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Nummer 62 — 28. Jahrgang Grichetni »mal wdchentl. mit den illiiln. »rat>rd-«ta«»n ,D>» V»N' und ,3ür un'ere »einen vrnl«^ Donnerslag» den 14. Mürz 1S2- »re«»en «azeta-»»--«»»! Die Igrivallene Petllze»» !»«» 4. Namtit«»« »»,eigen u.Siellrnaeiuli,, »«»4. Die PrtileeNamezeil» -i9mm beeil l NIK «n,eigen »uyerbalb de» »erbrenung»geb>,I«> 4<»4 di»PeNireNam„etI»>.:»«^. Brieigeb. !U» 4 Im Kali« hbderer «ewaii »rliiSu >»de VervNiibNing aul Lieienmg «owi« Ersülluna N, An,eigen-Unltr^gen Leistung v. kckiadenerlatz, »elASftltiber leil: Artur Leu». Dresden. '»wie den r«,i4«t>a»en ,«I. Benno-BIatl' .llnterbalNmg und »Men' .D<» »eieder Zra>>'. Slerillicher Ratgeber' Da» gute Bucb' .ftsiimrund. »au'. Monaiitiber ve»ug»vret» !> Mt. etntlbl. Reliellgeld. »kn,einummer lU 4 Eonnabend, u. Eonntagnnmme, EV 4. Hauvtlitzrtitleiter: Lr. w. De»c,t>k. Drekden. >«e>-.<>»»»klrlle. Druitu.Berlan: »erm nnn '.<>». ilir Verlag lind Dnukeret. Filiale Dresden. Dresden.«.I. Poiierklras,e>7. ssernru'LWIS. Poltichecklonto Dresden 17"^ Bankkonto Stadtbank Dresden Rr. «l7I» Für christliche Politik und Kullur WS» Redaktion der SäitzstkNien ivolk»»ettung DreSden.AUItadi l Polierltratze 17. Zemr», MN und riOIL s Weilerberalung in Berlin? Berwallungsreform — oder Reform -er Selbstverwaltung? Das Problem der Nerwaltungsreform steht wieder einmal, oder auch „lmmer noch" im Vordergrund des innerpolitischen Interesses. In dem Augenblicke, da dem Sächsischen Landtage die Vorlage der Regierung iiber die „Vereinfachung und Verbilligung der öffentlichen Verwaltung" zugegangen ist. verdient die Stellungnahme eines führenden Kommunalbeamten. Bürgermeisters Dr. Schuh mann, Oelsnitz t. E., vollste Beachtung. Dr. Echuhmann wirft in diesem Aufsatz in der „Sachs. Indu strie" die schwerwiegende Frage aus, ob die Verwaltungs reform ohne Reform der Selbstverwaltung überhaupt zu dem ersehnten Erfolge führen könne, und sagt hierzu u. a. folgendes: „Die tiefere Ursache, ivarum der Verwaltungsapparat bei uns in der Nachkriegszeit immer wieder anschwillt und anschwellen muß und nxirum voraussichtlich die Venvaltungsreform, di« man jetzt plant, ebensowenig zu einem dauernden Erfolge führen kann wie vor drei Jahren der Veomtenabbau, liegt auf einem Gebiete, auf dem man sie zunächst nicht sucht, nämlich auf dem verfassungs. rechtlichen. Die Hypertrophie unseres Verwaltungsapparates ergibt sich ganz zivangslänsig aus der Ueberparlamenta. rifterung unseres ganzen öffentlichen Lebens. Hierbei denkt man zunächst an das staatliche Leben, das mit der in steter Bewegung befindlichen Gesctzgebungsmaschine seiner Parlamente in Reich und Ländern der Verwaltung zu einem gro ßen Teil ihre» Antrieb schasst. Aber es gibt anher dem des staat lichen Lebens noch ein zweites Gebiet, ans welchem ein in die Breite gegangener Parlamentarismus blüht oder besser wuchert, nämlich die Selbstverwaltung in Gestalt der Verwaltung von Städten nid Gemeinden, den Provinzen (Preußen), Kreisen, Bezirken und der Volksschule. Auch diese Selbstverwaltung ist ini letzten Jahrzehnt von Grund auf parlamentarisicrt wovden, insofern, als die Entschließun gen, welche den (Mig der Vernmliuiig bestimmen, immer mehr den Einzelpersonen, welche die Selbstverwaltung hierzu bestimmt hatte, entzogen und in die Hände von Personenmehrhciten, von Aus schüsse», von Kollegien usw., gelegt wurden. Da diese Ent wicklung, besonders durch die die Selbstverwaltung regelnde Gesetz gebung in Sachsen, immer weiter fortschreitet, hat sich auch hier ein Zustand der U c b c r pa r la m e n ta r i s i e r n » g ergebe», der es nicht verwunderlich erscheinen läßt, wenn auch der Kreis von Be-. Hörden und beamteten Personen, die