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Sächsische Volkszeitung : 23.07.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-07-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192607230
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19260723
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19260723
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-07
- Tag 1926-07-23
-
Monat
1926-07
-
Jahr
1926
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 23.07.1926
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Freitag, oen 23. Juli 1926 dir. 163: Seite 4 Leipzig Die Auflösung -er Universiiälsapotheke Leipzig Von der Nachrichtenstelle der sächsischen Staats kanzlei wird uns geschrieben: Die „Leipziger Volkszeilung" und die „Dresdner Volks zeitung" brachten einen Artikel unter der Ueberschrifl „Säch sische Mißwirtschaft. — Wie ein rentabler Staatsbetrieb um- gebrachr wird." Dieser befaßt sich mit der vom Min-isterium für Volksbildung im Einvernehmen mit dem Akademischen Senat der Universität Leipzig beschlossenen Auflösung der Universitätsapolhcke, gibt aber von der An gelegenheit ein derart falsches Bild, daß er nicht unwider sprochen bleiben kann. Die Apotheke wurde im Jahre 1923 gelegentlich der Verlegung der Tierärztlichen Hochschule nach Leipzig in den Instituten der veterinär-medizinischen Fakultät er richtet. Ihre Leitung wurde dem Pächter der Apotheke übertragen, die der Tierärztlichen Hochschule in Dresden ungegliedert gewesen war. Nachdem dieser eine Privat apotheke übernommen harte, stieß die Neubesetzung der Stelle auf die größten Schwierigkeiten. Trotz Ausschreibung meldete sich kein für den Posten geeigneter Bewerber. Gleich zeitig bat der Leipziger Apothekervcrein, die Belieferung der Kliniken wieder wie früher den Leipziger Apotheken zu übertragen, indem er sich zu Gewährung so hoher Rabatte bereiterklärte, daß die Universitätsavotheke auch nicht wesentlich billiger liefern kann. Die Erörterungen ergaben weiter, daß der Reingewinn der Apotheke, die frü her übrigens mit erheblicher Nnterbilanz gearbeitet hatte, nur sehr mäßtg war. besonders im Hinblick darauf, daß sie weder mit Steuern, noch 'mit Kosten für Miete sowie Heizung und Beleuchtung, belastet ist. Aus diesen Gründen wurde die Apotheke geschlossen. Es ist sonach nicht richtig, daß die Apotheke aufge löst wird, weil ihre Räume „als Sitzungszimmer gebraucht werden". Es ist ferner also auch nicht richtig, daß „ein unbeliebter, werbender Staatsbetrieb im Interesse des Pr vatkap'.tals beseitigt" werden soll. Es ist endlich auch nicht richtig, daß de Leitung der Apotheke dem der zeit gen stellvertretenden Leiter nicht übertragen worden ist. weil er „einer einflußreichen Clique nicht genehm" ge wesen sei. Sr ist bei objektiver Beurteilung für diesen Posten nicht geeignet. Der Schreiber des fraglichen Ar tikels vermag diese Frage allerdings nicht objektiv zu be urteilen: denn er ist mit dem stellvertretenden Leiter der Apotheke identisch! Kommunistischer „Erwerbsloferrsag" in Sachsen Leipzig, 22. Juli. Die Kommunisten haben einen so genannten „provisorischen Landeserwerbs- kosenausschutz Sachsen" gebildet. Die kommunistische Press« teilt mit, daß der prov. Landesausschuß in seiner Sitzung vom 16. Juli beschlossen hat, als nächste Maß nahme zur Vorbereitung der Erwerbslosenkonserenz für den 27. Juli zur Mobilisierung der gesamten Arbeitslosen in ganz Lachsen einen allgemeinen sächsischen Erwerbslosentag zu veranstalten. An diesem Tage sollen in jeder Stadt, in jedem Dorfe Erwerbslosenkundgebungen stattfindeu, in denen die Delegierten zur Landeskonferenz der Erwerbslosen Sachsens gewählt werden sollen. Wieder ein Svioriageprvzeh Leipzig. 22. Juli. Wegen Verrats militärischer Geheimnisse hatte sich vor dem Ferienstrafsenat des Reichsgerichts der Aridester Hermann Schloss,e aus Kattomitz m nichtöffentlicher Sitzung zu verant worten. Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, im Jahre 1926 in Verbindung mit polnischen Spionageagenten gestanden und versucht zu Heiden, militärische Nachrichten und Schriftstücke, die geheim zu hasten waren, den polnischen Spionageoffizieren zu übermitteln. Das Gericht verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Verrats militärischer Geheimnisse zu vier Jahren Zuchthaus und sechs Fahren Ehrenrechtsverlust, sowie Stel lung unter Polizeiaufsicht. ) Aerztlich« Fortbildungskurse. In der medizinischen Fakultät der Universität Leipzig finden vom 1. bis 13. No- vember d. I. Fortbildungskurse und Vorträge für praktische Aerzten statt.. Näheres im Sekretariat der medizinischen Fa kultät Leipzig, Augustus-Plotz g ) Todesfall. Gestern verstarb Hierselbst der Amtsgerichts- Präsident i. R. Max Siegel im 78. Lebensjahre. Aus Sachsen Bestialischer Mordversuch Hartinannsdorf i. Sa., 22. Juli. Auf besonders bestialische Weise suchte in der Nacht zum Dienstag der mohnuugslose Arbeiter Ernst Einil Schindler seine 23jährige Geliebte zu töten. Unter Zärtlichkeiten schleppte er das Mädchen, das ihm wegen der zu erwartenden Folgen des Liebesverhältnisses seit langem lästig war, in ein Haser- seld, wo er ihr zwanzig Stiche mit einer Zigarren- schere beibrachte. Als das Mädchen trotzdem nach einiger Zeit wieder zur Besinnung kam, schlug er mit einem schweren Feldstein auf sie ein, bis sie blutüberströmt zusammenbroch und ließ erst ans inständiges Bisten und Flehen von ihr ab. Die Schwerverletzte befindet sich zurzeit im Krankenhause, wo man sie am Leben zu erhalte» hofft. Dsr Unhold hat sich inzwischen ans Rene der Polizei selbst gestellt und ist voll kommen geständig. Musikausübung -urch Beamke Dresden, den 22. Juli. In letzter Zeit sind wiederholt Fälle bekannt geworden, daß staatliche Beamte durch nebenamtliche Ausübung des Musiker berufs den gewerbsmäßigen Musikern ihre Berdienstmöglichkeit schmälern. Tie Ministerien verordnen daher zur Ausführung -er bisher bereits bestehenden Verordnung über diese Frage folgen des: 1. Den Beamten und Lehrern wird die genaueste Beachtung der ihnen nach den Ziffern 1 und 5 der Verordnung obliegenden Verpflichtung zur vorherigen Einholung der Genehmigung der gewerbsmäßigen Musikausübung und zur Anzeigeerstattung über jedes gelegentliche Musizieren gegen Entgelt oufs nachdrücklichste eingeschärft. Die Ministerien behalten sich vor, die Beachtung dieser Vorschriften durch die örtlichen Arbeitsnachweise beaufsich tigen zu lassen, und werden jeden Beamten und Lehrer, der gegen die Vorschriften verstößt, dienststrafrechtlich zur Verantworrung ziehen. 2. Di« Dienstbehörden dürfen sich bei der Handhabung der ihnen nach Ziffer 6 obliegenden Aufgabe nicht nur von Entgegen kommen für die Beamten leiten lassen, sondern haben zu beach ten, daß die Verordnung auch dieInterssenderberuslich tätigen Musiker schützen soll, ein Zweck, der bei der jetzigen Arbeitslosigkeit in den Vordergrund rückt. Bis auf wei teres ist gewerbsmäßiges Musizieren im Sinne von Ziffer 1 der Verordnung dann anzunehmen, wenn der Beamte Äer Lehrer im vergangenen Kalenderjahre mehr als 24mal oder künftig innerhalb eines Vierteljahres mehr als 6mal gelegentlich gegen Entgelt musiziert hat und nichts vorliegt, was die Annahme be gründen könnte, daß das gelegentliche Musizieren in der Folge weniger häufig sein werde. 3. Einzelne öffentliche Arbeitsnachweise, insbesondere in den Großstädten, haben für nebenberuflich musizierende Beamte usw. sogenannte Spielausweise eingeführt und angeordnet, daß ohne solche Ausweise nicht musiziert werden darf. Zum Erlaß derartiger Vorschriften sind die öffentlichen Arbeitsnachweise auf Gruich der bestehenden reichsgesetzlichen Bestimmungen be fugt. Die Beamten und Lehrer haben, wenn sie nebenberuflich musizieren wollen, diese Vorschriften gewissenhaft zu beachten. Dos ergibt sich auch aus der besonderen Pflicht zur Befolgung der bestehenden gesetzlichen Vorschriften, die ihnen als Beamten und Lehrern obliegt. Die Dienstbehörden haben die Beamten und Lehrer, die nebenberuflich musizieren wollen, hierauf aus drücklich hinzuweisen. 