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Wochenblatt für Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 144. Reichenbrand, Siegmar, Neustadt und Rabenstein. 10. Sonnabend, den 7. März 1008. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition (Reichenbrand, Pelzmühlenstraße 47O), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand und Kaufmann Emil Winter in Nabenstein entgegcngenommen und pro Ispaltige Petitzeile mit 10 Psg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Arizeigen-Annahme in der Expedition bis spätestens Freitags nachmittags 5 Uhr, bei den Annahmestellen bis nachmittags 2 Uhr. Bekanntmachung. Zum Zwecke der Neueinrichtung des polizeilichen Meldewesens macht sich die Ausfüllung von Hausbogen erforderlich. Dmelbcn werden den Haushaltungsvorständen in den nächsten Tagen zu- wcndm. Im Hausbogen aufzuführen sind sämtliche hier wohnhafte Personen (einschließlich etwa vorübergehend abwesender Personen> und zwar in der Weise, daß zunächst der Familienvorstand, dann die Ehefrau und Kinder und sodann die After-, Untermieter, Dienstpersonal u. s. w. aufgeführt werden. Bei jeder einzelnen Person sind sämtliche Bornamen anzugeben und der Rufname zu unterstreichen. Die zu machenden Angaben sollen als Grundlage für das Meldewesen verwendet werden und ^Das ausgefüllte Formular ist für 20. März dieses Jahres zur Abholung bereit zu halten und sind die vorhandenen Urkunden zur Nachprüfung des ausgefüllten Formulars dem abholenden Beamten mit vorzulegen. Reichenbrand, am 26. Februar 1908. Der Gemcindevorstand. . Vogel. Bekanntmachung. Am l. März a. v. ist der 1. Termin der Gemeindeanlagen und des Schulgeldes auf 1908 Es wird dies mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß nach Ablauf der für die Bezahlung zugclassenen 14tägigen Frist gegen Säumige das Mahn- bcz. Pfändungsverfahrcn ein geleilet werden wird. Reichenbrand, am 25. Februar 1908. Der Gemcindevorstand. Vogel. Bekanntmachung. Gefunden wurde 1 schwarze Schürze. Ravenstein, am 6. März 1W8^ fällig. "Der"Gemeinde Vorstand. Wilsdorf. Bekanntmachnng. Den 1. Marz 1908 war der I. Termin der diesjährigen*Gemeindeanlagen fällig. Es wird dies mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß diese Anlagen zur Ver- meidrmg des wang.vollstrcckungsverfahr.ns^bis^zum an die hiesige Gemeindekasse abzuführen sind. Ravenstein, am 6. März 1908. Der Gemcindevorstand. Wilsdorf. Bekanntmachung. Den 16. März 1908 wird der I. Termin der diesjährigen Rente fällig und ist spätestens bis zum d h s r- h . cl^' ^08- Ravensteins am 6. März ^08. das Zwang, v strc l ig. rfa ) g Der Gemcindevorstand. — Wilsdorf. Bekanntmachung. Am 15. dieses Monats ist der 1. Termin der Gemeinde-Anlagen und des Schulgeldes für das laufende Jahr fällig. Derselbe ist bis spätestens zum 15. März 1908 an die hiesige Gemeinde-Kassen-Verwaltung abzuführen. Es wird dies mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß nach Ablauf dieser Frist gegen Säumige das Mahn- bez. Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet werden wird. Neustadt, am 14. Februar 1908. Der Gemcindevorstand. Gcitzlcr. Die Sparkasse zu Neustadt verzinst^Einla^en mit ^Vs O/o-.^. Für gen» welche bis zum 3. eines Monats bewirkt „ . „ ^ —-»»- Die Sparkasse expediert täglich vormittags von 8—12 Uhr und nachmittags von 2—6 Uhr. Durch die Post eingehende Einlagen werden sofort expediert. Bericht über die Sitzung des Gemeinderates zu Neustadt vom 28. Februar 1908. Verfügung der Königlichen Amtshauptmannschaft Lhemnitz Ent schließung gefaßt. 