hierdurch ständig in Atem ge halten werden, immer größer wird. Erst wer unsere weitverzweigt« Selbstverwaltung, di« zu ihrer Ergänzung wieder weite Zweige der staatlichen Verwaltung braucht, mit in den Kreis seiner Betrachtung zieht, wird gewahr, welch ungeheurer Apparat hier läuft, und z>var unter nicht beträchtliche» Kosten, unter Reibungen, Gcgcncinander- orbcitcn und Kampf, sowie unter einem sehr hohen Prozentsatz an Leerlauf. „Ein freies Volk regiert sich selbst", das war der Satz, der den Beratungen über die neue Sächsische Gemcindeordnung voin 1. Au gust 1923 zugrunde gelegt worden Ivar. Es ist dies ein Satz, der sich zivar sehr schön anhört, der aber mit der Verwaltung wenig zu tun hat, denn Regieren und Verwalten sind durchaus I w « i e r l e i. Uebcrall, wo früher meist nur beamtete Einzelpersonen ihre Entscheidungen trafen (gegen die es freilich stets ein Beschwerde recht an die höhere Instanz gab), sitzen jetzt Dutzende und mehr Personen zusammen, unter denen mit wichtiger Miene: ,^Fch bitte ums Wort", oder mit drohender Gebärde: „Zur Geschäftsordnung" gerufen wird. Es wird beraten und beratschlagt, Beschlüsse wenden gefaßt und wieder umgcstoßen, Opposition und Obstruktion werden getrieben, SitzungS- und Tagegelder werden verbraucht, Zeit wird verschwendet. Das Ergebnis ist dann — irgendein Verwaltungsakt, oft in einer höchst nebensächlichen Angelegenheit, zu dem ein einzel ner Beamter sich ebensogut hätte entschließen können. Der Beamte wird aber damit nicht etwa überflüssig! Er ist jetzt dazu da, den ge faßten „Beschluß" ansznsühren. Das Gesetz insbesondere, das jede Vereinfachung, jede Erspar nis, jede wirkliche Reform oder Verbesserung in der Verwaltung ausschließt, ist in erster Linie die — in der Gesetzgebung der Nach kriegszeit aller deutschen Länder zum Glück einzig dastehende — Sächsische Geme i nd e 0 rd nn » g vom 1. August 19V: eine Gemeindeordnung, die es vermocht hat, eine Unordnung in die säch sischen Gemeinden hineinzutrogen, deren Aufräumen, selbst wenn einmal andere Zeiten mit anderen Tendenzen herrschen werden, noch lange Zeit in Anspruch nehmen wird. Trotz der Novelle zur Gcmeindeordnung besteht noch vielfach in den Gemeinden die Tendenz, die eigentliche Verwaltung weder von den verwaltungskundigcn Beamten, noch auch selbst von d«n Partei- beamten, gegen die, wenn sie sich einigermaßen «ingearbcitct haben, kehr bald ein ähnliches Mißtrauen einsetzt, führen zu lassen, sondern das Bestreben, durch „Beschlüsse" der Gcmeindever- ordneten uiü, ihrer Ausschüsse dauernd in die Verwaltung einzugreisen. Dadurch wind einmal der Verwaltungsapparat, auch der kleinerer und mittlerer Gemeinden, noch umfangreicher schwer fälliger und damit kostspieliger, und außerdem wirkt dies auch wieder «uf die staatlichen Verwaltungsstellen zurück, welche der Selbstver waltung. sie ergänzend oder sie beaufsichtigend, gegcnüberstehen." Diese Frage „Berwaltungsreform und Selbst ver- Die heutige Nummer enthält die Beilage „Unter. haltungundWilsen". Die Orientierung -er Sachverständigen London. IS. März. Der Berliner Korrespondent der „Financial Times" meldet: In deutschen finanziellen Kreisen wird die Ansicht vertrete», der Sachverständjgenausschuß sollte jetzt nach Berlin kommen, wo alles Material über Deutschlands wirkliche Zahlungsfähigkeit verfügbar sein würde. Die Sach verständigen würden sich dann an Ort und «stelle über die wahre Wirtschaftslage Deutschlands orientieren können. Paris, 13. März. Die heutigen Pariser Blätter stellen fest, daß sich zwischen dem bisherigen deutschen Höchstangebot und den Forderungen, die von den Delegierten der Reparationsmächte gestellt worden sind, noch immer eine DisferenzvonweitiiberlMil- liarde