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- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1909-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19090303018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1909030301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1909030301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-03
- Tag 1909-03-03
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Monat
1909-03
-
Jahr
1909
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Gachsrn^lltrn-ura verliehene Komturkreu» 1. Klasse de» Sachsrn^Lrnesitntschen HausvrüeuS und der Bezirksschul, insprktor Schulrat Dr. Prtetzel in Dresden das fürst lich Reubische s. L. Ehrenkreuz 2. Klasse annebmen und an- legen. — Herr Geh. Oek»«»»iek«t H«h«el auf Kuppritz voll endet heute, wie schon gemeldet, sein 7Ü. Lebensjahr. AuS diesem Anlasse ist für den hochverdienten Vtaiin eine grobe Ehrung geplant. Tg er Vorsitzender des Landmirtschgst- lichen KreiSverein» Bautzen ist, wir- beabsichtigt, eine Hähnel-Stiftung in» Leben zu rufen, zu der sämt liche Vereine de» Verbandes betgestcurrt haben. Aus dem Zinserträge sollen befähigte Schüler der Landwirtschaftlichen Schule in Bautzen Stipendien erhalten. — Die Einsegnung der Leiche des Stadtbaurat, Oberbau, rat» Klette gestaltete sich durch die Beteiligung einer schier unzähligen Menge von Leidtragenden zu einer imposanten, über aus würdevollen letzten Ehrung des dienstältestrn Ratsmitgliede« unserer Stadt. Wohl noch nie war die geräumige Kapelle des Johanntssriedhose» in Tolkewitz so dicht gefüllt, wie gestern nachmittag um 8 Uhr, als es galt, Abschied auf immer oou einem Mann zu nehmen, der in Dresden geboren, zur Schule gegangen, studiert und endlich mit großer Schaffenskraft eine reich«, öffentliche Wirksamkeit bis wenige Stunden vor seinem jähen Tode entfaltet hat Kein Wunder also, daß Hunderte und Abrrkunderte von Freunden oder überhaupt solchen, mit denen der Verstorbene i» nähere Berührung gekommen war, an seiner Bakre standen. Sogar das weite Vestibül der Halle zeigte eine solche Fülle, daß die Trauerversammlung bei offenen Türen bis auf die Stufen und in den Verbindungsgang zur Totenhalle reicht«. Selbst der Schneesturm vermochte da brausten die gedul big Harrenden nicht zum Wanken zu bringen. Bor dem Altar, um den sich ein Hain von Blattpflanzen zog, stand der schwarze, mit Silbcrbeschlägen und Spitzen gezierte Ebenholzsarg, um den rings schwere Lorbeerkränze, zumeist mit Schleifen l» den Stadtfarben, niedergelegt waren, würdige Zeichen einer über aus hohe» Wertschätzung des Entschlafenen. Zu Füßen des Sarges hatten die drei Chargierten der „Polyhymnia" in Wichs mit der umflorten Verbindungsfahne Ausstellung genommen. Zu Häupten ragte das Fahnenzeichen des Allgemeinen Turn vereins mit dichtem Trauerflor Unter den Leidtragende» be merkte man das gesamte Ratskollegium, an seiner Spitze die drei Bürgermeister Beutler. Dr. Kretzschmar und Dr. May. ferner lehr viele Stadtverordnete, darunter Vizevorsteher Dr. Vogel, sodann den Rektor der Technischen Hochschule Professor Hartung, Geh. Hosrat Prof. Diez, Oberregicrungsrat Hohlfeld als Vertreter der Polizeidircktion, Wohlsahrtspolizeikommissar Major Bock von Wülfingen, viele angesehene Baumeister und Architekten u. a. Die Mannschaften der Städtischen Beerdi gungsanstalt und Mohlfahrtsbeamte trugen in den letzten Mi nuten vor Beginn der Feier immer mehr prachtvolle Kränze und Palmenzweigc herzu. Nach einem Orgelvorspiel hielt Pastor Mensing von