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«»»««er 2« — 27. Jahrgang scheint «mal wöchentt. «Il de» tllusie. »ratt»veUag«n .Dl« und .Für unser« kleinen Leute', sowie de» Ter»d«ilage>> Peniw.BlaU', .Unler-aitimg und Visse»'. .Dt» Well der «ra»', »Nerzllicher Ratgeber'. .Da» gute Buch' .Fttinrund- schau'. Monatlicher B«-ug»pe«l» S Mt. einschl. Bestellgeld. Iluzelnummer IV Sonnabend- u. Sonntagnumnier !tv Z- H-uptlchrllNeller- Dr. w. DeSczy». Dresden. Sächsische Mittwoch» den 1. Februar 1921 Dreldeu «»Preis«, Die Igetpalteiie V«IU,-.t« !»V Z.^amUt»,»- an,eigen und Stelle,,geiuche j»l> Z. Die PelitreklamtjrUch W Millimeter breit. 1 vsserlengebühr it« Z Im jsall« höherer lSewalt erlischt sed« Berpslichtung aus Lieserung lo»t« irrsülluiig v. An,eigen-Rusträgen u. Leistung v. Schadencrmtz, i-eschLsllicher Teil: Artur Lenz, Dresden. tSeschüst-ftell«, Druik».«erlas- «ermanta. t»r Verlag und Drnrkerei.Filiale Dresden.Dresden-«, l. PoiierslrnbeN. Femruti!l0t2. Postscheck,onto Dresden r7al. Bankkonto Etadtbank Dresden Rr. 0l7l» Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen «olk»»ettuna TreSden-Ultsladl 1. Polierslratze 17. und 21012. Fernrui Ein Jahr Außenpolitik Dr. Slresemanns Elalsrebe — Die Aheinlandfrage Deriin, W. Januar. Der Reichst»,, begann heute die Beratung des Haushalts des Auswärtigen Amtes Rach denn vom Abg. Hoetzsch (Dn.) erstatteten Bericht über die Ausschustverha-ndlungen erhielt der Reichsaustenminister das Wort. Dr. Stresemann drückt zunächst seine Freude darüber aus. dast alle Parteien sich für die Erhebung der Eesandschaften in Chile und Argentinien zu Botschaften ausgesprochen habe». Die Reichsregicrung hat in der vergangene» Woche dem Völker bund in einer Denkschrift ihre Bemerkungen zur Suherheits- und Abriistungssrage mitgeteilt. Schon in de» Genfer Verhand lungen habe ich betont, dast Deutschland bereit ist, an den Arbeiten des Sicherheltskomttees tätig mitzuwirken. Die setzt nach Prag übersandte Denkschrift der Reichsregiernng erbringt den Beweis dafür, dast cs uns mit dieser Zusicherung e r n st ist. Dabei must iniiner wieder be tont werden, dast bisher kein Staat mehr oder auch nur ebenso viel zur Lösung der Sicherheitsfragc beigetraqen hat wie Deutsch land. Wir sind abgerüstet, wir haben die Lo carno-Verträge abgeschlossen, wir haben uns durch die Zeichnung der Fakultiv-Klausel allgemein für sämtliche inter nationalen Konflikte rechtlicher Art der Gerichtsbarkeit des Haager Weltgerichtshoses unterworfen und wir haben ein jetzt nahe.;» lückenloses Retz von Schiedsgerichts- und Vergleichs certrägen geschafft- Unsere neue Denkschrift ,zeigt, in welcher Weise auf diesem Rebiete von allen Staaten praktische und nützlich« Arbeit ge leistet werden kann. Es ist eine Binsenwahrheit, dast eine reale Varantie für die Beseitigung des Krieges nur dadurch geschaffen ivcrden kann, dast für alle in der lebendigen Entwicklnna der Völker naturnotwendia hervortretendsnen Differenzen ein Ver fahren friedlichen Ausgleichs gesunden wird. Und es ist ebenso „'ne Binsenwahrheit, dost der Völkerbund den Zweck der fried lichen Zusammenfassung aller Staaten im Ernstfall nicht mehr kifüllen kann, wenn ein einheitliches Vorgehen durch Spaltung "einer Mitglieder in entgegengesetzte Gruppen unterbunden wird Schon rein psychologisch würde eine groste Kesnhr darin siegen, wenn in der Oefsentlichkeit auch nur der Anschein erweckt würde, als ob es sich weniger um die Sicherung des Friedens als nm die unmittelbare Vorbereitung des nächsten Krieges handelte. Man darf nicht versuchen, die Sicherheit eines ein zelnen Staates oder einzelner Staatengruppen auf Kosten an- k>erer Staaten zu begründen Das Sicherheitsproblem ist nur io zu lösen, dast die gesuchte Regelung de» Interessen sämtlicher Staaten glcichmästig Rechnung trägt. Deutschland ist im be sonderen Maste berechtigt, für diese Grundgedanken einzutreten, da cs angesichts seiner geographischen Lage und seiner völligen Entwaffnung das allergrößte Interesse