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Milstem-ErBAler Anzeiger Tageblatt für Laßenßem-Krnßtßal, HkerkimgimH, Hersdorf, Aermsdorf, Wernsdorf, WüstNbrard, Ursprung, Mittelbach, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Grumbach, Tirschheim rc. Weitverbreitetes JnsenionS-Organ für amtliche «vd Privat-Anzeige« Abon«ement Frei i«S HauS «et Abholung monatlich Nr. 153. Fernsprecher Nr. 151. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstalten. Für Abonnenten wird der SonntagS-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigegeber Jnfertionsgebühre«: die sechsgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis vor«. 10 Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. G-Wstsst-lle: B-Hnftr. z. 31. Jahrgang 35 Pfg. monatlich 42 Pfg. vierteljährlich 1. M. 25 Pfg. die einzelne Nummer 5 „ Durch die Post bezogen 1.25 Mk. excl. Bestellgeld. 7. öffentliche Stadtverordnetensitzung Dienstag, den 5. Juli 1904, abends 8 Uhr. Hoheusteiu-Srustthal, den 2. Juli 1904. E. Redslob, Stadtverordnetenvorsteher. Geißler. Tagesordnung: 1. Kenntnisnahmen. 2. Festsetzung der Straßenbaubeiträge für die projektierte Parallelstraße zur König Albertstraße. 3. Beschlußfassung über die Annahme eines Vermächtnisses. 4. Vertretung des Herrn Bürgermeisters Or. Polster während der Zeit seines diesjährigen Urlaubes. 5. Ratsoorlage, die Gehaltsverhältnisse eines Beamten betr. 6. Bewilligung der Mittel zur Anschaffung von Tischen und Stühlen für die Ratslokalitäten. Der am 30. Juni d. I. fällig gewesene 2. Termin der Land- und Landeskulturrenten ist bet Vermeidung der zwangsweise« Beitreibung lüngstenS bis zum 7. Juli d. I. an unsere Ttadtstenereinnahme abzuführen. Stadtrat Hohenstein-Ernstthal, den 2 Juli 1904 vr. Polster, Bürgermeister. St. Dev einsame Zav. Zurückgezogen lebt Kaiser Nikolaus II. mit seiner Familie in seinen Schlössern unweit Peters burgs. Seit 1893 führt er die Herrschaft im weiten Rußland, und wenn diese Jahre auch mancherlei Unerfreuliches gebracht haben, groß sind sie auch an Erfolgen gewesen. Die russische Politik, die über das verbündete Frankreich unbedingt verfügen kann, ist vielfach bestimmend für den Gang der Dinge in Europa gewesen, sie hat im Osten un bedingt und nach ihrem Belieben geschaltet und gewaltet, und sein Einfluß hat den Zaren an einer ganzen Reihe von Höfen zu einer gebietenden Stellung verholfen. Der alte Traum der Russen, aus der Sophienkirche in Konstantinopel, die heute als muhamedanische Moschee dient, das christliche Kreuz der orthodoxen griechischen Kirche wieder aufpflanzen zu dürfen, ist zwar noch nicht erfüllt, aber die Türkei selbst untersteht völlig den Weisungen, die aus Petersburg nach Stambul gelangen. So konnte Nikolaus H. in der Tat sich rühmen, die Erfolge Alexanders Ul. übertroffen zu haben, er konnte sogar den gerade von dieser Stelle nicht erwarteten Schritt unternehmen, den europäischen Mächten die Friedens- und Abrüstungs-Konferenz im Haag vorzuschlagen, eine Tat, die ihm die Be- . Milderung aller Friedens-Theoretiker einbrachte, lleberall strahlte der Glanz um den Thron des Zaren, und nun haben diese Frühjahrs-Wochen über all' die leuchtende Herrlichkeit den grauen ! Schimmer des Verfalls geworfen. Der Zar wird von seinen Ministern und Generalen viele Tröstungen hören, aber dem in seiner Erkenntnis einsamen Mann kann niemand den Gedanken rauben: Ruß land, das zarische Rußland, ist nicht das, was es schien; es hat nicht gehalten, was es versprach! Eine solche Erkenntnis ist schmerzhaft, sie ist es doppelt für einen von der Bedeutung seines Herrscher berufes, von seiner zarischen Allmacht durchdrungenen Fürsten. Zar Nikolaus weiß, daß sein Wort und sein Wille den rusischen Staatskörper belebt haben, er hat