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Nummer 200 — 24. Jahrgang «mal wöch. Brzugspreis: für August 2,60 einschl. Bestellgeld, «nzc „enpreise: Tie 1gesp.Pelit»e1le l!V H, Stelle,igeiuchs 2V -Ä- Die Pettt-Reklamezeile 89 Millimeter breit, 1 Osfertengeblihr sür Selbst abholer 20 H, bei Uebersendung durch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 10. SonntagS-Nr. Iß Weichäftllcher Teilr Josef Fohmann, Dresden. StickslsÄe Sonntag, 30. August 1925 Im ksalle HSHerer Gewalt erlischt jede Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung von «nzeigen-Aufträgen» Leistung von Schadenersatz. Mir undeusltchGch-Mernrr übermittelte Anzeigen übernehmen wir kein» «rau Wortung. Unverlangt eingesandte und wst WHwiM, nicht versrbene Mannskripte werden nicht aMKmhrt.' Sprechstunde der Redaktion 5 bis 6 Uhr nachmittags. Hauptschristleiterr Dr. Josef «lbert. Dresden/ Lü. «odl-llk 0es»«svn«. Prager Str. 34 Q Slrkmpli Itl'ZUiMlN voWMuna GeschüftSftelle, Druck und Verlag, Saxonia- B»chdn>ckerei GmbH.. DreSden-it. IS, Holbeinstrabe 4L gerimit 32722. Postscheckkonto Dresden 14787. Aanlkomo Bassenge L gsribfche, Dresden. Für chrislliche Politik und Kullur Redattto» der Sächsischen VolkSzcttung Dresden-illtsl. >6. Holbctnslrahe 46. gernrin 82722 N»d 88SR. Die Friedensbewegung in Frankreich Von Dr. Herbert Dankworth, Frankfurt a. M. Im Jahre 1923 wurde in Frankreich die „Lorrespondence catholique sranco-allemaude" begründet mit dem Zweck«, einen persönlichen Gedankenaustausch französischer und deutscher Ka tholiken durch geregelten Briefwechsel herböizusiihre». Zugleich wurde, besonders durch die Tätigkeit des Abbe Demulier, der eucharistische B ö l k er s o n n tag Ins Leben gerufen. Am 1. Sonntag jedes Monats sollen die Katholiken Frankreichs die hl. Kommunion für Deutschland und die Katholiken Deutschlands die heilige Kommunion für Frankreich aufopfern. Die Korre spondenz erschien monatlich und enthielt neben Aufsätzen stets Auszüge aus deutschen Briefen. Es ist bemerkenswert, daß ihr Herausgeber, Charles Gravey, sich 'dabei wirklich und ernsthaft sür den wahren Frieden eingesetzt l>at, und es ist nicht allein — wie mancher vermuten möchte — ein französischer Standpunkt, der aus diesen Heften spricht. Wir lesen zum Beispiel im März- April-Heft von 1926 unter der Ueberschrist „Für die Ehre Frank reichs" eine warmherzige Bekämpfung der KriegeschuMüge und eine Verurteilung der Außerachtlassung der Wasfenstillstands- bcdingungen durch die Alliierten! Wir lesen unter der Ueber- schrift „Für einen gerechten und dauernden Frieden" nichts weniger als die Forderung nach einer unverzüglichen Räumung der besetzten Gebiete, nach Rückgabe der Kolonien, nach Herab setzung der Neparationslasten. Wir lesen ferner eine Kritik des Buches „Der Sieg" von Fahre Luce, die von einem Deutschen geschrieben sein könnte, sehen die Franzosen darüber belehrt, daß sie das Sicherheitsproblem zu einseitig auffaßten und daß es nur gerecht sei, wenn sich Oesterreich an Deutschland anschliehe. Wie immer auch diesen Forderungen die augenblickliche politische Lage entgegenstehen mag, — man muß eine Ahnung von den Ansichten der Franzosen über uns haben, um den Mut solcher Bekenntnisse zu bewundern! Sicher sehen nicht alle Hefte so aus, es tritt uns so oft eine allzu harte Kritik an Deutsch land, tritt unendlich Fremdes entgegen. Aber bie obigen Auf fassungen beweisen wenigstens von dieser Seite klar den guten Willen — und das ist immer ein Faktor, dem man sich anver trauen kann. Heute hat sich diese Korrespondenz in das „Bulletin Catho lique International" verwandelt und ihren Bereich auf Polen, England und Italien ausgedehnt. Im Programm 'der ersten Nummer (vom 1. Juni 1925) tritt das Bulletin für einen direk ten Kontakt zwischen französischen und ausländischen Korrespon denten ein zum Zwecke der Bekämpfung der nationalen Vor urteile, des nationalen Hasses und der nationalen Leidenschaften. Dieser Bewegung zur Seite steht die Partei „Ieune Repu- blique", begründet von Marc Dangnier. Sie