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Viertes Blatt Sächsische Volkszeitung vom 23. April 1911 Nr. 92 Kaffeehausse und kaffeevalorisation. Die Preise für Kaffee haben seit Beginn des letzten Erntejahres (Juli 1910) ein außergewöhnlich hohes Niveau inne, sie sind jetzt fast doppelt so hoch wie im Oktober des JahreS 1908. Ende Oktober 1908 stellte sich nämlich der Preis für Kaffee in Hamburg auf 27 Pf. pro Pfund, jetzt auf 62^ Pf. Zu Beginn dieses Jahres kostete Kaffee so gar 66—67 Pf., inzwischen ist eine leichte Abschwächung etn- getreten. Die Ursache der starken Kaffeeverteuerung, die den Konsum so scharf belastet, ist, wie selbst das „Berliner Tageblatt" zugesteht, darauf zurllckzuführen, daß die lau fende Ernte in Fachkreisen sehr niedrig eingeschätzt wird und daß die hierdurch bedingte Situation von Spekulanten gruppen gehörig ausgenutzt wird. Ob indes die laufende Ernte wirklich so klein ist, wie von interessierter Seite be hauptet wird, steht noch keineswegs fest. Die Ablieferungen an den Häfen bleiben zwar hinter den beiden Vorjahren zurück, verglichen mit normalen Jahren weisen sie jedoch, wie sich aus folgender Tabelle ergibt, keine außergewöhn lich kleine Zahl auf. Seit 1. Juli 1910 wurden an beiden Häfen empfangen: Rio . . Santo» . 1910/11 . . 2 166 000 . . 7 733 000 1909/10 3 124 000 10 938 000 1908/09 2 651 000 8 987 000 9 889 000 13 062 000 11 638 000 Total der Ernte: 14 944 000 12 416 000 1907/08 1906/07 1905/06 Rio . . . . 2 687 000 3 690 000 2 662 000 Santos . . . 6 607 000 13 090 000 6 391 000 9 294 000 16 680 000 9 043 000 Total der Ernte: 10 311 000 19 626 000 10 227 000 Uebec die kommende Ernte, also über die im Juli dieses Jahres beginnende, werden ebenfalls von interessierter Seite ungünstige Berichte verbreitet, denen man indes all gemein mit größerer Skepsis gegenübersteht. Man sprach ursprünglich von einer Ernte von ungefähr 9 Millionen Ballen, im Gegensatz dazu wird jetzt von angesehenen Handelsfirmen die Ernte auf 12 bis 13 Millionen Ballen geschätzt. Schon aus dieser Differenz kann man erkennen, mit welchen Mitteln man versucht, den Markt zu beein flussen. Nun stützt sich die Spekulation bei ihrer Ope ration darauf, daß der Handel und auch der Konsum im allgemeinen schwach versorgt seien. Zu einem starken Kaufbegehr liegt indes, so lange in den Ernteaussichten keine Verschlechterung eintritt, wenig Veranlassung vor. Denn wenn auch die Weltbestände gegen das Vorjahr eine nicht unbeträchtliche Abnahme erfahren haben, so sind sie imnier noch als recht hoch zu bezeichnen. Dabei ist aller dings zu bemerken, daß der Anteil der „Valorisations- menge" an den Weltkaffeebeständen sich vermindert. Mäh- rend zu Beginn dieses Jahres noch 6,3 Millionen Sack Kaffee sich im Besitze -es Komitees befanden gegen 6,8 Mil lionen im Vorjahre, wird dieser Bestand am 1. Mai auf 5 Millionen Sack reduziert sein. Im laufenden Jahre hat das Valorisationskomitee bisher 900 000 Sack Kaffee ver kauft, 300 000 Sack dieser Tage zu einem Preise von 73 Franken nach Neuyork. In den Ende April stattfindenden Aktionen sollen noch 300000 Sack zum Verkauf gestellt werden. Das Valorisationskomitee hätte es in der Hand gehabt, durch eine stärkere Verringerung seiner Vorräte der Kaffeehausse entgegenzuwirken. Das hat cs wieder nicht getan. Von seinem egoistischen Standpunkte aus ist das durchaus begreiflich, nur darf es sich