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Sächsische Volkszeitung : 25.02.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192802256
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19280225
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19280225
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-02
- Tag 1928-02-25
-
Monat
1928-02
-
Jahr
1928
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 25.02.1928
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' Wieder im Gleichgewicht Das eigenartige Spiel -er Koalition — Dresden. 24. Februar 1928. Der Landtag »ahm gestern zunächst — die Abstimmung vom DienStcig nachholcnd — das P o l i z e i b ea in t e n g e s e tz gegen die Simme» der Sozialdemokraten und Kommunisten a n. Die Minder- heilSmilräge hierzu wurden abgelchnt. Auf eine sozialistische An frage tu» gab die Regierung durch Ministerialdirektor Edelmann eine Eckläruug ab, hast ibr von einer Vereinbarung über di« Ge- wäiirung eines weiteren M i e t sa n t e i l c s an die Hausbe sitzer nichts bekannt sei. Eine Mietsstcigcrung sei nickt geplant. Da die Hauseigentümer nach dem Gesetz über den GctdentwcrtungS- an-gicich bei bebauten Grundstücken aus deren Erträgnisse» volle Ver zinsung der aufgewertcten Hypotheken verlangen könnten, werde die Regierung prüfen, ob dem noch nicht voll Rechnung getragen werde und gegebenenfalls, inwieweit Abhilfe geschaffen werden könne. Eine Eimchriinkung des Wohnungsbaues komme dabei nicht in Frage. Diese etnxrs sphinrartige Erklärung nannte der Abgeordnete Ren ner (Komm.) einen Späh, während der Abgeordnete Entcrlein (Wiriscbaitsp.) die Forderung seiner Partei auf Erhölmng des Haus- besitzerauteils an der Miete um 41t- Prozent begründete und dabei den klassischen Satz sprach, es sei Sache der Negierung, wie sie die erforderlichen 4X- Prozent zu decken gedenke. Danach könnte man meinen, die Wirtschaslspartei gebäre zu den Oppositionsparteien. Je denfalls zeigte die Regierungserklärung, das; ein Ausgleich innerhalb der Koaiitionsparteien in dieser Frage noch nicht gefunden ist. Auf eine starke Opposition fliest die Wirtschaftspartei auch mit einen, anderen Antrag, der die Herabsetzung der Auf wandsentschädigung der Landtagsabgcordnetcn bo» 000 Mark aus 495 Mark für die in Dresden wohnende» Abge ordneten und auf 557 Mk. für die anderen festznsehcn. Abg. Wilhelm sWirisch.) stellte dabei fest, das, sein Vorschlag, eine Ersparnis von 15 0 000 Mark bringen würde. Nur zu recht batte er allerdings an! der Bemerkung, die Linke könne noch viel mehr sparen, wenn ihre Abaeoröuelcn nicht so viel reden würden. Die Drucklegung der Reden erfordere für jode Sitzung 1000 bis 1200 Mark. Nachdem bereits der Ausschust Ablehnung des Antrages beantrag, baOc, schlost sich auch das Plenum der Ablehw">g a-. Gegen den Antrag stmnnlcn Kommunisten, Sozialdemokraten, Altsozialistcn und Deiiwkialcn. Während der Beratung des Antrages taten sich die Konmmnisten durch fortgesetzte laute Zwischenrufe hervor, sodast sich »cr Präsident zu der Drohung mit Ausschluß von der Sitzung veran laßt sab. Dast man die Sondcrlänze einzelner Regie rungsparteien im Plenum und seiner Umgebung augenblick lich noch nicht allzu ernst zu nehmen hat, beweist mit besoudcrer Deut lichkeit der Rückzieher, den die demo kratische Fraktion beim S et, u l ä »d c