der Zohanneskirche eine gehaltvolle Gedächt nisrede, in der er auf Grund des Vibelwortes: „Wer da säet in Segen, der wird auch ernten in Segen", das an Arbeit und Erfolgen reiche Leben des Dahingeschiedenen schilderte. Sein von Idealen erfüllter Vater, der 1810 mitgekümpft habe, hätte leider nicht den Sohn erziehen können: aber die Mutter habe die ideale Gesinnung ins Herz des Sohnes gepflanzt. Zweier lei müsse dem teuren Entschlafenen, der in der Fülle der Kraft obberufcn worden sei, nachgerllhmt werden: einmal sein eiserner Wille, der vor keiner Arbeit zurückschreckte, sobald er das einmal gesteckte Ziel klar erkannt habe. Und zum andern seine edle Güte und Leutseligkeit. Der Gattin, die der Schicksnlsschlag »ach eben erst überstnndener eigener Krankheit doppelt schwer ge troffen habe, sei es nicht vergönnt, in dieser Stunde an der Bahr« des geliebten Gatten zu weilen, mit dem sie stets in inniger Liebe verbunden gewesen sei. Seine Kinder habe der Verstorbene mehr durch das ganze Vorbild seines Wesens als durch viele Worte erzogen. Hart habe das Schicksal in sein Leben eingegrifsen, als ihn ein erwachsener Sohn durch jähen llnglücksfall entrissen wurde. Eine schöne Ernte seines Lebens seien ibm stets liebe Freunde gewesen, die sich an jedem Sonntag- Nachmittag in seiner schönen Villa in Loschwitz um ihn ver sammelt hätten. Dort habe er mit rührender Sorgfalt zur Ver schönerung von Heim und Garten selbst Hand angelegt. Jede» Margen sei er von seiner Stadtwohnung hinaus nach Loschwitz gefahren, um nach dem Rechten zu sehen. Mit den Warten: „Co befehle ich die Seele dieses teuren Entschlafenen in Gottes Hand: Gott möge ihm eine goldene Ernte reifen lösten in der EwigkeitI" schloß der Geistliche. Nach ihm trat Oberbürgermeister Beutler zu Häupten des Sarges und widmete dem Kollegen einen warm empfundenen Nachruf, in dem er u. a. ansführte: „Noch immer erschüttert und von tiefem Schmerz erfüllt durch di« Trauernachricht von dem plötzlichen Tode eines der obersten und angesehensten Beamten unserer Stadt, des Herrn Stadt baurats Königlichen Oberbaurats Klette, treten wir heute an seinen Sarg, um ihm noch einmal Dank zu sagen für alles, was er im Dienste seiner Vaterstadt gearbeitet und geschaffen. Dank zu sagen auch für das. was er »ns im Rate in einer langen gemeinsamen Tätigkeit als Mensch und Kollege gewesen ist. Mit vollstem Vertrauen und darum mit Genugtuung und mit Stolz durften wir auf die Leitung unseres Tiefbauwesens blicken, weil wir wustten, das; Herr Stadtbanrat Klette nicht nur alle technischen Fortschritte theoretisch aufs vollkommenste beherrschte, sondern es auch verstand, sie mit weiser Vorsicht und Voraussicht unter Anpassung an die besonderen Dresdner Ver hältnisse in die Wirklichkeit umzusetzen. Wir haben in ihm auch einen lieben, guten Kameraden, einen ausgezeichneten Menschen, ja. viele von uns. und ich selbst darf mich dazu rech nen, einen treuen, zuverlässigen Freund verloren. Wie Deine Vaterstadt und — ick, darf es wohl aussprechen — ihre geordnete Vertretung, die Stadtverordneten, so werden vor allem auch Deine Kollegen im Rate Dir allzeit ein treues, ehrendes Gedenken bewahren." Hieraus ries Stadtbau meister Prestprich mit herzlichen Worten dem von ollen hochverehrten Ebef ein letztes Lebewohl zu. Es sei für die ibm unterstellten Beamten stets eine groste Freude und Ehre gewesen, unter ibm arbeiten zu dürfen. Ccbliestlich legt« der erste Chargierte der „Polyhymnia", Student Hase, einen Lorchcerkranz in den Verbindnngssarben