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Nummer 102 — 24. Jahrgang llmal wöchtl. Bezugspreis: für Mai 2,SO .<t «tnschl. Bestellgeld. «nz, gcnpreise: T»e Igesp. PettUe'le:!4 Pv Etelieugeiuche 24 P». T>e Pettt-Reklamezeile 84 Millimeter breit, 1 Oisertengebühr iür Selbst abholer 24 B». bet Uebericndung durch die Post außerdem Portozulchiag E>»zel-Nr 14. So»ntags-Nr. 1b ^>- GeichäjtUcher Lest: Joses S°h>»ann. Dresden. SiicklWe Drenslag, 5. Mai 1925 Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung ausLieleruug sowie Ersulluna vonAnzeigen-Au-lrägenü. Leisnmg von Schadenersatz. Für undeutlich u. d. Fernruf übermittelte '.»„zeigen übernehmen wir keine Verant- wor.ung. Unverlangt eingeiandtr un» mit Rückporto nickt versehene Manuskripte werden nicht anlbewahrt. Sprechstunde der Siekaktion ö bis 6 Uhr nachmittag». Han-tschristleiterr Dr. Io!«i Albert. Dresden. Für chrislliche Politik und Kultur Redaktton der Sächsischen Volks.,ettuug rreS!>-u-?l»n. >6. tzolbeinslratze M. .»rnn, L7Lt »»>- V.'t- W MOW KWMIM Neue Kämpfe in Marokko Eine Kundg bring der AuLlmd deutschen in Berlm. Berlin. 4. Mai. Gestern abend sanv im Neichstagsgebäud- eine vom Bund der Ausländsdeutschen veranstaltet, Kundgebung statt, der auch Vertreter d-r Reichsregiernng, bei preustuchrn Staatsministecinmö. der stäotischcn Behörden, de, Präsidien des Reichstags und Landtags, zahlreiche Reichstags abgcordnete und Mitglieder des ReichSwirtichnstSrateS. ferne, Vertreter der deutschen Länder und die Gesandten von Oester,eich Ungarn und Mexiko beiwohnten. Nach einer BegrnstnngSansprachi des Präsidenten de-) Bunde) der Ausländsdeutschen Tr. Schal' irrt, der die Bedeutung der Bestrebungen des Bunde) hervor hob, sprach NeichstagSabgeordneter Geh. Mt Nunke> -er alter Grenz- und Ausländsdeutschen deutsche Treue gelobte Prof. Tr. Kühncinann von der Universität Brec-t-.i Mch darauf einen längere» Vortrag, in dem er erklärte, das deutschi Lebe» spiele sich nicht nur aus deutschem Boden ab. Ein magische! Kreis des großoeutscheu Gedankens umspänne alle Auslands- deutschen. Ter deutsche Kaufmann, Techniker und Wissenschaftler seien Pioniere der deutschen Kultur. Jeder Ausländsdeutsche be- deute ein Stück deutschen Lebens. Da) Grostdeutichtum iu Nord- amenra stelle ein Spmbol säe Deutschlands Weltgeltung dar Tie große Katastrophe des Weltkriege) habe alle AuslnndSdent- schen zu einer einzigen großen Schickialsgcmeimschast gemacht. Deutschland habe im AuSlanoe noch eine große Aufgabe zu zu erfüllen. Sie bestehe in dem Kampfe um die Wahrheit und gegen das entsetzliche Unrecht, daS ihm die Welt angetan habe. Tie,er Kamps der AnSlanosdeutsche,, gegen die ganze Welt müsse vom dcntjchcn Stammvareclande ans unterstützt werde». Geh. Rat Große führte in einer Rede ans, daß der Bund der Ausländsdeutsche,, zum überwiegende» Teil ans vertriebe nen Ausländsdeutschen bestehe, deren Zahl rund 100 OVO betrage und die ihres Vermögen-) und ihrer Existenz beraubt seien. Trotzdem hätten sie den Willen, »litzuarbeiten am Wirtschaft- li.cheu Wiederaufbau der Heimat, weit sic besser als alle anderen die Not des Vaterlandes kennengelernt hätten. Deutschland habe in seiner Armut eines gewonnen, das gemeinsame Zukunstszlrl: G r o ß d e n t s ch l a u d. Di: starkbcsnchie Veranstaltung war von »insikalische» Borträgen umrahmt. Die Rheinlandseier in Wier Wien, 4. Mal. Als Höhepunkt der Nheinlunoseier in Wien fand gestern ein Festakt statt, an dem zahlreiche Ehrengäste, darunter Gesandtschasiscat von Scharfenberg mit mehreren Herren der deutsche» Gesandtschaft teiluahme». Vizekanzler Waber hielt die Festrede, der sich eine Reihe von Ansprache» und Erklärungen