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Sächsische Volkszeitung : 13.12.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-12-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192112135
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19211213
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19211213
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-12
- Tag 1921-12-13
-
Monat
1921-12
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 13.12.1921
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DaS Viermächteabkommen Washington, 10. Dezember. In der letzten Vsilsitzun« der Konferenz verlad Lodgc den Text deS Viermächteabkommens, der folgenden Wortlaut hat: Die Bereinigten Staaten, da« Britische Reich, die FraurS- sische Republik und da« Javanische Reich haben beschlossen, zwecks Erhaltung deS Weltfriedens und zum Schutze ihrer Rechte betreffend ihre insnlarischcn Besitzungen und ihre insularen Do minion« im Stillen Ozean rin Abkommen zu schließen. Zu die. sein Zwecke haben sie Vertreter rrnannnt, die sich über solgrnve Bedingungen geeinigt haben: 1. Die hoben vertragschließenden Teile verpflichten sich gegenseitig, ihre Rechte bezüglich ihrer insnlarischen Besitzun gen und Dominions im Stillen Ozean zu achten. Wenn zwi schen einigen der hohen vertragschließenden Teile eine Mei nungsverschiedenheit besteht, die sich aus irgend einer den Stil len Ozean betreffenden Frage ergibt und ihre oben er. wähnten Rechte berührt, »nd wenn diese MeinungSucr- schiedcnhcit nicht auf diplomatischem Wege in befrie digender Weise geregelt wird nnd die gegenwärtig zwischen ihnen bestehende erfreuliche Harmonie zu gefährden droht, werden diese Mächte die andere» vertragschließenden Teile zu einer Konferenz einladen, der die Olesamtheit der Frage zur Prüfung und Rege- lung vorzulegen ist. 2. Sollten die oben erwähnten Rechte durch die aggressive Haltung einer anderen Macht bedroht werden, so werden die hohe» vertragschließenden Teile sich untereinander in vollständi ger und freimütigster Weise verständige», um zu einem Einver nehmen über die wirksamsten Maßnahmen zu gelangen, die sie gemeinsam oder gesondert ergreifen werden, nm allen Erforder nissen der Lage gerecht zu werde». 3. Das vorliegende Abkommen bleibt von dem Tage an, an dem eS in Kraft tritt, zehn Jahre lang in Mittigkeit. Nach Ab laut dieses Zeitraumes läuft cs weiter mit dem Vorbehalt, daß jeder der hohen vertragschließenden Teile das Recht hat, es mit zwölfmonatiger Kündigung zu beenden. 4. Das gegenwärtige Abt-nnmen wird so bald als möglich entsprechend den konstitutionellen Gebräuche» der hohen Ber. trag'chließendcn ratifiziert werden. Es tritt in Kraft, sobald die Ratirikatinnsurknnde» in Washington nicdergelcgt sind. Sobald dies geschehen ist, ist die zwischen Großbritannien «nd Japan am 13. Juli 1911 in London geschlossene Konvention auf gehoben. Ein großer Plan Lloyd Georstcs London, 11. Dezember. .Daily Mail" schreibt: Die Erörie» rima » zwischen Lloyd George und Briand würden sich nicht auf die Repaiat-one» „nd den Boischlag e-neS Moratoriums für Deutsch- land beschränken, sond-rn alle Punkte umfassen, in denen die sranrösilche und die britische Pottlik an Sein and erg in gen. — „Daily