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( Neues sus sller Lieft j Betrügerische AngefteUte. Auf Veranlassung der Direktion der Hafen-DaMpfschiffahrts-Gesellschast nahm die Kriminalpolizei in Hamburg zehn Kontrolleure und Kassierer fest, die die Gesellschaft durch umfangreiche Be trügereien schädigten, indem sie bereits entwertete Fahrscheine an Fahrgäste verkauften. Soweit bis jetzt feststeht, wurden die Betrügereien in den Monaten Juli und August ausgeführt? 33 800 Mark unterschlagen. Der Kassierer K. und der Duchführer P. von der Kreisfparrasse Saarlouis sind nach gemeinsam begangenen Unterschlagungen, deren Höhs erst noch festgesiekt werden mutz, in der Nacht kurz vor der angesetzten Revision mit einem Betrage von 33 000 Mar! flüchtig geworden. Familirntragödie. An der Bahnstrecke zwischen Straßburg und Hagenau wurden drei schrecklich verstümmelte Leichen gefunden. Es handelt sich um ein junges Ehepaar und dessen Kind, die anscheinend gemein sam in den Tod gegangen sind. Der Mann war Matrose, er war vor kurzem auf Urlaub gekommen. Unfall eines französischen Ministers. Innenminister Sarraut erlitt einen Unfall. Als er vor dem Ministerium in sein Auto gestiegen war, schlug der Diener die Tür des Autos zu früh zu. Dem Minister wurden dreiFinger der rechten Hand zerquetscht. Levines Abenteuer in Paris. Der amerikanische Flieger Levine, der aus London zu kurzem Aufenthalt nach Paris gekommen war, entging mit knapper Not einem Angriff von zwei Autodroschkenchauffeuren, die ihn auS bisher noch unbekannten Gründen verprügeln wollten. Bei dem Abflug von Le Bourget hätte Levine beinahe Zurückbleiben müssen, da er keinen Paß bei sich hatte. Rätselhafter Mord und Selbstmord. In K a i r o er eignete sich ein geheimnisvoller Mord und Selbstmord. Der reiche Ägypter Moharram Sabry Bey erschrß feine Frau mit einem Revolver, verwundete den Inten danten seiner Güter schwer und beging Selbstmord. Die Frau Sabrys war eine Österreicherin; sie war vor zehn Jahren bei ihrer Verheiratung zum mohammedanischen Glauben übergetreten. Wie berichtet wird, lagen dis beiden Ehegatten in Scheidung. Vicrköttcr in Washington. Der deutsche Meistcr- schwimmer Ernst Vierkötter traf mit seinen beiden Trainern Gerhartz und Karenschee zum Besuch der ameri kanischen Bundeshauptstadt in Washington ein. Der deutsche Geschäftsträger Dr. Kiep veranstaltete zu Ehren Vierkötters ein Frühstück, bei dem insbesondere die ameri kanische und die deutsche Presse vertreten war. i Erdrutsch bei Kempten. An dem erhöht liegenden linksseitigen Jllerufer senkte sich ein großes Stück der Stützmauer zunächst senkrecht gegen die Iller herab. Die nachrutschenden Erdmassen sprengten dann die Beton mauer auseinander und legten sie vollständig um. Durch die herabstürzenden Erdmassen wurden zwei Leitungen des städtischen Elektrizitätswerkes abgerissen, so daß dis Verbindung zu mehreren Vororten gestört war. Der Erd rutsch ist auf Unterspülung der Stützmauer durch Grund- Wasser zurückzuführen. ' Ein Fabrikdirektor verhaftet. In Bad Elster wurde ein Direktor Uhlich der Riebe-Werke, die zum Nichard- Kahn-Konzern gehören, unter dem Verdacht der Hehlerei und des unlauteren Wettbewerbs verhaftet. Als beson ders belastend wurde ein Bries angesehen, in dem der früher bei den Norma-Werken, jetzt bei der Kugellager fabrik Arborn in der Schweiz beschäftigte, inzwischen in Deutschland verhaftete Ingenieur Karrer Direktor Uhlich anweist, möglichst vorsichtig zu sein, da in Stuttgart bereits die Untersuchung wegen der Werksspionage ein- aeleitet sei. Dume fLageSryronir. .. Berlin. Zum 100. Geburtstag hat der preußische Minister präsident Frau Lisette Todt geb. Albrecht in Schafstedt, Kreis Süderdithmarschcn, ein Glückwunschschreiben und eine Ehrentasse überreichen lassen. , Leipzig. Die Zahl der an spinaler Kinderläh mung Erkrankten ist auf 82 gestiegen. Bisher zählte man 15 Todesfälle. Chikago. Sechs mit Jagdgewehren bewaffnete Männer überfielen mehrere Kassenboten und raubten ihnen 9 5 0 0 0 Dollar. Warum sollen die Düngemittel frühzeitig ausgestreut werden? Von Dipl.