von Vertretern der politischen Partei:,, und der Stände Wiens anschloiseu, die sämtlich der Huldigung für das Rheinland als deutsche Westmark und dem Gedanken de) Anschlusses Oesterreichs als deutsche Ostmark an Deutschland unter allgemeiner Zustimmung eindringlichen Ansdruck verliehen. Mit dem Gesang der „Wacht am Rhein" schloß die Kundgebung. Neue Verteidigungstruppen seien gebildet worden mit 18 Ba taillonen Infanterie, 6 Schivadronen Kavallerie und 12 Bat terien Artillerie. Diesen Truppen ständen 4000 Risfberber gegenüber, die ihrerseits durch eine Reserve von weiteren 4000 Mann innerhalb der spanischen Zone unterstützt würden. Die französische,, Behörden betrachten die Lage ernst, doch wäre man Herr der Situation. Die Gefahr einer Aufstandsbenreguirg hin- icr der französischen Linie scheine gegenwärtig beseitigt zu sein. Russische Waffenlieferungen an China London, 4. Mai. „Daily Telegraph" berichtet aus Peking, daß wegen der Tätigkeit des Chrrstengcnerals Feng Aou Siang große Besorgnis herrsche. Feng benutze seine Zurückgezogenheit in Calgar dazu, Massen und Munition durch die Wüste Gobi »ach China zu schicken. Der Lieferant dieses Kriegsrnaterials sei China. Der Radikalismus in Indien London. 4. Mai. Die friedlichen Erklärungen von Das und Candui aus dem Provinzialkongreß in Harrdkur haben nicht den Beifall der Vollversammlung gefunden. Meldungen aus Calcutta zufolge haben die extremen Elemente im Kongreß di« Oberhand gewonnen, so daß mit dem Rücktritt des Vorsitzenden Das zu rechnen ist. „Iswolski im Weltkrieg" Neue Dokumente gegen die Versailler Kriegsschuldlüge Don Dr. K. Schwendemann. Bekanntlich hat die Entente, um den räuberischen 6harak- ter des Versailler Friedensdiktates mit einem moralischen Män telchen zu verdecken, Deutschland dte Alleinschuld am Weltkrieg aufzubürden versucht und ihm mit Gewalt ein Schu ü- gcständnis abge-preßt. Es ist klar, daß ein solch abgepreßtes Schuldgeständnis an sich gar keinen Wert besitzt. Aber auch sachlich, d. h. vom Standpunkt der geschichtlichen Wahrheit, ist diese Behauptung von Deutschlands Schuld am Kriege un richtig. Noch mehr, sie ist eine bewußte Lüge, weshalb man auch längst von der Schuldlüge von Versailles oder der Kriegsschuldlüge spricht. Fe mehr Dokumente aus den politischen Geheimarchiven zum Vorschein kommen, um so deutlicher wird diese Lüge als solche erkannt und auch im Auslände anerkannt. Soeben er scheint bei der Deutschen Vsrlagsgesellschaft für Politik und Ge schichte in Berlin ein Buch mit zahlreichen bisher unver öffentlichten Dokumenten. Friedrich Stieve, der >en diplomatischen Schriftwechsel des früheren russischen Botschafters in Paris, Iswolski, im Aufträge des Auswärtigen Amtes herausgegeben und damit unwiderlegliche Beweise für die Ver antwortlichkeit Frankreichs und Rußlands am Weltkrieg ans Tageslicht gebracht hat, hat auch dieses neue Buch „Iswolski im Weltkrieg" im Aufträge des Auswärtigen Amtes herausgegeben. Es enthält über 300 Schriftstücke aus der Zeit zwischen dem 31. Juli 1914 und September 1917, die Ge» Heimtelegramme, die Iswolski an seine Regierung gerichtet hat und die Antworten, Aufträge und Informationen der russischen Negierung an ihren Botschafter in Paris. Höchst interessante Dinge erfährt man daraus. Man kann durch lange Monate beinahe täglich verfolgen, wie die Entente um Bulgarien, Griechenland. Rumänien, Ita lien und die Türkei warb, um sie auf ihre Seit« herüberzuziehen. Man drohte, lockte, versprach, je nachdem man sich davon einen Erfolg erhoffte. Vom „Kampf für die kleinen Völker", vom „Krieg für Recht und Freiheit", und wie die Phrasen alle hie ßen, mit denen die politischen Führer der