Ehromc'c" berichtet: Lloyd George habe darauf liingew'esen, daß die deulschcn R baratioven n?cht besonders vrbandclt weiden könnten, sondern daß die NeparationSsra-rc nur einen Teil der größeren und wichi'geren Frage der Mederheistellung der wirtschaftlichen Stabilisier»'st Europas bilde. Lloyd George habe einen großen Plan zur Schaffung normaler wirtschaftlicher Bettel»,nee» in Europa, den er mtt Briand e,örtern werde. Dcm'elbeil Blatte zufolge wird in französischen Kreisen erk'nrt, Briand sei durch viele dringende Geschälte in Anspruch genommen. Es sei nicht sicher, ob er die Ein ladung annehmcn könne. Lloyd George an Briand Paris, 10. Dezember. Das „Echo de Pari»" glaubt von einem Angebot Lloyd Georges an Briand zu »offen, das Louchcnr von London inftgebracht habe- Dieses Angebot sehe eine Rcvisi-n des Finanzabkommens vom 13. August und die Zuerieiliing eines größeren An'eileS oer ersten bezahlten deutschen Milliarde an Frankreich vor. Feiner schiage England vor. die Priorität der sranzösiichk» Nevarat-onSfopdernngen zugunsten der zerstörten Gebiete in weiterem ttmmiige als bisher anuierkciineii. England würde schließlich für die deutschen Kriegsschulden de Nische Schuld ver schrei billige» in Zahlung nehmen, die bereits auf Grund des Londoner ZahlnngSvlancS anSacgeben seien. Falls der letztere rcvidieit werden sollte, tverde England deutsche Sckiiilvverichreibiingcn in Zahlung nehmen, die auf Grund des neuen Planes ausgegebcn werden lönut». England wünsche, daß Deutschland in großem Um fange der Barzahlungen enthoben werde, und daß die Zah lungen aus Grund dcS vorgcschlagcne» neuen Abkommens in größerem Maßstabc i» Ware» geleistet würden. England werde vermutlich ein gleiches Angebot bezüglich der deutschen Kriegsschulden an Jtatten »nd Belgien machen. Es sei indessen kein Vorschlag gemacht über ein gle'chcs Vorgehen der Vereinigten Staaten. Die ReparaiionS» komiiiissioil habe das Londoner Abkomme» so gut wie sus pendiert, bis eine Einigung erzielt sei. Briarids Englandreise Paris, 10. Dezember. Beim Empfang der Pariser Preffe.- verireter hat Briand seine Absicht bestätigt, am 10. oder 20. Dezember nach England zu „reisen, um der Aufforderung Lloyd GeorgcS zu entspreche». Die finanziellen und wirtschaft lichen Fragen werden während dieser Besprechungen zu zweien in erster Linie geprüft werden. Die Orientfrage wird in einer neuen Zusammenkunft berate» werden, zu der Italien elnge- ladrn werben wird. Pari», 10. Dczeinber. Botschafter Dr. Mayer ist heute wieder in Paris eingelrofsen. . Rathenau wieder in Berlin (Eigener Dra^tbericht der .Sachs. VolkSzeilg."» Berlin» 12. Dezember. Der Minister Dr. Rathen au ist im Lanke der letzten Nacht wieder in Berlin elngeiraffen. In Wirtschaft», kreisen mißt man den Beratungen der nächst n Tage, die iiirurbaib der Reichsreglerung im ReichswilttchasiSrat und der Kreditkommission geführt werden, die größte Bedeutung bei. Die oberschlefische Frage Berlin, 11. Dezember. Aus Oppeln wird berichtet: Der Vorsitzende der interalliierten Grenzregulierungskommission Ge neral Dupont ist in Oppeln eingetroffen, um den nach Pari? reisenden General Lerond die Beendigung der Greiizfestsetznog in Oberschiesien zu melden. Ein neuer Bank-u^ammenbruch Wie aus Düsseldorf gemeldet wkd, hat der SlU» gemeine Bankverein, «l.