-Landw. A. Müller, Dresden. Es gibt wohl kaum ein schwierigeres Problem in der Landwirtschaft als das der Ernährung des deutschen Volkes auf eigener Scholle. Längst ist man sich dabei bewußt, daß die Erfüllung dieser Aufgabe ohne reichliche Zufuhr von künstlichen Düngemitteln trotz verbesserter Bodenbearbei tung, Verwendung hochwertigen Saatgutes usw. kaum möglich ist. Die Verwendung von künstlichen Dünge mitteln steht daher im Vordergrund des Interesses, und es ist ganz erklärlich, daß deren Verbrauch von Jahr zu Jahr zunimmt. Obwohl das Ernährungsproblem der Kulturpflanzen durchaus noch kein restlos geklärtes ist und noch zahlreiche Fragen offen stehen, die der Lösung harren, so hat sich die breite Praxis die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschungen und die der zahlreichen praktischen Beobachtungen zunutze gemacht und einige Klarheit über diy Anwendung der Düngemittel und ihrer Wirkungsart bekommen. Längst weiß feder Landwirt, welche Ansprüche die einzelnen Kulturpflanzen an Boden, Klima und Pflege stellen und welche von den vier Hauptnährstoffen, Stickstoff, Phosphor säure, Kalk und Kali besonders bevorzugt werden. Auch über den aufnehmbaren Nährstoffvorrat der Böden hat man sich einigermaßen Klarheit geschafft, durch sorgfältig angelegte Düngungsversuche und durch Untersuchung der Böden nach Prof. l)r. Neubauer und Mitscherlich. Daß diese Kenntnisse und das eifrige Suchen nach Klarheit die Landwirtschaft weiterbringen müssen, ist ganz erklärlich. Nur einer Frage scheint man trotz wiederholter Hin weise wenig Beachtung zu schenken und zwar der Frage, ju welchem Zeitpunkte, ob vor, während oder nach der Be stellung, die Düngemittel am zweckmäßigsten ausgestreut werden müssen, damit die Pflanzen diese am vollständigsten ahne Schädigung auswerten können. Der im vergangenen Fahre verstorbene Oekonomierat Garcke, ein eifriger Förderer der Kunstdüngeranwendung, hat dieser Frage viel Zeit gewidmet und immer wieder in Wort und Schrift aarauf hingewiesen, daß es keinesfalls gleich sei, zu welchen! Zeitpunkt die Dünaemittel gegeben werden. Insbesondere hat er von den kalihaltigen Düngemitteln verlangt, daß sie frühzeitig, etwa 8 bis 14 Tage vor der Bestellung und noch früher, gegeben werden sollen, wenn es sich um Rohsalze handelt. Als Grund hierfür wurde einmal der große Jugendbcdarf der Kulturpflanzen für Kalisalze, welcher schon im Keimstadium vorhanden ist, andererseits aber auch die evtl, auftretenden Keimschädigungen, die durch zu starke Nährstoffe und Nebensalzkonzentration möglich wäre, angeführt. Die neuesten Veröffentlichungen von Prof. vr. A. Eibel von der Bundeslehr- und Versuchsanstalt in Klosterneuburg bei Wien über die Saugkraftmessung an Kulturpflanzen lassen eine weitere Erklärung zu, die für das frühzeitige Nusstreuen der Düngemittel sprechen. Unter Saugkraft versteht man die Energie, mit welcher die Pflanzen Wasser und Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen können. Diese ist außerordentlich wichtig und spielt neben der Atmung und der Assimilation die wichtigste Rolle, da alle minerali schen Rohstoffe des Bodens und das Wasser, welches die Pflanze braucht, von den Wurzeln ausgenommen werden. Die Saugkraft