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^Billigste Tageszeitung im Erzgebirge 12. Jahrgang Nr. 107 Erscheint tügllch Nachmittags, außer an Sonn », Aeiertagen. — Prei» pro Mouat frei iuS Hau« LV Psg-, abgeholt IS Psg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" Bei der Post abgeholt pro Vierteljahr 1 Ml. — Durch den BrirstrSzer 1.40 Mark. Tageblatt für die Stabt Aue und Umgebung Erschein« — Inserat» - - - >,«einspaltige Pctitzcilc 10 Psg,, a»,tltche Inserate die TorpuS Zeile 25 Pfg., Reklamen pro Zeile 20 Psg. Bei 4 maliger Aufnahm. 25'/g Rabatt. — Bei größeren Inserat«- a. mehrmaliger Aufnahme wird entspreS ent höher« Rabatt gewährt. Alle Postanftalten und Landbriesträger nehmen Bestellungen an. »«antwortlich« Redakteur: Ernst Hunke, Aue i Erzgrb^rg».^ Redaktion u. Expedition: Aue, Marktstraße. Freitag, 11. Mai 1900 N-vmis-tzt«». Deutschland. H Berlin, 8. Mai. Wie von verschiedenen Blättern gemeldet wird, soll die bayrische Regierung entschlos sen sein, gegen die Erhöhung der Besteuerung der Lot- terteloos« zu stimmen und zwar mit Rücksicht aufKir- chenbaulooke und auf den Rennsport und seine Bedeut ung für die Pferdezucht. In letzter Beziehung ist be merkenswert, daß gestern das Heuck-lrennen, eines der sogenannten klassischen Rennen einen so jämmerlichen Verlaus nahm, daß alle Blätter, die sich mit Sport- frazen beschäftigen, darüber ihre tiefste Empörung zum Ausdruck brachten. Sieger wurde ein invalides Lier, an dem der Luströhrenschnilt gemacht worden ist und das eine Kanüle trägt. (Da kann man aller dings nicht von einer Bedeutung der Rennen für die Pferdezucht reden.) ß Köln, 7. Mai mittags. Gestern Abend nach Ein tritt der Dunkelheit führte die Torpedobootslotlille Sig nal- und Beleuchtungsmanöver aus. Während de» interessanten Schauspiels hielten dichtgedrängte Men schenmass« n die Brücken und beide Ufer des Rheines besetzt und folgten mit Spannung den fesselnden Vor gängen auf dem Ströme, über dessen Spiegel sich Lichtfluth um Lichtfluth ergoß. Leuchtende Garden effekte erfüllten die Lust und sausend stiegen die Ra keten bis hoch über die Spitzen der Thürme des Do me- empor. 8 Kattowitz, 8. Mai. In Schwirntochlowitz herrscht eine Typhusepidemie. Bis jetzt sind gegen ÜO Per sonen erkrankt and mehrere gestorben. Im Rnvabach, der die Häuserreihen in Schwientochlowitz durchschnei det, wurden Typhusbazillen gesunden. Da die Krank heit mit Besorgnis erregender Bösartigkeit austritt, sind von den Behörden die umfassendsten Vorsichts maßregeln getroffen. § In der Nicht zum Sonnabend sind beide ele - nische Maschinen derZuckerrasftnerie in Rositz b. Alten burg zerplatzt. Maschinen und Gebäude sind zerstört.; Glücklicherweise ist Niemand verunglückt. Der Betrieb ist gehemmt. 8 Au i. Rheinthal, 7. Mai.- Der Rhein durchbrach, durch die Lchneeschmetze angeschwollen, in der Nacht zum Sonntag die Dämme und bahnte sich einen Weg in da- mit großen Kosten angelegte neue Bett. 8 Kitzinger Buren. Jugend von heute I In Kitztngen hat die Polizei ein „Burenlager-aulgehoben. Mittel schüler hatten es in einem entlegenen Steinbruche auf geschlagen. In der Stadt hatten sie Telephonleitungen zerschnitten, ans öffentlichen Plätzen Beschädigungen angerichtet uno Diebstähle auSgesührt, während sie das nötige Geld ihren Eltern stahlen. Bei dem Rädels führer wurden M. 1000 Bankgeld gesunden. Das ver borgene Lager bildete eine große Hütte, die innen eine vollständige Hau leinrichtung, nebst Wein- und Mund vorrat aufwieS; an der EingangSthür war, wie die „Kitz. Ztg.