daran hat, die Mittel Kloster Gemalt aus der internationalen Politik ausgeschaltet zu iehen. Ich kann behaupten, dast sich in dieser Hinsicht diedeut - chen Interessen vollständig mit den solidari schen Interessen Europas decken. I» austenhandrlspolitischer Beziehung »oben wir bemerkenswerte Fortschritte gemacht. Mr haben in dischen, um nur die wichtigeren zu nennen, Handelsver träge mit Frankreich, Japan und Jugoslawien rbgeschlosscn. Ich möchte besonders di« Bedeutung des Handelsvertrags mit Frankreich Kcrvvrheben. Es A dies der erste Handelsvertrag, den Deutsch land überhaupt jemals mit Frankreich av- , «schlossen hat. Daraus ergaben sich die besonderen Schwierigkeiten, die bei diesen Verhandlungen zu überwinden varen. Di« Tatsache, dast die Weltwirtschaftskonserenz im Frühjahr vorigen Jahres Richtlinien für eine freiere Gestaltung xs internationalen Handels ausgestellt und den Regierungen mipsohlcn hat, hat unverkennbar dazu bcigetragen. diese Schwierigkeiten zu überwinden. Wir befinden uns jetzt im dritten Abschnitt unserer Handelsvertraosvechandlungen, in dem tlnsere Wirtschaftsbeziehungen zu dem Osten geregelt >»«rd«n nüsien. Auch diese Länder zeigen unter sich vielfach gleich« wirtschaftliche Voraussetzungen, insbesondere sind es hier gewisse landwirtschaftlich« Fragen, die Schwierigkeiten bie ten. Es wird hier unser« Aufgabe lein, einen erträglichen Aus- »leich zwischen unseren eigenen Bedürfnissen und der Not wendigkeit nuferer Wirtschaftsbeziehungen mit den östlichen Län- >crn auf ein« stabilere Grundlage zu stellen. Es wird dabei klitfgabe der Reichsregicrung sein, unserer Landwirtschaft den Schutz zu lasten, den die Rücksicht auf die Stärkung des inneren Marktes und die gegenwärtige Notlage der deutschen üandwirtschoft erfordert, andererseits must auch erwartet wer den, dast nicht durch Uebertreibungen eine Erregung in die be teiligten Kreise getragen wird, di« ihren eigenen wohlverstande nen Inlcresten nicht dienen kann Mit Rustland stehen wir mr neuen Besprechungen. Es liegt auf der Hand, und es ist keim Nbschlust des deutsch-russischen Handelsvertrages von k iden Seiten auch nicht anders erwartet worden, dast bei diesem ersten Versuch eines Ausgleiches zwischen zwei verschiedenen Wirtschaftssystemen eine endgültig« Losung nicht sofort erreicht werden konnte. Wir werden uns auch weiter aktiv an den Ar beiten beteiligen, die der Völkerbund auf wirtschaftlichem l-'ebiete in Angriff genommen hat, Deutschland hat als erstes bind das internationale Abkommen über di« Aufhebung der Ein- und Ausfuhrverbote unterzeichnet. Wir fördern mit unserer Initiative und Mitarbeit alle Bestrebungen des Völker bundes, die auf eine Vereinfachung und Ermäßigung der Zolltarife und auf eine Verbesterung der Handelsverträge rerisbtet lind. Während der Anwesenheit des litauischen Ministerpräsi denten Wolde maras in Berlin haben zwischen ihm und mir Besprechungen stattgesundeii. die eine weitt-ehende Ueberein- stimmnng unserer Ansichten ergaben. Das Ergebnis ist der Abschluh eines Schiedsgerichts- und Ausgleichsvertrags und verschiedener techmslher Verträge. Auch über die Verhält nisse im Mcmelgebict und über die dort verbliebenen deutschen Ovtanten ist ein« befriedigende Regelung erzielt worden. A^nn es richtig ist, wie di-- Presse berichtet, dast einige polnische Zeitungen eine gewiss« Nervosität und ein Misstraue» Berlin gepflogenen Behandlungen zum Ausdruck gebracht haben, so wäre dies völlig unberechtigt. So wie Deutschland bei den Verhandlungen in Genf alles getan hat. um Nil eine Beseitigung der zwischen Polen und Litauen bestehende» Spannungen und Differenzen hinziuoirken, so ist es selbstoer- ,ländlich, dast es die aus der Initiative des litauischen Minister präsidenten heroorgegangenen Besprechungen in Berlin begrüßt und in dem angegebenen Sinne zur Erledigung wichtiger Fragen, die zwischen Litauen und Deutschland bestehen, be nutzt hat. Was uinser Verhältnis zu Polen betrifft, so ist die Leidensgeschichte der