sich, waS voll anerkannt werden muß, alle Mühe gegeben, seinen Herrscherpflichten gerecht zu werden. Schon als Thronfolger, bei der Be kämpfung der Notstände, die sich so häufig in dem weiten Rußland entwickeln, hat er Gelegenheit ge habt, die Schäden der inneren Verwaltung des un geheuren Reiches kennen zu lernen; er hat seine Adjutanten mit Berichten über die traurigen Ver hältnisse in bedrängten Gebieten betraut, weil er sich von den Beamten keine Wahrheit versprach, er hat wieder durch Offiziere Unterstützungen aus teilen lassen, weil er wußte, daß auf dem gewöhn lichen Wege vieles nicht in diejenigen Hände ge langen würde, für die es bestimmt war. Daranf- hin hat Nikolaus II. nach seiner Thronbesteigung mancherlei Reformen eingeleitet und sie unbekümmert um Persönlichkeiten durchgesetzt; die schon unter seinem Vater Alexander III. eingeleitete Sparsam keit am Hofe ist noch verschärft worden, und in seiner einfachen Lebensweise hat der Kaiser sich bemüht, anderen ein gutes Beispiel zu geben. Das alles hat der russische Kaiser getan und er mochte sich der Ueberzeugung hingeben können, daß es in seinem Rußland nun anders geworden sei. Darum hat er auch wohl die ihm wiederholt unterbreiteten Bitten um Gewährung einer russischen Volks vertretung, welche neues Leben und strenge Kontrolle der ganzen Verwaltung für das Zarenreich be deuten sollte, streng zurückgewiesen, diese Bitten einen Eingriff in sein ihm von Gott übertragenes Selbst- herrschertum bezeichnet. Bestärkt ist er in diesen Empfindungen durch die Vertreter des Altrussen- tums, Männer, wie Pobedonoszew und andere, und alle die Attentate, die gegen hohe Staats würdenträger und Vertreter des zarischen Willens ausgeführt wurden, hatten Nikolaus II. in seinen fest eingewurzelten Anschauungen nicht zu erschüttern vermocht. Und nun, wo es wirklich darauf ankommt, versagt die Staatsmaschine, kann die Verwaltung nicht leisten, was dringend nötig ist. Fünf Monate dauert der Krieg in Ostasien, wiederholt haben sich die russischen Regimenter mit äußerster Tapferkeit geschlagen, sie haben vor der weitüberlegenen japanischen Uebermacht wieder und immer wieder weichen müssen. Der Zar hoffte täglich auf einen Sieg, vergebens. Die Meldungen, daß an den russischen Oberbefehlshaber Kuropatkin vom Hofe aus bestimmte Weisungen zum Entsätze von Port Arthur ergangen waren, beruhte wohl auf Wahr heit. Als aber Kuropatkin dem entsprach, erfolgte die Niederlage des zum Entsatz abgesandten Generals Baron Stackelberg bei Wafangou. Und so harrt und hofft der Zar weiter, während er doch erkennt, daß sein Rußland einen schweren Schlag für sein großartiges, imponierendes Renommee erhalten hat, der selbst dann nicht verwischt werden kann, wenn der Krieg für Kaiser Nikolaus ziemlich günstig endet. Und was dann? Dann kommt für den einsamen Selbstherrscher auf dem Throne die Ent scheidung, was zu tun ist, um das im Kriege schwer heimgesuchte Reich zu verjüngen. Auch der unter so gewaltigen Anstrengungen durchgeführte Krieg mit der Türkei zeigte trübe Erscheinungen, die kraft des zarischen Willens gebannt sein sollten. Es ist nicht zutreffend gewesen. Nikolaus II. wird sich zu fragen haben, ob wirklich allein seine Persönlich keit es ist, welche dem Staate Leben und Inhalt gibt. Denn selbst ein sich noch so siegreich ge staltender Kriegsausgang beseitigt nicht die heute schon zu verzeichnende,: ungeheuren Schädigungen des Nationalvermögens. Bom russisch-japanischen Kriegsschauplatz. Der russische Generalissimus Kuropatkin stellt fest, daß seine Truppen, namentlich seine Artillerie, den Vormarsch der Japaner über den mandschurischen Gebirgsrücken aufgehalten und ihnen schwere Verluste zugefügt haben. Das wird für den Augenblick zutreffen, schließt