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Beilage zu Nr. 1(36 der „Sächsischen Volkszeilung" Vermischtes. V 80 Millionen Ersparnis! Die „Zeitschr. des Ver eins deutscher Eisenbahnverwaltungen" singt in den Tönen das Lob der preußisch-hessischen E i s e n b a h n g e m e i n - schaft und meint hierbei: „Je schwerere Sorgen die Bei steuer zu den Ausgaben des Reiches verursacht, um so ernst- licher wird man sich doch nachgerade im deutschen Vater lande die Frage vorlegen müssen, ob es sich wirtschaftlich vertreten läßt, alljährlich die nach vielen Millionen zählen den Summen nngehoben zu lassen, die durch einen engeren Zusammenschluß der deutschen Ltaatsbahnverwaltnngen voraussichtlich erspart werden könnten. Ein einfaches Nechenercmpel ergibt, daß unter Zugrundelegung des preu ßischen Betriebskoeffizienten für alle deutschen Staats- balmen eine Verminderung der Jaliresansgaben uni an nähernd 80,000,000 Mk. eintreten würde. Selbst bei aller Schonung bestellender Verbältnisse wird man mit Bestimmt heit auf die Einbringung eines erheblichen Teiles dieser Ersparnis rechnen dürfen. Bemißt man ihn bei übertrie bener Vorsicht auf nur reichlich ein Drittel jener Summe, so beträgt die Ersparung ziemlich 00,<100,000 Mk. jälirlich. Ueberall ist jedoch die Erkenntnis befestigt, daß auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens immer neue Ausgaben und neue Belastungen namentlich durch den unaufschiebbaren weiteren Ausbau des Eisenbahnnetzes erwachten. Um dem damit verbundenen Sinken der Gesamtrente entgegenzuwir ken, gibt es kein sicheres Mittel als den Zusammenschluß zu großen Vereinigungen, durch die eine Vereinfachung des gesamten Verkebrsapparates, die Beseitigung aller Hem mungen und Reibungen, Ersparnisse im großen Stil her beigeführt werden können." Wir verkennen gar nicht, daß ein großes Eisenbahnnetz viele Vorteile bringen kann und wenn es sich heute noch um die Frage der Reichseisenbalmen handeln würde, fördern wir die Frage diskutabel. Aber jetzt hebt man vor dem 'Anschluß an die preußisch hessische Gemeinschaft, wobei das Parlament fast gar keinen Einfluß nat, sondern nur die Macht der Verwaltung riesig gestärkt wird. Selbst das freisinnige „Verl. Tagebl.", das dem Anschluß gar nicht unsyinpathisch gegenüberslebt, bemerkt hierzu: „Freilich ist der Großbetrieb, namentlich, wenn seine Dimensionen über ein gewisses Maß hinansgehen, nicht frei von manchen Schattenseiten. Das könnte sich wie in andereil Zweigen des wirtschaftlichen Gebens auch im Eisenbahnwesen geltend machen. Tie Uebersichtlichkeit des Betriebes — eine gerade bei den Eisenbahnen so überaus wichtige Frage könnte leiden, die Individualisierung der Verkehrsbedürfnisse beeinträchtigt werden. Schon inner halb der Preußisch-schlesischen Eisenbalnigemeinichast wür den darüber gerade genug Klagen laut. Sie rühre» hier zum Teil von dem ausgeprägten Fiskalismus her, zu dem unser Eisenbahnbetrieb hinneigt. Will die preußische Eisen- bahuverwaltung der Ausdehnung der Eisenbahngemeiu- schaft in Deutschland Freunde gewinnen, so wird sie das am ehesten erreichen, wenn sie sich von ihren fiskalischen und superfiskalischen Neigungen frei macht." v Die Kosten der englischen Kriege seit 18 0 5. Die Engländer haben von 1805 bis 1001 ein hübsches Sümmchen für Kriege allsgegeben, woraus man sich schon einen Begriff bilden kann, auf wieviel eine größere Tibet-Erpedition zu stehen kommt, vor der das Jnselreich jetzt steht. Die Zahlen stammen ans Parla- mentspapieren: 1805 kostete die Chitralerpedition 1805/00 der Aschantiklieg . . 180«, Matabeleland 1800 Maschonaland 1807 Maschonaland 1800—1800 die Snoancrpeditiou . . 