3. Auf die vorliegenden G.iuche des Mauenheims Tobiasmühlc sich beruhen zu lassen. 4. werden die Erben eines Grundstückes zur Bezahlung von Besil^eränderungsabgabcn regulativgemätz^ herangezogen. leihung ^nes Hausgrundstückes und b. über Verwendung des vor jährigen Reingewinns zugestimmt. Vom letzteren werden 500 Mark zur Verrechnung auf anteilige Derwaltungskosten an die Gemeinde kasse abgeführt und der Rest dem Reservefonds überwiesen. Einige weitere Beratungspunkte eignen sich nicht zur Ver öffentlichung. Das Heimatlied. Original-Noman von Irene v. Hellmuth. (Fortsetzung.) lNachdrmk verboten.) Alles ringsumher sah so trübe und traurig aus, keine lustige Vogelstimnie tönte mehr aus dem Walde, die Berge drüben verschwamme» in den Nebelwogen, so daß nicht einmal mehr die Umrisse zu erkennen waren. Man hatte Mühe, um nicht auszugleiten, denn der Boden befand sich in einem sehr schlüpfrigen Zustand. In die Regentropfen mischten sich hie und da kleine Schneeflocken, cs war recht unfreundlich hier draußen. Erika gewahrte das kaum. In ihren schönen blauen Augen glänzten heute Tränen. „Wie oft bin ich nun schon diesen Weg gewandert," sagte sie zu dein jungen Mann, der schweigend an ihrer Seite dahinschritt, um sie, wie cs seine Gewohnheit war, ein Stück des Weges zu begleiten. Er hatte das schon gctail, als er noch ein ganz junger Bursche war. Täglich legten sie zusammen denselben Weg zurück, wenn auch nicht immer so still und ruhig wie heute. Wenn Erika nach beendetem Unterricht sich auf den Heimweg machte, dann griff auch Ludwig, der Sohn des Kapellmeisters Kühne, eilig nach seiner Mütze, und dann ging cs an ein Haschen und Jagen, an ein Jauchzen und Schreien, daß der Wald widcrhallte. Jedes wollte zuerst den Berg erklimmen, so daß beide dann atemlos, mit glühenden Wangen oben an kamen. Deckte aber Schnee ringsum die Erde zu, dann ging die Lust erst recht an. Es war eine lustige Schlacht, die da geschlagen wurde, das laute Jauchzen der Kinder schallte oft genug den Berg hinab, wenn sic sich gegenseitig mit Schneebällcn bombardierten. Es genierte sie durchaus nicht, wenn eines das andere empfindlich an Nase oder Ohren traf, sic lachren nur um so unbändiger, wenn ein Wurf gelang. Das war nun freilich schon längst vorbei und an die Stelle der übermütigen, ausgelassenen Kinderspiele war etwas anderes getreten, etwas, das sich nicht laut äußerte, aber desto inniger im tiefsten Herzen fühlbar wurde. Ludwig, der ein paar Jahre älter war, als seine Spiclgenossin, wußte es längst, daß er diese liebte so heiß und innig, und daß es auf Erden nichts, gab, was ihm teurer war als sie. Wenn er trotzdem nie gewagt hatte, ihr davon zu sprechen, so hatte das seinen Grund darin, daß Erika nichts anderes zu kennen schien, als ihre Kunst, und als höchstes Ziel immer den Beruf einer Künstlerin vor Augen hatte. Sie träumte von Ruhm und Ehren, von Gold und Lorbeeren, aber von der Liebe, die Ludwig beseelte, schien sic nichts zu empfinden, wie sic auch seine heißen Blicke nicht zu ver stehen schien, die ihr eigentlich doch verraten mußten, was in seinem Herzen vorging. Doch heute, da Erika gekommen war, Abschied zu nehmen, und als sie, die Lustige, Ilcbcrmütige, sich dabei der Tränen nicht zu erwehren vermochte, — da glaubte Ludwig, daß diese Tränen auch zum Teil deni Abschied von ihm selbst galten. Als dann Erika wieder und immer wieder ihren, freundlichen Lehrer die Hand reichte, und dieser, selbst tief bewegt, ihren stürmischen Dank abwehrte mit den Worten: „Was ich an Dir tat, ich tat es gern, Du