gibt eine wöchent- liche Zeitung heraus: „La jeune Nepublique", ferner eine Mo natsschrift: „La Democratie" und eine Zeitschrift „L'ame com mune". Dazu Propagandaschristen. Ihre Ideen sind tm wesent lichen demokratisch, christlich, pazifistisch, — sie tritt für die Ver antwortung des Einzelnen dem Staate und allen Menschen und Völkern sowie ihren Rechten gegenüber ein. Nach der Mitteilung eines französischen Studenten im Iuli- August-Heft 1925 der „Deutsch-französischen katholischen Korre spondenz" ist die älteste pazifistische Gruppe in Frankreich die des „Friedens durch das Recht", deren Zeitschrift 35 Jahre be steht. 4>iese Gruppe veröffentlicht noch ein volkstümliches Matt „Pcnples unis". — Die verschiedenen Gruppen, welche sich für den Völkerbund interessieren, sind in -er ,Mnion pour le societe des Nations" vereint. Es existiert ein „Comite d'action pour la S. d. N.", das eine Monatsschrift „Pour la S. d. N." heraus gibt. — Ferner gibt die „Association srancaise pour la Societe des Nations" zahlreiche Broschüren heraus. Die organisierten katholischen Pazifisten geben eine Vierteljahresschcift „Iustice et Paix" heraus. — Nicht zu vergessen ist endlich der „Sillon Catholique". — In Deutschland besteht feit 1926 die „Katholische deutsch-französische Korrespondenz" (Leiter: L. Havenith, Ber lin-Neukölln, Falkftraße 11). Man kann im einzelnen über di« Ursachen und über den Inhalt des französischen Pazifismus denken wie man will, das eine Ist sicher, daß er durch große und starke ethiscl>e Kräfte, daß er von sittlicher Begeisterung und aufrichtigem geistigen Streben getragen ist. Wer das Vergnügen hat, mit Angehörigen dieser Beivegungen in Verbindung zu stehen, den wird die echte Herz lichkeit rühren, von welcher sie beseelt sind. Gewiß scheint es auch oft, als ob sich ins Moralische spielende Kräfte nationaler Eigenliebe hineinmischen, aber dieses Moment ist an sich geringer, als man denkt. Vielmehr ist sehr oft das, was wir für Eitel keit und Hochmut ansehen, vielmehr eine Folge der Unkenntnis deutscher Art und deutschen Wesens, in welcher sich zum großen Teil die Franzosen befinden. Hier tritt nun einmal ehrlich un aufrichtig, zutage, was wir allzu oft nur als Heuchelei ansahen, und dteser echte Friedenswille zeigt mitunter ln seinen Aus lassungen drastischer die Kluft, welche der Krieg Mischen den Wölbern aufgetan hat, als die schlimmsten Hoßdokumeute es ver möchten. Hier endlich ist auch ein Problem gestellt, dos vielleicht in Zukunft immer mehr Beachtung finden wird: auf welcher geistigen Grundlage kann sich die Verständigung zwischen zwei Bölkern vollziehen? Jode Nation geht dabei von der Art ihres eigenen Erlebens und Denkens und Empfindens aus und be urteilt auf dieser Grundlage die andern. Aus solche Weis« ent- WMW kW NM M W London, 2». Attgust. „Daikh Mail" zufolge wird Lhamberlain, der cincn kurzen Nrlanb auf dem Lande verlebt, am Montag zur Bölkerbnndsversamm- lung nach Genf abreisen. — Am gleichen Tage fährt Briand im Auto nach Genf. Briand wird bis zum Ein treffen Painleves den Vorsitz führen. M Akl -er -Men W«We Berlin, 29. August. Die deutsche Antwortnote aus die letzte Note der französischen Negierung in der Sicher- heitssrage hat folgenden Wortlaut: . Die deutsche Regierung beehrt sich den Empfang der französischen Note vom 24. August zu bestätigen. Die am Schluß der französischen Note ausgesprochene Ansicht, daß eine Fortsetzung des Notenwechsels kaum geeignet wäre, zu einer weiteren Klärung der mit dem Abschluß eines Sicherhettspaktes zusammenhängenden Fragen zu führen, wird von der deutschen Regierung, die dem Wunsche nach möglichster Beschleunigung der Erörterungen in der Note vom 20. Juli auch ihrerseits Ausdruck gegeben hatte, durch aus geteilt. Die deutsche Regierung begrüßt deshalb die von Seiner Exzellenz dem französischen Herrn Botschafter mündlich initgeteilte Anregung, daß die juristischen Sach verständigen Deutschlands, Belgiens, Frankreichs und Groß britanniens möglichst bald zusammentreffen, um den deut schen Sachverständigen