-G. in Düsseldorf seine Kassen geschlossen. Kine Nachprüfung dev einzelnen Konten hat ergeben, dak dev ursprünglich angenommene Ber» Inst von 120 Millionen Mark, der aus verfehlten DeviscngeschSften resultiert, noch weit grötzer ist. Verbandsiaa der Hausbesitzer (Eigener Drahtbericht der „Sachs. V o l k S z e i t g.") Berlin, 12. Dezember. Der Zcntralveiband deutscher Hans« nnd Grundstücksbesitzer nahm am gestrigen Sonntag an einem s.hr ausgedehnten, sachlich inbaltreichen und gewichtigen außerordentlichen Verbandsiaa Stellung zu den neuen Gesetzentwürfen über Mieter schutz. Mieieinigiingsämier und Stützung de? Wohnungsbaues. Prozeß Zagow Leipzig. II. Dezember. Zn Beginn der gestrigen Verhandlungen machte General von Seeckt folgende Angaben: Das Vorgehen Lütiwitz' stimmte mit seinen militärischen Pflichten nicht überein. Er trat mit dem Freikorps in Ver bindung, nm sie vor der Auflösung zu bewahren und mit ihnen eine schlagfertige Truppe zu bilden. Noske hatte weitgehendes Vertrauen zu Lüttwitz. Am 9. März ging ich zu Noske. nm die sofortige Verabschiedung zu verlangen. Ich machte ilm aufmerksam, daß Lüttwitz am nächsten Tage eine Unterredung mit Ebert haben werde und bat Noske, derselben beizuwohnen. Diese Unterredung fand nm 10. März statt. Ich war nicht zugegen. Am Abend kam die Nachricht über die Verbindung Lüttwitzens mit Zivilpersonen. Genannt wurden mir Kapp, Pabst und Bauer. Von uns wurde die sofortige Festnahme dieser Personen verlangt. Lüttwitz sollte entlassen werden. Die Bemühungen, die Marine-Brigade von Lütiwitz abzu- drängen gingen vom Oberst Reinhardt aus. Auch mit Admiral v. Trotha hatte ich Besprechungen. Er war gegen die Untcrstel- llnng der Marine-Brigade unter Lüttwitz. Im Laufe des 12. Mürz bekam ich verschiedene Meldungen über die Haltung der Brigade Ehrhardt. Gegen Mitternacht ging ich zum Minister Noske. Dort waren anwesend der Oberst Rein hardt, der General von Owen, der Adjutant dcS Ministers Rauscher und später kam Oberst v. Oldershausen. Er brachte uns genaue Meldungen, daß wir mit militärischen An griffen in den nächsten Stunden zn rechnen hätten. Der Schutz des RegicrungSviertels war dem Regiment des Obersten von Tayssen anvcrtrant. Deutsche Truppen auf beiden Seiten sollten am Brandenburger Tor auf einander schießen. Militärisch war dieser Versuch ausgeschlossen. Die Brigade Ehrhardt war kampf geübt und iw der Hand des Führers. Militärisch war der Widerstand also aussichtslos. Man mußte befürch ten, daß die Berliner Truppen sich sehr ungern mit ihren Kame raden schlagen werden. Die politischen Fragen, um die es sich handelt, waren nicht geeignet, Begeisterung zn erregen. Gerade weil das militärische Ziel fehlte, hatten die eiumarschierenden Truppen kein Interesse an der Sache. In den frühen Morgenstunden dcS 13. März versammelten sich in der Reichs kanzlei die ReichSminisler, außerdem General Reinhardt, von Trotha, Owen, Oldershausen und ich. Wir blieben bei unserer Auffassung, daß ein Kamvf zu vermeiden und auch aussichtslos wäre. Dann fand eine Kabinettsitzung statt, der ich nicht bei wohnte. Nach einiger Zeit kam NoSke heraus und sagte zu Trotha und mir, das Kabinett habe beschlossen, das Ultima tum