am Sarge des lieben Alten Herrn nieder, der der Besten einer, ein Vorbild treuester Hingäbe an die Verbindung, ein vornehmer, liebens würdiger und erfahrungsreicher Mann gewesen sei, der echte Freundschaft gepflegt habe Mit einem Gebet des Geistlichen ging die Trauerseier zu Ende. Draustcn vorm Portal, im Schneesturm, harrte schon der vierspännige Leichenwagen, um die sterbliche Hülle des ersten Stadtbaurates von Dresden nach dem Bahnhof zur Einäscherung in Chemnitz überzuführen. — Ein schönes Zeichen pietätvollen Gedenkens bemerkten die Passanten der Hilfvbrücke. An den Gerüsten der im Bau be kindlichen Augustusbrücke — bekanntlich das letzte Werk des Entschlafenen — hotten die Arbeiter Jahnen in den Stadt farben halbmast gehistt. — Tic in Dresden am 2«. v. M. sinttgefundene Zah lung der Arbeitslosen hat an hier wohnhaften arbeitsfähigen Personen rund 1000 ergeben. — Wenige Tage vor der Vollendung seines «0. Lebens jahres starb gestern früh der langfährigc Direktor der Deutschen Fachschule für Blcckzarbeltcr und Installateure in Au«, Professor Dreher. Er leitete das Institut seit Ostern 1880. In den Jahren 1801/00, sowie vom 1. Januar 1003 bis Ende 1008 begleitete er das Amt des Stadtvcrord- netenvvrsivhers. Professor Dreher, der unmittelbar vor seiner Pensionierung starb, gedachte seinen Lebensabend in Dresden zu beschließen. Ter Dahingeschiedcne war In haber dcS Ritterkreuzes 1. Klasse des AlbrcchtSordens. — Unmittelbar nach der Rektorats-Uebergabc an der Technischen Hochschule am Montag vormittag ge leitete Se. Muntfizenz Professor Hartung den Staats- Minister Dr. Beck, den Wirkt. Geh. Rat Tr. Dr.-Ing. ehrenhalber Waentig, sowie den Geh. Regierungsrat Tr. Schmaltz nach den Neubauten, wo eingehend die Maschi- nen»Lehr»Aus stell» na besichtigt wurde. Erläute rung und Führung erfolgte durch den Schöpfer und Direk- l tor der AuSslelluiig Professor Hundhausen tm Verein mit Professor «übler. — Die Besuchszeit der Ausstellung iHelui- holv-Strahe üj ist in der Woche von 0—12 und von 0—0 Uhr. — Das General-Lonfulat der Bereinigte« Staate« ist morgen anläbiich der in Washington stattiindcnden Ein- wetsunasseterlichkcitep zu Ehren des neuen Präsidenten geschlossen. — Der Gesamtvorftaud u»d die LandeSvvrstänbe des Allgemeinen Deutsche« Jagdschutz-Vereins hielte» kürzlich «ine längere Sitzung ab. Der Landesverein im König reich "Lachsen ivar durch seinen Vorsitzenden Herrn General der Kavallerie z. D. v. Kirchüach vertreten. Auch die Deut sche Versuchsanstalt für Handfeuerwaffen halte einen Ver treter entsandt. Nach Erössnuna der Veriammlung und Er ledigung einer Reihe geschäftlicher uird gescllsckiasllicher For malitäten durch de» Herzog Viktor von Ratibor als Präsi denten des Vereins legte Herr Gras v. Matuichka de» Rrcheiisckxistsbericht aus das Jahr 100« vvr. Bo» dem Be richte wurde Kenntnis genommen. Seit einiger Zeit er strebt der Allgemeine Deutsche Jagdschutz-Verein. um einem vielfach lautgewvrdcne» Bedürfnis abzuhelsc», die Heraus gabe von N o r n> a l - Iag d pa ch t - B e r t r äg e ». Hierzu wurden zwei Entwürfe vorgelegt. Die Beriainmluiig er nannte eine Kommission und erteilte dieser den Auftrag, sich auf Grund der noch einzusorderndeii Gutachten der Lan- dcsvvrstäiide mit den Herren Instizrat Lehseld und Pro- sessor Dr. Dickel, die hervorragende Kenner der deutschen jagdrechilichen Verhältnisse sind, ins Vernehme» zu setzen und der nächsten Versammlung die spruchreifen Entwürfe vorznlegcn. lieber die Arbeiten der Kommission zur Besserung