hast mir viele Freude gemacht durch Deinen Eifer und Dein Talent," da war es Ludwig, als müßte er auf das Mädchen zn- stürzen und es anflehen: „Bleib — o bleibe bei uns —, meine heiße Liebe soll Dir alles ersetzen, was Du erträunit: Gold, Ehre, Ruhm! — Was sind sie gegen meine Liebe?" Aber als Erika nach einem letzten Gruß sich anschicktc, den Heimweg anzutrcten, da griff Ludwig nur stumm nach seinem Hut, um sie zum letztenmal zu begleiten. Nun wanderten sie schweigend in dem Ncbelgcriesel durch den herbstlichen Wald. Erika wischte manchmal verstohlen die Hellen Tropfen fort, die ihr immer wieder in die Augen traten. Ludwig seufzte tief auf. „Mußte es denn sei», daß Du uns verläßt?" sagte er endlich gepreßt. Das junge Mädchen sah ihn verwundert an. „Gewiß muß das sein, Ludwig. Dein Vater behauptet doch auch, daß es unerläßlich ist, wenn ich Sängerin werden will!" „Und — eine Sängerin willst Du durchaus werden?" „Nun, ich denke doch, das ist lange und oft zwischen uns erörtert worden. Was soll die Frage nun?" „Und wenn jetzt einer käme und bäte: Bleibe hier, wo Du so glücklich warst, ich will Dich auf Händen tragen, nur geh nicht fort, denn ohne Dich zu leben, scheint mir eine Unmöglichkeit! Was würdest Du zu ihm sagen?" Erika schaute den Frager mit großen Augen an. Sie versuchte, scherzend über diese Antwort hinwegzukommcn, doch Ludwig brach jetzt in voller Leidenschaft aus: „Erika, Du weißt, daß ich Dich lieb habe, lange schon, ich flehe Dich an, gib den Plan auf, Sängerin zu werden, dort draußen in der Welt werd ich Dich verlieren, sic werden Dich umschmeicheln. Dir tausend schöne Dinge sagen, sie werden Dir alles zu Füßen legen, Gold, Ehre — alles, aber so lieb wie ich kan» Dich keiner haben — keiner, denn ich würde mein Leben für Dich hingeben. Wenn ich nur wüßte, was ich tun müßte, um Dich zu halten, Dich ganz für mich zu gewinnen!" Erika schwieg »ach diesem leidenschaftlichen Erguß eine Weile still, doch klar und fest kam es dann über die roten Lippen, die unbewußt den Ton der Kindcrzcit wieder fanden: „Ich bi» Dir gut, Ludwig — ganz gewiß, aber — sichst Du, mein Vorhaben kann ich deswegen nicht aufgebcn, und," — fuhr sic ernster werdend eifrig fort: „Das brauchte ich auch gar nicht! Laß mich nur erst hinaus in die Welt, laß mich das Leben, von dem ich schon so lange geträumt, erst kennen lernen, es ist nun einmal mein innigster Wunsch! Und dann, wenn ich eine Künstlerin geworden bin und ich mir sagen kann: Ich bin nicht auf halbem Wege stehen geblieben, ich habe den Gipfel erklommen, sie haben mir zugcjubclt und mir gesagt, daß ich etwas kann, etwas Tüchtiges, — Rechtes, — dann Ludwig, dann werde ich wiederkommen, und sagen: Jetzt will ich hier bleiben bei Dir, ich habe Dich lieb behaltens trotz allem! Ich weiß, ich werde Dich immer lieb behalten, wie einen" Sie stockte plötzlich mitten in der Rede. „Wie einen Bruder," hatte sie sagen wollen. Aber, ob das die Liebe war, die er von ihr verlangte? Ob ihm das genügte? — In ihrem 16jährigen Köpfchen dämmerte plötzlich die Ahnung auf, daß Ludwig eine andere Liebe meinte, als Bruder- und Schwesterliche. lieber das frische Gesicht Erikas ergoß sich eine glühende Röte. Doch in einem Anflug von Schelmerei hob sie die Augen zu dem ernst blickenden Jugendfreunde „Du hast doch bisher nie ein Wort dagegen gesprochen, wenn ich von meinen Zukunftsplänen mit Dir rcdcle, warum nun gerade heute, warum willst Du mich in letzter Stunde von meinem Vorsatze abbringen?" „Ich hatte auch heute nicht die Absicht, mit Dir davon zu sprechen. -