Ehrhardts abzulehnen. Es solle aber auch kein Widerstand geleistet werden. Es wurde dann gesagt, daß die Regierung Berlin verlassen werde. Eine Stunde später betrat Lütiwitz das Reichswchrmiinsterium »nd übernahm das Kommando. Oldershausen hatte die einzichcnden Truppen an der Siegessäule z»m .Halten veranlaßt, »nd es waren dann von der Truppe die Sächsische Volkszeiinng — Nr. 237 -- 13. Dezember 1021 Zurück zu den heiligen Satzungen Von Franziska Schneider (Nachdruck verbalen. — Alle Rechte Vorbehalten.- (01. Fortsetzung.) Eine große Verwirrung bemächiigie sich der übrigen, man lief durcheinander, man buckle sich über den Darniedcrliegenden und schien ratlos zu sein. Währenddessen sah Robert, wie der arme Ire hinansgezoge» wurde. Er schien unversehrt zu sein. Für O'Nell gab es kein Zaudern mehr. Der Seelsorger in ihm begehrte einem, der vielleicht am Sterben war, beizu- flehe». Rasche» Schrilles näherte er sich der Gruppe. Als man seiner ansichtig wurde, war wan zunächst bestürzt. Der erstaunte Bück der Engländer schien zu frage», ob der irische Father aus dem Boden gestiegen sei. Die Irländer waren nicht überrascht, ihre Fathers waren überall, wo Not und Unglück war. Wäre der vor ibnc» ans de» Wolken gekommen, sie bäilen sich nicht verwundert. Ter Priester trat so ruhig und würdevoll unter d>e An wesende», daß alle unwilliürlich im selben Augenblicke den Hut zogen. Unaufgefordert wurde ihm mitgeleilt, was geschehen war. Die Sache verhielt sich, wie er angenommen hatte. Bewegungslos hingesireckt lag ;n seinen Füßen ein snnger Mann von etwa achtzehn bi-? neunzehn Jahren mit regelmäßigen, vornehmen Gesichts,;ügen. O'Nell kniete zn ihm weder. „Er ist nichi tot," sagte einer der Herren, .aber schwer verletzt." Der Priester sprach nicht viel. AuS dem reichen Quell sei nes MensclienIninS begann er sofort zu handeln. Er schlug die bereits geöffnete Kleidung des Jünglings zurück. A»8 einer Br»stwii»de gnoll das Blut hervor. „Geben Sie mir Ihre Tücher," bat er, indem er selbst das Tuch ans seiner Brnsttasche oervorhotte nnd mit diesen! :>nd den übrigen die Wunde geschickt verband. Einen der Gcb'irgS- männer sckiickle er fort, um in seinem Hute Wasser zu holen, und befahl den anderen, eine Zauste herbeizuschaffen. Sobald Wasser da war, begann er Stirn »nd Schläfe des Bewußtlose r zu wasche». Die kopflos gewordene Herrengesellschaft sah in stummer Aengstlichkcit eine Weile zu, bis sie ihren erregten Ge dankenaustausch wieder ansnabm. O'Nell, der still »nd sacht in seinen Bemühungen sortfuhr, horte sie einmal sage»! .Wie schrecklich, wer will der armen Lady Playfour die Mitteilung von dem Unglück ihres einzigen Sohnes machen?" Er lauschte ans. Halle er recht gehört? Sich zu dem Nächststehendcn wendend, bat er um dcir Name» dcS Jünglings. Ta entschuldigte sich dieser, daß man in der Erregung vergesst» hatte, ihm denselben» zu nennen. „Er ist der einzige Sohn des Lord Playfour, des begütert ste» LcnidlordS i» Irland, der zurzeit in Indien weilt. Seine Mutter ist eine Irländer!». Der Name des Lords wird Ihnen bekannt sein." „Ja," sagte O'Nell nur kurz und wandte seine Anfuierk- samkeit wiederum seiner Tätigkeit zu. Niemand hatte gemerkt, daß bei dieser Auskunft der irische Father für einen Augenblick