Gelegenheit zu geben, sich von den Ansichten der alliierten Negierungen über die juri stische und technische Seite der zur Erörterung stehenden Probleme zu unterrichten. Unter diesen Umständen glaubt die deutsche Regierung, nachdem sie ihren Stand punkt zu einer Reihe der wichtigsten Fragen in der Note vom 20. Juli dargelegt hat, von einer weiteren schriftlichen Erläuterung Kieses Standpunktes und vom etner Stellungnahme zu den Ausführungen der franzö sischen Note jetzt absehen zu wollen. Skresemann bei den Ausiandsdeutsehen Berlin, 29. August. Wie der Bund der Ausländsdeutschen mitteilt, spricht der Neichsaußeiiministcr Dr. Stresemann auf dem Begrüßungsabenü anläßlich der Tagung des Auslauds- deutschtums in der Heimat. Der Kampf gegen das Deulschium in SiidUro! Bozen» 29. August. Der Präsekt von Trient hatte in Rom eine längere Unterredung mit dem Ministerpräsi denten Mussolini, dem Minister des Innern und dem Sekre- tär der Faschistischen Partei über die Lage in Süd-Tirol. Bei dieser Gelegenheit sollen die Einzelheiten einer ver stärkten wirtschaftlichen und kulturellen Aktion in Deutjch- Süd-Tirol vereinbart worden sein, durch die einerseits die Deutschen durch Forderung ihrer materiellen Inter essen für das italienische Regime günstig gestimmt werden sollen und andererseits die Jtalicnisierung des Landes noch rascher und intensiver verwirklicht werben soll. Das faschistische Organ „Piccolo Posto" erklärt, daß der Faschis mus, wenn eö notwendig sein sollte, verlangen wird, daß Süd-Tirol mit Ausnahmebestimmungen durch eine» General regiert werde. sichen einseitige Vorstellungen und eine Fülle von Mißverständ nissen. Zuerst Mißte jeder Teil sich in die Art des andern, seine Atmosphäre und seine Seele selbst hineinversetzen. Zuerst ver stehen, dann urteilen! Vielleicht gibt diese praktische Fühlungnahme zwischen deutschen und französischen Katholiken überhaupt zu einer tie feren, psychologisch fundierten Fassung der Ausgabe der Völker verständigung Anlaß! Freilich nicht zu einer Psychologie, deren letzte Resultate in irgendwelchen endgültigen Formulierungen sich erschöpft, sondem zu einer Psychologie, die durch Nacherleben entsteht und ihre Erfahrungen vor allem aus persönlichem Kon nex mit ausländischem Leben und Denken selbst schöpft, eine see lische, eine schöpferische, keine abstrakte Psychologie. DasgIlt sowohl für di« Deutschen als auch für die Fran. zoseu und bedeutet für beide Nationen die Gewinnung eines Niveaus, auf dem man sich finden kann. Wir Deutschen müssen erfreut und heimatlich berührt sein angesichts-es reichen und vielfältigen geistigen Leben?, das in diesen Kreisen herrscht; — es ist wie bet uns. — viel« Pro bleme, viele Gedanken und eifrige Diskussionen religiöser, sozia« ler, politischer Natur. Dieses junge Frankreich sieht ebenfalls mit Hoffnung, mit Sehnsucht und tausend Fragen einer Zu kunft entgegen, welche die aufgewühlte Zeit uns zum Ziele setzt. Besonders stark tritt in dieser Hinsicht neben Paris Lyon her vor, aber dieser Geist hat feine Stützpunkte überall in Frank reich. --- Man kann sich schwer etwas Fruchtbareres ln geistiger Alles IIS- MM iS MM» London. 29. August. Die „Times" berichtet aus Tanger: Noch vor ivenigeu Tagen schien es, als ob die französische Ofsen- sioe gegen die Niskabylen nur ans geringen Widerstand stoßen werde. Berichte nicht nur von der Front, sondern auch aus dem Rifgebiet selbst führten zur Annahme, daß Md cl Krim alle seine regulären Truppen aus diesen Bezirken zurückgezogen und es den aufständischen Stämmen im Norden des französischen Protektorats überlassen habe, selbst zu Kämpfen oder sich zu un terwerfen. Als in der letzten Woche General BoiclM die Tsula erfolgreich umzingelte und ihre Unterwerfung erreichte, schien kein Zweifel über Add el Krims Absichten zu bestehen, die aufständischen Protekloratsslämme ihren eigenen Anstrengungen zu überlassen. Das sei jedoch anscheinend durchaus nicht der Fall. Denn die französischen Angriffe auf den benachbarten Braussstamm hätten die Tatsache