des Wildschützes in T e n l s ch o st - asrika berichtete Herr Major Roland. Besonders ent schieden trat die Kommission der Anregung des Wirkt. Geh. Rates Pros. Dr. Koch im Deutsche» Landwirlschastsratc entgegen, wonach im Interesse der Tsetsefliege das Haar wild in den Kolonien ausgcrvtlet werden soll. Diese geg nerische Steilnngnahme stützte sich an! die grvhe ivirtichast- liche und ethische Bedeutung der Erhaltung des Wildes in unseren Kolonien. Obwohl der Landwirttchastsrat cs ab- gelehnt hat, sich noch einmal mit der Angelegenheit zu be lassen, wird Herr Gras Mirbach doch versuchen, durch per sönliche Vorstellungen beim Präsidenten des Deutschen Landwirtschastsrates dieses Ziel zu erreichen. Bezüglich des nach und nach zu erstrebenden R e i ch s i n st i t u t c s für Jagd kn n de teilte der Präsident Herzog von Ratibor mit, das, die im vorigen Jahre beschlossene Denkschrift über die Errichtung dieses Institutes dem Reichskanzler Fürsten v. Bülviv ziigegangen, eine Antwort daraus aber noch nicht erfolgt ist. Bezüglich der Verteilung der Wildmorken zur Erforschung des Schalenwildes, eine Ein richtung, die trotz der verhältnismäßig kurzen Zeit ihres Bestehens schon hervorragende Erfolge erzielt hat, wurde milgelrill, das; bis jetzt von der Zentralstelle über 80 000 Wildmarkcii verausgabt wurden, wovon über 20 000 Stück an Wild angebracht sind. Im Jahre 1008 wurden 128 Stück mit Wildmarkcn gezeichnete Rehböcke erlegt. 70 davon kamen ans der großen Berliner 0K-weihaiisstellnng zur öffentlichen Schau und erweckten das Iniercsse in ganz enormem Umfange. Zur nächsten Hauptversammlung, die im Jahre I0t0 stattsindet, Inden die Landcsvereine Schles wig-Holstes» und Hannover nach Hamburg ein. Die Ein ladung wurde angenommen. - Mit dem Turnen im Seminar beschäftigte sich die letzte Monats - Versammlung des Dresd ner T u r ii l e h r c r - B c r e i n s. Den Anlaß dazu gaben die von Herrn Professor Seyffarth in einer Broschüre und in der „Sächsischen Schulzcituiig" veröffent lichten „Beiträge zu einer Reform der sächsischen Semi nare", in denen dieser sür eine Erweiterung und Ver tiefung des wissenschaftlichen Unterrichts im Seminar cin- tritt und, um dafür Zeit zu gewinnen, unter anderem eine Beschneid»»» des Turnunterrichts befürwortet. Er verlangt in einer Stundenübersicht statt der bisherigen drei Turnstunden in den Klassen 1 bis k nur zwei. Herr Scmi- narlehrer Zackiarias wies diese Forderung zurück, und legte mit klaren und überzeugenden Gründen dar. das; in einer Zeit, die den Wert der Leibesübungen sür Kräftigung der Jugend und Voltsgesundung immer mehr erkennt und deshalb bestrebt ist. neben bas intellektuelle als zweites gleichberechtigtes Ziel der Erziehung die körperliche Durch bildung zu setzen, eine Einschränkung des Turnens im Seminar unverständlich, unberechtigt und schädlich sei. Die lebhafte Wcchselrcde führte schließlich zur einstimmigen An nahme folgender Kundgebung: „DerDresdner Turnlehrer - verein weist alle Bestrebungen, die dahin gehen, den Turn unterricht im Seminar zu verkürzen, zurück. Er fordert viel mehr im Interesse der Körperbildniia der Seminaristen und der Hebung des Schul- und Volkstnrnciis eine ge steigerte Pflege des Seminartnrnunterrichts und der dem Turnen verwandten Leibesübungen." — Die weitere Be gründung soll in den Fachblättern erfolgen. — Der Univcrsitätsbesuch der Bolköschullehrer. Uebrr die Zulassung von Volksschullehrern zum Besuche der Universität Leipzig hat das Kultusministerium eine Verordnung erlassen, nach