1807/08 der Aufstand an der indischen Nordivestgrenze 1800—1002 der südafrikanische Krieg 1000 der Aschantikrieg 1000—1001 die Teilnahme an der Ehinaerpeditiou 25 000 000 Mk. -1000 000' .. 52 0« >0 000 ., -18 000OO0 .. 52« >00 000 ., 0 800 000 000 ., l>00 00>> 120 0« >«»000 ., Summa 4 110 000 0«>0 Mk. Es wurden also in diesen sieben Jahren über vier Milliarden Mark, allerdings nicht nntzlos, ansgegeben. v Das Tab akino nopol in Oesterreich. Tie neuesten Mitteilungen des Finanzministeriums für das Jahr 1002 bieten folgende interessante Daten: Bei allen zum Dienßbereich der Tabakrcgie'gehörigen Ländern waren zusammen 018 Beamte, 007 Diener sowie 4«> h 15 Arbeits- Personen «-1021 männliche lind 05 824 weibliche» beschäftig«: davon entfielen auf die Tabakfabrikeu 004 Beamte, 202 Diener und 00 002 Aibeitspersonen «4187 Arbeiter und 05 115 Albeilerinnen». — Insgesamt bestehen 00 Fabriken, und zwar 4 Tabakhauptfabriken erster Kategorie in Ham burg, I llbach, Sedletz und Winiki; 15 Tabakhanpimbriken zweiter Kategorie in Budweis, Furslenfeld, Göding, Jglan, Klagensnrt. Krakau, Laudskrou, Linz. Mouasterzyska, N'eu- titschem, Saeco, Schwaz. Tabor, Wien-Ottakrmg und Wien- Nennweg; l 1 Tabakfabriken in Bantsch, Hallein, Fagielmea, Jvachiinstal, Pisek. Rovigno, Stein, Slernberg, Tach.ui, Zablatow und Zivittau. — Tie 0>> Fabriken erzenglen >002 l OOO 002 0« >> > Stück Zigarren «gegen das Vorjahr -j- 50 25«, 500», 0-11 1002 575 Stück Zigaretten. In Meterzentnern betrug das Gewicht der crzeugleu Zigarren 01800 «-I 2l04>, Zigaretten 05 075 , I- I7>!K>. Nanch- tabake 20!» 00!» <— 0278», Gespunste 10 07-1 <— 17 l>, Schnupftabake 10 «»40 «-ff 000»; insgesamt 000 52>! Meter zentner <-ff 1100».—^Verkauft wurden im Jnlaude 001 80l Meterzentner, im Auslande 2021, zusammen 001 155 Meter zentner «gegen das Vorjahr -ff 0501 Meterzentner. Der Gelderlös daraus bezifferte sich in, Jnlaude mit 210 500-0>0 Kronen, im Auslande 2 005 057 Kr., zusammen 215002«'»'.«» Kronen <— >05 124 Kronen». v Weitere Einzelheiten über die Er mordung des serbischen Königspaare s. Im Laufe dieses Jahres sind durch Indiskretion der am Mord beteiligten Personen noch einige Einzelheiten bekannt ge worden. So wird erzählt, Traga habe sofort den M»t ver loren und halb wahnsinnig vor Schreck den König Aleran- der gebeten, er möge sie umbringen. Alerander habe sich schützend vor die Königin gestellt und sei, nicht ohne vorher sich tüchtig gewehrt zu haben, gefallen. Der Oberst Nau- movitich sei nicht, wie offiziell dargestellt wird, beim Spren ge» des Tores mittels Dpnainit ums Leben gekommen, son dern Alerander habe ilm durch einen woblgeziellen Schuß niedergeslreckt. Alerander habe auch mehrere Male ausge rufen: „Wo ist Zinzarmarkovitsch. der Lump, der Ver räter!" Merkwürdig ist, daß der am 11. Juni 1000 er- mordete Ministerpräsident Zinzarmarkovitsck», wie ichon früher bekannt wurde, sterbend ansrief: „König Alerander, warum hast Du mir das getan!" Es wirst ein recht son derbares Licht aus das Verhältnis zwiichen Alerander und Zinzarniarkovit'rh, wenn der König der Meiuung ist, sein Ministerpräsident lasse ilm mnbringen, und dieser »nieder glaubte, seine Ermordung geschehe ans Befehl des Königs. v T e r K atbolizi s m u s i n A u st ralie n. Die katholische Kirche, welche hier gänzlich frei von jeder staat lichen Einmischung sich entwickelt bat, zeigt durch diese Ent wicklung, daß sie nichts anderes bedarf als der Freiheit, um zu blühen. In der kurzen Zeit von etwa 00 Fahren sind in Australien 10 Tiözesen entstanden, ohne die blühenden Tiözesen Neu Seelands z» rechnen. Eine Menge von reli giösen Orden haben sich in den» fünften Weltteil niederge lassen und entfalten eine äußerst gesegnete Wirksamkeit, so daß sie selbst die Bewunderung der Protestanten