wird selbstverständlich bei den meisten Pflanzen und Sorten verschieden sein und je nachdem, ob es sich um Sominer- oder Wintergetreide handelt. Hier soll ans jedoch lediglich das Verhalten des Samens bei der Keimung interessieren. Es zeigt sich nämlich, daß dieser in verschieden starken Nährlösungen nur dann keimen kann, wenn die Konzentration der Lösung schwächer als die der Zellen des Samenkorns ist. Die Keimung unterbleibt völlig, wenn die Lösung stärker ist als die der Samenzelle. Wird also bei der Bestellung gleichzeitig Kunstdünger aus gestreut, so wird bei den heute meist notwendigen hohen Kunstdüngernaben die Näbrlöiuna des Badens iekr Kack 1 sein, wodurch die Keimung des Samens erschöpft und derart geschwächt werden könnte, daß der Aufgang der Saaten trotz bester Bestellung recht ungleichmäßig sein wird. Aus diesen und den bereits oben erwähnten Gründen muß nr das gute Gelingen der Bestellung das rechtzeitige Auf- und Einbringen der künstlichen Düngemittel, insbesondere derjenigen, die in größeren Mengen gegeben werden müssen, wie zum Beispiel die Kalisalze, dringend empfohlen werden. Je schneller wir uns von dem ausländischen Markt frei machen wollen und versuchen müssen, das deutsche Volk auf eigener Scholle zu ernähren, zu desto höheren Kunstdünger gaben werden wir greifen müßen. Der Hinweis auf das rechtzeitige Ausstreuen des Kunstdüngers dürfte daher ge rechtfertigt sein. z stuncklunk-programm ) Rundfunk Leipzig (Welle 385,8), Dresden (Welle 294). Freiing, 23. Esst. v 12: Leipz. Siniouie-Orch. Werks für Streichorch. Hände!: Konzert in D-Dur. — Eads: NoveUetten. — — Hofmann: Serenade Sir. 2. » 16.30: Leipziger Sinsomeorch. Vussom: Lustfpiel-Ouo. — Bizet: Suite L'Arlettenns Nr. 1. — Saint-Saens: Szenen aus „Samson und Dalila". — Lgztt Ung. Rhapsodie Nr. 6. — Erinnerung an Offenbach, Fant. V 10.05: Aus neuen Büchern. » 18: Wissenschaftl.-msd. Vortraa: „?>eUr, r Gewebe, Organe." A 18.30: Hans Teßmer: Wie entsteht eine i Opernvrsmiere? « 20.15: Konzert. Mitw.: Dresd. Streichquartett. 1 Charlotte Schrader (Gesang), Th. Blumer (Klavier). Mendelssohn: Streichquartett Es-Dur. — Gesang (Charlotte Schrader). — Boro dins: Streichquartett D-Dur. -I 22.15: Funkbrstil. Mitw.: Karl Keßler, Lotte Meusel, Albert Schwarzburger und Leipz. Nund- tunkorcheßer. .... 77- Freitag, SS. September. . . Berlin Welle 484, 566. - 10.45: übertrag, d. Hauptvcrsamml. des Deutschen Städte tages aus der neuett Stadthalle zu Magdeburg. Eröffnungs ansprache: Oberbürgermeister Dr. Böß. Präs. Dr. Mulert: Reichspolitik und. Städte. Ansprachen von Mitgliedern der l Reichsregierung. * 15.30: S. Pfeiffer: Moderne Erziehungs- sragen (Das Wesen der Strafe). 16.15: Ob.-Reg.-Rat Dr. Bo- gusat: Sterben, Tod, Scheintod, 4- 17.00—18.30: Kapelle Gerh. Hoffmann. Anschl.: Werbenachrichten. 4- 19.05: Italienisch. 4- 19.30: Dr. E. Leimdörfer: Politik als Kunst und Wissenschaft (Was ist Politik?). 4- 20.00: Herm. Kasack: Köpfe der Dichter- akademie (Bahr, Halbe, Schönherr, Molo, Kolbenheyer). 4c 20.30: Zur Unterhaltung. Mitwirk.: Das Einödshofer-Or- chester und Elsa Schumann (Sopran). 4- 22.30: Serenaden. Berliner Funkorchester. Königswusterhausen Welle 1250. 15.00—15.30: Einführung in die musikal. Gattungen: Oper und Mustkdrama. 4- 15.35—15.40: Wetter- und Börsenbericht. 4- 16.00—16.30: Die kritischen Tage im Leben der Frau. * 16.30—17.00: Schnlkundliche Fragen in Dialogform. 4- 17.00 bis 17.30: Zum 40. Todestage Fr. Th. Vischers. 4- 17.30—18.00: Der Dichter als Gestatt und Symbol, eine Geschichte des lite rarischen Ruhms. 4- 18.00—13.30: Was sind Edelstahle? 4- 18.30—18.55: Englisch für Fortgeschrittene. 