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Sächsische Volkszeitung : 28.11.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-11-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190811289
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19081128
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19081128
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-11
- Tag 1908-11-28
-
Monat
1908-11
-
Jahr
1908
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 28.11.1908
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Finanzreform in allen ihren Einzelheiten müssen wir unS Vorbehalten, wenn wir auch bereit sind, an derselben mit zuarbeiten. Hurst Hatzfeld sprach davon, daß alle bürger lichen Parteien derselben zustimmen möchten. Das ist ein Gedanke, wie man ihn früher von der Mehrheit nicht ge hört hat. Abg. Paasche appellierte an das patriotische Empfinden des Zentrums; es ist noch nicht lange her, da hat man uns als antinational und vaterlandsfeindlich gebrandmarkt, man glaubte uns ganz ausschalten zu können. Heute ladet man uns von links und rechts ein. mitzuarbeiten. Man wird es begreifen, wenn wir von diesem Wandel etwas überrascht sind und wenn wir uns über die Gründe dieses Umschwunges unsere eigenen Ge danken machen. (Sehr richtig! im Zentrum.) Vor einein Jahre noch hätten wir nicht erwartet, daß man uns ein- laden würde. Arm in Arm mit dem Block, frisch, fröhlich auf die Steuersuche zu gehen. Aber wir überlassen das dem Reichsschahamt. (Sehr gut! im Zentrum.) Nach der scharfen Kritik der einzelnen Vorlagen kann ich nicht an nehmen, daß diese c n tilon angenommen werden. (Große Heiterkeit.) Ta auch nicht anzunehmen ist, daß sie ohne weiteres abgelchnt werden, so stelle ich den Antrag, den noch niemand stellte, sämtliche Gesetzentwürfe einer Kommission von 2« Mitgliedern zu überweisen. (Große Heiterkeit. — Lebhafter Beifall im Zentrum.) Abg. Graf v. Schwerin (kons.) stimmt dem Vorredner te vielen Teilen bei. Die Besteuerung der alkoholfreien Getränk hält er für geboten. (Hört!) Ich halte den Bedarf von 500 Millionen Mark nicht zu hoch. Die Herabsetzung der Zuckersteuer muß durchgeführl werden. Die Tilgung der Schulden sollte noch rascher erfolgen Unsere Finanzlage ist eine sehr betrübende; die Ursache, die dazu führte, eine beschämende. Wir haben die Der- fassung nicht beachtet, welche Aufnahme von Anleihen (Art. 75) nur in ganz besonderen Fällen gestattet. Das Tabakmonovol allein würde heute 600 Millionen Mark erbringen, wenn eS nach französischem Muster zur Deckung der NeichSbedürfniffe eingeführt würde Die Abg Spahn und Speck haben bezüglich der Imma- trikularbeiträge vollständig recht. Nur die Wehrsteuer und die Reichserbschaflssteuer nehmen sic mit dem Ausbau der Verbrauchs steuern an: die Nachlaßsteuer lehnen sie direkt ab. und wollen in der Kommission nach den von ihm verlesenen Leitsätzen Mitarbeiten. Er weist zum Schlüsse das Ansinnen der Linken ab, welche von Einräumung größerer politischer Zugeständnisse ihre Mitwirkung abhängig macht. Sollte die Reform daran scheitern, dann leimen wir die Veran wortung ab (Beifall recht-.) Diejenigen Parteien sind dann schuld, welche parteipolitische Forderungen in den Vorder grund stellten. Abg. Dr. Weber (Natl). Wir lehnen es auch ab, mit der Finanzreform politische Forderungen zu verknüpfen. Gegenüber dem Zentrum handelt es sich nicht um ein LiebeSwerben. Es