r» u g s g c s e tz machte. Am Mittwoch iw Ausschust st.lllc sie hciauullich »och einen Aulrag aus Herabsetzung der Pflrcht- stundcnzakl, der mit Hilfe der oppositionellen Lanken Anna>-mc fand. In der gcsirigeg» Silmiig aber erklärte der Abg. Dr. Sehfcrt (Dem), seine Po.rtei könne den genannten Antrag nicht aufrecht er kalten. „da die Verhältnisse stärker feien'''. Sie verlange daher setz! das Lebensjahr als die Altersgrenze, an der die Verminderung der Püi bRuudeuzahl eimctze. Das Schuländcr»»gSoeü-tz iöuuc nur cm >, i-orüluiacheudcu Zustand schaffe» Die Demokraten haben cs also doch nicht gewagt, im Plenum — was au sich möglich gewesen untre zusammen mit Komm »niste» und Sozialdemokraten das Sihninttdcrungsgcscli in ihrem Sinne z» verabschiede», da i» diesen, Falle die schleichende Regierungskrise in ein sehr ntntes Stadium getreten wäre. Io ergab die Abstimmung A b l e H n u » g d e r M i n- d e r b e i t S a » l r ä g c, wobei sich die Demokraten zum Teil spalie- !e», und Annahme des Ahänderungsantrages der Demokraten, der mimnehr bis zinn 45. Lebensjahre lstait 40) 50 Wochenpslichtlei- stnngcn vorsieht. Das gesamte Gesetz ist damit angcnom m e n. Schon seit längerer Zeit sind Anträge von Kleinbauern, di? in der Nachbarschaft von Staatsgütern wohnen, auf Pachtung oder Kauf von Land vom Staate zur Vervollständigung ihrer Wirt- sch'.üeii bei», Ministerium ciugegangen. Die Kommunisten (Antrag Böttcher) verlangten Abgabe von Land der Staatsgüter an die be nachbarten Kleinbauern, eine ganz sonderbare Umkehrung der Ver- sto.miichungspolitik. lind noch eigenartiger war cs, das, sich ein Ver treter der „kapitaüsti-'chcn" Regierung zum Anwalt der sächsischen Staatsgüter mache» mußte, und der Behauptung widersprach, dast noch kein Bauer solches Land erhalten bitzte. Jede»- einzelne Die Demokralen wieder bet -er Skanqe Fall werde eingehend geprüft. Nur in solchen Fällen, wo die Berück sichtigung solcher Anträge mit de» wirtschaftlichen Interessen der Staatsgüter nicht in Einklang stehe, seien sie abgelchnt worden. Der kommunistische Antrag ging schließlich an einen Ausschuß. In die sem Zusammenhang wurde auch zum zweiten Male über den Antrag Böttcher (Komin ), die Notlage der werktätigen Bauern betreffend, sowie den Antrag Schreiber (Dual.) übeer die Notstandsmaß nahmen für die Landwirtschaft verhandelt. Beide Anträge wurden nach kurze»- Begründung abgelchnt. weil sie durch die RegierungS- uiaßnahmen vom Januar erledigt sind. Abg. Böttcher (Komm.) stellte eine Anfrage wegen der Nichwnrchführung von Landtagsbcschlüssen über die Lebensmit - telzölle. In der bürgerlichen Presse sei Sie Meldung verbreitet worden, daß die sächsische Regierung den Beschlüssen des Landtages in der Zollfcage nicht Nachkommen werde. Ein Regiernngsvcrtrcicr erklärte hierzu, die Regierung stehe dieser Pressenotiz völlig fern; sic tmbe über ihre Stellungnahme zu jenen Landiagsbeschlüssc» der Presse keinerlei Mitteilungen zugchen lasse». Nachdem die fraglichen An träge im Landtage eine Mehrheit erlangt hätten, sei die Regierung den Beschlüsse» nachgekomm « n und habe sic zur Kenntnis der NcichSrcgierung gebracht. Die weiteren Punkte wurden von der heutige» Tagesordnung abgcsetzt. Die nächste Woche bleibt sihungsfrei. damit die Abge ordneten Gelegenheit haben, sich eingehend mit den, am Sonnabend Dresden, 