so bleich wurde wie der blasse Jüng ling zn seinen Füßen. Gleichzeitig schlug dieser die Angen auf, sah ihn mit großem Blick an nnd schloß sie wieder. „Er kommt zu sich," sagte einer der Herren, «welch ein Glück für seine Eltern, wenn er dem Leben erhalten blieb;, und für Lord Garfield, der den Schuß getan hak. Der Arme würde es kaum ertragen könne», einen Plcwfour getütet zu haben. ' Nnd dann hörte Robert den Herrn, der soeben dieses sprach, etwas Unglaubliches htiizufügen: „Wenn der Ungeschickte nur wenigstens statt des Playfour den Iren getroffen hätte," sagte er kaltblütig, „da hätte er nicht viel Federlesens machen brau chen. Ein paar Pfund den Hinterbliebenen und die Sache wäre erledigt gewesen. Aber einen Playfour treffen, ich glaube, da wäre cs an der Zeit, sich selbst negzuräumen." „Hoffen wir das Beste," meinte ein anderer. „Glauben Sie nicht auch, Father. daß er sich erholt?" „Das steht bei Gott," antwortete dieser, dem der Zustand des Verletzten kritisch erschien. Er fühlte dessen Herzschlag schwächer werden und sah seine Züge den Ausdruck der Starre annehnien. Die Herren schienen wohl noch wenig oder gar nicht aln Lager eines Sterbenden gestanden zn haben. Am Rande des Felsenscheitels zeigten sich einige Gestalten, sie blieben sich-:» und winkten, nm gesehen zn werden. Anscheinend fürchteten sie näher zu komme». „ES wird Lord ßlarsieli rr.i! seinen Begleitern sein," hieß es. Man entfernte sich, um die Auskunft zu erteilen, die man jedenfalls wünschte. Und nun erlebte O'Nell das Seltsame, daß sie alle gingen, keiner blieb and keiner kehrte zunächst wieder zurück. Später beim Abstiege mit der Sänfte fanden sich nur einige zur Begleitung wieder rin. Der Mann, der schon ein. bekannten politischen Forderungen ausgestellt worden. Haftbefehl« gegen Schnitzler, Grabow ski, Pabst, Kapp usw. sind am Mittag des ll. März erlassen worden. Ich persönlich hatte keine Unannehmlichkeiten bei dem Ein marsch der Brigade Ehrhardt. Ich hatte den Eindruck, als ob die politischen Pläne Lüttwitzens nicht mehr klar waren. Im Februar hatte ich eine Unterredung mit ihm und sagte, die Auslösung der Truppen erfolge auf einen Zwang. Auf die Frage des Rechtsanwalts Grün spach, ob Ehr hardt nicht noch ein besonderes Anerkennungsschreiben der Re gierung erhalten habe und ob ihm schließlich der Haftbefehl nicht mit der Post nach Döbcritz geschickt worden sei, erklärte General von Seeckt, daß die militärische Ueberlegenheii allerdings auf seiten Ehrhardts gewesen sei, im Reiche es jedoch wesentlich a» ders ausgesehen habe. In den preußischen Provinzen hätte allerdings Lüttwitz verschiedene Freikorps für sich gehabt, aber maßgebend sei gewesen, daß die Mehrheit der Offiziere der Reichswehr unbedingt auf seiten der Regierung gestanden hätte. AuMilaggebciid sei schließlich gewesen, daß die Arbeitermassen nicht hinter Kapp standen, und das hätte sich auch Herr von Jagoiv vor Augen halten müssen. StaatSniinistcr von Hergt bekundete, daß in den ersten Tagen des März Herr von Oldenburg mit einigen Offizieren bei ihm gewesen sei und mitgcieilt habe, in der Reichswehr und bei der Mariuebrigadc gäre es bedenklich. Es müsse etwas ge schehen, und die beiden Rechtsparteien müßten Hilssstellung, nehmen Der Zeuge