« schreibt, eine Warnungstafel angebracht, die dem Betreter dieser Stätte Vernichtung durch Selbst schüsse und Minen ankündigte. Vom Eingang in das Innere der Hütte führte ein elektrisches Läutewerk. Als Vertheidigungsmittel hatten sich die Jungen Ne- volver und Terzerole angefchafft; 200 Patronen und Bleikugeln fanden sich als Munition. Ausland. 8 Zum Pülnaer Mordprozeß Die „Nene Freie Presse- meldet aus Prag: Das Gutachten der Prager medizinischen Fakultät, auf welches der Oberste Ge richtshof die Kassirung des UrtheilS im Polnaer Mord prozeß stützt, geht dahin, es sei ausgeschlossen, daß der Agnes Hruza Blut zum Zwecke irgend einer Verwendung entzogen worden sei. Das Blut des Körpers sei viel mehr in Kle dern, in der Blutlache, sowie im Körper sellst aufgefundeu worden. Das Guiachten bezei >net die That als-sexuellen Mord. 8 Bern, 8. Mai. Ein wohlhabender Landwirth in Wählern lockte sein vierjähriges Söhnchen in ein Ge hölz und erschoß es. Daraus erschoß er im Hause seine Frau, seine 70jährige Mutter und die Frau seines Bruders. Dann verschloß er das Hous und ergriff die Flucht, wurde aber in Burgdors verhaftet. Er ist offenbar geistesgestört. 8 Von der Pariser Weltausstellung. Jin Sculpturen- garten des Kunstpalastes stürzte angeblich in Filge einer Bodensenkung Graults Statue der Republik herab und beschädigte nn Falle noch mehrere andere Statuen. 8 Konstantinopel, 7. Mai. Der neue Onentexpreß- zug Berlin-Budapest-Konstantinopel hat gestern Nach mittag zum ersten Male Konstantinopel verlassen. Auf dem Bahnhafe hatte sich der Direktor der Gesellschaft der orientalischen Eisenbahnen mit dem Personal der Gesellschaft eingesunden. 8 Ein neuer Methusalem. Ein amerikanischer Artzt, der Doktor Charles Smith, erfreut sich, wie au» New- Kork berichtet wird, des außergewöhnlichen Vorzug», nächster Tage seinen 124. Geburtstag feiern zu können. Zu Begin« des nordameiikanischen Freiheitskriege» im Jahre 1776 geboren, hat er durch volle 75 Jäher in New-Uork seiner ärztlichen Praxis mit bestem Erfolge obgelegen und an wahren Legionen von Patienten sein medizinischer Wissen und Können geübt. Rach Mr. SmithS Versicherung verdankt derselbe sein methn« salemischeS Alter einzig und allein einer im Jahre 1868 von ihm im Staate New-Jersey entdeckten Min eralquelle, deren Wasser, ähnlich dem Jungbrunnen der Sage, sieben Cardinal«ugenden besitzt und damit zugleich die Gabe, den ihm Zusprechenden ein lange» Leben zu verleihen. Der hochbetagle Jünger AeSkulatz» ist ein enragirter Vegetarianer und Verächter de» Alkohols in jeglicher Gestalt. Wer ihn festen Schritte», fast ungebeugt noch, aus seinen täglichen Spazier gängen einherstolziren sieht und seiner lautgeführten interessanten Unterhaltung zu lauschen Gelegenheit hat, wird ihn für einen rüstigen Siebenzigjährigen kalten. 