4. Diese Vorschriften gelten sinngemäß auch für die Beam ten der Gemeinden, Bezirks- und Zweckverbände. Krastpostverkehr Bei der Kraftpost Königstein (Elbe — Cunners dorf (Sächs. Schweiz) -werden jetzt die Fahrten 3 und 6, 10 Uhr vormittags und 2.15 Uhr nachmittags ab Königstein, regelmäßig bis Cunnersdorf durchgeführt. Die Fahrlen 4 und 6, 11 Uhr vorm, und 4.05 nachm., entspringen dort. Die Fahrt 9 verläßt Königstein erst 9.25 Uhr abends, die Fahrt 10 Gohrisch erst 10.25 Uhr. Am 23. Juli 1926 wird auf den Strecken Frauen st ein — Hermsdorf-Nehefeld und Schmiedeberg — Hermsdorf-Re he seid eine Kraftpost eingerichtet. Die Kraftpost Dresden — Wilsdruff hqt ab 22. Juli 1926 einen neuen Fahrplan, -er bei sämtlichen Bostanstalten ein- -usehen ist. schi Riä 0 Afsalter. 22. Juli. (Brand.) In der zum uxylyos zum L'chonburgischen Haus gehörigen Scheune brach Feuer aus, das binnen kurzer Zeit das Gebäude bis auf die Grundmauern ein. äscherte. <) Bischofswerda, 22. Juli. (Todesfall.) Dieser Tage ver. ied hier der im Ruhestand lebende Studienrat Professor Dr. ichard Schulze. Der Verstorbene war in Bautzen geboren und lxstte nach Absolvierung des dortigen Gymnasiums in Leip zig klassische Philologie studiert. Seine Wirksamkeit als Lehrer stellte er dann wiederum fast restlos dem Gymnasium Budissinum zur Verfügung, wo er ebenso als gründlicher Kenner besonders der griechischen Sprache und Literatur, wie als ausgezeichneter Pädagoge in hohem Ansehen bei Lehrern und Schülern stand, Ostern 1918 zog sich der Verstorbene nach Versetzung in dem Ruhestand nach Bischofswerda zurück. R. i. p. () Chemnitz, 22. Juli. «Ein vorgetäuschter Einbruch.) In der Nacht zum 20. dieses Monats hatte ein junger Mann beim Nachhausekommen seine von ihm unberechtigier- weise getragene Schußwaffe zu entladen versucht, wobei ein Schutz losgegangen war und ihn in die linke Wade getroffen hatte. Der Verletzte rief zum Fenster hinaus um Hilfe, wodurch die zuständige Polizeiwache, di« Kri minalpolizei, sowie das Ueberfalllommandv alarmiert wurde Beim Eintreffen der Polizei behauptete er, er sei von einem Einbrecher beim Betreten seines Zimmers über fallen und im Verlauf« des Handgemenges angeschos- sen worden. Nach langem vergeblichen. Suchen nach dem angeblichen Einbrecher mutzte der Perletzte, der von der Kriminalpolizei eingehend zu seinen Angaben Vernom men worden war, schließlich «inräumen, daß er nicht über fallen worden sei, sondern den von ihm geschilderten Vorfall nur erdacht habe, um zu verhüten, daß erwogen unberechtigter Waffenführung bestraft würde. () Hartenstein, 22. Juli. (Kinder nicht aufs Rad nehmen.) Ein sechs Jahre altes Mädchen, das der Vater auf dem Vorder teil des Rades mitgenommen hatte, geriet mit einem Fuß in dis Speichen des Vorderrades und trug ganz erhebliche Verletzungen! davon. — Dos fünf Jahre alte Mädchen eines hiesigen Einwoh ners halte auf dem Hinteren Teil des Rades seines Vaters Platz genommen. Das Kind geriet mit dem Fuß in die Speichen de» Hinterrades und erlitt ebenfalls erhebliche Verletzungen. () Hohndorf, 22. Juli. (Scheuende Pferde.) Hier scheuten die Pferde eines hiesigen Besitzers vor einem vorüberfahrenüen Auto und gingen durch. Der Geschirrführer stürzte und zog sich, mehrere äußere Verletzungen zu. () Leutersbach. 