4- 18.55—19.20: Wie liest man den Handelsteil einer Zeitung? 4- 19.20—19.45: Wissenschaft!. Vortrag für Ärzte. 4- Ab 20.30: Übertragung Berlin: Konzert des Einödshofer-Orchesters. Mitw.: Elsa Schumann. 4- 22.30: Orchesterkonzert „Serenaden". Stettin Welle 236. Bis 20.30: Berliner Programm. 4- 20.30: Zur Unterhal tung. Salonorchester. Mitw.: Elfriede Bautz-Gehrmann, Sopran. Musik. Leitung und am Flügel: Herm. Scheibenhofer. — Anschl.: Wetterdienst, Tagesnachrichten, Zeitansage, Sport nachrichten. 4° Ab 22.30: Berliner Programm. Bücherschau Tempo, Tempo, keine Zeit, aber trotzdem, wie behaglich leben wir immer noch, wie gemWich essen wir immer noch, wenn man -dagegen bie Hast in einem Mmyorker Qmck-L-Mch-Restaurant hält, wie man es in den Bildern „Das Mittagessen am lausenden BaNd" -in ber neuesten Nummer ber Münchner Illustrierten Presse (Nr. 38) findet. Nach Amerika führen uns gleichfalls -die BÄder „Aus -dem amerikanischen Studentenleben", -das so ganz verschie ben ist von unserem Studentenleben. Das Flugzeug für 3000 RM., BKder Ms 'Genf, Aufnahmen vom Katholikentag, aktuelle Por träts sind in den Bildern -zur Zeilgeschichte vereinigt. — Von dem wichtigen Weltwirt-schaftsproblem ber Oelgewinnung handelt ber Bil-derauffatz „Kampf nm Qel". — Zu den Nngendorgamsationen in Svwjelrußland führen Aufnahmen ber ,Moten Pioniere". — Die japanischen Kolonien in Brasilien werden in einem Aufsatz behandelt. — Im Unterhaltungsteil findet man den interessanten Roman von Leo Perutz und Paul Frank „Der Kosak und die Nachtigall", Humor -und Rätsel. Du bist mein! , Roman von H. v. Erlin. Copyright bh Greiner L Comp., Berlin W 30. Nachdruck verboten. 25. Fortsetzung. Sie wichen nicht mehr einander aus. War einmal ein Tag vorübergegangen, an dem sie nicht wenigstens ein paar freundliche Worte miteinander gewechselt hatten, so suchte Madeleine selbst am folgenden Tage eine Begegnung mit Hartmut und verhehlte es ihm nicht, daß sie sie herbei geführt. „Mir fehlt etwas, wenn ich Sie einen ganzen Tag lang nicht gesprochen, Herr Bravand." Mit einem halben Lächeln sah er sie an. „Ja für jeden Kurgast von Lamalta hat der Tag sein festes Pen sum. Und ich gehöre nun einmal in das Ihre, Fräulein Falken." Es klang wie ein leises Scherzen, fast wie ein wenig Neckerei; doch ihre Antwort war voll ernsthaften Eifers: „Ja, Sie gehören hinein. Denn Sie sind ein Mensch, und dre sind selten geworden in dieser Welt voller Leute." Nachdenklich sah er sie an. „Vielleicht ist es etwas Aehnliches, was Sie mir vertraut macht, Fräulein Falken, daß Sie den Menschen mehr fühlen lassen als die Dame." Sie gab keine Antwort, doch über ihr Gesicht hatte sich ein Helles Rot gebreitet, ein Freudenleuchten, das wie ein heimliches Glück ihre Seele füllte. Und fie fragte sich nicht, von wannen es kam, was es bedeute; fragte sich nicht, was dieser Mann ihr war, dessen Wort sie so zu beglücken vermochte; dachte nicht darüber nach, was sie von ihm wollte, was sie von ihm vielleicht noch erhoffte. Still und fest, nicht bewußt und doch empfunden, stand es kn ihr wie ein Schicksalsspruch — „Ich lasse dich nicht". Auch Hartmut fragte sich nicht, was ihn an Madeleine anzog, und doch hatte auch er begonnen, der täglichen Be gegnung mit ihr wie einem lichten Punkt in der fonnen- lLwen Einsamkeit seiner Seele entgegenzusehen. Wenn er meinte, der Mensch in ihr sei es, der sie ihm vertrauter mache, so Sras das wohl zu, und doch war es vielleicht in höherem Maße noch die Dame, die ihren Reiz aus ihn ausübte, einen Reiz, der in so vollendeter Form, in so feiner Unaufdringlichkeit sich gab, daß es ihm nicht zum Bewußtsein kam und doch seine Wirkung auf ihn nicht