aber gar nicht aus, daß die Japaner mit ihrem äußersten linken Flügel einen geeigneteren Weg zum Vorrücken in der weniger Schwierigkeiten bietenden West-Man- dschurei gefunden haben, der sie auch in das Tal von Liaujang führt, wo das russische Haupt quartier war. Russische Disziplin. Anzuerkennen ist, daß die russische Front jetzt ein ganz anderes Bild als seither aufweist; es klappt. Die einzelnen Korps arbeiten zusammen wie eine Maschine, jede Bewegung schließt sich der andern an, und diese veränderte Lage empfinden die Ja paner sichtlich, denen im Laufe der bald fünf Monate, die der Krieg andauert, ganz andere Strapazen zugemutet sind. Seitdem der russische Oberfeldherr seine Korps selbst fest in der Hand hält, hat das Bild ein anderes Aussehen gewonnen insofern namentlich, als die für die russischen Armee verhältnisse von jeher verhängnisvoll gewesene Eifer süchtelei der einzelnen Generale ein Ende gefunden hat. Alles ordnet sich einem Willen unter. Na türlich hängt die endgiltige Behauptung vor Liau jang durch' die Russen von den Streitkräften ab, und über diesen Punkt herrscht noch Dunkel. Die Japaner wollen nur 180000 Mann im Felde haben; das stimmt nicht entfernt, die Zahl muß mit der Belagerungsarmee von Port Arthur und allen Etappen-Truppen mindestens eine Viertel- Million betragen. Der wunde Punkt auf dem Kriegsschauplatz in der Mandschurei bleibt die Kriegslage auf dem japanischen linken und russischen rechten Flügel. Während sich die Ja paner oben im Gebirge behutsam zurückhalten, um nicht die Verbindung mit ihren Proviant- und Munitionskolonnen zu verlieren, gehen sie im Westen, wohin ihnen die Flotte nach Kaitschou das Notwendigste bringt, unaufhaltsam vor. Es kann kaum bezweifelt werden, daß die russische Stellung von Liaujang binnen kurzem unhaltbar wird, oder der Generalissimus Kuropatkin müßte schon derartige Verstärkungen unbekannterweise an sich herangezogen haben, daß er Widerstand leisten kann. Jedenfalls sind die optimistischen russischen Angaben über einen japanischen Rückzug an den wirklich bedeutsamen Kriegsstellen nicht gerechtfertigt. General Kuropatkin ist in sein Hauptquartier Liaujang heimgekehrt. Er hält die Gefahr durch die Regenzeit vor der Hand beseitigt. Warten wir es ab; das kann ganz anders kommen, und auch Kuropatkin wird damit rechnen, wenn gleich er darüber schweigt. Aus Port Arthur wird nun endlich mit Sicherheit gemeldet, daß die Nachricht von dem großen japanischen Seesieg vor acht Tagen ein frommer Wunsch war. Die rus sischen Schiffe haben in der Torpedoschlacht nur leichten Verlust erlitten; weiter war es nichts. Da gegen stehen im Südosten tatsächlich die Japaner bis auf etwa anderthalb deutsche Meilen vor Port Arthur. Diese Stelle ist in der Verteidigung der Stadt nicht die stärkste, weil man dafür auf die Flotte rechnet. Wollten es die Japaner auf die verschiedenen Tausende von Menschen, die ein Sturm-Angriff kosten kann, ankommen lassen, so würden sie mit der Eroberung von Port Arthur rechnen können. Die Hafenausfahrt ist frei. Das russische Geschwader ist wiederholt von neuem aus gelaufen, ohne angegriffen zu werden. Die russischen Offiziere. Die „Voss. Ztg." veröffentlicht eine interessante Schilderung der russischen Offiziere von einem eng lischen Kriegsberichterstatter, der mit solchen die Reise nach Mulden in der Mandschurei gemacht Hal. Es heißt darin: „Der russische Offizier ist em prächtiger, großer, hochherziger Vollblutmann und ein so guter Freund und Kamerad, wie man nur hoffen oder wünschen kann. Zwischen Moskau und Chardin ist die Eisenbahnlinie 8000 Werst lang; ich war absolut unbekannt mit allen Mit reisenden und konnte kaum ein Wort russisch reden. Aber schon am ersten Tage kamen drei Offiziere zu mir, die