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Erscheint jeden Wochentag srüh S Uhr. Inserate wer den bis Nachmittags z Uhr für die nächst erscheinende Nummer angenommen. Freiberger Anzeiger und Tageblatt. 'Preis vierteljährlich IS Wc. Inserate werde» die gespalten« Zeil« ,d«r deren Raum mit 5 X berechnet. 258. Freitag, den « November. 1857. Tagksgeschichte. Freiberg, den 3. Nov. (Oeffentl. Gerichtsverhandlungen.) Der Bericht Uber die unterm 30. vor. Mon. kürzlich erwähnte Hanptverhandlung in der Untersuchung wider Hohl aus Fran kenberg ist noch rückständig und kommt nunmehr freilich etwas spät, während Hohl, der sich am 21. vor. Monats auf der An klagebank befand und erst am 29. seine Unterwerfung Urthcl erklärte, schon seine Strafe angetreten hat. Nachdem gegen Hohl, welcher früher das Barbierhandwerk getrieben und fpäter magnetische Kuren vorgcnommen halte, bereits im Jahre 1855 mehrfache Anzeigen wegen wiederholten magnetischen Ku- rirens beim vormaligen Justizamt Frankenberg eingegangen waren, ohne daß die Untersuchung, da Hohl sich längere Zeit im Lande umhertrieb und trotz steckbrieflicher Verfolgung nicht erlangt wurde, zum Austrag gekommen war, ging im August dieses Jahres wider ihn von einer Frauensperson aus Freiberg «ine Anzeige wegen eines angeblich an ihr verübten Beirugs in Höhe von 70 Thlr. ein und es stellte sich durch eine vorläu fige Befragung derselben heraus, daß Hohl als Doctor Pester, vormaliger Adjutant Heubners in den Maitagen des Jahres 1849 und als Erbe eines Vermögens von 18,000 Thlrn. sich bei ihr eingcführt, ihr die Ehe versprochen und, unter dem Vor wande, daß das Geld irgendwo, bald bei Leipzig, bald in Prag deponirt sei und er, um es erheben zu können, Geld bedürfe, nach und nach ihr 70 Thlr. abzuschwindeln gewußt hatte. Am 19. vor. Monats in die hiesige Frohnveste eingeliefert und vom Berweisungsbcschluß in Kenntniß gesetzt, verzichtete Hohl auf die eiuwöchige Frist zur Hauptverhandlung und so kam es, daß schon am 21. die Hauptverhaudlung stattfinden konnte. Der Angeklagte zeigte gleich beim ersten Auftreten den Schwindler, der mit einer Suada sonder Gleichen sein Gebühren als ein ganz unschuldiges, sich selbst als den Verführten darsiellte, an geistigen Störungen leiden und die fixe Idee haben wollte, daß er immer glaube, sehr vermögend zu sein, während er doch kein Geld besitze. Seiner Angabe nach, die in dieser Beziehung zum größten Theile mit den Depositionen der Anklagenden überein- fiimmte, hatte er am Neujahrstage 1856 in dem von Chemnitz nach Freiberg fahrenden Botenwagen die Bekanntschaft mit der Verletzten gemacht, sich unter dem Namen Pester und dem Vorgeben, daß er Arzt sei und mit seiner Frau in der Scheidung liege, Eingang bei ihr verschafft und hierbei auch vorgegeben, daß er achtzehntausend Thaler im Vermögen habe. Unter dem Vorgeben, daß er Geld bedürfe, um dieses Geld zu erheben, hatte er ihr verschiedene Geldbeträge abgeborgt, ihr aber das Geld zurückerstatten wollen, weil er in dem Wahne gestanden, daß er Vermögen habe." Daß er ihr versprochen, sie ehelichen zu wollen, und daß er sie dadurch zu dem Geld darlehen verleitet, stellte er in Abrede. Auf Antrag der Staats anwaltschaft wurden einige Briefe des Angeklagten an die Ver letzte vorgelesen, aber trotzdem daß darin die Anrede „Theures Christelchen!" und sonstige zärtliche Ausdrücke, auch am Schluffe die Worte: „Dein Dich liebender Pester" vorkamen, blieb er beim Leugnen, gab vor, daß er ihr nur die Offerte gemacht, sie als Haushälterin zu sich zu nehmen, und wollte schließlich nur die Möglichkeit zugeben, daß er ihr gesagt, daß er sie später einmal hcirathen würde, wenn sich seine Umstände besserten. Um den Sachverhalt aufzuklären, und festzustellen, welches die höchste Gcldpost, die er erhalten, gewesen, wurde die Verletzte herbeigerufen. Ihrer Aussage nach, die sie dann auch eidlich erhärtete, hatte der Angeklagte einzig und allein dadurch, daß er ihr die Ehe versprochen, sie zu Darleihung der 70 Thlr. in einzelnen Posten, deren größte 21 Thlr. betrug, bewogen. Frei