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Dienstag 5. Aiiffnst 1819 Fernsprecher 213P6 Postscheckkonto Leipzig-Ir. 14787 Rr. IW L8. Jahrg. Geschäftsstelle und Redaktion; Dresden, A. IS» Holbeinstraße 4« «e,nsr»»»t«i AuSga», L mit illusir. Vellage diertelüihrli» ».88 F». In Dresden und ganz Deutschland frei Hau« ».«0 — «»«gab, » vierteljährlich ».88 In Dresden und ganz Deutschland fr«» Hau» ».«« — Dte SSchfisch-.' Vollszettung erscheint an allen Wochentagen nachmittag». — Sprechstunde der Redaltton: II dt» 1» Uhr vormittag». Anzeigen, «nnahme von GelchSftSanzcige» »iS 10 Uhr von IamMenan,eigen dt» 11 Uhr dann. - Preis sff« Hs« Petit-Spaltzelle 4V ^ im Rellameleil I Familien-Anjeige» M ^—Für »ndeuttich geschrieben«, sowie durch Ftm» sprecher ausgegebene Anzeigen können wir die Verantwortlichkeit sür die btnhtigkeit de» LerteS nicht iiderinhweiA Zum inneren Frieden Von iinsei-em Berliner Vertreter. Vor einem großen Trümmerhaufen steht das deutsche Volk! Nicht Mein, daß alle seine Ideale in außenpolitischer Beziehung wie schillernde Glaskugeln zersprangen, auch in innerpolitischer Beziehung stehen wir vor einem Berg von Scharben. In der so dringend notwendigen Aufräumungs- arbeit wird nichts damit gebessert, daß inan in diesen Scher ben kmtzt und wühlt und sich die Hände blutig riht. Tie Reinigung ist notwendig, aber man soll sie so durchführen, daß das Wohl der Allgemeinheit dadurch nicht zu Schaden kommt. Vor dieser ungeheuren Gefahr aber stehen wir jetzt, vor der Gefahr einer heillosen Zersplitterung. Wir sind drauf und dran, auch den letzten Nest an moralischer Kraft den wir noch gerettet haben, zu verscherzen. Um den inneren Frieden geht es! Wir müssen nach den heißen Auseinandersetzungen der letzten Tage, die ja gewiß unvermeidlich waren, einander wieder naher kommenwir müssen uns in gemeinsamer Arbeit wie- der zusammenfinden. Tie Eristcnz von Reich und Volk steht auf dem Spiel. Schier schlimmer noch als der Bruder kampf mit Handgranaten und Maschinengewehren wütet der Kamps, der jetzt in Wort und Schritt ausgctrageu wird. Der rote Saft wird von dem schwarzen an Radikalismus der Wirkung noch übertroffen. Das darf unmöglich so wri ter gehen! Es ist ja gewiß durchaus begreiflich, daß Her, und Sinn durch das, was wir in den letzten Tagen über uns ergehen lassen mußten, im Innersten aufgewühlt worden sind. Die Läuterung aber — Gott gebe, daß es eine solche werde! — ist unvermeidlich, wenn wir wieder zu gesun den, inneren Verhältnissen kommen wollen! Und das ist der Kernpunkt der Frage. Nach außen sind unsere Bahnen durch einen furchtbar-en „Friedens"vertrag vorgezeichnet, dessen Inhalt und Wirkung leider nur wenige Menschen im Reiche übersehen, oder sich gegenwärtig zu machen, nur sich die Mühe geben. Man sollte das Buch der Friedensbedingungen in jedem deutschen Hause auflegen, und man müßte, wenn uns wieder die Lust anwandeln sollte, uns innerlich zu zersleisa en, all das Furchtbare und Gräß- liche eindringlich lesen, was wir durch diesen Vertrag zu erfüllen, uns verpflichtet habe». Daun erst würden wir alp gemach zu der Einsicht kommen, wie geradezu unverantwort lich die kostbare Zeit vergeudet wird, die wir jetzt dem in neren Streit widmen. Ein späteres Geschleckt wird für diese Zustände kein Verständnis haben können. Der Ruf der Sammlung, zur Sammlung alle- Geister, aller Energien und aller Kräfte, die dein Bau dcs neuen Deutschland sich widmen trollen, hallt wieder durch die deutschen Laude! Man täusche sich darüber nicht: die Gefahren, «die unserem jetzt auch durch eine neue Verfass»!!,, bekräftigten ueudeutschen