ganzen Marine und einer achttägigen für daS Schulschiff „Stosch" verfügt wird, außerdem zur Beisetzung die Entsendung einer Abordnung deS See-Ofsiciercorp« und de» 1. SeebataillonS, sowie für das Schulschiff „Stosch" das Setzen der Flagge auf Halbstock bis nach der Beisetzung verfügt wird. 6. U. Berlin, 3. März. (Privattelegramm.) Zur Gesandtschaft in Teheran ist Premierlieutenant Jngcnohl vom 27. Feldartillerie-Regiment commandirt. Oberstlieute nant Graf Lchmcttau ist vom Commando al« Militair- attachü bei der Gesandtschaft in Brüssel entbunden, sein Nachfolger ist Gras Hacke vom großen Generalstabe geworden. — Für den Ka iser ist auf seine Anweisung eine Karte her gestellt worden, au! welcher im Anschluß an die Darstellung de« allgemeinen Eisenbahnnetzes die vor dem Inkrasttreten de« Kleinbabngesetzes vorhandenen, die seitdem in Betrieb gesetzten oder genehmigten Kleinbahnen, sowie diejenigen Linien eingezeicknet sind, deren Zulassung al« Kleinbahnen zwar ausgesprochen ist, welche aber die staatliche Genehmigung noch nicht erhalten haben. — Im „Berl. T." wird mitgetheilt, daS General vou Stosch schon in den siebziger Jahren begonnen habe, Memoiren niederzuschreibrn, die in den achtziger Jahren vollendet worden seien. — Die „Boss. Ztg" unterrichtet ihre Leser an der Hand der antisemitischen „Tägl. Rundsch." über die „trost losen Zustände" in der nationalliberalen Partei. Aber Tantchen! — Wir haben die Erklärung mitgetheilt, die der Berliner deutschconservativr Parteirath in der Angelegenheit de« Herrn Stöcker gefaßt hat. Jetzt schreibt da« „Volk": „Der Parteirath ist, wie wir unseren Lesern in der Provinz gegenüber erklärend hinzufügen müssen, di« weitere Vertretung de» Berliner konservativen Wahlvereins. Die Mitglieder de« Raths werden nicht gewählt, sondern vom Vorstände berufen. Diesmal war der Parteirath anders zusammen gesetzt, als früher, indem den als Christlich-Sociale be kannten früheren Mitgliedern eine Berufung nicht zu gegangen war." — Auf die Stellung der Socialdemokratie zn Religion und Kirche, die diplomatische „Genossen" bei Gelegenheit, namentlich in Versammlungen evangelischer Arbeitervereine, al» überaus harmlos zu schildern lieben, fällt durck nachstehende, dem „Vorw." entnommen« Gerichts verhandlung wieder einmal das rechte Licht: „Beschimpfung einer Siurichtung der christlich«, Kirche wurde dem Kvmiker Hmnonn Lrwandom«ki zur Last gelegt, welcher gestern dieserhalb vor der III. Strastammer de« Landgericht? 7 stand. Am 25. September v. I. hielt ein socialdemokratijcher Discutir- und Leseclub einen UnterhaltungSabrud ab, zu welchem außer den Mitgliedern auch Gäste Zutritt hatten. Ter Angeklagte hielt bei dieser Gelegenheit einen Vortrag, der darin bestand, daß aus da- apostolische Glaudrns- brkenntniß in komischer Weise Bezug genommen wurde. Ta die Verhandlung „im Interesse der öffentlichen Ordnung" bei ver schlossenen THUren geführt wurde, so müssen wir un» auf die Wieder gabe deS Urtheils beschränken. Während der Staatsanwalt eine Gesängnißstrafe von drei Monaten beantragt batte, folgte der Gerichtshof den Ausführungen des Rechtsanwalts Heine und fällte ein sreijprechendeS Urtheil in Betreff der Beschimpfung. Eine solche liege nicht vor, wohl aber rin höchst unpassender Scherz, der das religiöse Gefühl einzelner Zuhörer verletzen konnte und auch verletzt habe. Hierin sei ein grober Unfug zu erblicken, den der Gerichts- Hof mit einer Geldstrafe von 30 geahndet habe." — Eine neue socialdemokratische Organisation an Stelle der aufgelösten Wahlvereine ist gestern unter dem Namen „Socialdemokratischer Verein „Vorwärts" inS Leben gerufen worden. Die constituirende Versammlung fand bei ziemlich lebhafter Betbeiligung im Berliner Prater statt. Der von einer am 11. Februar gewählten Commission vorgelegte Statutenentwurf wurde ohne Debatte genehmigt. Demnach bezweckt der neugegründete Verein „die Aufklärung der arbeitenden Bevölkerung auf socialpolitisckem und wissen schaftlichem Gebiete durch Vorträge und Veranstaltungen künstlerischer und wissenschaftlicher Natur, ferner die Heraus gabe und Verbreitung socialvemokratischer Literatur, endlich die Pflege der Solidarität. Mitglied kann Zeder werden, der sich zu den Grundsätzen de« socialdemokratischen Partei Programms bekennt. Die Mitgliedschaft ist nicht an einen bestimmten Wohnsitz gebunden. * Au» RortzschleSwig, 2. März. Wie man der „Post" schreibt, ist der moralische Eindruck deS Zusammenbruch« in der von dem verstorbenen