24. Februar. Die Tagesordnung des Stadtparlamentes sieht meist furchtbar nüchtern und sachlich aus. Und ivenn dann im Plenum nicht ab und zu ein kommunistischer Redner der sozial demokratischen Bruderpartei einen derben Knochen hinwirjt soder umgekehrt), so würden auch die Sitzungen des Plenums ihrer Sachlichkeit und Nüchternheit wegen aus der Liste der äfscnilichen und noch dazu völlig kostenlosen Vergnügungen ver schwinden. Da das Letztere die Kommunisten offenbar nicht wünschen, haben sie eine sehr brauchbare Methode, die allge meine Aufmerksamkeit auf das Rathaus zu lenken: Sie machen Krach. Eines besondere» Anlasses hierzu bedarf es nicht. Das zeigte die gestrige Sitzung. Beihilfen für Schulwanderungen, Kurze Anfragen, Holz- haussiedelung Prohlis, Errichtung einer SIraßenbahnivartehalie und Bedürfnisanalt, einmalige Kriesenbeihil'fe, Verein zur För derung gymnastischer Körperbildung. Umbenennung der Pslege- vereine in Fürsorgebezirke. Verlegung und Erweiterung der städtischen Kinderheimat, Maler- und Anstricharbeiten im Min ier, Verein Volkshochschule Dresden, und wie es weiter heißt, das alles sind Themen, die als ständiges Repertoire zur Stadt- vcrordnetcnsitzung gehöre», wie etwa der Schwan zur Oper „Lolzengrin". Sie reizen nicht einmal mehr die kommunistischen Größen z» Propagandaredcn, viel weniger die große Oessent- lichkcit. Im Protokoll steht dahinter, auch gewöhnlich nur: Ohne Debatte erledigt! Bewegung kommt in die Köpfe gewöhnlich erst bei der Rubrik: Anträge. Denn irgend jemand muß ja für die An träge angebliches Interesse haben: sonst rvären nämlich keine da! Aber auch hier selten etwas Neues, immer die alten Sor gen und die allen Bekannten: Tariflohn bei Schulspeisungen, die Arbeitszeit der Straßenbahner, Geschäftsordnungsdebatten, lebhafte Unruhen, und wie die Dinge alle heißen. Also auch der schöne Nahmen von nah gesehen, voll Müh' und eitel Stück werk! Wie sollte cs schließlich auch anders sein. Grau ist heule weniger die Theorie — die Rollen haben geivechselt —, sondern ,des Le >ns goldener Baum". Wers noch nicht glaubt, bemühe sich ins RaiiMis, 3, Stock. Tribüne rechts. zur Ausgabe gelangenden Etat besonnt zu machen — Nächste Sitzung Dienstag, den 6. März, vormittags 11 Uhr: Etat- rede des F i na n z in i n i st c r L, Schluß 7.45 Ubr. Schwierigkeiten in Layern wegen der Vesoltzungsvoriage Der Bauernbund gegen Gehaltserhöhung der oberen Beamte», München, 22, Februar. Die neue Vesolduugsvorlage der bayerischen Regierung liegt bereis fertig nor Der M' 0-- "resident ><-g> jedoch Wert darauf, sich vor der Beratung im Landtag die grundsätzliche Zustimmung der Koalitionsparteien des Landtages zu dem Entwurf zu sichern. Zu diesem Zweck fand bereits in der vorigen Woche eine Koalitionsbesprechung statt, wobei jedoch der Bayerische Bauernbund und Mittelstandsbund Bedenken gegen die Regierungsvorlage erhob, soweit es sich um die Ausbesserung der Gehälter für die oberen Beamten handelt. Er will die Regierungsvorlage nur hinsichtlich der Neuregelung der Gehälter bis zur Gruvve X anerkennen, während er die über diese Gruppe hinausgehende Besoldungserhohung ablehnt. Für die Gehälter über die Gruppe X hinaus soll es bei der bisherigen Besoldungs- rcgelung belassen bleiben. Von der Regierung wurde dem gegenüber geltend gemacht, daß man für die Beamten nicht