polnischen Handelsvertragsverhandlungen bekannt. In, Juli v. I. ist di« N i ed er la ss u n g s f r ag e geklärt worden. In den daran a»schlisstenden Wirtschaftsver- handlungen ist von uns in einem Protokoll das Ausmast der wirtschaftlichen Konzessionen auch auf dem Gebiete der Land- wirlfthaft festgelegt worden. Diese Festlegung entsprach einem einmütigen Beschlust des Eesamtkabinetts. Ich must «s deshalb inrückweisen, wenn in einem Aufsatz des Pommerschen Land bundes und in der »Deutschen Tageszeitung" gesagt wird dast Ae Hemmungen gegenüber dem Schutz der Landwirtschaft vom Auswärtigen Amt ausgeh«», (lebh. hört! hört! links) und wrnv i» den Entschließungen des Landbunde» gesagt wird, man werl» nicht dulden, dast überhaupt ein Handelsvertrag mit Polen zu stande kommt (hört! hört! links). Ein Handelsvertrag ist nicht ein Gesck)enk, das ein Staat dein andern gibt. Wir sind nicht in der Lage, uns ein« wirtschaftliche Autarkie leisten zu können. Die deutsche gewerbliche Wirtschaft hat ein starkes Interesse daraiz. den polnischen Markt, der stets ein Reservoir m, vte Aufnvhnte deutscher Mter war, nicht durch eknäB dauernden Zollkrieg zu verlieren. Dasselbe In teresse besteht in Polen inbezug auf den deutschen Markt. Wenn wir anstelle eines vollkommenen Handelsvertrages uns damit begnügen, einen kleinen Handelsvertrag zu schlichen, so deshalb, weil wir auf di« gegenwärtig« landwirt schaftliche Situation di« gebührende Rücksicht genommen haben. Es ist einmütig von allen in der Reichsregicrung vertretene» Parteien zum Ausdruck gekommen, dast das Neiäzskabinett in seiner Gesamtheit gegenüber dem Gedanken des Abschlusses eines Handelsvertrags mit Polen durchaus positiv eingestellt ist. Daran können die Erklärungen tue hier van Eiirzelorganisationen des Landbuüdes abgegeben werden, nichts ändern. In Bezug auf die Beziehungen zu Frankreich habe ich aus die Tatsache des deutsch französischen Handels vertrages hingewiesen. Es handelt sich sür uns darum, auf dein Gebiete der Politik eine gleiche Verständigung zu er reichen. Hier steht ein grostes Hemmnis gegenüber: Das ist die Fortdauer der Besetzung des deutschen Rheii-londes. Der Herr Reichspräsident hat in seiner Neujahrsansprache der allge meinen Empfindung des deuischen Volkes Ausdruck gegeben, als er die Räumung forderte. Es war ein als offiziös angesehenes fran zösisches Blatt, das demgegenüber davon sprach, man sei an diese S t i l ll b n n g e n der deutschen Politik gewöhnt, und das deshalb glaubte, den Appell des Herrn Reichspräsidenten nicht besonders ernst nehmen zu brauckzen. (Hört! hört!) Die fran zösische öffentliche Meinung würde sich in einem äußerst bedauer lichen Irrtum befinden, wenn sie sich einer derartigen Aus lassung hingäbe. (Zustimmung.) Wenn die Entwicklung der Beziehungen Mischen Frankreich und Deutschland trotz der fortdauernden Rheinlanobesetzung keine direkte Störung erfahren hat. so zeugt das nur für den guten Willen des deutschen Volkes und sür die friedlichen Ab sichten, die Allgemeingut der deutsche» Empfindungen sind. (Er neute Zustimmung.) Aber sei man sich doch in Frankreich klar darüber, dast es für die Weiterentwicklung der deutichffran- zösffchen Beziehungen psnchologische Voraussetzungen gibt, die unbedingt berücksichtigt werden müssen. (Lehr richtig! b. d. Mehrheit.) Klar tritt die Anomalie zwischen der Locarno-Politik und der fortdauernden Rhein- landbesetzung vor Augen. Man spricht gerade in Frankreich, und zwar mit bezug aus Frankreich, soviel von der Frage der Sicherheit, di« ich vorl>er berührt habe. Man sucht nach Formeln, den Staat vor Krieg und Gefahren zu schützen. Ich habe noch keine Formel gesehen, di« zwischen zwei benachbarten Nationen die Sicherheit stärker garantiert, ils der Locarnovertrag es zwischen Deutschland und Frankreich tut. (Sehr richtig!) Wer nach mehr Sicherheit ruft, xr setzt Zweisel in das gegebene Wort und den geschlossenen Vertrag. (Lebh. Zustimmung ^ (Fortsetzung ans Seite 2) IranMsche kr M (Drahtbericht unserer Korrespondenten.) D Pari», 29. Januar. Da» Memorandum der deutschen Regierung in der Sicher- heitefrage findet im allgemeinen in der französischen Presse eine ruhig« Aufnahme. Di« Kommentar«, welche hierzu bisher vor liegen, können im übrigen, trotz ihres sachlichen Tones, einmal wieder al» dezeichnend für di« wesentlichen Unterschiede ange sehen werden, welche die französisch« von der deutschen Auf fassung in der Sicherheitsfrage trennt. Wie nicht anders zu erwarten war, findet der deutsch« Standpunkt, demzufolge di« allgemeine Sicherheit in erster Lin!