der die Zeit, während der der Besuch der Universität den zugclassenen Lehrern gestattet wird, aus vier Jahre verlängert werden soll. Diese neue Vorschrift ailt auch für die schon jetzt an der Univer sität immatrikulierten, Pädagogik studierenden Volksschitt- lebrer. — Semper-Stipendium. Das zum ehrenden Andenken an Gottfried Semper von der Stadt Dresden gestiftete Rcisestiveildiuni sür Architekten ist sür das Jahr 1000 dem Architekten Ernst Paul Bender, hier, verliehen worden. — Jagd im Marz. Mit dem 1. März hat nach säch sischem Jagdgesetz die Schonzeit sür weibliches und männ liches Edel- und Damwild nebst Kälbern, sowie auch sür die Krammetsvögel begonnen. Es dürfen nun nur noch wilde Kaninchen, Schwarzwild, Raubsäiigetierr und Rauboügel ge schossen werden. In Preusien iiat die Schonzeit sür Reh böcke, sowie für das männliche Rot- und Damwild eben falls mit dem 1. März zu beginnen. In Oesterreich dauert dagegen die Jagd ans Edel- und Damwild noch bis zum 01. März svrt. — Landcslottcric. Die Ziehung der vierten Ulaffe der 15,',. SäcWIchcii LandeSIottcrie findet Mittwoch und Don nerstag, den 17. und 18. März, statt. Die Heranziehung -es Besitzes zn den Reichslasten. Ob die nächsten Stunden schon eine Entscheidung ln der Frage der Ncichssinanzrcform, d. h. eine Einigung zwischen den verbündeten Regierungen und einer Mehr heit des Reichstags bringen, steht dahin. Die Finanz- kommtssion des Reichstags hat gestern, wie bereits im Abdenblattc mitgeteilt, die Nachlaß st euer abge- lehnt. Bcinerkeiisivert war demgegenüber die Erklärung des bayrischen BundeSratöbevollmächtigten. daß die ver bündeten Regierungen keineswegs auf die Nachlaßstcncr verzichtet hätten, sondern auf diese Steuer wieder zurUckkommen würden, falls ihnen ein ande rer gangbarer Weg nicht gezeigt würde. Mit großer Schärf« wurde ferner in derselben Sitzung die RcichsvermögenSstcuer vom Staatssekretär Gybow als unannehmbar bezeichnet. Die verbündeten Regie, riingcn würden für eine solche Steuer niemals zu haben sein. Auch die Kommission erklärte mit einer großen Mehr- heit die Rcichsvermügcnsstcacr als einen ungangbaren Weg. Bei dieser Lage der Ding« können wir unS nicht versagen, nachstehende Ausführungen, die unS abermals von hervorragender nationaler Sette zugehen, hier noch wtederzugebcu. ES heißt daselbst: «Noch immer wogen die Meinungen darüber, in welcher Form der Besitz zn den Relchslasten heran zuzlehcii sei, unstet hin und her. Um so aktueller ist die Forderung, daß die Realität der geschichi lich gewordenen Steuerverhältnisse in Reich, Bundesstaaten und Gemeinden, die allein die Grundlage sür «ine ersprieb liche Lösung der Besitzsteucrsrage zu bilden vermag, nichi verdunkelt, sondern immer aufs neue in l-elles Licht gestellt werde. Bor allem ist die unbezweiselbare Tatsache schar' und nachdrücklich scsi-uhalteii, daß dos Vermögen in allen Teilen des Deutschen Reiches bereits mit Ab gaben belegt ist, die ausschließlich dazu bestimmt sind, den besitzenden Teil der Bevölkerung in einer seiner er höhten Leisiuiigssähigkeit entsprechenden Weise vvrausz» belasten. Abgaben solcher Art sind die Vermögenssteuer, die Grund- und Gebäudestener, die Gewerbesteuer, dtt Knpilalrentensteuer und die Erbschaftssteuer. Diese Steuern müssen in ihrer Ausbildung und Wiilnng gewürdigt ive> den, wenn die neue, sür Reichszwecke einzusnhreiide Besitz steiler so eingerichtet werden soll, daß sich die durch die Slaatsiiottvendiglrit gebotene Opserverinehrung sür du Steuerzahler möglichst erträglich