Landtagsabgeordneten Lassen - LySabbel verwalteten Communalcasse sehr tief. Bisher Halt die Insel Alsen für die Hochburg der dänischen Agitation in jenem Grenzlande; dort nahmen neuerdings die dänischen Stimmen zu, deren Schwund auf dem Festlande für die Kopenhagener Presse einen Gegenstand der Be- kümmrrniß bildete. Aber neuerdings sind verschiedene Umstände gerade auf dieser Insel dem Dänrntbnm binde'.lia- gewesen. Vor ei«iem reichlichen halben Iabr trat in r er von den Dänen beherrschten Sonderburger Sparkasse eine Kara strophe ein; verdrossen hat auf Alsen außerdem, daß für die Mandatsnachfolge deS verstorbenen Herrn Lassen Herr Reichstag«- und Landtagsabgeordneter Johannsen einen Candivaten aus dem nordscklcswigschen Festlande statt des von den „Alsingern" gewünschten snndewittschen Hofbesitzers durchgesetzt batte. Bei dem Charakter der dortigen Bevölkerung wird der Eindruck dieser Vorgänge in absehbarer Zeit nicht so leicht zn verwischen sein. * AuS Mecklenburg, 2. März. Die mecklenburgische Rechtspartei hatte sich in Ausführung de« welfischen Be schlusse« einer vorjährigen Versammlung an die beiden mecklen burgischen Regierungen gewandt mit dem Ersuchen uni Anerkennung als politische Bereinigung im Sinne de» Landesgesetzes von 1851. Dieses Ansuchen haben beite Regierungen zurückgewiesen. * Thorn, 2. März. Der „Gazetta TorunSka" wird aus Berlin gemeldet, daß die Sprachenangelegenheiten aus kirchlichem Gebiete Veranlassung zur Romrrise des Cardinal- Kopp, veS Fürstbischofs Tuzyna zu Krakau und des Erzbischofs Or. v. Stablewski seien. * DuiSbur», 2. März. Unter dem Vorsitze des Herrn D. Bädeker-Essen sand hier kürzlich eine Sitzung de« nieder rheinisch-westfälischen Gauverbande» der Deutschen Colonialgesellschaft statt. In derselben wärest vertreten die Abthrilungen Essen, Dui»burg, Mülheim a. R., Hattingen, Dortmund, Crefeld und Düsseldorf. Den Hauplgegenstan» der Beratbungen bildete die Frage der Verstärkung ter deutschen Kriegsmarine, hinsichtlich deren folgender Beschluß gefaßt wurde: „Ter Ncederrheinisch-Wesffälische Vauverband ist fest überzeugt, daß die Deutsche Lolonralgesellschost unterFühruag ihre-Prä"" deuten, des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg, und unter Mitwirkung der hochverdienten Männer des Präsidiums, des Prinzen Aren berg, des Grafen Arnim-Mnskau, des Staatsministers v. Hofmann und dec Herrn Geheimralh Simon, welche seit langen Jahren in erfolgreichem Zusammenwirken ihre Kräfte der colonialen Sache widmen, auch für die sackgemäßeAusgestaltung verdeutschen KrirgsslottemitbewäbrterStcl'g keit und weitblickender Umsicht eintreten wird. Jedenfalls darf die Centrale versichert sein, daß der Niederrheinisch-Wesisälische Gan- verband in den Forderungen des MarineetatS für 1896 97 das Mindestmaß von Aufwendungen erblickt, deren das deutsche Reich bedarf, um die Aufgaben zu erfüllen, welche sein« Weltmachtücllnng ihm zum Schutze seine- Handels und seiner überseeischen Besitzungen sowie im Falle eine- Krieges zur Selbsterhaltnng auserlegt. Ter Gauverband verkennt dabei nicht dir Nothwentngkett einer wetteren planmäßigen Ausgestaltung und Vermehrung drr deutschen Kriegsflotte/ 1. Wcimar, 3. März. Die gestrige Sitzung de« Landtag war durch zwei Berhandlungs-Objecte von Interesse. Zunächst du eine Interpellation bezüglich der im Großherzogthum besann' conccssionirten königlich sächsischen Lotterie, welche ur Staat pro anno nur 1500 Gewtnnanthett zufließe' Ter Interpellant erneuert dir schon früher und des Oester«' Proposition: da» Staat-Ministerium möge die Einfü' eigenen LandrS-Lotterie für Sachfen-Weimar i' ziehen oder aber eine gemeinsame Lotterie aller Staaten ins Auge fassen. Sodann waren von allgem die Angaben über da- ,,Musterlager Thüringi' nisse , dem für die nächsten drei Jahre eine staat von je 2500 zngebilligt wurde und welche- sich Weise entwickelt hat. Der Verein zählt nämlich 30 H (15 in Europa, 5 in Amerika, 3 in Australien > und siebt mit 160 Firmen in festem geschäftlich« gegangen sind vom Juli 1895 bi- Mitte Januar reipondenzen und 4889 sind abgesendrt. Bon d ist dem Verein für die nächsten Jahre pro annc 2000 ^l gewährt, mit dem sich die Einnahmen litsra. Freilich betrug bis jetzt die Ausgabe s * Nürnberg, 2. Marz. Die bereit» erw lunz gegen den socialdemokratischen Agitator u socialdemokratischen Blatte»,Buchdruckereibesiyer mit der Verurtheilung Oertel's wegen Erpress«
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite