Volltext Seite (XML)
Jede Woche erscheint eine Nummer. Lithographirte Beilagen und in den Tert gedruckte Holzschnitte nach Bedürfnis. — Bestellun gen nehmen all- Buch handlungen, Postäm- t e r und Zeitungs-Erpedi- zionen Deutschlands und des Auslandes an. — Abonncmcntsprcis im Eisenbahn-Zeitung. Vegan -er Dereine deutscher Eisenbahn-Verwaltungen und Eisenbahn-Techniker. Buchhandel 7 Gulden rhei nisch oder 4 Thlr. prcuß. Cour, für denJahrgang. — Einrnckungsgcbühr für Ankündigungen 2 Sgr. für den Raum einer gespalte- nenPetirzcile. — Adresse: „Redakzion der Eisenbahn- Zeitung" oder: I. B. Metzler'scheBuchhand- lung in Stuttgart. Jahr. 3. Dezember 18A7. Nro. 48. Inhalt. Eisenbahnban. Di- Wiener Eisenbahn. — Zeitung. Jsarbrücke bei Großhesselohc. '— Russische Eisenbahnen. Warschau-Bromberger Ausland. Großbritannien. — Verkehr deutscher Eisenbahnen. — Ankündigungen. und Warschau- Eisenbahnbau. Die Jsarbrücke bei Großhesselohc. (AnS der Allgemeinen Zeitung.) Die Eisenbahn von München nach Rosenheim überschreitet in einer dritt halbstündigen Entfernung von München das Thal der Isar, in einer Höhe von 10k V- Fuß über dem niedrigsten Wasserspiegel. Der Thalgrund ist daselbst 820 Fuß breit, und i» dieser Breite bewegten sich ehedem die Hochflnthcn der Isar, welche, nach Art aller ungeregelten Gebirgsströmc, bald da, bald dort ihr Rinnsal eingrub. Der Bau der München-Rosenheimer Bahn wurde bekanntlich anfänglich von einem Eiscnbahnverein in Angriff genommen, und cs beschränkte sich die Thätigkeit dieses Vereins ans den Beginn der Funda^ion der Brücke. Oekonomische Gründe veranlaßten den Verein die Brücke anf,drei Oeffnungen und eine gcsammtc lichte Weite von 300 Fuß zu beschränken; ans Sparsamkeit unterließ man es auch den Fluß auf eine genügende Länge von oben herab gerade auf die Brücke zn leiten. Bei dem Hochwasser vom Juni 1853 bewirkte nun die durch einen Aufstau vou drei Fuß hervorgcrufcne heftige Strömung in schräger Richtung gegen die Brücke,daß ein Pfeiler unterspült wurde) und ab getragen werden mußte. Dieser Unfall veranlaßte die K. Baubehörde, in deren Hände nach Auslösung des Vereins der Bahnbau gelaugte, den Hochwassern der Isar eine Abstnßbrcite von 544 Fuß zn geben, und den Lauf derselben, schon von 3500 Fuß oberhalb der Brücke au, durch solide Steinbauten zu rcgu- liren. Den Rest der Thalbreite nehmen die Pfeiler und Widerlager, daun eine Dammschüttung ein. Nm die noch unversehrten Theile der früher» Anlage thuulichst zn benützen, wurden 92^ Fuß für die Weite der beiden Seitenöff nungen, und 180 Fuß für jene der beiden Mittelöffnungeu, deren eine den ge wöhnlichen Flußlauf einnimmt, angenommen. Man Pflegt bei massiven Brücken das Flußbett auf seine ganze Breite mit Spundwänden zu durchziehen, und in die Ocffuung gut verwahrte Gießbette einznlegeu. Bei der Brücke in Großheffelohe sind nur drei Oeffnungen sorg fältig mit Spnndwändeu durchzogen und verwahrt; die vierte, die Floßfahrtöff- nung, aber gar nicht. Die Gründung hat schon öfter ziemlich bedeutende Hoch wasser, namentlich jenes vom 12. August 1855, unversehrt ansgeyalten, und zwar aus leicht erklärlichen Ursachen. Es haben nämlich die an Geschiebe reichen Gebirgsströme die Eigenschaft, ihr Bett mit steigendem Wasser und zunehmender Geschwindigkeit zn vertiefen, und die entstandene Vertiefung bei fallendem Wasser wieder auszufülleu. Diesem Naturgesetz ist Raum gelassen in der einen nicht durchspnndeten Oeffnnng. Nach den auf Beobachtungen gestützte» Berechnungen würde die Isar in dieser Oeffnung während des höchsten bekannten Wafferstands eine Tiefe von neun Fuß unter dem niedrigsten Wafferstand «»nehmen. Die Gründung der Pfeiler reicht aber bis 7V- Fuß unter den niedrigsten Wasser stand, und ist nach den besten Regeln der Baukunst durch Einfassung mit Spund wänden und große Steine verwahrt. Diese Oeffnung, welche dem Auswühlen je nach dem Bedürfniß preisgegebeu ist, bildet einen Ableiter der Gefahr für alle ander», ähnlich wie die Blitzableiter und Brenndrähte an den Telegraphen- leitnngeu, oder wie die absichtlich schwachen Röhren bei Dampfleitungen mit starkem Druck. Entstehen aber an einer Brücke, deren Oeffnungen alle gleich mäßig verwahrt sind, Stauungen, so ist die Gefahr überall gleich groß; es er geben sich alsdann zuweilen Beschädigungen an Stellen, wo man es am wenigsten erwartet hatte. Zn dem Bau der Pfeiler und Widerlager der Brücke wurden Nagelfluh quader und ausgesucht gute Backsteine aus der Ziegelei bei