ergebe. Es wivd daraus geschlossen, daß wenig Aus sicht auf eine Annäherung bestehe, und von einer Krise der Reparvtionskonserenz gesprochen. Im Gegensatz zu diesen etwas pessimistischen Darlegungen der Pariser Blätter sieht man in den beteiligten politischen Kreisen diese Krise vorläufig noch nicht, sondern glaubt eher daran, daß die Arbeiten der Sachverständigen noch mehrere Wochen in Anspruch nehmen iverden. Das Projekt der Weltbank, das in Paris aufgetaucht ist, sieht sich jetzt immer stärker werdenden Einwendungen von englischer Seite gegenüber. Die englischen Einwendungen grup pieren sich vorzugsweise um die Frage des Diskonts und der Sachliefernngen. In der Londoner City ist offenbar die Be fürchtung ausgetancht, daß ein solches Ucberinstitut die Bank von England zu Acnderungcn des Diskonts zwingen könnte. Industrielle aller Richtungen schreiben Briese an die Londoner Zeiiungen und warnen vor einer Ausdehnung des Sachliese- rungssystems. Offenbar um diesen Befürchtungen entgegenzutretcn, hat die britische Delegation in Paris ihre Stellungnahme in der Frage der Sachliefernngen der Presse mitteilen lassen. Daraus geht hervor, daß die englische Geschäftswelt den neuen Plänen skeptisch gegenübersteht. Man glaubt, daß vor allem die neue Bank sehr nützlich als Tribulseintreibungsinstitnt sein könne, das; aber ihr« Stellung als internationales Wührnngsaus- gleichinstitnt vorläufig nicht durchführbar sein werde. Hierbei wird besonders auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die die Bank von Frankreich machen würde. Die Bank von Frank reich würde Kanin geneigt sein, die nach dem Kriege gewonnene ivaltung" ist sicher ernsthafter Erörterung wert, mag man auch der vorstehend wiedergegebenen Auffassung keines wegs in allen Punkten beipflichten. Man hat schon oft beklagt, daß in Reich und Ländern das Parlament zu einer bloßen Bewilligungsmaschine für immer wachsende Ausgaben herabgewürigt worden ist. Man geht wohl nicht zu weit, wenn inan auch die Kommunen lind die Kommunaloerbände van diesem Vorwurf nicht ausnimmt. Es sei nur an eine wichtige Frage, an das Ueberhanü- nehmen der Regiebetriebe aller Art erinnert. Im mer lzäufiger iverden die Klagen über die Unrentabilität solcher Regiebetriebe, für die zwangsläufig die Steuer zahler einzutreten haben. Nur zu oft ist an die Stelle wirtschaftlicher Beurteilung und Entscheidung zum Scha den der Allgemeinheit die nurpoliti>che Entscheidung ge treten. Auf ein Musterbeispiel besonderer Art machen die L. N. N. aufmerksam, auf die Westfalenhalle in Dort mund: von 4 Millionen Mark Aktienkapital sind 3!4 Millionen Mark in städtischem Besitz. Im letzten Jahre ist ein Fehlbetrag von 400 000 Mark zu buchen, der selbst verständlich zu Lasten der Steuerzahler geht. Und wofür? Für Radrennen, Box- und Ringkümpfe und ähnliche Kulturerrungenschaften? Dazu ein bescheidenes Muster beispiel. Ein anderer lehrreicher Fall ist folgender: Zwei annähernd gleichgroße sächsische Mittelstädte haben in ihrem Stadtgebiet einen Kraftomnibusverkehr eingerich tet: Freiberg in Regiebetrieb. Erfolg: 30000 Mark Defizit. Bautzen dagegen konzessichiiert ein Privat unternehmen. Erfolg: Eine Pachteinnahme von jährlich 5000 Mark und daneben ein gesundes Verkehrsunter nehmen. Selbstverständlich kann man solche Dinge nicht etwa durch die Beseitigung aller Gemeindeparlamente schlecht hin, woran im Ernst auch niemand denkt, aus der Welt schaffen. .Pas hieße das Kind mit dem Bade ausschütten. Aber an 8er bisherigen Ordnung der Dinge bleibt doch so vieles reformbedürftig, daß man allen Grund hätte, diese starke Stellung zugunsten eines neuen internationalen Insv« tnts anszugeben. Berlin. IS. März. Dr. Schacht, der ursprünglich gestern