muß ründliche Arbeit gemacht werden. Die Bindung der Matrikular- eiträge ist nicht durchführbar. Der BundeSrat muß von seiner doktrinären Stellung in der Frage der direkten Steuern abgehen. Wir sind bereit, Opfer zu bringen, aber auch der Bundesrat muß solche bringen. Eine Reichseinkommensteuer kann man nicht schaffen. Wir bestehen aber auf der Einführung der Reichs vermögenssteuer. Die Frankcnstcinsche Klausel muß aufgehoben werden Für die BedarfSberechnung muffen noch nähere Beweise erbracht werden. Die Herabsetzung der Zuckeisteuer muß bet- behalien werden. Den Vorschlägen auf Schuldentilgung stehen wir skeptisch gegenüber: die Sätze hierfür sind das Mindestmaß dessen, was getilgt werden muß. Für das Branntweinmonopol sind meine politischen Freunde: nur die Materialbrennereien be dürfen erhöhten Schutzes. Die Bierstcuer schützt die mittleren Brauereien zu wenig. Vor 2 fahren lehnten wir d e Tabaksteuer rundweg ab, jetzt sind wir bei dem Bcdarfe von 500 Mtll. Mk. bereit, auch den Tabak heranzuziehen: nur die Bandcrolenstc»cr lehnen wir ab. Redner spricht sich gegen die Gas- und ElektrizitätS- j (teuer aus. Abg. Dr. Südekum (Soz.): Solange das System deS ! persönlichen Regiments bestehen bleibe, »niste eine Finanzreform undiskukabcl sei»: denn sie bedeute nur, daß man Wasser in das Sieb gieße. Die Auslassungen des Lord Roberts werden die militärischen Parteien für neue Militärvorlagen begei'tern. Fetzt müsse man nicht nur r chnen, sondern einmal abrcchnen. Der Hinweis auf die gespannte Lage genügt nicht, wir müssen den Ursachen nachgehen, «nein Staatsmann fand so günstige Finanzen, wie Bülow: ich erinnere nur daran, wie Herr von Thielcmann > damals sagte Wir schwimmen im Gelbe. (Sehr r'chtig.) Und j jetzt? Tie Eingriffe des sebr beweglichen Faktors unserer Politik haben die schlechten Finanzen geschaffen: der Reichskanzler aber hat alles gekannt und gebilligt. (Vizepräsident Dr. Paasche ersucht den Redner, sich über diese Frage kurz zu fassend Diese sinnlose Wirtschaft kan» nicht weitergchen. Der deutsche Reichstag ist ein- mütig friedlich gesinnt und doch sind wir vor keiner (Überraschung ! sicher: daher sind konstitutionelle Garantien absolut notwendig, i Unser Volk würde es nicht versteh-m, wenn wir nicht jetzt Garan tien erzielen würden. Wo sind die Minister der Einzelstaaten? Früher waren diese bei weit geringeren Anlässen erschienen. Wir fordern höhere Steuersätze. Tie Furcht vor den direkten Steuern treibt die sonderbarsten Blüten. Wir wollen unser Volk vor eiuer neuen Maffenbelastung schütze». tLebhaflcr Beifall links.) Finanzminister Frhr. v. Rheinbaben polemisiert kurz gegen den Abg. Dr. Südekum DaS Haus vertagt hierauf die Fortsetzung der Beratung auf Freitag l Uhr — Schluß '/«? Uhr. Politische N«r,dschau. Dresden, den 27. November 1808. — I)v. Augustinus Bludau wurde am 26. d. M. vom D"mkapitel zum Bischof von Ermlaud gewählt. Au« Frauen- bürg bringt uns der Telegraph soeben die Kunde, daß die Diözese Ermlaud nicht länger mehr verwaist sein wird. Dr. I.tiool. Augustinus Bludau. zurzeit ordentlicher Professor der uentestameutlichen Exegese au der Universität Münster i. W. wurde am 26. d. M. vom Domkapitel zum Bischof von Fcaueuburg gewählt. Der ucuerwählte Bischof von Ermlaud wurde am 6. März 1862 zu Gutlstädt in der Diözese Entstand geboren. Er machte seine philosophischen und theologischen Studien am Lyzeum Hosianuin