gestaltet. Es gilt, hierbei insbesondere diejenige Stelle in der Konstruktion der bis herigcn Nesitzbeileueriing zu ermitteln, die noch am wenig sten belastet ist und deshalb eine neue Be!chit>ernng am ehesten ertragen kann. Von diesem Gesichtspunkte aus ei kennt man alsbald einen besonderen, nicht hoch genug an ziischlagendeii Glücksninstand darin, daß das Reich und iniit verschwindenden Ausnahmcnj die Bnndesstaalen die Besteuerung der E r b a n s ä I l e an Abkö in m l i n g e und Ehegatte n. also der bei weitem überwiegenden Zahl der Erbansälle, noch nicht in Angriss genommen, geichweige denn ansgebaut haben. Diese Gunst der Lage nugenützi zu lgsscii, wäre einer der verhängnisvollsten Fehler, die bei den Arbeiten zur Wiederherstellung gesunder Fiuanzvei hältnisse im Reiche begangen werden tönnlcn. Es wäre ein vergebliches Beginnen, die Nachteile einer 'Besteuerung des Erbes in der Hand der Ablömi» linge und Ehegatten zu leugnen: anderseits dürfen aber diese Nachteile nicht in einseitiger Weile übertrieben wer den. Söenn säst alle K n l t u r st a a t e ii der Well die Anfälle an die Deszendenten und Ehegatten besteuern, dann kann diese Besteuerung nicht so iinivirtschastlich und be -rückend sein, wie sic bei uns in Deutschland vielfach hin gestellt wird. Viel unerträglicher wäre, das kann mit Be stimmtheit behauptet werden, eine den bisherigen Besitz abgaben der Bundesstaaten und Gemeinden hinzittretende lausende Belastung des Vermögens sür Zwecke des Reiches. Schon jetzt ist eö keine Seltenheit, daß der Be sitzende an direkten Steuern für den Bundesstaat, die Gr ineinde und den hölieren Kvniniunalvcrband jahraus, jahr ein lü bis 20 Prozent seines gesamten reinen Einkommens entrichten muß, und bei den unheimlich wachsenden Aufm dernngeii der bundesstaatlichen und koniinuiialeii Bndgets ist dieser Prozentsatz in beständigem Wachstum bcgrisien. Sollten tünstig einige weitere jährliche Stenerprvzeiite sür Zwecke des Reiches binzittreten. so würde die Grenze über schritten werden, bis zn der die öffentliche Gewalt vbne Läbmung des privaten Unternehmungsgeistes die Hand aus das Einkommen der Pflichtigen legen, biS zn der noch von einer Zufriedenheit der Sienerzghler mit den steuer lichen Zuständen die Rede sein kann Gehört denn aber, io wird mancher entwenden, die Erbschaftssteuer nicht auch zn den direkten Steuern? Dies: Frage wird bekanntlich verschieden beantwortet. Ter rich tige Standpunkt ergibt sich bei folgender Betrachtung. Diejenige» psychologisch bedeutsamen Momente, die die direkten Steuern io unbeliebt machen: die alljährlich, aber doch in kurzen Perioden, mit unerbittlicher Regel mäßigkeit ivicderkehrenden Veranlagung, der alljähr liche Zwang zu deklarieren und nöligcnsalls die zutref fende Veranlagung im Rechtsinittclwcge zu erstreiten, die alljährliche Pflicht, den Tteuerbctrag vom Einkommen zu ersparen, an bestimmten Terminen bereit zu halten und an bestimmten Stellen cinziizahlen, die alljährlich wiederkehrende Flut von Mahnungen und Zwangsvoll streckungen: «illc diese Momente kommen bei der Erbschafts steuer nicht in Betracht. Die Ermittlung des Steucrobjokts. die Entscheidung über Einwendungen, die Erhebung des Stcuerbctrags findet nur einmal statt: nur selten kommt es zu Mahnungen, noch seltener zn Zivangsmaßregeln. Ist die Erbiclnistsstencr einmal bezahlt, dann ist das Opfer end gültig gebracht. Auch wenn der Pflichtige von der Erlaub nis Gebrauch macht, die Erbschaftssteuer ratenweise zu ent richten, befindet er sich in