lich gehörte ein gutes Portiönchen Leichtgläubigkeit dazu, Hohls Angaben, wozu er Las Geld gebraucht, Glauben zu schenken, indessen die Verletzte hatte schon das schöne Alter von 38 Jahren erreicht und diese Gelegenheit, unter die Haube in ihrem vor gerückteren Alter, wo sie schon alle Hoffnung aufgegeben haben mochte, zu kommen, mit Freuden ergriffen, diese Freude auch — Ivie sie naiv erzählte — ihrem Geliebten nicht verschwiegen. Alles Leugnen half dem Angeklagten nichts, und, nachdem er eingestanden, die obenerwähnten magnetischen Kuren durch Auf legen der Hände und ohne Zuziehung eines Arztes verübt zu haben, ward er vom Gerichtshof zu Arbeitshausstrafe in Dauer von Einem Jahre zwei Monaten und drei Tagen verurtheilt. — Dem Leipz. Tageblatt entnehmen wir Folgendes: Wie väterlich der Stadtrath zu Siebenlehn für seine Untergebenen sorgt, auf welche strenge Ordnung und Zucht er hält, geht her vor aus der nachstehenden Bekanntmachung. „Seit einer Reihe von Jahren hat sich die Zahl der hie sigen Communalabgaben-Restanten zum stetswachsenden Nachtheile der übrigenCommunbeitragpflichtigen Einwohnerschaft in auffälliger und bedenklicher Maaße vermehrt. Vielfache Versuche, diesem Uebelstande entgegen zu treten, haben ergeben, daß fast allen vorliegenden Fällen, Nachlässigkeit, Leichtsinn oder böser Wille zum Grunde liegt. Zum kräftigen Schutz Ler hiesigen Einwohnerschaft vor den unausbleiblichen Folgen dieses Verhältnisses wird hiermit Nach stehendes zur öffentlichen Kenntniß und Nachachtung gebracht: 1) Diejenigen, welche länger als 2 Jahre mit ihren Local abgaben in Rest geblieben, und auf wiederholtes Mahnen Zah lung nicht geleistet, sowie diejenigen, welche öffentliches Almosen in Anspruch genommen, bleiben, bis auf infolge Zahlung resp.: Restitution; von der Betheiligung an allen öffentlichen, mit Geldaufwand verbundenen Vergnügungen, sowie von der Be- thciligung an geschlossenen Gesellschaften, insofern auch diese mit Geldaufwand verknüpft ist, von nun an ausgeschlossen. 2) Inhaber eines hiesigen Gast-, Schank- und TanzloealS haben, bei eigener Verantwortlichkeit, künftig darüber zu wachen, daß in ihren Localen die sub 1. bezeichneten Per sonen sich nicht am Billard-, Kegel-, Karten-, Würfelspiel, rosp. am Tanzvergnügen, insoweit diese mit Geldausgaben verbunden sind, betheiligen, auch daß ihnen in keiner Weise geistige Ge tränke verabreicht werden. Letzteres bezieht sich auf Kaufleute, Materialisten und Spirituosenhändler. 3) Zu diesem Behufe werden solche Personen den betreffen den Wirthen, Händlern rc. durch alljährlich stadträthlich zu re- vidirende Verzeichnisse namhaft gemacht werden. 4) Alle hiesigen geschlossenen Gesellschaften, die zu Ver gnügungen hauptsächlich bestimmt und mit Geldaufwand ver knüpft sind, sich der Aufnahme der 8ub 1. bemerkten Personen, sobald diese als solche ihnen namhaft gemacht sind, zu enthalten und bereits Aufgcnommene bis auf Weiteres zu entlassen. 5) Contravenienten fallen im Ueberführungsfalle in «ine Geldstrafe von 5 bis 20 Ngr. oder verhältnißmäßige Gefängniß strafe und wird im fernern Wiederholungsfälle, insoweit es einer blos persönlichen Concession gilt, dieselbe ihnen zu entziehen, ! gehörigen Ortö beantragt werden. Wir ersuchen alle achtungswerthen Mitglieder der hiesigen Einwohnerschaft in ihrem eigenen Interesse, bet un- nachsichtiger Durchführung diesfallsiger Ueber- j wachung dem Stadtrath allenthalben kräftig zur Hand zu geben. Siebenlehn, d. 22. Sept. 1857. Der Stadtrath. Kreyß. Verantwort!. Redakteur: I. G. Wolf. Uirchllche Mchrichlen. Prediger. Dom. XXII. i». Primt. Vorm. Text: Matth. 18, 21-35. Nachm. Texte: a) Matth. 21, 28-31. b) I Mos. 39, 2-5. c) Matth. 23, 27, 28. Dom: srüh 9 Uhr, Herr viac. vr. plül. Teichgräber. — Beichte und Communion früh 7 Uhr, Herr Superin tendent Merbach. — Nachm. Betstunde. Petri: frük halb 9 Uhr, Gastpredigt, Herr Archidiacon. Gutzschcbauch von Döbeln. — Nachm. Herr Oiac. Reinhold. — Beichte und Communion früh 7 Uhr. Nikolai: früh halb 9 Uhr, Herr Pastor Sturm. — Beichte und Communion früh 7 Uhr.