erregen. Viel bat zu de» Fortschritten der katholischen Kirche die Per sönlichkeit des .Kardinals Mora», Erzbischofs von Sudnen, beigetragen, welcher in de» letzte» Jahren speziell diese Erzdiözese zu einer großartigen Blüte gebracht bat. In der Stadt Südlich, welche früher ganz protestantisch war, zählen wir beute ein Tritteil Katholiken mit 8«> Piarreien und >08 Kirchen und Kapelle!». Zu letzteren gehört die prachtvolle im gotischen Stil erbaute Kathedrale, welche mit den großartigsten Kathedralen der alten Welt wetteifern kann. v Tie katbolis ch e n M issi o » e n und die N n s s e n in d e r M a n d s ch u rei. Vor dem Ansbrnche des Krieges siand ei» nicht geringer Teil der deutschen Blät ter, auch der katholischen, vielleicht mehr ans Seite der Ja paner als der Ruffen, »veil man glaubte, Rußland habe mit Absicht den Krieg Provoziert, um über den Schwächeren herzuiallen. Tiefe Ansicht hat sich heute geändert, weil man einerseits an der fast völligen Unvorbereitetlieit der Russen für den .Krieg erkennen kann, daß diese ilm wenigstens jetzt nicht gewollt hatten, während die Japaner den Kampf bis in die kleinsten Details vorgesehen batten. Dazu kamen verschiedene andere Erwägungen, vor allein der Umstand, daß man in den Runen strenggläubige Ebristen vor sich hat, die nur durch das bedauerliche Schisma von der katholischen — 0«> — das der Hornist in schauerlichen Tönen weitergnb und das von einigen dreißig Kehlen wiederholt wurde. Wiederum ertönte der bekannte dünne Einleitungsmarsch der Trommler und Pfeifer und nach einigen Takten fiel die Regimentsmusit kräftig ein. Hinter ihr ritt der Oberstleutnant mit seinem Adjutanten, und hinter diesen wiederum der Hauptmann von Hochstraßen mit feiner ersten Kompagnie. Ter hagere lange Herr sah dem berühmten Ritter von der Mancha sehr ähnlich. Wer aber aufmerksam in dieses magere aristokratische Gesicht sah, der konnte darin den Ausdruck unbeugsamer Energie, gepaart mit Mut und Intelligenz, lesen. Ter ganze Mann schien ans Knochen und Sehnen zu bestehen, und in der Tat wohnte in diesem hageren Körper eine Kraft, die man nicht hinter ilm, gesucht. Nun und seine Energie, seine Willensstärke! Seine Mus ketiere wußten davon zu erzählen! Unter seinen buschigen Augenbrauen blitzten seine dnnkelgrauen Angen wahrhaft unheilverkündigend, als die Truppe jetzt die Volksmenge erreichte und sich ihren Weg durch sie hindurch bahnte. Auch die sonst so wohlwollende Miene des Oberstleutnants um- düsterte sich bei diesem Anblick, aber es war hier nur ein Zug des Mißmutes, während unsägliche Verachtung um seine schöngeformten bärtigen Lippen spielte. Er batte vorher, als er die unübersehbare Menschenmenge sab, die Begleitmannschaften der Spielleute und der Musik die Seitengewehre ans- pflanzcn und „Gewehr zum Sturm rechts" nehmen lassen. Das wirkte, denn lautlos öffnete man die Gasse und die Truppe marschierte ungehindert dem Marktplatze zu. Nicht eben freundlich waren die Gesichter, die die Menge den Soldaten znwarf. Und nachdem man sich vom ersten Eindruck, den die imposante Truppe auf sie machte — denn man hatte mit gutein Bedacht zum ersten Eiu- rücken in die Stadt die erste Kompagnie mit ihren Hünengestalten bestimmt — verwunden war. begann man sich über die bewaffnete Macht erst leise, dann laut zu unterhalten. Es klang zuerst wie dumpfes Murmeln, wie das Sum men eines Bienenschwarmes, und wuchs schließlich zu dem donnerartigen Ge- brause der Meeresbrandung an. „Schau, da sind sie!" „Ja — was die für ein Geräusch und Getös' machen —" „Die mit ihrem Holz und Blech —" „Hölzerne Kerle mit blechernen Schädeln." Wer den „Witz" hörte, lachte laut darüber. „Das wär' mir schon recht — wer jetzt noch nicht eingefahren