in BrauriS- wer das nrcht glaubt wird von den Offiziösen angenagelt, diese bemühen sich überhaupt, jetzt die Schuld an allen un liebsamen Vorkommnissen der letzten Zeit der Presse auf zuhalten. Auf dieses Experiment erteilte jetzt das „Leip ziger Tageblatt" schlagfertig die Antwort: „Wer war es denn, der zuerst eilig und ohne ein Wort der Erläuterung und Kritik den Artikel des „Daily Telegraph" wiedergab? Die offiziöse Presse! Wer suchte durch einseitige aus- ländische Preßauszüge die Meinung von der Aufnahme dieser Enthüllungen zu verdunkeln und erhöhte dadurch die allgemeine Verstimmung? Die offiziöse Presse! Wer veröffentlichte eine in heillos schlechtem Deutsch verfaßte Erklärung, die den aufgeregten Geistern zur Beschwichti gung dienen sollte, ihnen aber neuen Grund zu tiefsten! Unmut bot? Die offiziöse Pressei Wer beschwerte das Volk in diesen ernsten Tagen mit allerhand Mitteilungen über belanglose Nebensächlichkeiten aus dem höfischen Leben und reizte, in einzigartiger Verkennung der Volks seele, die Staatsbürger dadurch bis zum äußersten? Die offiziöse Presse! Wer sucht jetzt hochfahrenden Tones die Schuld für das angerichtete Unheil auf diejenigen zu wäl zen, die sich von der Empörung über die ganze Kette von Kapitalfehlern noch nicht befreien konnten? Die offiziöse Presse!" — Zur bevorstehenden Reform der Arbeitertzerstcheruuß. An die Beamten der Berufsgenossenschaften. Am 11. d. M. hat im Retchsamt deS Innern eine Besprechung mit Vertretern des Vereins der Beamten der Deutschen Berufs- genossenschaften über die Zukunft der Berufsgenossenschafts- Beamten stattgefunden. DaS Ergebnis der Besprechung ist in einem Flugblatt niedergelegt worden, das an die sämt lichen Berufsgenossenschaftsbureaus versandt worden und von der BereinSgeschäftSstelle Hermann Schöbet, Groß- Lichterfelde - West, Manteuffelstraße 26, kostenfrei zu be ziehen ist. — Der Preßdezerncut de- Reich-kolouialamtes, LegationSrat v. d. Grüben ist pensioniert worden; er erhielt beim AuSicheiden einen höheren Orden. Wir weinen dem Manne keine Träne nach, denn er war es, der im letzten Wahlkampfe den Preßfeldzug gegen das Zentrum leitete. Ob sein Ausscheiden mit der bekannter Kölner Baugelder affäre in irgend einem Zusammenhang steht, wissen wir nicht; es ist zwar der Redakteur des „Kötner Lokalanzeigers" verurteilt worden, aber auf der anderen Seite steht doch fest, daß die Handwerker durch die Machinationen der Karstaptnschen Verwaltung schwer geschädigt worden sind. Karstapm ist der Schwiegervater des Herrn v. d. Grüben, der selber eine Zeitlang sich mit der Verwaltung der Grund stücke befaßte. Daß er von den bedenklichen Machtnationen nichts gewußt hat. konnte nicht in allen Teilen nachgewtesen werden. Wir meinen freilich, daß ein höherer Beamter so nebenbei gar keine ausgedehnten Verwaltungen führen kann, weil sein Amt schließlich darunter leiden muß. Als Nachfolger des pensionierten Grüben wird ein LegationSrat Sachs genannt; dieser war früher Redakteur der „Natl.