enthüllt, daß die Riftruppcn wieder in beträchtlicher Stärke zurückgekehrl seien und hart näckigen Widerstand beabsichtigten. Die Kämpfe am letzten Mittwoch in diesen Bezirken waren sehr schwer Es gelang den französischen Truppen nur mit größter Anstrengung, ihr Ziel zu erreichen. Die Hoffnung, daß die Operationen bald abgeschlos sen sein würden, scheinen jetzt wenig erfüllbar. Cs sei unwahrscheinlich, daß irgendein allgemeiner Bor marsch auf der ganzen Front stattsinden werde. Verschieden« Gelegenheiten würden jedoch ausgenützt werden, um zu verschie denen Zeitpunkten an verschiedenen Stellen vorznrücken, je nach dem Widerstande, auf den man stoßen werde. Es werde gchosst. durch 'diese Mittel die Niskabylen zu beschäftigen, um ihre Be wegungen ausnutzen zu können. Die Absichten der Nis kabylen seien in großes Dunkel gehüllt. Der Berichterstatler fragt, ob sie, wie sie erklärten, noch beabsichigten, die Front von Tetuan und Melilla anzugreisen, oder ob dies eine Finte sei. Habe Abd el Krim seinen Plan geändert? Es sei unmög lich, über diese und zahlreiche andere'Punkte irgendwelche zu- verlässige Informationen zu erhalten. Wenn jedoch die Pläne Abd el Krims unbestimmt seien, so seien cs die der Spanier ebenfalls. Würden wirkliche Vorbereitungen !m Hinblick auf eine große stxr»ische Offensive getroffen oder seien es vielleicht nur Vorsichtsmaßnahmen gegen einen drohenoen Angrisf der Niskabylen? Dem Berichterstatter zufolge stehe nur fest, daß die Franzosen entschlossen seien, jeden Niskbyicn aus dem Protek- toratsgcbiete herauszutreiben und daß sie dabei ans keine Heise von außen rechneten. Die französischen Slreitkräfte seien auch stark genug, um ihr Programm durchzusühreu. Die sranzvsifchen SchtUSenBsrhandlmlAen Paris, 29. August. Nach einer Ageniurmeldung aus Washington verlautet, die amerikanischen Sachverständigen arbeiteten augenblicklich fünf verschiedene Vorschläge -aus, die der französischen Mission sür die Regelung der französischen Schulden bei Amerika bei ihrem Eintreffen unterbreiiel werden sollen. Diese Vorschläge seien unter Berücksichtigung der Zah lungsfähigkeit Frankreichs ausgearbeüct. In amtlichen Krei sen sei man übereinstimmend der Ansicht, daß die sranzö- sisch-englischc Ve r st ä n d i g u n g keinen Einsluß auf die Verhandlungen mit den Bereinigten Staaten haben dürfe. Man nehme an, daß die Bereinigten Staaten darauf bestehen werden, daß Frankreich alle Beträge der Schuld, nämlich 3360 Millwnen Dollars, und die Zinsen bezahlen muh. Beziehung vorstellcn als einen lebhaften Meinungsaustausch unserer katholischen Jugend mit diesen Kreisen' Freilich ist bei alledem in politischer Hinsicht die Lage sür uns nicht die gleiche. So bringt beispielsweise das „Bulletin Catholique International" eine Auslassung der „Gemeine reli- gieuse du diocese de Paris" über eine Initiative der deutschen Katholiken zugunsten des Friedens, in der es heißt- „Die sran- zösischen Katholiken, hie dem Friedensqedanken immer stark an- hängen. vereinigen sich mit der friedlichen Initiative der deut schen Katholiken und werden ihr Möglichstes tun, um sie zu unterstützen. Sie sind überzeugt, daß der Friede zwischen Frank reich und Deutschsand herrschen kann unter der Bedingung, daß die Beziehungen der beiden sich gründen ans die Gercchtig- k e t t und den Respekt vor den ei »gegangenen Ver pflichtungen. Dem wird wohl von deutscher Seite, immer entgcgengcha). ten werden, daß man aber in Deutschland die Versailler Bestim. mungc.n n I ch t als gerecht ansieht und daß die .Revision der Ver träge der Wunsch jedes Deutschen ohne Unterschied der Parteien ist.' Wir würden es Mahnen, wenn etwa eine Zusammenarbeit mit dem französischen Katholizismus nutzbar sür cincn Verzicht auf diese Forderungen geeicht werden sollt«, aber wir wollen auch unserevsetts aus das Erstreben politischer Vorteile in dieser Hinsicht verzichten, lins scheint, daß nian sich einander zuerst einmal kennen sollte, was auf jeden Fall die Kräfte des Hasses, der Leidenschaften und der Unkenntnis bannen wird;