zweierlei Recht schassen könne. Auch in der am Mittwoch nach mittag stattgefundenen Koalitionsbesprechung konnte ein« Einigung nicht erzielt werden, so daß die Verhandlung«» zunächst vertagt wurden Und doch ist gestern auch Wichtiges verhandelt worden. Ein russischer Emigrant (Weißgardist! hat in Dresdner Schulen Vorträge gehalten. Die Kommunisten verlangen Auskunst darüber, wer die Genehmigung gegeben habe, sowie Unter bindung derartiger antibolsck-ewistischer Propaganda". — Der Vcrivaltungsrat der Straßenbahn hat beschlossen, die Be amten und das Tarifpersonal bei der Festsetzung der A rbeits- zeit gleichmäßig zu behandeln, die tägliche Arbeitszeit auf 8 Stunden 30 Minuten einschließlich der Vorbereitungs- und Wendezeiten sestzusetzcn und darüber hinaus eine Vorlage vor zubereiten, die durch Aendcrung der Wendezeitcn und even tuelle Beseitigung der Vorbereitungs- und Abschlußdienst leistungen eine weitere Verkürzung der Arbeitszeit bringt. Man beschließt nach längerer Aussprache zustimmenü von dieser Stellungnahme Kenntnis zu nehmen: weiterhin aber bei Ein führung des Sommcrsahrplancs den Achtstundentag durchzu- führe», und dem Tarifpersonal de» entstehenden Lohnausfall zu vergüten. Ein Mindcrheitsgutachien wurde abgelehnt Eine längere Aussprache entspann sich um die Frage der Erhöhung der Unterstützungssätze beim Fürsorgeamt. Rat und Stadtverordnete waren hier nicht einig geworden. Man be schloß, in diesem Falle die Gemeindekammer nicht anzurufcn, jedoch ab 1. April 1928 die Fürsorgesätze nach dem Einigungs- Vorschlag in Kraft treten zu lassen. Ferner verlangten die Kommunisten, anscheinend nach dem Leipziger Vorbild, Aushebung der Lockerungs Ver ordnung für gewerbliche Räume auch für Dres den. Stv. Ullrich (Wirtsch.) wandte sich dagegen und bezeich net« es als verwunderlich, daß sich die kommunistisch« Fraktion für Mieter einsetz«, die über 220N Mk. Miete zahlen. Zu diesem Punkte erteilte der Borsteher auch dem Stv. Paul (Hansbes.s das Wort. Sofort lebhafte Unruhe bei den Kommunisten. Man erinnerte sich an einen „Schwur" der Kommunisten, den Stv. Paul eines Zwischenrufes wegen nicht mehr zu Worte kommen zu lassen bis er seine Aeußerung („oder ein Kommunist") zu- rückgenominen habe. Gestern war nun der Tag der Rache. Der Tumult wurde ba'd so stark, daß die Sitzung unterbroclgm werden mußte. Auch nach der Wiederaufnahme der Sitzung Tumuü im Rathaus Wie -ie Kommunisten im Dresdner Sta-iparlamenk für „Anregung" sorgen - Die „Rhabarberszene" un- Abbruch -er Sitzung wegen Tumuttes Sonnentage am Bosporus Plaudereien über meine Fahrt nach Konstantinopel von Kurt Stricgler. I. Im Flugzeug zum Goldene» Horn. Konstantinopel ist seit meiner Kindheit der Inbegriff eines wundersame,i Märchens gewesen. Die Geschichte erzählte von scho ne» Poesien, von kulturellen Heiligtümern, von üppiger orientali scher Pracht, von furchtbaren Kriegen und Schrecknissen, von herrischen LuiiaiiS, von kerkcrhaftcn Harems und von den Entsagungen und der Armut des durch viele Jahrtausende unterdrückten Nol'es. Dies alles bildete sich in mir zusammen in dem Märchenbcgriff „Konstanti- nopci". Der Eledanke, das Land jemals zu sehen, erschien mir immer nur als ein unerfüllbarer Wunsch. Ich irmr deshalb überglücklich, als die Einladung an mich erging, einige Wochen als Gast der Stadt- pnüekiur in