Staatswescu drohen, sind noch lange nicht beschworen. Die äußerste Linke bat auf den Austrag des großen machtpolitischen Kampfes noch nicht ver zichtet. Je mehr die innere Gesundung aber fortschreitcl. um so mehr Wasser wird den radikalen. Mühlen abgetragen. Darum das heiße Bemühen der radikalen Linien, keine Ruhe und keinen Frieden im Lande herrschen zu lassen, be vor nicht ihr politisches Machtziel erreicht ist. Tie Wühle reien werden nicht aufhören, sie werden vielmehr weiter gehen, sie werden aber um so mehr an Kraft und Wirkung verlieren, je mehr wir anderen uns auf uns selbst besinnen je mehr wir uns erinnern an die bitteren Notwendigkeiten der Stunde, und je mehr wir schaffen und arbeiten, um den Trümmerhaufen zu ebnen und die Fundamente des neuen Teutschen Reiches mit Hochgerichtelen Strebepfeilern zu bauen. Die Früchte der zweifellos mühseligen Arbeit, die wir jetzt dnrchziiführen haben, werden wir Lebende aller- dings nicht mehr restlos genießen können, aber unsere Kin der und Kindcskiuder, für die wir durch unser jetziges Schas se» und Wirken uns jetzt schon einsetzen, sollen es uns nicht zum Vorwurf machen können, daß wir ihre Eristein, ihre Lebensbedingungen und ihr Glück sabottiert hätten! Erinnern wir uns an unsere Kraft! Tie gute, alte deutsche Kraft eristiert noch. Ist es nicht geradezu ein Wim der, daß das deutsche Volk nach solcher fünfjährigen unge heuerlichen, seelischen nnd körperlichen Anspannung über- Haupt noch atmet? Und sehen wir nicht, wie heute alle Hände und alle Geister sich wieder regen, wie in urserei. Werkstätten, Fabriken und Bureaus, in den Stuben unserer Gelehrten nnd Wissenschaftler wieder neue Bahnen zu neuem Wirken gewiesen werden, wie wir in allen unserem Sinnen und unserem Trachten dabei sind, uns von, dem tiefsten Fall, den uns die Geschichte in jahrhundertelanger, deutscher Lei denszeit je beschieden hat, wiecker zu erhebe»! Daran sollten wir uns jetzt erinnern, daß alles, was wir jetzt tun »nd lassen, zu Nutzen oder Unsegcn des neuen Deutschlands ge reicht. Ter hehre G e dunle e cr.! e r V a t r r t a u d s - liebe erhält jetzt erst seinen tiefinneicn Wert und seine feierliche Bedeutung. Dem inneren Frieden gelle darum unser Werk! Erst, wenn dieser innere Frieden gesichert ist, können wir, unbeschadet des Autztrages aller inneren, imimv und überall bestehenden Meinungsversclstedrnhciten. das Fundament für das Wirken nach innen und nach außen schaf fen, das notwendig ist, nur uns nicht nur die vielfach leider in Verlust geratene Achtung vor uns selber, sondern auch den Respekt der Welt wieder zu erobern. Die Denkschrift ser Enieste über das Rheinlandalikommen Wir eutnebmen der Entwort der Entente auf die beiden deutschen Denkschristeu betr. die Besetzung des linken Rhein ufers folgende wichtigen Punkte: Die alliierten und assoziierten Vcgieruugen haben im mer die Absicht gehabt, die Besetzung so wenig drückend als möglich für die Bevölkerung zu gestalten, unter dem Vor behalt, daß die Teutschen die Bedingungen des Friedeusver- trages erfüllen werden. Tie deutsche Regierung hat sich in dem Abkommen da mit einverstanden erklärt, daß die Hohe Kommission das Recht haben soll, Verorüunug e u in it Gesetzes kraft zu erlassen, um den Unterhalt, die Sicherheit und Bedürfnisse der militärischen Kräfte der alliierten und asso- stierten Mächte zu gewährleisten. Es besteht Einverständnis darüber, daß unter diesem Vorbehalt die gegenwärtige »no zukünftige Gesetzgebung des Teutschen Reiches und der Bun desstaaten einschließlich derjenigen, die seit der deuischen Revolution erlassen worden ist, auch in dein