- Ztg." er ist geborener Württemberger. Im Reichstag wurde im Vorjahre angedeutet, daß er der „Katholik" sei, der dem bekannten Wahlflugbiatt nicht ferne stand; freilich gehört Sachs einer bekannten protestantischen Familie an, so daß rS gut wäre, wenn jetzt noch eine Aufklärung über diese Angelgenheit erfolgen könnte. — Grgen die FLrstin Radoliu, welche die Taufe des Linienschiffes Posen vollziehen soll, hetzt die «Tügl. Rund schau", weil diese Dame die Schwester des Reichsgrafen v. Oppersdorfs ist und west dieser zugleich Zentrums- abgeordneter ist. Solche Eigenschaften sind nach der An sicht der „Tägl. Rundschau" wohl geeignet, jede Dame im Deutschen Vaterlande als vogelfrei zu behandeln. — Die Beratung des Zentruinsantrages auf Schaf fung eines Ministcrvcrantwortlichkcitsgcsctzcs wird voraus- im Reichstage beginnen. Unter normalen politischen Verhältnissen wäre das Schick sal deS Antrages kaum zweifelhaft. Mit Ausnahme der Konservativen, die am liebsten der Volksvertretung jedes konstitutionelle Recht entreißen möchten, würden sämtliche Parteien des Reichstages mit Ausnahme vielleicht noch der Sozialdemokraten, die bekanntlich für aussichtsreiche Aktio nen nie zu haben sind, dem Antrag znstinnnen. Auch der Bundesrat hat keinen vernünftigen Grund, dem Antrag entgegenzniprechen, denn er will ja keine Verfassungsände rung, sondern nur eine Vervollständigung, die Ausfüllung einer Lücke in derselben. Das Recht der Anklageerhebung soll natürlich nicht nur dem Reichstage, sondern auch dem Bnndesrate zustehen, was auch die Stellung des Bundes rates nur verbessern könnte. Wir leben nun aber nicht in normalen politischen Verhältnissen, sondern im Zeitalter der glorreichen Blockpolitik. Und in dieser Zeit kann man mit Bestilnintheit darauf rechnen, daß jeder Antrag, jede Forderung, in der die Stärkung und Bewahrung der kon stitutionellen Rechte des Volkes verlangt wird, von der Mehrheit der Volksvertretung abgclehnt werden, sogar von den Parteien, die in ihrem Programm die Forderung einer Verstärkung der Volksrcchtc bis zum parlamentarischen Re gime vertreten. So ging es beim Vercinsgesetz, so wird cS - not müßte beseitigt werden durch eine Umkehr der Zoll politik. So lange zwei Drittel der indirekten Abgaben »icht in die Reichskasse fließen, so lange die Zolleinnahmen doppelt ausgeglichen werden durch Ausgabevermehrung in folge allgemeiner Preissteigerung, so lange die Abgaben auf Genußmittel nicht reichlich fließen können Wege» der Steuern auf unentbehrliche Nahrungsmittel und Ge brauchsgegenstände, so lange werden die Reichsfinanzen nicht auf einen grünen Zweig kommen. Aber an der Zoll politik wird der Bülow-Block so wenig rütteln lassen wie sein Erzeuger mit dem agrarischen Leichenstein. 4. Das Budgetrecht des Reichstages müßte verstärkt werden. Ber einer der Hauptzwecke der Sydowschen Reform ist ebenso wie bei der früheren Stengelschen die Beschneidung der kärglichen Reichstagsrechte." Wer könne glauben, daß die 60 Abgeordneten, die zwischen Nationalliberalen und Sozialdemokraten sitzen, eine Finanzreform durchsetzen würden, die den vier Bedingungen auch nur einigermaßen entspricht? — Nur ein naives Gemüt. So sicher wie das Amen in der Kirche: der Freisinn müsse entweder da- Re formwerk im Ganzen ablehnen oder er muß einem Gesetz zustimmen, das seinen Anschauungen widerspreche, das vielleicht in einzelnen Teilen Verbesserungen des bestehen den Zustandes bringe, eine drohende Verschlechterung deS Negierungsplanes mildere, das aber als Ganzes nicht libe ralen, sondern konservativen Charakter trage, nicht Reichs- finanzreform, sondern Steuervermehrung zur Entlastung der Einzelstaatcn seien. Er schließt daher mit dem Satze: „Man lasse sich doch nicht durch das „nationale" Brim borium täuschen. Der Hauptzweck der Finanzreform ist: 1. Die