Konstantinopel zu verweilen, um mein Werk „Türk Jsiiür", welches ich der starken Persönlichkeit Mustafa Keniat Pascha »ns der ganzen türkische» Nation gewidmet habe, dort zu dirigieren. Meine dienstlichen Verpflichtungen gingen auch so einzurichicn, daß ich der Einladung Folge leisten konnte. Um rechtzeitig dort zu sein, musile ich von Bukarest aus das Flugzeug benutzen. Das erste Mal in mcincm Lebe» in einem Flugzeug und »och dazu in fremdem Lande! Ich muß gestehen daß mir dieser Gedanke ctivas Unbehagen bereitete. Auch die Tatsache, daß mir niemand genau« Auskunft be treffs Mitnahme des Gepäcks und des Gesamtgewichts geben konnte, bcnnrn'-igte wich ctivaS. Ais jedoch die Formalitäten und die Frage des Uebergcwichies des Gepäcks (ich selbst wuvde Gott sei Dank nicht gewogen) erledigt nx,re» und ich vor der Flugmaschine stand, da war jedes Unbehagen gc'chwniidcn. und ich konnte das Erlebnis meines ersten Fluges kam» erwarten. Endlich durfte ich die Leiter ersteigen und konnte mich a's einziger Fahrgast elegant auf meinen Sitz neben dem Piloicn hinabgleitcn lassen. Als wir uns i» ungefähr 300 Meter Höbe besande», sandte ich den letzten Gruß der nüchternen Erde zu, indem der Wind meine Kopfbedeckung nahm und sie in wundervoller Kurve hinabgleitcn ließ. Bald stiegen wir bis auf 1000 Meter Höhe lind flogen bei ideal schönem Wetter dem Schwarzen Meere zu. Das Gefühl des Erdenentrücktseins ist unbeschreiblich! Mt vollen Zügen sog ich die ungebundene Freiheit in mich auf urrd ließ den gierigen Blick sich an der unendlichen Weite satt sehen. Nach zweistündiger Fahrt machten wir In der Nähe des bul garischen Städtchens . Burgas" am Schwarzen Meere eine Zwischen landung um neues Benzin aufziinehmc». Diese unprogrammäßrge Unterbrechung erweckte in mir zuerst ctivas Groll, da mir das baldige Erreichen meines Zieles wichtiger erschien als das Speisen unseres Vogels mit Benzin. Jedoch ließ sich der Pilot nicht aus der Ruhe bringen und bedeutete mir, daß wir de» Flug nach Konstantinopel erst nach zwei Stunden weiter sortsche» könnten. Nun ergab ich mich in mein Schicksal und versuchte, mir durch einen kleinen Spaziergang über die bulgarische Steppe und an der Küste des Schwarzen Mee res die Zeit zu vertreiben. Nach der frischen Luft in windiger Höhe erschien cs mir, als wenn die Erde, von den Sonnenstrahlen versengt, kochte. Ein kleiner Imbiß von einem Stück harter Salamimurst, etrvaS trockenem Brot und einem Gläschen Wein stärkte uns, bevor wir uns zun, Weiterflug erboben. In ständiger Steigung, hindurch durch sagende Wolkenbildungen, die den Ausblick für kurze Zeit un möglich machten, ging es bis zu einer Höhe von 2600 Meier. Der Blick war unglaublich herrlich! Zur Rechten das Gebirge vom Bal kan. zur Linken das leicht brandende Schwarze Meer mit den un zählige» silbern uingrenzlen Einbuchiungcn, kleine Dörfer im Um kreis, wie durch eine» Spülkasten von Kinderhand aufgebaut, lang- gezogene Arme von fast auSgctrocknetc» Flüssen, große weidende Herden von Schafen und Rindern! So ging es über Rumelicn und Thrazien hinweg zum hell b!i„kendc» Marmarameer. Endlich er blickte ich i» weiter Ferne Konstantinopel. Ganz gefangen von dem Zauber diewr Erscheinung merkte ich, fast nicht, daß wir schon wie der auf 500 Meter Höhe herabgesticgcn >varen und zur Landung auf dem weit von der Stadt