besetzten Gebiet anwenidbar ist. Unbedenklich kann anerkannt werden, daß mit obigen Vor behalte» die Bevölkerung dir s reie A » s ü b n n g ihrer versönli ch en n n d staatsb ü r g erli ch e n R echte, religiöse Freiheit, Freiheit der Presse, der Wahlen und Versammlungen gesichert wird, nnd daß die politischen, rechtlichen, administrativen nnd -wirtscl-asilichen Beziehungen der besetzten Gebiete mit dein unbesetzten Ge biete nicht gehemmt lein werden, ebensowenig wie die B e r - k e b r s f r e i h e i t zwischen dem besetzten und unbesetzten Deutschland. Jedoch können die alliierten nnd assoziierten Mächte die Verpflichtung nicht eingehen, dcn Erlaß von Ver ordnungen von einer vorherigen Verständigung zwischen der» Vertreter der Hohen Kommission nnd dem Vertreter Deutsch lands abhängig zu machen. Tie Errichtung eines zivilen Ncichskommissariats, das die Reichsaewalt repräsentiert kann von den alliierst» und assoziierten Negierungen anerkannt werden. Die Gerichtsbarkeit Ter Wortlaut des Uebereinkommcns sieht ausdrücklich ! vor, daß die militärischen Personen oder die durch die mili- i täriiche» Befehlshaber bealanlügten Personen ausschließlich ; der Militärgerichtsbarkeit der alliierten nwd assoziierten § Mächte unterworfen sein iollen nnd auch dann nicht nur hin sichtlich des Strafrechts, sondern auch des Zivilrechts. Was die privaten Vertrage anbetrisst, die Militärpersonen oder ihre Familien abgeschlossen haben, kann inan jedoch zu lasten. wie es die Denkschrift fordert, daß diese Angelegen heiten vor die dsnts ch e n Gerichte gebracht werden. Das Reckt des Widerrufs wird jedoch der Hohen Kommission für den Fall des Mißbrauchs Vorbehalten. Ans alle Fälle müssen die Angelegenheiten, die znglei ch zivilrechtlichen nnd strafrechtlichen Eharakter haben, von der. Militärgerichten abgrnrteilt werden. Tte deutschen Gerichtshöfe werden in den Fällen, in denen sie Neckt zu sprechen liaben, die deutschen Strafgesetze anwenden, aber entsprecht nd den Grundsätzen des inter nationalen Neckts können die Militärgerichte der alliierten nnd assoziierten Mächte an:' die Gesetze anwenden, die in ihrer Heimat erlassen worden sind. V erwalt u n g Tie Denkschrift der deutschen Negierung ist besorgt, zu erschien, ob -die Verordnungen der Kommission die Verwal tungsbezirke nnd die politischen Bezirke für die Bedürfnisse de: L.lkr-pation abändern werden. Tas Abkommen sieht nichts in dieser Beziehung vor. Es hat nicht in der Ab sicht der alliierten und assoziierten Negierungen gelegen, daß die Kommission die politischen und verwaltnngstechnlsche!'. Grenzen abändern kann. So wie es die deutsche Tenkschrift bemerkt, wird es na v dem Inkrafttreten des Friedensvertrages keine Agenten melw geben, die beauftragt sind, die deutschen Behörden in den Kreisen nsw. zu beaufsichtigen. Aber die Hohe Kommission hat im Interesse der baiten, die damit beauftragt sind, die Verbindung zwüchei» dcn deutschen örtlichen Vcrn asinnacn, di-n örtlichen inilitä-, rischen Behörden und der Hohen Kommistion selbst hei-tzu-- stellen. Was die Beamten betrifft, so erst'.::-.! die deutsche Denk schrift dos Recht der Abberufung durch die Hobe Kominjffior« an. Es folgt daraus, daß die Hohe Kommission die Mv.>< lichtest hat, die Ernennung von Beamten nicht hinznnehmen, deren Einführung Unordnung Hervorrufen könnte. Es besteht Einverständnis, daß die Zivilverw-Atnng a n ch die Verwaltung der F i n a n z e n umfaßt, und daß die Einkünfte des Reiches und der Bundesstaaten in den besetz ten Gebieten vereinnahmt und von den zuständigen deut schen Behörden verwaltet werden können. Ter öffentliche Unterricht bildet, so wie es die l --„rst-be Denkschrift bemerkt, einen Beslanötcii -der dentichcw. .