auch nicht wun dern, wenn ihm immer wieder der Vorwurf gemacht wird, die Verteuerung des Kaffees verschuldet zu haben. Sprachecke des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. Lokal. „Am gestrigen regenreichen Sonntage waren die Lokale überfüllt." Die Oertlichketten? Nein. Wirt- schäften. ..Ladenlokal zu vermieten". Ladenlokal? Weshalb -lokal? Genügte nicht „Laden"? Und wäre nicht Laden raum besser und schöner? Aber immer wieder und wieder muß man so lesen, und die Ortsbehörden werden zu Lokal behörden, die Ortsblätter zu Lokalanzeigern — welch nichts sagender Ausdruckl —. die OrtSnachrichten zu Lokalnach- richten, der Heimatstolz zum Lokalpatriotismus, und von Lokalzügen hört man noch immer sprechen, obgleich sie vielfach behördlich in Vorortszüge verwandelt worden sind. Aber noch schöner sind die Lokalitäten — das klingt doch entschieden großartiger als RäumeI „Empfehle (I) meine neurenovterten (I)Lokalitäten". O du liebe deutsche Sprach', ich muß dich lassen. Nur in Fremdwörter alleine kann ich fassen, Was im Innersten ich fühl' und denk'. Herrenlose Erbschaften. Unser« «edaktien macht unseren «banne,iten nähere Mitteilungen gegen »tn " ' eibko' " tendungvo» bo Vs. in Marten sür entstehende Porto- und Schrelbkostea. ' ehende R> Allen «»fragen ist die dorstehende Nummer beljusttgen. 28. Zirka 730 Mark liegen bereit für Nachkommen und Anverwandte der am 6. Februar 1865 in Stade gebore nen, am 12. Dezember 1910 zu Dollern verstorbenen Dienst magd Anna Vogel. Eine Schwester von ihr war die Mar garetha Vogel. 29. Eine Erbschaft liegt bereit für Nachkommen und Anverwandte der am 9. Januar 1906 zu Schmiedeberg im Riesengebirge verstorbenen Eisendreherswitwo Auguste Merkel. Sie war eine geborene Kuhnt und auS Schmiedeberg gebürtig. 30. Eine Erbschaft liegt bereit für Nachkommen und Anverwandte der am 30. Oktober 1866 -u Husum gebore nen, nunmehr für tot erklärten Marie Christine Volk- m a n n. Sie war eine geborene Geertz und verheiratet mit dem Farmer Erich Volkmann, der zuletzt in Crawfort, County, Iowa, Nordamerika, wohnhaft war. 31. Eine Erbschaft liegt bereit für Anverwandte der am 13. Juli 1868 zu Neustadt im Odenwalde geborenen, am 22. November 1910 ebenda verstorbenen ledigen Marie Baus ch. Juristischer Nutgeber. «utNlnste kder lurtsttsche «»fragen werden unseren «bonneMen an dies« «tele erteilt. Nur dttten wir, der Anfrage 20 Pf. tn Briefmarlen zur DeSung von »erto, audlagen betzulegen. — gsür di- «uSkünIt« übernehmen wir keine Verantwortung. Al. X., Frankfurt a O. »Mutz Ich mir als M'etrr g« fallen lassen, wenn die Kinder eines MtlmietcrS im Hausflur, im Hase, tn ihren Räumen bei offenstehender Tür trotz wiederholter Warnung meinerseits toben und lärmen?' — Einen gewissen Lärm müssen Sie sich immerhin gefallen lassen, sonst durften Sie eben nicht in ein von anderen Metern mitb^wohntes HauS hineinztehea. Insbesondere hätten Sie aber auch im Mietvertrag das Vorhanden sein von Kindern auSschlietzen müssen. Wenn der Lärm aber uner träglich wird, so können Sie nur dem Vermieter eine angemessene Frist zur Abstellung setzen und nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist kündigen. Hotel I iiio» Vornvtimv8 mvckvrnst V. vinF«rielitvt«8 ü'smiliva - u.-.'L L8»S. Zcdramm 4 kchieiniem, Vierde» L.snc!tisu88t«'. 27 8sv8tk-. 