Entente damals tag aus tagein ihre Völker zum Kampf trieben, ist in diesen Ge heimdokumenten, die nur für die Augen weniger Diplomaten bestimmt waren, nicht die Rede, hier konnte man vielmehr das Kind beim Namen nennen, denn man war ja unter sich. Und da kommt es denn ganz klar zum Vorschein, daß di« Ententemächte gar keine moralischen oder sonstwie idea len Absichten hatten, sondern daß sie einen ganz ge wöhnlichen Eroberungskrieg führten. Sie teilten einander ganz offen mit, nms jeder haben wollte oder bekommen sollte und schlossen Vertrüge dar über ab, mit denen sie sich gegenseitig verpflich teten, den Krieg solange fortzusetzen, bis sie das oder jenes erobert hätten. Der Appetit der einzelnen Mächte war dabei nicht gering, Und Bescheidenheit im Fordern und Nchmenwollen die kleinste Tugend. Man wollte nicht mehr und nicht weniger, als drei Großmächten, nämlich Deutschland, Oesterreich- Ungarn und der Türkei ein Ende machen und ihre Ländergebiete ganz oder teilweise unter sich aufteilen. Die Türkei sollte ganz aufgeteilt werden. Kon stantinopel und die Meerengen sollte Rußland erhalten, Kleinasien sollte unter die Großmächte verteilt werden. Oesterreich-Ungarn sollte ebenfalls aufgeteilt werden. Serbien war Bosnien, Herzegowina, Kroatien und Dal matien zugedacht,- es hat sie ja später auch erhalten. Italien versprach man für seine Teilnahme am Krieg und den Abfall vom Dreibund Trient, Trentino und Istrien. Rumänien bekaw Siebenbürgen und die Bukowina versprochen, wofür es in den Krieg eintrat, Galizien sollte an Rußland fasten. Und was sollte aus Deutschland werden? Darüber unterhielt man sich viel zwischen Paris und St. Petersburg, und schließlich schlossen Frankreich un- Rußland einen Vertrag darüber ab. Frankreich sollte Elsaß-Lothringen und das Saargebiet erhalten, das linke Rheinufrr sollte im übrigen von Deutschland getrennt und-ln ein „selbständiges neutrales Staats, wesen" verwandelt werden, in dem natürlich Frank reichs Wiste allmächtig gewesen wäre. Rußland erhielt da für von Frankreich ausdrücklich das Recht zugestan den, seine Westgrenzen ganz nach seinem Gutdünken zu regeln, d. h. es konnte sich von den östlichen Gebieten Deutschlands nehmen, soviel es wollte. Aber mit Liesen Gebietsverlusten Deutschlands im Westen lind Osten wollte man sich keineswegs zufrieden geben. Viel» M M WI!i>W London. 4. Mal. Aus Washington wird berichtet, daß man Präsident Coolidge den Vorschlag machen werde, er solle eine dritte Haager Konserenz einbrrusen. Diese soll Erörterungen über die Förderung des Völkerrechts anstellen und die Punkte behandeln, die sich durch die Ersahrungen des Weltkrieges als bedeutsam erwiesen haben. Es wird weiter be richtet, daß dieses Problem auch auf der Tagesordnung der Internationalen parlamentarischen Union, die im Oktober In Washington zusammentreten wird, behandelt werden. Zu dieser Konserenz sollen, wie verlautet Dr. Wirth, Macdonald und Hrnderson kommen. London, 4. Mai. „Daily News" und „Daily Herald" be sprechen im Leitartikel die Entsendung des Unterstaatssekretärs für den Krieg, Lord Onslow, in Begleitung von Militär-sachver ständigen des Kriegsamtes als britischer Delegierter zu der heute in Genf beginnenden Konferenz zur Kontrolle des inter nationalen Waffenhandels und lzeben die Bedeutung dieser Konserenz für den Weltfrieden hervor unter Hinweis auf die Stärke der französischen, amerikanischen und -deutschen Dele gationen. Im „Daily Hcraid" wird weiter Baldwins und Cham- berlains kühles Verhüten gegenüber dem Völkerbünde bedauert. „Daily News" meint, daß die Konferenz zur Kontrolle des inter nationalen Wafsenlzandels nicht unter den glücklichsten Auspizien