22. Juli. (Schadenfeuer.) Im Wohnhaus, des Bäckermeisters Kurt Kolbe brach Feuer aus, das das Ge bäude bis aus die Umfassungsmauern einäscherte. Als Brand ursache wird ein Essendesekt angenommen. () Orlsnitz t. E„ W. Juli. (Unfall.) Der Bergarbeiter Vogt aus Lugau verunglückte auf der Grube Concordia, als er einen leeren Kohlenhunt auf die Schienen lenken wollte. Dev Hunt entgleiste durch das schnelle Drehen und die vorderen beiden Räder des Huntes sprangen Bogt aus beide Füße. Nach Anlegung von Notverbänden wurde er ins Kronkenhau» gebracht. <) Pirna, 22. Juli, (vom Tode des Ertrinkens gerettet.) Zwei Knaben waren an -er Dampferanlegestelle durch das den Damm überspülende Wasser in die Elbe gelaufen und durch den, Strom abgetrieben. Zwei Echiffsleute des Dampfers „Salesel^ der S.-B.-D.-G. retteten die beiden Knaben vom Tode de» Ertrinkens. () Plauen, 22. Juli. (Fälschlich totgesagt.) Die Nachricht, daß der Studienrat „Keberling" aus Plauen von der Riffelt spitze im Zugspitzengebiet obgestürzt sei und seine Leiche nur mit Mühe geborgen werden konnte, ist erfreulicherweise unzu treffend. Studienrot Köberlin von der hiesigen Oberrealschul« hat lediglich einen Unfall erlitten, der unbedeutende Verstauchun, gen zur Folge hatte. () Plauen, 22. Juli. (Todesfälle beim Baden.) Im Orts teil Neumühle bei Theuma haben drei junge Leute im sogenann ten „Langen Teich" gebadet. Der 19jährige Sohn der Kriegers» witwe Söllner von Streuberg (Ortsteil Bergen) ist von der fla- chen Seite in dos Waller gelaufen, siel im Wasser um und ver» schwand. Der Verunglückte konnte noch nicht geborgen werden. — Im Pfarrteich bei Dobia (zwischen Elsterberg und Pöllwitz) ist der 19 Jahre alte Alfred Stark beim Boden ertrunken. Er erlitt einen Arzschlag, siel um und ertrank, ehe ihm Hilfe ge bracht werden konnte. — In Trebsen ertrank in der Mulde, wo er unterhalb der Lindenallee badete, der 19 Jahre alte Arna Grindel aus Hohnstädt. — Ferner ertrank der 18jährige Sohn des Fabrikanten Arthur Uhlig in Wechselburg beim Baden in der Mulde, ohne daß es bisher gelang, seine Leiche zu bergen. <) Schwarzenberg. 22. Juli. (Neue Krastpostverbindung.) Unser Ort hat eine regelmäßige Krastpostverbindung mit Eiben- stock erhalten. Die Linie führt über Jägerhaus, Cosa, Blauen« thal. Wolfsgrün. » ^ Der Kerr der Well Noma« vo« Nobert Hugh venson. Autorisiert, Uebersetzung aus dem Englischen von H. M. von Lama. <10. Fortsetzung.) „Liebes Kind, Wenn ich dir, als du noch in der Wiege lagst erzählt hätte, der Mond sei nichts weiter als frischer Käse, und dir das jeden Tag von früh bis abends ein gebleut hätte, so würdest du es jetzt wohl beinahe glauben übrigens bist du ja selbst überzeugt, daran zweifle ich keinen Augenblick, daß die Euthanasier die wahren Priester sind." Mabcl atmete befriedigt ans und erhob sich. «Oliver, du verstehst es wirklich, einen zu trösten. Ich habe dich sehr lieb. So, und nun muß ich in mein Zimmer gehen, ich zittere immer noch." — In der Mitte des Zimmers hielt sie an und sah aus einen ihrer Schuhe. „Wie —bemerkte sie leis«. Ein sonderbarer, rostfarbener Fleck war darauf, und Ihr Gatte bemerkte, daß sie erbleichte. Er stand hastig auf. „Meine Liebe," sagte er, „sei nicht töricht." Sie sah ruhig lächelnd zu ihm aus und verließ das Zimmer. Nachdem sie gegangen war, blieb er noch einen Augen blick ruhig sitzen. Wie glücklich er doch war! Er konnte sich bas Leben ohiw sie gar nicht vorstellen. Vor sieben Jahren — sie war damals zwölf Jahre alt -- hatte er sie kennen« »elernt, und voriges Jahr waren sie zusammen zum Stan desbeamten gegangen, um den Ehebund zu schließen. Si« ivar ihm wirklich unentbehrlich geworden. Freilich hätte die Welt und er auch ohne sie fortbestehen können, aber es wäre ihm doch nicht lieb gewesen, es versuchen zu müssen. Er wußte es wohl, denn dies waren seine An sichten in bezug auf weltliche Lieb«, daß zwischen ihnen eine ztveifache Zuneigung, eine intellektuelle sowohl, als auch «in« physische bestand; aber darüber hinaus gab es