18 (»InlLtslliiilsI) pirnsisoks 81k. 2 > voll 4 k>Ig. SN. cs.600 Lorten Ligsrren 212 300 Sorten Lixarelten. W kaucktabake »«LI«««»? ktIUfr»tvi» krvt«vi». ^ Zeiiäfsp L 8eiislfi-snsl( ^ fsknsprsoksr 4674 frviksi'gvl' 8tks8v 28 liefern »»»»»on»,«!»« zu Vi-iginsI-Msi-Irpi-«!»«»,» VLk»n>»ok« Sächsische und Oberschlesische S««>nUokI»», Sächsische und Senftenberger vi-IIr««», UakitsnUolr» vorzüglichster Qualität, d«»«»» und dttllg»*»» Material für von rung«ii Sokulsn, VLi-kn»»-«!«»! rc. >1«» I - 140 — mederbrennen und Verheerung in unsere Gefilde tragen. Wenn wir unseren flüchtigen Volksgenossen Gastfreundschaft gewähren, werden uns die Ferenghi als Rebellen behandeln und uns ausrotten; es gibt da unten Banden von Boundellas, Bills, die bereit sind, den ersten Vorwand zu ergreifen, um in unser Gebiet einzufallen. Unser Schicksal ist ein sehr unglückliches." „Gott kommt denjenigen zu Hilfe, welche ihre Brüder in der Not unter stützen." Der Thakour zögerte, seine Blicke hafteten mit Teilnahme auf dem kleinen leidenden Geschöpfe, welche die Aya in ihren Armen hielt. „Höre," sagte er, „auch ich habe einen kranken Sohn; die Metris (Aerzte) können ihn nicht heilen: willst du versuchen, ihm die Gesundheit wiederzugeben?" „Ich werde es versuchen." „Komm also mit mir, ich werde deinen Begleitern Lebensmittel schicken." „Ich kann mich von ihnen nicht trennen, wenn du willst, daß ich dein Kind behandle, werden wir alle zusammen mitgehen." Nach kurzem Nachdenken willigte der Thakour ein und die kleine Schar folgte ihm nach. Sie wurden von den Bewohnern des Dorfes mit Miß trauen ausgenommen, und nur mit Widerstreben gab man ihnen etwas zu essen und ein wenig Milch So miserabel die Mahlzeit war, sie wurde den noch mit Behagen verzehrt. Avremont untersuchte das Kind, welches die Un wissenheit der Aerzte einem sicheren Tode überlieferte. Mit Hilfe der ver ständigen Pflege, welche Avremont ihm zuwcndete, kehrte es mit jener Schnelligkeit, die den Kranken dieses Alters eigen ist, wieder zum Leben zu rück. Einige Stunden darauf war es der Entkräftigung entrissen, welche ein nahes Ende vorhersehen ließ. Eine der Frauen nahm den kleinen Engländer und näherte ihn dem Genesenden: die zwei Kinder lächelten sich an und begannen mit den Blumen zu spielen, die man dem jungen Indier gegeben hatte. „Thakour," sagte Avremont, „du siehst, die zwei unschuldigen Geschöpfe lehren uns, daß zwischen den Indiern und Europäern Freundschaft herrschen sollte." Der Thakour war betrübt. „Ich bedauere euch tief," sagte er, „der Tod ist iiber euch. Ihr könnt nicht umkehren und nicht hier bleiben, denn ihr wiirdet den Sturm auf euch laden. Wenn ihr euren Weg fortsetzt, stehen euch zahllose Gefahren bevor. Ein heftiger Kampf tobt in der Gegend von Gualior und Genei. In der letzten Nacht bin ich auf die Höhen gestiegen, ich habe den Kanonendonner gehört. Freunde und Feinde steigen in die Täler herab, die einen um zu fliehen, die anderen, um ihren Sieg zu vollenden." „Wie es Gott gefällt," sagte Avremont. „Haben wir unsere Kräfte wieder erlangt, werden wir unseren Weg wieder aufnehmen." Kurze Zeit darauf kündigte ein Bote dem Thakour an, daß die Lipayen eine Niederlage erlitten hatten, und daß man in der Ferne Banden von bewaffneten Männern bemerkt habe. Der Thakour führte die Flücht linge in eine Art alleinstehende Remise, wo sie nur einige Stunden verbleiben sollten, um sich auSzuruhen: dann wollte er ihnen einen Führer verschaffen. Strengstens verboten war