« aus einem Fortschritt der allgemeinen Entwaffnung resultiert, einmütig« Ablehnung auf allen Seiten. Der „Temps" spricht von Thesen, welche allein durch das deutsche Interesse inspiriert seien: diese Thesen seien aber falsch, wenn man das allgemeine Interesse in Betracht zieht. Gewisse Mächte seien zwar auf Grund des Friedensver trages virtuell entwaffnet, aber dies könne kein entscheidendes Moment zur Durchführung der allgemeinen Entwaffnung bilden. Das „Journal des Debats" findet, man dürfe in Berlin nicht vergessen, dast di« allgemeine Entwaffnung durch den Versailler Fttrdensverlrag zwar als ideal vorgesehen, aber der Aufrechterhaltung besonderer militä rischer Klauseln für bestimmte Staaten untergeordnet sei. Diese Klausel berechtige Vorsichtsmahregeln gegen die Er hebung feindlicher Staaten, die der Revanche verdäch- t i g seien. Allein, später, wenn man konstatiert Hab«, dast di« Revancheidee verschwunden sei, könne das gewünschte Gleich gewicht der Entwasfnung hergestellt werden. Der kartelliert« „Quoditien" erinnert an di« bewundernswerte Rede, in welcher der Minister Herriot in Genf die Verkehrtheit de, deutschen Konzeption dargesiellt habe, eine Konzeption, die nicht der Logik entspreche. Abgesehen von diesen Ernwänden wird, wie nicht wenig«, zu erwarten war, der deutsch« Standpunkt hinsichtlich de» Sanktionen bekämpft. Auch hier werden die alten Argu ment« vorgebracht, denen zufolge die Institution des Völker bundes nicht wirksam sein könne, wenn nicht St ras mast- nahmen .gegen angriffslustige Staaten vorgesehen seien. Gewiß, so heistt es. mühten alle Vorsichtsmaßregeln gegen einen Brand ergriffen werden, jedoch könne man nicht weniger darauf verzichten, die Brandstifter zu bestrafen. Allgemein wird das deutsche mit dein englischen Memoran dum verglichen. Während bezüglich der erwähnten Punkte eine annähernde Gleichheit des deutschen und englischen Stand punktes festgestcllt und der bekannte französische Gedankengang demgegenüber ausrechterhalten wird, fühlt inan auf der ande ren Seite sehr deutlich Annäherungspunkte heraus, welche in anderer Hinsicht in den Augen der Franzosen die deittsche Aus- fasjung wieder vorteilhastcr erscheinen lassen als die englische. Dieser Umstand mag erklären, daß das deutsche Mcmorandnm hier eine entschiede» weniger Herl« Kritik eisährt als das englische. Die deutsche Annahme der fakultativen Schiedsgerichts klausel, die warme Befürwortung der Erweileiung der Schicds- gerichtside« auch auf politische Sreitigkeiten nicht minder wie die Befürwortung umfassenderer Wirksamkeit des Völkerbundes, finden, besonders bei der Linken, warme Zustimmung, wenn auch Zweifel in die völlige praktische Durchführbarkeit dieser Ideen im Augenblick geltend gemacht werden. Der „Quo- ditien" meint, das deutsche Memorandum werde sicher mit lautem Schreien zurückgewiescn werden, aber wenn eine ge rechte Idee in der Welt verbreitet sei, würde nichts ihren Flug aufhalten. In diesem Sinne macht die deittsche Rate hierin einen Fortschritt. Der „Temps" meint pessimistisch, solange nicht alle Groszmächte die Fakultativklausel »nterzcichnct hätten und keine Sanktionen gegen diejenigen vorgesehen seien, die sich der Schiedsgerichtsbarkeit entzögen, sei cs das beste, das Syüem von Regionalverträgen auf alle Unruhepunkle Europas anzu- wcnden. Frankreich habe nach dem Scheitern des Genfer Proto koll» »in« solch« Politik stet» besonders empfohlen.