schilderte dann, wie er Lüttwitz abgeraicn habe, etwas zu unternehme», da die beiden Rechtsparteien gerade in jenem Augenblick einen Vorstoß wegen der Neuwahlen und der Wahl des Reichspräsidenten planten und im Falle der Ablehnung in eine groß angelegte Agitation eintreten wollten. Gegen jede Gewalt habe er deswegen sich ausgesprochen, weil uns nach r>cr Stimmung des Volkes ganz automatisch bei den Neu wahlen die Mehrzahl der Sitze zufalle» muhte. Da sei nun Lütiwitz mit seinem Ultimatum an den Reichspräsi- deuten hineiiigeplatzt. Ich hielt ihm vor, so erklärte v. Hergc, daß es rein militärisch dock) nie etwas werde» könne, da er dab.tt das Volk nicht hinter sich haben würde. Auch die Rechtsparteien dächten n ich t daran, sich etwa hinter seine Bestrebungen zu stel len. Am Abend des 12. März erschien Lütiwitz bei mir um mit einiger Genugtuung festznstclle», daß alle unsere Ncformcnitrüge von der Negierung und der Nationalversammlung abgelehnc seien. Ich erwiderte, daß wir nunmehr die Bahn für unsere Agi tation frei hätten nnd daß ich hoffe, er werde seine Pläne fallen lassen. Statt dessen erfuhr ich ani nächsten Morgen beim Betteten des Parteibnremis, daß der Putsch im Gange sei. Der Zeuge schilderte dann, wie nach dem Gelingen des Putsche.' von der Reichskanzlei aus durch Traub u. a. Verbindung mit der Partei gesucht, diese aber abgelehnt wurde. Später sei dann in seiner, deS Zeugen, Gegenwart die bekannte Unterredung mit De. Schiffer über die Amnestie erfolgt und auch die Frage ttc Abdankung des Ministeriums Kapp behandelt worden. Es sei tief erschüttert gewesen, als man Kapp mittciltc, daß die Trup pen nicht mehr zn ihm ständen und er an die Treue der Gene räle appelliert habe. Kaztz» sei leichenblaß geworden, als daraus erwidert worden sei. das Interesse des Vaterlandes erfordere d.-n Rücktritt Kapps nnd von Lüttwitzens. Reichsjiistizmiiiistcr a. D. Dr. Heinze erklärt, daß er am 4. März kurz an einer Besprechung teilgenoinmcn habe, zu der n. a. auch Lültwitz, Hergt und Oldershausen erschienen waren. Er habe dabei Lütiwitz von unüberlegten Schritten abgeraien. Am 5. März erklärte ihm Lüttwitz, er könne eS unter keinen Umständen zulasten, daß das Heer vermindert werde. Er müsse auch die sofortige Auslösung der Nationalversammlung verlan gen. Wenn er abgesetzt würde, so würden seine Ossiziere alles kurz und klein schlage». Am 13. März früh begab sich der Zeuge, ohne etwas von den Vorgängen in der Nacht zu wissen, nach de:n Bahnhofe. Unterwegs traf er mii den drei Reichs-Ministern GieSberts, Koch und Gcßlcr zusammen, die ihm er zählten, was sich ereignet hatte, und daß sich die ganze Regie ruiig ans der Flucht befinde. Er, Heinze, hieli die Aktton für unerhört. Nach seiner Ankunft in Dresden ging er mit den drei Ministern zu General Maercker, der sie sehr zuruckhal-end empniig. General Maercker hatte schon Nachrichten aus Berlin. Er ließ weder von seiner Meinung, noch von dem, was er vor hatte. etwas diirchblickcn. Der Zeuge redete ihm zu. sich ans de» Boden der Verfassung zu sielten. Am nächsten Tage fuhr er im selben Zuge mit General Maercker nach Berlin, wo letz terer mit der Kapprcgierimg verhandeln wollte. Etwas Nähere, darüber erfuhr er von Maercker nicht. Obcrvr äsident Noske