Einzelstaatcn vor der Herausgabe der halben Milliarde zi. bewahren, die sie in guten Jahren auf Grund der Frankensteinschen Klausel vom Reiche geschenkt be- kommen haben; 2. den Einzelstaaten die ^ Milliarde zu schenken, die sie aus Grund der lcrx Stengel dem Reiche an ungedeckten Matrikularbeiträgen schuldig geblieben sind (dreijährige Stundung seit 1906); 3. den Einzelstaatcn für die Zukunft die Pflicht zur Deckung des Reichsdefizits durch Matrikularbeiträge abzunehmen. Der Beitrag der Einzelstaatcn soll gesetzlich beschränkt werden auf ein Viertel dessen, was ihnen in den letzten Jahren aufgelegt wurde, auf ein Achtel dessen, was ihnen nach Artikel 70 der Reichs- Verfassung und nach gesunden wirtschaftlichen Grundsätzen hätte auferlegt werden müssen." Schöne Worte; aber der Freisinn wird anders handeln. — Die Wirkungen der Zigarrenbanderolenste»er in den Vereinigten Staaten werden von der Regierungs vorlage sehr gerühmt. Der bekannte Hamburger Tabak- industrielle K. v. Eicken veröffentlicht nun ein Gegevgut- achten, in dem es heißt: „Wenn nun in den Motive« der Regierungsvorlage auf die Vereinigten Staate« von Amerika hingewiescn wird, von denen es heißt (S. 87): „Auch in Amerika hat die Fabrikatssteuer weder zentrali sierend gewirkt, noch ist der Kleinbetrieb durch sie vernichtet worden, — die Zahl der Betriebe für Zigarren- und Zigarettenfabrikation hat sich sehr stark vermehrt (1660: 1476, 1670: 4671, 1860: 7146, 1890: 10956, 1900: 14 539 und 1906: 16 396)" —, so bedarf doch diese Statistik sehr der Erläuterungen. In den Vereinigten Staaten hat trotz der gegenteiligen Versicherungen des Herrn Staatssekre tärs die Industrie die Entwickelung genommen, die wir für Deutschland prophezeiten, ja das ganze Geschäft in Ranch- und Kautabak — und darin liegt das Schwer geivicht in Amerika — ist von einer einzigen Gesellschaft sozusagen monopolisiert worden. Alle mittleren und größeren Geschäfte sind von dieser einzigen Gesellschaft auf- gesaugt und jede Konkurrenz ist damit beseitigt worden. Nur die ganz kleinen, die nur für ihren eigenen Laden Zigarren Herstellen und die nebenbei die getreue« Ab nehmer der großen Trust Company sind, läßt man leben, nur ihre Zahl hat sich vermehrt!" Da, in Rußland, dem zweiten gelobten Lande der Banderole, die Verhältnisse ganz ähnlich liegen und das Geschäft in den Händen weniger großer Fabrikanten liegt, so glaubt der Verfasser über die Erscheinung mit folgendem kühnen Saltomortale hinwegznkonimen: „Wenn in Rußland die Entwickelung eine andere war als in Amerika, so ist dies dort nicht auf das Fabrikatssteucrsystcm an sich, sondern ans die in seiner Ausgestaltung znm Ausdruck kommende bestimmte Absicht, die örtliche Ausdehnung der Industrie und den Klein betrieb fcrnzuhalten, znrnckzuführen." Und wie sind in England, wo ebenfalls eine Fabrikatssteuer erhoben wird, die Verhältnisse? Darüber schweigt sich die Vorlage aus, nur die nackten Zahlen des Konsums, der Ein- und Aus fuhr und des Ertrages werden mitgeteilt. Darum sei es gestattet, die dortigen Fabrikationsverhältnisse in wenigen Worten dahin zu erläutern, daß 1. in England nur wenige große Niesenfabrikcn existieren, die zum größten Teile jetzt nur einer einzigen Trust-Company gehören und daß diese hauptsächlich Ranch- und Kautabak (Cavendish) fabrizieren: 2. daß ausweislich der in der Regierungsvorlage mttge- teilten Tabellen die Einfuhr fremder