günstigerer Lage als bei der jährlichen Entrichtung einer anderen Besitzsteuer: die Erb schaftssteuer ist festgesetzt, bevor die erste Rate bezahlt wird, und bei dieser Festsetzung bewendet es sich bis zur ^sahlnng der letzten Rate. Verdient sonach die Vesitzstener in der Form der Erbichattssieuer vom Standpunkte des Pflichtigen iinbcdingi den Vorzug vor jeder gnderen Form, so gilt dies in demselben, wenn nicht in noch sichererem Maße vom Stand punkte der Bundesstaaten und tztemeinden. Die lausende Besteuerung deS Vermögens, des Grund- und Gebäude besitzes, des Gewerbes, der .Kapitalrenten ist neben der allge meinen oder partiellen Einkommensteuer das spezifische Stenergebiet der Bundesstaaten und Gemeinden und muß dies auch in Zukunft bleiben, da ihnen die indirekten Steuern bis auf geringe Reste vom Reiche entzogen sind. Führt nun schon die wechselseitige Konkurrenz der Bundes staatcn und der Gemeinden ans diesem Gebiete zu mancher lei uncranicklichen Störungen und Hemmungen, so würde das Auftreten des Reiches als dritten Konkurrenten nichi nur die größte Verwirrung erzeugen, sondern den Bun deSstaaten und Gemeinden dir Möglichkeit, für ihre fori gesetzt sich erweiternden und vertiefenden kulturellen und wirtschaftlichen Ausgaben die erforderlichen Deckuiigsmittc! zu verschaffen, in der gefährlichsten Weise verkümmern und beeinträchtigen. Die Reichosinanziivt wäre vielleicht be scitigt. aber an ihre Stelle wäre eine Finanznot der Vu» dcsstaatcn und Gemeinden getreten. Das hieße nichts ande res als den Tcnscl durch Beelzebub anstreiben. Als eine praktikable Art, den Besitz zu besteuern, will inan auch die Erhöhung und sogenannte Verede lung der M« t r i k u l a rb e i t r ä g e ansgeben. Auch dieser Vorschlag zeugt von völliger Benennung der realen Verhältnisse und von bedauerlicher finanzpolitischer Kurz sichtigkeit. Tie Erhöhung der ungedeckten Mairikularbei träge um mehr als das Doppelte von 10 Pfg. pro Kvpi der Bevölkerung würde die Bundesstaaten unerträglich be lasten und ebenso in die ärgste Finanznot versetzen, wie die Einsiihrung direkter Reichssicuern. Tie Veredelung der Matrikularbciträge, d. h. ihre Umlegung nach der iogenann tcn Leistungsfähigkeit statt nach der Kopfzahl würde nur einen Ansporn zu weiteren Erhöhungen bilden. Wie wollte man übrigens die Lcistnngöfähigkett seststellen? Der nach preußischem Muster gemachte Vorschlag, periodisch all gemeine V<rmöge»svcraittag»nge» von Reichs wegen zn veranstalten, lediglich, »in dgnach die Anteile der einzelnen Bundesstaaten an den Matriknlarbeiträgen zu bestimmen, würde für denjenigen großen Teil Deutschlands, der keine Vermögenssteuer nach preußischem Muster besitzt, eine kosl spieligc Krästevergeudung bedeuten und genau ebensoviel Retchskontrollen erfordern, wie eine direkte Rcichsstene,. Ucderdtcs richtet sich die Leistungsfähigkeit eines Bundes staates keineswegs gllcin nach dem Vermögen seiner Staats angehörigen, sondern auch nach dem Umfange und der Ren tabilität des werbenden Staats- und Gemcindevcrmögcns und nach dem Ausmaße der Steuerkeistungen an Staat und Gemeinden. Nach alledem gibt rS keinen anderen gangbaren Weg zu einer Bcfitzbesteucrung für Reichszwccke, als die Aus dchnung der Erbschaftssteuer aus Abkömmlinge und Ehe gatten. Möchte diese Einsicht sich mit der siegenden Kraft der Wahrheit nunmehr endlich durchsetzen »um Heile unfe- r«S teuren Vaterlandes." Dresdner Nachrichten. -Ir. «2. Leite 3. Mittwoch. ». März L»VV
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