verfehlte. Während es ihm schien, als beginne er in freund) chaftlicher Weife etwas von einem guten Kame raden in ihr zu sehen, trat in seiner Haltung mehr und mehr ein ritterlicher Zug hervor, unter dem das Ver schlossene, Düstere in seinem Wesen ihr gegenüber nur noch selten zum Ausdruck kam. Unerwartet sanden sie sich eines Abends wieder ein mal zueinander. Madeleine hatte im Musiksalon ein Cho- pinsches Notturno gespielt und trat, noch im Banne der Musik, in den Garten hinaus, als sie Hartmut erblickte, der unten gelauscht hatte. „Fräulein Falken, das waren Sie" — sprach er sie an ukkd deutete nach dein Zimmer, aus welchem si^ gekommen. Sie nickte lächelnd zu ihm empor. Ihr Gesicht schim merte weiß im Hellen Mondenlichte, wie die Magnolien blüten über ihrem Haupte. Kein Wort weiterer An erkennung kam über seine Lippen, aber sein Blick dankte ihr. Und als er sie dann langsam, wie aus verträumtem Schauen heraus, fragte: „Wie kommt es, Fräulein Fallen, daß ich Sie nie früher sah —?" Sie wunderte sich nicht über die Frage, war es ihr doch selber in dieser schweigenden Wsndstunoe, als hätten sie einander längst gekannt, und leise, wie er gesprochen, antwortete sie: „Ich war selten auf Gut Hölfenstein und fast nie auf meinem eigenen Gute. Ich war ein halbes Kind noch, als meine Eltern starben, und seit Jahren ist die weite Welt meine Heimat. Und fie ist schön, diese Welt. Soll ich Ihnen davon erzählen?" Er nickte zustimmend. Sie wanderten Seite an Seite hinaus in die mondübcrgossene Landschaft, und sie er zählte ihm zum erstenmal von ihrem Leben, ihren Reisen, von der Welt. Dorgenetgten Kopfes hatte Hartmut ihr gelauscht und selten eine Bemerkung dazwischen geworfen. Nun fie schwieg, fragte er: „Und wohin werden Sie reisen, wenn Sie Lamalta verlassen?" Sie schrak leicht zusammen, blickte starr geradeaus während sie wiederholte: „Wenn ich Lamalta verlasse" — und sagte dann, das Gesicht von ihm ab gewandt: „Ich habe noch nicht darüber.nachgedacht — vielleicht — später — für den Winter nach Rom." „Nach Rom! Beneidenswert!" Mehr noch als seine Worte sprach deren verhaltener, sehnsüchtiger Klang; dieser Klang schlug in sie Hinern wie eine heiße Welle, daß sie voll Hast sich ihm wieder zu kehrte und ihren Blick tief in den seinen senkte. „Sie gingen gern einmal nach Italien, Herr Bravand(" „Für mein Leben gern. Aber Luxusreisen werden meine Verhältnisse mir kaum je gestatten." Sie sah zu Boden und machte schweigend ein Paar Schritte. Plötzlich warf sie voll trotziger Leidenschaftlich keit den Kopf in den Nacken. „Wär" ich ein Mann!" — beide Hände streckte sie ihm entgegen, als biete sie ihm darin die Erfüllung feiner Wünsche — „Wär' ich ein Mann und — Ihr Freund!" Ihre Augen sprachen stummberedt, was in ihr rief: „Könntest du mit mir kommen — kämst du mit mir!" Da zog er nnt festem, heißem Griffe ihre Hände zu sich heran. — „Aber Sie sind kein Mann — Madeleine." Ihr Name von seinen Lippen — ihr war, als wenn alle Pulse stillständen, schlaff fielen ihre Arme am Körper herab. So stand sie ein paar Sekunden regungslos da. Dann neigte sie sich gegen ihn vor, zwischen ihren Lippen schimmerten die Zahne. — „Und könnten Sie nicht «an Freundschaft zwischen Mann und Weib glauben?" Er antwortete nicht sogleich. Mit leicht zusammen- gezogenen Brauen sah er sie an, als sinne er ihrer Frage nach; dann sagt; er langsam: ,Melleicht — doch nur, wenn des Mannes Liebs an ein anderes Weib gebunden ist." „Das heißt," gab Madeleine zurück, und über ihre Augen hatten sich ttef die Wimpern gesenkt — „wenn der Mann in der Freundin nicht mehr das Weib empfindet. — Vielleicht haben Sie recht." — (Fortsetzung folgt.)