bekundete dann, daß eS eigentlich iinmer Gärungen in der Armee infolge ihrer lang samen Auflösung gegeben habe. Ii» Falle Lüttwitz sei er sach lich und ruhig vorgegangen. Am 10. März erfuhr der Zen. e von einigen Offizieren, das; Lüttwitz etwas vorbabe. Gleich;e !ig erhielt Noske die Mitteilung, das; Lüttwitz unter Umgehung sei ncr Person die Audienz bei Ebert nachgesucht habe. Die in des Zeugen Gegenwart verlaufene Besprechung behandelte in der Hauptsache Fragen der Triippenunterbringnng, dann sei platz lich Lüttwitz aus das politische Gebiet übergesprnngen, habe d:e Forderungen der Dcutschnatioiialcn Volkspartei zu den fetten gemacht nnd noch wcitergchende Forderungen erhoben, so dis; er, NoSkc, schließlich kategorisch erklärte, er lasse sich ein mal Wasser geholt hatte, harte sich wiederum entfernt, in» frisches hcrbeiznschaffcn. Diesmal war er bis zun, Paßwew hinabgegange», wo er trinkbares zu finden hoffte. Robert O'Nell war allein mit dem Sohne seiner Schwester, von dessen Dasein er bis dahin nichts gewußt hatte. Er hatte ihn geftmdc» auf einsamer, hoher Fclsenspitzc. Zum ersten Male erblickte er ihn in seiner Sterbestunde! Ties bewegt strich er das lockige Haar ans des Jünglings Stirn. Das war die hohe Stirn der O'Nells, die Augen, die sich soeben aufgetan, hatten groß nnd blau wie irische Augen anfgeblickt. Dtt Gesichtssorm war von dem seinen Oval, wie Mary es hatte, nur nm den seit- geschlossenen Mund lag ein fremder Zug. Alles, was er an Liebe für die Schwester gehegt hatte, quoll in seinem Herzen empor und flitttte zu deren Kinde hin, über. Zärtlich schob er den Arm unter dessen Haupt, und flüsterte, in der unwillkürlichen Annahme, daß er seinen Namen trage, ihm »mein lieber Voby" ins Ohr. „Mutter! Mutter!" schrie dieser plötzlich aus mit de», Ber- suche, den Kopf zu erheben. Unter Schmerzen stöhnend, sank er alsbald wieder zurück. Seine Augen blieben geöffnet. Wirr blickte er um sich in dem hohen Gemach, das keine Grenzen hatte und vom Himmel überdacht war, fragend haftete sein Blick auf der in die schwarze Soutane gehüllten Gestalt vor ihm. „Wer bist du?" lag darin. Mühsam fand er endlich die Worte zu der Frage: „Sind Sie ein irischer Priester?" -..Ja," sagte O'Nell, ihn besorgt und liebevoll ansehend. „Meine Mutter ist eine Irländer!» — ihr Bruder ein ir > scher Pfarrer — ich bin nicht katholisch." flüsterte in abgebroche. neu Worten der Jüngling. Wie ein Dolchstoß trafen die letzt.» Worte O'Nells Herz. Also schwach und abtrünnig hatte sie g-. handelt. Nach einigen Sekunden der Sammlung sagte er: „Ich bi» der Bruder deiner Mutter." „Ach!" hauchte der blaffe Mund. Er versuchte zu lächeln Die Hand hob sich dem Priester entgegen und fiel schwach und malt wieder zurück. O'Nell ergriff sie, drückte sie an sein« Brust beugte sich tief herab und drückte einen warmen Kuh auf di» bleiche Stirn. „Roby. mein Liebling, meiner geliebten Schwester einziger Kindl" Der Angeredeie sah starr in da? Antlitz des Priester«. Liebe und Gegenliebe strömten ir gegenseitigem Blicke incinan- der. Alles, was der Vater des Jünglings gegen die Papisten nnd ibre fanaiischcn Priester ihm gesagt hatte, war von diese!» vergessen« - .. (Fortsetzung folgt!
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