mich englisch anredeten, und fast alle übrigen waren bemüht, mir klar zu machen, daß sie Deutsch oder Französisch, oder auch beides sprechen könnten. Ein hoher General, mit dem ich kaum ein Wort gewechselt hatte, gab sich in Irkutsk die größte Mühe, um für mich in dem nächsten transbaikalischen Zug einen Platz zu finden. Der russische Offizier ist ein Gentleman, aber er ist nicht nur Gentleman, sondern auch ein Mann; nichts an ihm ist affektiert. Unter all den rus sischen Offizieren, die ich getroffen habe, fand ich nicht einen einzigen Dandy. Vielleicht ist die Zahl der russischen Offiziere zu groß, als daß sie sich als eine besondere Menschenklasse betrachten können. Man kann unter den russischen Offizieren zwar hier oder dort einen hochmütigen oder bäurischen Menschen finden, aber er ist einer unter den Tau senden. Wird man einem russischen Offizier vor gestellt, so schüttelt er einem in der herzlichsten Weise die Hand. Er mischt sich sofort ohne die leiseste Spur von Ueberhebung in die Unterhaltung ein. Er hat einen guten Appetit und ißt alles, was ihm vorgesetzt wird. Wenn er ein GlaS Wutki oder Wein trinkt, so leert er es auf einen Zug. Wenn er lacht, so lacht er laut, herzlich und gesund, und wenn er böse ist, so ist sein Zorn ebenfalls groß, gesund und kommt von Herzen. Kurz, er ist in jeder Beziehung ein vorzüglicher Kerl. Man kann einen graubärtigen alten General und einen knabenhaft aussehenden Leutnant voll ständig ungezwungen und heiter an demselben Tisch zusammensitzen sehen, ohne daß es der jüngere Mann an Ehrerbietung und der ältere an Würde fehlen ließe." * * * Die neuesten Depeschen lauten: Petersburg, 4. Juli. Der Zar setzt die In spektion des baltischen Geschwaders fort. Man hofft, daß dieses Mitte August nach Ostasien ab gehen kann. Nach hierher gelangten Meldungen haben die Japaner große Schwierigkeiten, ihre Truppen zu verproviantieren. Es ereignet sich so gar, daß die Truppen mehrere Tage ohne Pro- viant sind. Petersburg, 4. Juli. Der „Rußki Invalid" veröffentlicht Meldungen über neue Kämpfe bei Port Arthur, welche besagen, daß 4 japanische Torpedoboote beschädigt sind. Der Korrespondent des Blattes ist überzeugt, daß Rußland bald Herr der Lage zur See sein wird. Petersburg, 4. Juli. Nach einer Depesche der „Nowoje Wremja" aus Liaujang hat auf dem Meere zwischen Korea und Japan ein Zyklon 27 Fahrzeuge einer japanischen Schiffsgesellschaft mit 3 Millionen Pfund Mehl, welches für die japa nische Armee bestimmt war, vernichtet. London, 4. Juli. Dem Wladiwostokgeschwader gelang es am Freitag nacht, der Verfolgung des Torpedoboots „Kamimura" zu entgehen. In einer am 27. v. M. stattgefundenen Seeschlacht wurde ein russisches Kriegsschiff und ein Torpedoboot durch Admiral Togo in den Grund gebohrt. London, 4. Juli. Eine hiesige japanische Autorität äußerte, daß Kuroki nach einem be sonderen Kriegsplan vorgehe und überraschende Vorgänge in den nächsten Tagen zu erwarten seien. Tfchifu, 4. Juli. Größere Gefechte haben in der Zeit von, 26. bis 28. v. M. um Port Arthur stattgesunden. Die Japaner sind bis auf 10 eng lische Meilen an Port Arthur herangekommen. Ueber die Verluste der Japaner ist nichts bekannt. Auf Seiten der Russen waren die Verluste be deutend. Flüchtlinge aus Port Arthur berichten, daß zahlreiche Verwundete in der Stadt einge troffen seien. Tokio, 4. Juli. Eines der hier erscheinenden Blätter veröffentlicht Artikel über die Neutralität Deutschlands und spricht die Befürchtung aus, Deutschland werde sich bereit erklären, den Russen zu gestatten, den Hafen von Kiautschau anzulaufen. Das Blatt fügt hinzu, daß, falls dieses zutreffe, Japan die Haltung Deutschlands als eine feind liche betrachten und an die englische Freundlichkeit appellieren müsse.