ist, wird's hoffentlich jetzt bleiben lassen, daß er nicht an den geputzten Affen vorbei muß". „Und die Hallunken von Gesellschaften und Mineubesitzcr können sie jetzt auch füttern, man legt sie ihnen in die Quartiere — und das frißt und säuft auf ihre Kosten —" „So, freust du dich vielleicht darüber? Das ziehen sie uns nachher wie der am Lohne ab —" „Sieh 'mal an, was die Kerls in die Instrumente tuten und was sic die Backen aufblasen und — hohoho — n>as sic für dumme Gesichter machen!" Es war ein ziemlich gemischtes Publikum, das sich den Einzug der Trup pen ansah. Die Streikenden waren leicht zu erkennen: Ihre bleichen Gesichter und abgcmagerten Gestalten treten überall charakteristisch hervor. Aber cs An der Spitze der Kolonne schreite» die Spiellente. Kommt eine Ort schaft in Sicht, so rühren sie ans eine» Wink des Regimentstambonrs die Trommeln, entlocken den Onerpfeifen ihre schrillen Laute: „Rietsch Mutter die Landivehr tömmt, Sie hat ka Schuh und bat ka Strümp!" Und wiederum ein Wink mit dem Tamboiirmajorsslabe. ein Schlag der großen Trommel, noch ein paar Takte und die Regimentsmiisik fetzt ein. So fliegen die Beine von selbst; hinter den Fensterscheiben werden Käme sichtbar, Türen und Fenster öffnen sich und erscheinen Männlein und Wcibicin, Kinder und Greise. Manch sonniges Antlitz begrüßt die .Krieger, bold errötend unter deren lachenden kecken Blicken. Hinter der Musik reitet der Oberstleutnant der Regimentskomman denr ist in der Garnison zurückgeblieben. Neben der hoben wohlproporiio liierten Gestalt des Stabsoffiziers mit rötlichem Spitzbart reitet ein junger Leutnant mit schwarzem Schnurrbart, der dem Kommandierenden des Paci fizierungs Detachements beigegebene Adjutant. Nun folgte der Major des ersten Bataillons mit seinem Adjutanten, der Hanptmann der ersten Kom pagnie und dann das zahlreiche .Kriegsvolk, acht Kompagniee», der Zug zu zwcinndzwanzig Rotten. Aerzte, Zablmeisler und einige Wagen an der Ouene. Je mehr die Kolonne sich dem Schauplätze des Streiks näherte, desto weniger freundlich werden die Mienen. Die finsteren Blicke wurden häufiger, die Straßen der Ortschaften immer weniger belebt. Auch an Türen und Fen stern kein Publikum mehr. Nur hie und da eine Gruppe Männer, die Hände in den Hosentaschen, die kurzen Pfeifen im Munde, argwöhnische, ja feind selige Blicke den Vorbeikommenden zinverfend. „Na, Eiiold," sagte da ein Unteroffizier der ersten Kompagnie zu einem riesigen Gefreiten, der Unterosnziersdienfte tat und deshalb in der Reibe der Unteroffiziere, in dem Zwischenraum zivischeu dem ersten und dritten Zuge marschiert, sobald „ohne Tritt" kommandiert ist, „ua Eisold. wie ivar's denn diese Nacht?" Der Gefragte batte bisher düster vor sich lnngcskarrt. nichts gesehen und kaum etwas gehört. O, wie widerwärtig war i!nn dieser Mensch, mit dem er den Schergen beigescllt war. die gegen die nach seiner Ansicht Mißhandelten auszogcn, um sie in ihrem Verzweiflung-Stampfe gegen ihre Peiniger zu unterdrücken. Und er - er mußte mit das war schier unglaublich un begreiflich, unfaßbar er selbst hatte es ja auch gestern noch nicht für mög lich gehalten. Deswegen war er ja davon gelaufen ans der .Kaserne und nun! Ten Blick zur Erde geheftet tapple er stumpfsinnig dahin, während er in der Gedankenwerkstatt unter seiner Pickelhaube tausend Ideen bewegte und Anschläge schmiedete. Er wollte für seine Sache wirken, auch hier wollte er tätig sein für die Idee der Freiheit! Bei der Frage des Unteroffiziers fuhr er nun wi"? aus tieiein Traume auf. „Wie meinen Sic. Herr Unteroffizier?" ,.Hohoho!" lachte der andere halblaut, „Sie träumen wobl noch davon. „Ja. aber —" „Na. ich Hab Sie doch gesehen beute morgen," ^ rudere, „ich