Zigarren eine ganz bedeutende ist. weil das im Lande hcrgestellte Fabrikat eben gar zu schlecht ist! In England besteht der Hanptkonsum in feingeschnittenem Sheagtabak, der hauptsächlich aus Virginiatabak hergestellt wird. Der Gcsamttabakkonsum beträgt trotzdem nicht ganz 2 Penny auf den Kopf der Be völkerung, also nur etwa die Hälfte dessen, was der Deutsche konsumiert! Da aber der Jnlandbau verboten war, konnte trotzdem ein hoher Ertrag herausgeschlagcn werde«, der 1907 13 739 376 Pfund betrug. Alle diese Staaten, wo eine Fabrikatssteuer in Kraft ist, zeigen also das Bestreben, das Geschäft in den Händen weniger Leute zu konzentrieren und zu monopolisieren. Die Zentrumsfraktion hat daher mit Recht einstimmig die Ablehnung der Banderolen steuer beschlossen und das steht steht heute schon fest, baß diese auch abgelehnt wird. Oesterreich N»««r« — Die Huldigung der Geistlichkeit aller Ko«fessio- neu vor Kaiser Franz Joseph erfolgte am 26. November. Kardinal Gruscha überreichte die Huldigungsadresse der römisch-katholischen Geistlichkeit. Auf seine Ansprache er- widerte Kaiser Franz Joseph: Die katholische Geistlichkeit könne bei Verwaltung ihres Amtes stets deS Schutze» der Staatsgewalt sicher sein. Er selbst sei ein treuer Sohn be'g und an bei- Akademie in Münster i. W. Am 13. Mäiz j 1667 wnroe er znm Priester geweiht und war zunächst in der Seelsorge tälig. 1691 wurde er zu Münster znm Doktor der Theologie promoviert. Seit 1697 wirkt Dr. Bludau als Ordinarius für die Exegese deS neuen Testa ments an der Universität Münster t. W. In der Reihe der Bischöfe von Ernstand, welche im Jahre 1260 während der Herrschaft des DentschordenS mit Bischof Anselm I. beginnt, wird der neuerwählte Bischof die 44. Stelle etn- nehmen. Der Bischof von Ernstand war früher Landes herr in einem Drittel seiner Diözese, deutscher RetchSsürst und unter polnischer Oberherrschaft (1626—1772) Mitglied deS Senats und Vorsitzender der preußischen Stände. Nach der Besitznahme durch Preußen im Jahre 1772 verlor er seine landesherrlichen Rechte. Die Diözese umfaßt 16 Dekanate und 167 Psarreien und zählt über 300 Welt- geistliche — Eine Grosstat des Kaisers soll nach den neuesten Ergüssen der Offiziösen die Note im „Neichsanzeiger" sein; voraussichtlich gehen auch beim Ministerverantwortlich keitsgesetz. — Vertagung der Debatte über die Ministervrrant- Wirtlichkeit? Der Reichskanzler scheint die Debatte über die Anträge auf die Ministervcranlwoitlichkeit zu fürchten, denn durch seinen Unterstaatssekretär Löbell läßt er den Präsi denten des Reichstages und die Blockparteien bearbeiten, die Beratung der Anträge zu verschieben, so daß diese erst nach Weihnachten zur Verhandlung kommen sollen. DaS Zentrum wird sich selbstverständlich dieser Verschleppung wtdecsehen. — Ein Ultimatum dcö Liberalismus stellt der Abge ordnete Potthoff im „Berl. Tagebl." in der Finanzfrage auf, indem er von der Reform fordert: „1. Nicht Vermeh rung der Einnahmen, sondern Verminderung der Aus gaben müßte der Hauptpunkt sein; in den stets wachsenden Ausgaben des Heerwesens liegt der Kern. Aber daran „denkt" Herr Sydow wohl ebensowenig wie heute der Reichskanzler. 2. Eine notwendige Vermehrung der Steuern müßte mit einer wesentlich anderen Verteilung der Lasten verbunden sein. 3. Die Hauptursache der Finanz- sichtlich am kommenden Montag - n. ..,
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