wieder nach Pari« zurückrelsen wollte, hat seine Abreise um einen Tag oer» schoben. « Die Ansicht, daß die Verhandlungen nach Berlin verlegt werden müßten, erscheint wohl begründet. Berlin würde Dank der Möglichkeit, praktische Prüfungen zu den umstrittenen Fragen anzustellen, sür erfolgreiches Weiterverhandeln viel ge eigneter sein als Paris. Leider muß man aber erwarten, daß der Vorschlag, einen Ortswechsel vorzunchmen, auf starke« Widerspruch bei anderen Delegationen stoßen wird. Dawes Bolschasler in London? Washington, 13- März. In hiesigen gut unterrichteten Kreisen heißt es, die Ernen nung des Generals Dawes zm» nächsten amerikanischen Bot schafter in London werde erwogen. Eine offizielle Be stätigung der Nachricht liegt noch nicht vor. Präsident Hoover wird keine diplomatischen Ernennungen vornehmen, che der neue Staatssekretär Henry Stimson in Washington emgetrossen.ist, jva» gegen Ende dies Monats geschehen dürste. Annahme -es englischen Keeresekaks? Mariiicabriistitngökvtifrrcnz ln Genf. London, 13. März. Das Unter'haus nahm gestern abend den Hccresetat an. Zu vor warf ein Vertreter der Arbeiterpartei die Frage der Rhein- lau d b e s e tz u n g auf. Der Fluanzsekretär des Kriegsamtes, Duff Cooper, erwiderte, dies sei keine militärische, sondern eine außen politische Frage und wies daraufhin, daß es die Politik der briti schen Regierung sei, die Truppen so bald wie möglich zurück zuziehen. Paris, 13. März. Das Echo de Paris glaubt berichten zu können, daß sich Briand und Sir Austen Ehambcrlain grundsätzlich über de» Zu sammentritt einer Konferenz von Vertretern der fünf großen Seo- mächte um den 15. Juni in Genf verständigt hätten, die die Frag« der Beschränkung der Secrüsiungen zum Vcrhandlungsgcgcnstand haben würde. Fragen mit"in die Erörterung der Berwaltungsreform einzubeziehen. Wir erkennen die Gründe gern an. die die Regierung bei ihrer Vorlage an den Landtag geleitet haben, alle politischen Streitfragen vorläufig zurückzu« stellen. Aber ans der anderen Seite muß mau feststellen, daß sich grade sozialistische Mütter über die Unzulüng» lichkeit der Regierungsvorlage lustig machen, weil sie von ihr greifbare finanzielle Erleichterungen überhaupt nicht erwarten. Dieselbe Sozialdemokratie aber ist es auch wieder, die hinter jedem Vorschlag zur Verwoltungs- refarm sofort die politische „Reaktion" wittert. In wie« viel stärkerem Bloße als bisher würde die sozialdemokra tische Opposition einsetzen, wenn man erueut eine Re form der Sächsischen Gemeindeordiiung. die aus dem wenig verheißungsvollen Jahr 1923 stammt, in den Kreis der Erörterungen ziehen wollte. Die Schwierigkeiten, die sich hier entgcgenstellen, unterschätzen wir in keiner Weise. Wir sind aber gleichwohl der Auffassung, daß man unbeschadet aller parteipolitischen und agitatorischen Sonderwünsche das Problem der Berwaltungsreform in seiner ganzen Größe aufrollen muß. wenn mau nicht bet belanglosen peripherischen „Verbesserungen" stehen bleu den soll. Wenn alles, was an das Politische grenzt, zu sammen mit der Berwaltungsreform nicht einmal ge« nannt werden dürfte, dann müßte man allerdings alle, Hoffnungen auf einen ganzen Erfolg der Reform, dee sich in einer Entlastung der Steuerzahler auswirkl. zu. Grabe tragen. In der jetzigen Gesetzesvorlage der sächsisäym Re gierung können wir beim besten Willen nickt mehr als einen schwachen Ansatz zur Inangriffnahme des großen Problems erblicken, einen Talbewels des guten Willens, dem aber die mutige Inangriffnahme der Hauptarbeit erst noch wird folgen müssen, denn es wird niemand geben, der mit der Annahme dieses Gesetzes die Verwal tungsreform in Sachsen beendet glaubt. Daher wird die, Erörterung weitergrhen und weitergehen müssen.