entfernt tilgenden Flugplatz S. Stefano schritten. In weiten Kurven, das Flugzeug ganz seitlich gerichtet, erreichten wir wieder Erdnähe, mütterliche Wärme strahlte uns ent gegen und nahm »ns wieder freundlich in ikr« Arme. Klopfenden Herzens, den Boden mcincs heiß ersehnten Zieles betretend, wurde ich von Behörde» der Stadt Konstantinopel begeistert empfangen und begrüßt. Nur eines beeinträchtigte meine Freude und das Genießen der neuen Eindrücke: Ich war von dem Höllenspektakel des Propellers fast taub geworden. Die menschlichen Stimmen erklangen mir wie aus weiter Ferne, und ich war unglücklich, den vielen Fragen, die nun an mich gcrichies wurden, nur mit größter Anstrengung folgen z» könne». Fast drei Tag« litt ich unter den Folgeerscheinungen meines ersten Fluges und zürnte allen denen, die mich in bezug auf Ausrüstung so schlecht beraten hat'en. Auf holperigen Straßen, riesige Staubwolken hintcrlasseiid, brachte uns das Alugauto »ach Konstantinopel. Als ich nun von nahe da? bezaubernde Panorama von Kon stantinopel bewundern konnte, glaubte ich das ganze Märchen mei ner Kindcrzeit in Wirklichkeit erstehen zu sehe». Der Anblick ist überirdisch schön! Die Stadt liegt am Berge amphitbcalralisck ans. gebaut. Die vielen Hnndcrie von Moscheen mit ihren Kuppeln und Minaretts, manchmal koch auf de». Berge wie gewaltige Gottheiten gebieterisch thronend, daun wieder durchscheinende Wolkenkratzer w'» Kobolde durchblickend, geben diesem Panorama diese einzigartige ' zaubernde Stimmung. Da ragen schlanke Obelisken zwischen nied rigen Holzhäusern empor, dort prangen am 1Uer weiße langgezo gene Marmorpakäste. Dazu das herrlich blinkende Wasser des Bos porus und des Marmaramcercs, der imposanic Anblick auf das Gol dene Horn, im Hase» die Ozcanricsen der Handclssiotlc aller Na tionen, ein Bild reicher Arbeit und voll pulsierenden Lebens der Industrie und des Handels, dazwischen mnähligc schaukelnde kleine Kanocs von obstandelnden Türken und geschmeidige Booie, die ver führerisch zu einer Bcrgnügnngstahrt einladen! Dazu das bunt« Durcheinander von geschäftigen Männer» und schreienden Kindern, das Gemisch von aktorientalischer »nd curopäi'ch-moderiier Kleidung der Frauen, der riesenhafte Verkehr in den engen Straßen, alles das ist das Märchen: Konstantinopel. Auch die herrliche Umgebung der Stadt trägt zu diesem Mär- eben mit bei Zuerst der Bosporus, der mit der ewig kochende» Un ruhe seines lebendigen Wassers die natürliche Grenze bildet zwischen Asien und Europa. Auf der asiatischen Seite bieten die alte Tür kenstadt Skutari nick kleine türkische Fischerdörfer und starke Be- fcstigungswcrkc ans den Snltanszeiten des 15. Jahrhunderts reiche Abwechslungen und reizvolle, überraschende Veränderungen des Panoramas. Aus der europäischen Seile gebe» die Marmorpaläste des Glmzi, des Präsidenten der türkischen Republik und viele andere Paläste vergangener glanzvoller Kullurepochc». Sominervaiciste der Minister und ausländischen Botschaften, schön angelegte Sommerfri schen mit herlichen Badegelegenheiten dem User ein direkt prunkvolles Aussehen. Ein Schmuckstück der Natur ist der in Therapia gelegene Som- mersitz der deutschen Botschaft Ick, hatte das Vergnügen, an einen, Nachmittage die Gesellschaft der Botschastersamilic Nadolni zu ge-
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