erössnet werde angesichts der Flottrnrüstungen Japans, Ameri kas und Englands. Die Nvle der DolschlMsrkwnsereriz Parts, 4. Mai. Wie die Agentur Hcwas aus London be richtet, erklärt man in unterrichteten Kreisen über die Mittei lung des Marschatts Foch an die Bolschafterkoriferenz. daß sich die englische Negierung, die dieses Schriftstück gegenwärtig prüfe, mit den alliierten Grundsätzen über den Inhalt der an Deutsch land abzusendenden Note einig sei. London, 4. Mai. Dem diplomatischen Berichterstatter des „Daily Telegraph" zufolge hat die französische Regierung gegen über der britischen angedsutet, daß man am Quai d'Orsay die Entwürfe der geplanten französischen Antwort auf die Siche rheitsvor schlüge Deutschlands beschleunige. Der Charakter der Note, sagt der Korrespondent weiter, werde ge nauer und schärfer sein, als die von Herriot entworfene Fassung. Die Pariser Annahme, daß zugleich mit der Absenkung der fran zösischen Noten nach Berlin dem Inhalt und auch der Form nach gleichbedeutende Noten von den übrigen Alliierten einschließlich Großbritanniens der deutschen Negierung überreicht würden, iverde bisher nicht bestätigt und sei daher unrichtig oder ver früht. Madrid, 4. Mai. Die spanischen Unterhändler, die von Prinio de Nivera beauftragt sind, mit Abd et Krim Verhand lungen anzubahnen, sind wieder nach Spanien zurückgekehrt. Die Reise scheint ein Mißerfolg gewesen zu sein. Man spricht von der Aufnahme neuer militärischer Operationen im Gebiete von Alhmemas. Nach der „Chicago Tribüne" stehen die spanisch-französischen Erörterungen wegen der neuen Opera tionen gegen die Nifsleute sogar vor ihrem Abschluß. Die Operation der Franzosen bei Uegha soll gleichzeitig mit einem Vorgehen spanischer Truppen an der Küste gegenüber Alhmemas vollzogen werden. Das Ziel ist die Einnahme des Hauptquar tiers Abdel Krims Aejour. London, 4. Mai. Die „Times" bringen heute einen aus führlichen Bericht über die Lage in Marokko, in dem ge sagt wird, daß die Schwierigkeiten zwischen Frankreich und den Niffberbern Mitte April begonnen hätten. Die Riffkabylen seien südwärts der französischen Linie gegangen und hätten im fron- zösischen Gebiet Propaganda für einen Aufstand gemacht. Die Stammesangehörigen des französisch gesinnte» Desccnvi seien so gezwungen worden, sich den Truppen Abd el Krims anzuschlie ßen. Die Riffberber hätten zahlreiche Gefangene mitgenommen. Die Franzosen hätten inzwischen Gegenmaßnahmen getroffen. mehr sollte die „politische und wirtschaftliche Macht Deutschlands gebrochen" und das Reich sollte in eine Anzahl von Kleinstaaten aufgelöst werde». Seine Kolo nien sollten verteilt werden. So sahen die Kriegszicle der Entente aus, wie die neuen von Stieve veröffentlichten Dokumente ausweisen. Wer glaubtda noch, daß die Entente einen Verteidigungs krieg führt«, daß sie nur den „deutschen Angriss" abwchren wollte? Aus den Kriegszielen ergibt sich vielmehr «in sicherer Einblick in die Kriegsursachen. Wie man vom ersten Tag des Krieges die Verteilung der B«»te besprach und dabei radikal auss Ganze ging, nicht etwa dies und jenes dem Gegner zu neh men plante, sondern alles, seine ganze staatliche Existenz zer stören wollte, so arbeitete man lange schon auf den Krieg hin, der nicht nur als Eroberungskrieg durchgesiihrt und beendet, sondern auch als solcher begonnen wurde. Nachher erfand man die Kriegsschuldlüge, um Deutschland und seinen Bundes-^ genossen die Verantwortung zuzuschieben und sich selbst rein von aller egoistischen Msicht hinzustellen. „Iswolski im Weltkrieg" beivelst aber, wie es mit der Selbstlosigkeit. Friedensliebe und edlen Gesinnung der Entent« in Wirklichkeit aussah ' ' ' ^