8 Mascagni beim Apotheker. Aus Rom schreibt man: Alle Will kennt den tragikomischen StreitMaS- cagnis mit dem Stadtrath von Pesara, der durch In» triguen von beiden Seiten durch Beleidigungsklagen, die wieder zurückgezogen ivurden, Schiedsgericht« und alle möglichen anderen Intermezzi ins Endlose ge zogen wurde Folgendes- Borkommnitz—fetzt—jedoch Allem die Krone aus. Mascagni befindet sich, wie das nicht nur in italienischen Prooinzstädtchrn Brauch ist, des Abends beim Apotheker, um ein „Schwätzchen' zu machen. Da tritt sein größter Fe'nd, der Advocat Terenzi, in den Laden, welcher, als er den löwen mähnigen Componisten erblickt, schleunigst die Thür von Außen wieder schließt. Darauf der Apotheker: Der Maestro verscheuche ihm die besten Kunden. Mas cagni giebt eine zürnende Antwort. Der Apotheker bemerkt weiter: „Der Adoocat Terenzi ist mehr werth als alle MaScagnis der Welt und das Conservatorrum Rossini zusammen genommen." Jetzt begehrt der be leidigte Künstlerstolz des Componisten auf. Der Maestro stürzt wüthend auf den Apotheker; der Apo theker flüchtet um Hilfe rusend hinter sttner Ladentisch. Auf dem Schauplatz aber erscheinen einige handfeste Leute, welche den Wuth schnaubenden Maestro unter Anwendung sanfter Gewalt beruhigen u. vor die THÜ An der Iremde Roman von Alexander Blumenberg. <5 „Emil!" rief nun auch in strafendem Tone die Mama, und er ließ ganz verschüchtert den Kopf hängen, lachte aber bald darauf wieder hell auf, al» er im nächsten Augen blick von Ludwig» Armen hochgehoben, mit einem kühnen Schwünge auf dessen Schultern saß, welche» gymnastische Kunststück er jedenfalls nicht zum erstenmal ausführte, denn er balancierte und voltigierte zum höchsten Entsetzen der Mama mit eichkätzchenartiger Behändigkeit von einer Schul te» zur anderen, vi» er mit einem Purzelbaum wieder vollständig mit sich und der Welt versöhnt, zur Erde ge langt«. Zwei Tage später, der Professor hatte soeben da» Hau» »erlassen, um sich in seine Vorlesung zu begeben, kam Minna die Treppe vom oberen Stockwerk herab, mit der Absicht in den Garten zu gehen Ludwig» Studierzimmer stand weit offen und Frau Doktor Klinger war mit Hanna beschäftigt, darin zu putzen und zu säubern „Nun, Tant chen," rief Minna und trat in die Thürschwelle, »kann ich helfen?" „Ach du meine Güte, Kind," antwortete die Frau Dok torin; „in diese» Durcheinander bringt doch kein Mensch Ordnung. Sieb' doch nur den Hausen Schriften und Vit- cher hier aus dem Schreibtisch, und dabei darf man bei Leibe nicht ein Schnippelchen Papier verthun, oder die Bücher anrühren. Hanna weiß da» ja noch von früher her, »her ich bin doch immer lieber selbst dabei." Minna war dicht an den Schreibtisch getreten, an wel chem Ludwig» Mutter stand, die die Bücher und Zeit schriften WirNich sehr pietätvoll mit dem Flederwisch ab- stäubt«, ohne jedoch ein Buch dabei hochzunehmen. E, Hanna trollte jetzt mit Schrubber und Eimer ab, ihr Werk in de» Herrn Zimmer war gethan. Gleich darauf meldet« st« aber der Frau Doktorin, daß Herr von val- d« nach ihr »«»lang«. „Da laß mich die» weiter abstäuben, Tantchen, komm, ich thu' e» gern," bat Minna. Die alte Dame gab ihr den Flederwisch, band die große HauSschürze ab und legte sie Minna um die zarte Taille. Al» diese dann allein im Zimmer war, begann sie ihr Reinigungswerk, aber mit sehr viel weniger Borsicht, al» sie e» soeben von der Mutter gesehen. Ganz energisch wur den die schweren Folianten jetzt bei Seite geschoben, dar unter lag kein Staub, wohl aber ein Bild. Auch da» mußte geputzt werden, so, mit