--.wir- Verwaltung und wird sich nach den deutschen Gest-tze.'i richten. Tie deutsche Negierung hat also nickt zu fürchten, daß fremdsprachlicher Untern.in ans Anordnung der V- d es. machte eingesnhrt werden wird. Ta der Belagerungszustand eine unmittelbare Funktion der Sicherheit der Armee ist. kann die Verpflichtung nicht ühernoinni-en werden, in jedem Falle und insbesondr e :m Falle der TtingliäLeil den Rrichstomnüstar zu besr.-.gen. Es versteht sich, daß die alliierten nnd assoziierst > ' -e- aiernngen, die ans eine loyale Mitarbeit der deuti-ck-en Be» j Hörden recknen, nicht verfehlen werden, sie jedesmal zu -e- s fragen, wenn es die Umstände ihnen erlauben. Grundsätzlich nnd entsprechend der in der deut-cher» Denkschrift ausgesprochenen Bitte liegt es in der -dockt der alliierten nnd assoziierten Behörden, die verick i - >n i von dcn militärischen Stellen der Besatzung für da. it- ranm des Waffenstillstandes erlassenen Verordnungen a o -- znbe b c >,, nachdem der Friedensvertrag in Kraft n:-. mr sein wird. Jedoch steht es ausschließlich der Hohen '- -.mn- Mission zu, die notwendigen Uebergangsbestimmnn-g.- . zu treffen. Tie Hohe Kommission wird durch Verordnung dir :.nf. Hebung oder Anpassung dieser Verordnungen anM, ecken. Diele Verordnung wird in möglichst kurzer Zeit nach dem Inkrafttreten des Vertrages erlassen werden. Tie Aufenthalts-Verbote in den besetzten Gebieten ünd ausgesprochen worden ans Gründen der Anfrechteri-g ong der öffentlichen Sicherheit und um den Bestimmung- die rechtmäßig während des Waffenstillstandes von den : stä- rischen Behörden der Alliierten und Assoziierten erlösten wurden, Acktimg zu verschaffen. Es kann nickt zngal.isen werden, daß die ansgewiesenen Personen in ikre Heimat znrückkehren können allein ans die Tatsache bin, das, der Friedensvertrag in Kraft getreten ist. Diejenigen, die znrückkebren wollen, werden sied a n d i e Hobe Kommission inenden müssen. die irden ein zelnen Fall in versöhnlichem Geiste prüfen wird. Post nnd Telegraph Es ist möglich, wie es die deutsche Denkschrift vorsctckägt. dir gegenwärtige Regelung nbznänderii. Ties wird durch eine Verordnung der Hoben Komniistion geicbebrn. Tie Freiheit, zu verkehren, durch Brief, Telegraph oder Fern- 'precber, wird zwischen den besetzten und nicht besetz ten Gebieteil w i e d e r h e r g e st e l i t werden, unter- dem allgemeinen Vorbehalt der Rechte der Hoben Kommistou oder der Folgen des Belagerungszustandes, wenn die er er klärt wc-'den solltet Beitreibn n g e n Tie deutsche Regierung bittet, daß die Ausübung des Rechtes der Beitreibung so beschränkt werden möchte wie möglich. Tie Alliierte» und Asjoziierren sind vollkommen einig mit der deutschen Regierung in der Meinung, daß die Bei treibnng wenig häufig tim Englischen: selten) ansgeübt werde nnd begründet sein soll durch besondere Umstände. Tie Hohe Kommission wird hierüber alle Bemerkungen, die ihr gegenüber gemacht werden, anbören können und st- wird ein Reglement- heransgeben im Geiste der Billigkeit und Versöhnung. Jedoch ist es nicht möglich, der in der deutschen Denk schrift am Ende dieses Paragraphen vorgebrachten Bitte zu entsprechen, nämlich, daß die Bmt eibnng nur durch Ver mittlung des Reichskommissariats st-attfind-en soll. Die „Köln. Volksztg." bemerkt hierzu: Es ist nicht zu leugnen, daß die Tenkschrift einen versöhnlichen und entgegenkommenden Geist atmet. Sie geht im wesentlichen auf alle Gesichtspunkte ein. die voll dem Parlamentarischen Beirat ausgestellt nnd von