ihnen, herauszugehen und sich sehen zu lassen. — 137 — Lange Zeit marschierte er mit seinem Gefährten angstbeklommenen Herzens dahin. Als in der Ferne das Geknatter eines lebhaften Kleingewehr feuers sich vernehmen ließ, hielt er inne: dann rückten er und Penmark vor sichtig nach jener Seite vor und bemerkten ein Dutzend Engländer, die einen hartnäckigen Kampf gegen einen viermal zahlreicheren Feind unterhielten. Der Ausgang des Kampfes war nicht zweifelhaft und die wenigen über lebenden Europäer dachten nunmehr daran, ihr Leben teuer zu erkaufen. Vom Strome ausgehende Notrufe drangen bis zu den beiden Franzosen: sie sahen eine Barke, worin sich nur Frauen befanden, welche das Fahrzeug vergebens vom Sande loszumachen versuchten. In ihm befanden sich auch Lady William. Das Notwendigste war, die Unglücklichen, welche einen Augenblick zu vor ihre letzte Stunde gekommen glaubten, zu retten. Die beiden Franzosen traten in das an dieser Stelle kaum drei Fuß tiefe Wasser und machten sich daran, die Barke loszumachen. Sie hatten diese Arbeit kaum begonnen, als vier Sowars herangesprengt kamen, ein Schreckensschrei kam aus der Gruppe der Frauen beim Anblick der Henker des Nana. Avremont und Penmark rissen die Gewehre von der Schulter und streckten mit wohlgezielten Schüssen zwei der Reiter auf den Boden nieder: sie hatten noch Zeit, ihre Waffen wieder zu laden und ein dritter kollerte von seinem Reittier. Der Ueberlebende nahm Reißaus. Ehe ein neuer Angriff erfolgen konnte, war die Barke wieder flott gemacht und, von vier kräftigen Armen angetrieben, glitt sie bald über die Oberfläche deS Stromes dahin. Die Bäume am Ufer flogen schnell vorüber. Ihrer Wut zum Trotz mußten die Cipayen, welche ihre Opfer unter ihren Augen ent wischen sahen, einsehen, daß sie für diesmal die Partie verloren hatten. Erst als jede unmittelbare Gefahr ausgeschlossen schien, hörten Avremont und Penmark auf, mit der gleichen Schnelligkeit zu rudern und überließen das Fahrzeug dem Laufe des Stromes: sie erfuhren alsdann die blutige Kata- strophe, deren Ende sich vor ihren Augen abgespielt hatte. Als der General Wheler, der Kommandant der englischen Verschanzung. in die Notwendigkeit versetzt, sich in eine Kapitulation gefügt hatte, hatte der Nana bei allen Fluten der Djamuna geschworen, daß die Männer und Frauen sich in aller Sicherheit zurllckziehen könnten und hatte dreißig Barken zu ihrer Verfügung gestellt; aber hinter dem dichten Gebüsch des Ufers versteckte Kanonen hatten den Fahrzeugen ihre Kugeln nachgesandt und was diese nicht erreichten, daS fiel dem Gewchrfeuer der Cipayen zum Opfer; so wurden neunundzwanzig Barken nacheinander samt den Insassen vernichtet. Eine nur war entkommen; auf die sandigen Untiefen geworfen, schien sie bestimmt, ein ähnliches Schicksal zu erleiden, als die Männer an das Ufer gestiegen waren und einen verzweiflungsvollen Versuch gemacht hatten, um ihre An greifer zurückzutreiben: wir haben gesehen, daß dabei alle den Tod gefunden hatten. Während man Avremont diese Ereignisse erzählte, betrachtete er sich die Gefährtinnen, die er zu beschützen hatte. Einige von ihnen hatte die Schwere des Unglückes niedergebeugt und sie schienen die Kraft verloren zu habe«, gegen daS Schicksal anzukämpfen. Eine andere, die Frau eines hohen Be amten, vereinigte alle ihre Gedanken auf ihr kleine« Kind welches die Aya jDM »Um die Krone deS Großmoguls? « KAL