dem Flederwisch über die Rück seite de» Bilde», und nun nahm sie e» hoch, vergaß aber beim Anblick desselben ganz und gar das weitere Abstäu- ben. Die Lippen hatte Ludwig geküßt, und ihr Knabe, und dann wieder er und so fort und so fort. Und wie kam denn die» Bild au» dem Lutzweilerhof in die Studier stube de» Professor», der e» verleugnete, «s ihren Blicken entzog?" „Mama! Mama!" schallte ihre» Knaben Stimme durch'» Hau» Schnell legte sie da» Bild wieder auf seinen Platz und die Bücher wieder darauf. Dann trat sie in den Haus flur. „Da bist Du ja, Mama," rief der Kleine und sprang die letzten der Treppenstufen wagehalsig nieder. „Du möch test'mal in Großonkel» Stube kommen, und Tante Klin- aer hat gesagt, ich könnte in den Garten gehen. Ei, da kommt Clara." Und er lief spornstreich» durch die offene HauSthür in den Bordergarten, seiner kleinen Gespielin entgegen. » In Herrn von Waldens Zimmer herrschte eine bange, schwüle Stille. Auf seinem Bette, in der ruhigen Lage eine» friedlich Schlafenden lag der alte Herr, die Hände Über der Bettdecke gefaltet. Bor einer halben Stunde war er von seinem Morgen schlummer erwacht, aber er fühlte sich so matt, so schwer im Kopf. Er schellte und bat da» eintretende Mädchen, Frau Doktor Klinger zu ihm zu rufen. Al» sein« alt« Freundin kam, erschrak diese sehr über da» sonderbar verc änderte Aussehen. Er aber faßte ihre Hand. „Bitte. blrW. ben Gie bei mir," bat er, „mir ist so sonderbar zu Mnt».E Sie hatte sich dann zu ihm gesetzt. „Ich will zum Aitzd" schicken, mein Freund," hatte sie gesagt; er aber hielt iHre > Hand nur fester. Dann beauftragte sie Emil, welcher M- bekümmert im Zimmer mit seinen Banklötzen spielte, die Mama zu rufen, er selbst könne im Garten spielen. Mlnüa kam, e» bedurfte nur eine» Blicke» auf den Kranken, uz» > sie vorzubereiten auf eine ernste Stunde. Ohne Verzöger- ung sandte sie zum Arzt. Aber bevor derselbe da» Han» erreichte, standen die beiden Frauen am Lager eine» Toten, ein Herzschlag hatte dem hochbetagten Leben ein schnelle», friedliche» Ende bereitet. Al» die erste, stille Zeit der Trauer um den liehen To ten vorübergeganaen war, ließ Herrn von Walden»Recht»-; anwalt den Professor Klinger und Frau von Malatoffum eine geschäftliche Unterredung bitten. Er stellte sich ihnen dann al» Testamentsvollstrecker yyr und überreichte ihnen eine gerichtlich beglaubigte Abschrift de» Testamente» de» Erblasser». Er erklärte ihnen, daj^ da» Testament selber sich im Archive der Stadt befände und den und den Datum den Erben im Gericht veröffent licht werden würde. „Im hiesigen Archiv?" konnte Ludwig nur erstaunt fragen. „Meine» Wissen» machte Herr von Walden bereit» «in Testament, ehe er Ohnthal verließ." „San-recht," bestätigte der Rechtsanwalt, -so geschah e» in der That, doch hat der Verstorbene vor kurzem da» erst« Testament vernichtet und «in andere» durch »sich all- fertigen kaffen. Sie werden alle» in bester Ordnung Pu- den, und ich stehe am besagten Tage Ihnen zu Diensten? Mit welchen Worten sich der Mann des Gesetze» empfahl. Au» der Abschrift de» Testamente» konnten sie erse hen. daß Minna, verwitwete Baronin von Malakoff, Toch ter de» Han» Lutzwetler au» Ohnthal, zur Universalerbin de» ganzen, sehr beträchtliche» Vermögen», da» RittttMtt mit eingeschlossen, ernannt wo» ,