Solln verwendet. Um dem ungleichen Setzen und den Trennungen vorznbeugen, welche so leicht daun entstehe», wenn einzelne Theilc, z. B. die Kanten, mit Quadern, das übrige aber mit Backsteinen aufgemauert wird (bei dem sogenannten gemischten Mauerwerk), wurde hier das Backsteinmm,erwcrk, welches selbstverständlich nur über den, höchsten Wasser beginnt, in Abständen von 13 Fuß Höhe mit einer volle» Lage von Qnader durchzogen und wieder Verbunden, und ans diesem Wege ein solides, svmpa^tes Ganze erzielt. Das in einer Hohlkehle aus Nagelfluhe /Z gearbeitete Gesims krönt, wenn auch mit wenig Zierlichkeit, einfach und ernst das hohe Gemäuer. Die Spannweiten dieser Brücke gehören theilweise nicht mehr zu den all täglich vorkommenden; denn 185 Fnß bayerisch ist die Weite von Mauer zu Maner in den beiden mittleren Oeffnungen, und 97>/, Fuß in den beiden äußern Oeffnungen, oben wo die von nuten getragene Fahrbahn liegt. Die Auflager stelle» der Eisenstrnszion haben bei erster» einen Abstand von 189,75 Fuß, bei letzter» in einem solchen von 102 Fuß, indessen die Pfeiler 10 Fuß in der Dick messen. Alle Dimcnsioneil der Brücke sind für die Aufnahme zweier Eisenbahn gleise berechnet. Sie hat daher, einschließlich von zwei auf den beiden Außen seiten angebrachten Fußwegen, eine Breite von 34 Fuß. Gegenwärtig ist die Brücke in ihrer Mitte mit einem Eisenbahngleis belegt, indem die ganze Bahn von München nach Rosenheim nur einspurig ist. Auf jeder Seite dieses eine» Gleises ist ein Fahrweg für Landstraßenfnhrwerk belassen. Werden einstens zwei Bahngleise uothwendig, so treten diese an dis Stelle der Fahrwege, und die ohnediess" wahrscheinlich sehr geringe Frequenz des Landfuhrwerks muß sich alsdann mit dem Raum in der Mitte, an der Stelle des gegenwärtigen ein fachen Eisenbahngelciscs, begnüge». Die Längenbalkc» des Eisenbahngleises, wie der Fahr- und Fußwege ruhen ans eisernen Querträgern, und diese, in Entfernungen von 4,84 Fuß von ein ander, auf vier Längenträger», welche in Längenabständen von je 14,52 Fuß auf den senkrechten Säulen oder Pfosten der vier Tragwände aufruhen. Die vier Tragwände haben unter sich einen Abstand von 6,2 Fuß, so daß sowohl das gegenwärtige, wie jedes der beiden zukünftige» Meise gleich genau über den Längenträgcr» ruht. Z» beiden Seite» der äußern Tragwände ragen die Querträger 7,3 Fuß baskouartig vor, und tragen die Fußwege und theilweise die Fuhrwerkswegc. Das Neue und Eigenthümliche an diesem von dem Direktor v. Pauli ent worfenen, in mehreren Staaten patentirten Brückensystem besteht in der Kon-Z. strukzion der Tragwände. Während nämlich bei de» sonst üblichen Blechbalken- St ober den Gitterbrücken die Tragwände unnnterbrocheii über alle Oeffnungen sich ansdehnen, ist hier die Ueberspannung jeder einzelnen Oeffnung ein abgeschlossenes Ganze; indessen bei erstem die Wände eine gleiche Höhe behaupten, wird bei letztem die Last mittelst der Säulen, auf welchen, wie oben erwähnt, die Län genträger ruhen, auf einen aufwärts und einen abwärts gekrümmten eisernen Bogen übertragen, welche beide gleichmäßig durch die Last in Anspruch genommen werden, und als eine solidarische Verbindung eines Gewölbe- und eines Ketten bogens von gleicher Bogenform gedacht werden köntien. Die Bogenform ist überdies so berechnet, daß sowohl der Gewölbe- wie der Kettenbogen, jeder auf seine ganze Längenausdchnung, um den Gebrauchsanforderungen zu entsprechen, gleichen Querschnitt haben kann und muß, wodurch die Ausführung ungewöhnlich vereinfacht und erleichtert wurde. Jede Tragwand besteht sonach im wesentlichen aus den Säulen zum Ucbertragen der senkrechten Last: aus einem Gcwölbebogen, aus einem Kettenbogen und endlich ans diagonalen Zug bänder» zwischen den obern und de» unter» Knotenpunkten, um der Deformazion bei der ungleichen Belastung zu begegnen. Wir sagen: im wesentlichen; denn hätte man die Sänlen so dicht an einander gestellt wie die Querträger, so hätte es der Längenträgcr nicht bedurft, da dies- nur von einer Säule zu der andern reichen. Der Gewölbebogc» und der Kettenbogen sind an ihren Enden auf das solideste mit einander verbunden. Da beide gleiche Bogenform haben, so wird der horizontal- Schub des Gewölbes von dem horizontalen Zug der Kette absolut aufgehoben, und an den Auflagerpunkte» äußert sich nur senkrechter Druck. Durch diese Erläuterung dürfte sich auch die mehrfach ausgesprochene Besorgniß heben, als sc^en die hohen Pfeiler zn schwachem» den Schub der noch überdies