nichts. Doch gefielen ihm Ihre schnell« Auffassungsgabe und die Uebereinstimmung zwischen ihren und seinen An schauungen. Man hätte meinen mögen, es wären zwei Flammen, di« sich zu einer dritten, größeren verein« k,asten: wohl hätte «ine jede derselben für sich allein bren nen können — eine derselben wird ja schließlich einmal übrig bleiben müssen —, doch konnte man sich inzwischen der Wärme und des Lichtes erfreuen, die sie beide auS- strahlten. Ja, mehr als glücklich war er, daß sie durch einen glücklichen Zufall dem hcrabstürzenden Flugschisf« entkom men war. lieber seine Darlegung des christlichen Glaubens Wächt er sich keine Gedanken mehr; für ihn galt es als aus gemacht, daß Katholik«: diese Art Dinge glaubten; si« so darzustcllen, wie er getan hatte, kam ihm ebensowenig blasphemisch vor, als wenn man über einen Fidschigötzen mit Perlmntteraugen und einer Perücke aus Pferdehaaren lachen würde; es war einfach unmöglich, dabei Ernst zu bewah ren. Auch er hatte ein- oder ztveimal in seinem Leben sich gewundert, wie es möglich sei, daß menschliche Ge schöpfe solchen Plunder glauben konnten; aber die Psycholo gie hatte ihn verstehen gelehrt, daß Suggestion so ziemlich alles zu bewirken imstande sei; das stand darum für ihn vollkommen fest. Es war auch wieder dieses abscheulich» Ding, dieses Christentum, welches so lange das Umsich greifen der Bewegung zugunsten der Euthanasia mit all ihren so wohltätigen Folgen gehemmt hatte. Seine Augenbrauen zogen sich zu einer Falt« zusam men bei dem Gedanken an den Ausruf seiner Mutter: „Gebe Gott!" Er lächelte über das arme, alte Ding mit seinem Pathetisch-kindischen Wesen und wandte sich wieder seinem Schreibtische zu. Unwillkürlich kehrten sein« Gedanken zu Mabel zurück, zu ihrem Erbleichen, als sie des Blutflecken» auf ihrem Schuh gewahr geworden war. Ja, es war eine Tatsache, die sich nicht leugnen ließ. Me sollt« man sie erklären? Wohl am einfachsten durch den erhabenen Glauben an die Menschheit, an diesen wundervollen Gott, der an die zehntausendmal im Tage starb und aufevstanjd, der täglich gestorben war, seitdem die Welt bestand, wir «Inst jener alte, verrückte Fanatiker Saulus von Tarsus, und sich wieder erhob, nicht nur einmal, wie der Sohn jenes Zimmermanns, sondern mit jedem Kinde, da« neu zur Welt kam. Das war die Antwort; und war sie etwa nicht überwältigend erschöpfend? Ein« halbe Stunde später trat Mr. Phillips ein. wieder mit einem Bündel Papiere. „Keine weiteren Nachrichten aus dem Osten?" fragte er ihn Zweites Kapitel. 1. Die Korrespondenz mit dem Kardinalprotektor von England beschäftigte Percy Franklin täglich direkt minde stens zwei Stunden, und indirekt nahezu acht In den letzten acht Jahren hatte der Heilige Stuhl» den modernen Bedürfnissen entsprechend, seine gewohnte! Methode einer Revision unterzogen, und jede wichtiges Kirchenprovinz des gesamten Erdkreises besaß nun nicht nur einen sie leitenden Metropoliten, sondern auch einen Vertreter in Rom, dessen Aufgabe es war, einerseits mit! dem Papste, andrerseits mit den Diözesanen, die er vertrat,! ln direkter Verbindung zu stehen. Mit anderen Worten,' die Zentralisation hatte, Hand in Hand mit den Gesetzen des Lebens, rasche Fortschritte gemacht, und damit auch die Freiheit in der Methode und die Ausdehnung der MachÄ Englands Kardinalprotektor war Abt Martin, ein Bene diktiner, und es war Percys Aufgabe, wie auch die eines Dutzend weiterer Bischöfe, Priester und Laien (mit denen) beiläufig erwähnt, jede Form von Beratung ihm ver boten war), jenem täglich in einem langen Briefe Bericht: zu erstatten über die Dinge, di« zu seiner Kenntnis kamen/ Es war daher ein merkwürdiges Leben, das Perct» führte. Er hatte im erzbischöflichen Palais zu Westminster ein paar Zimmer angewiesen erhalten und gehörte, wenn ihm auch weitgehende Freiheit gelassen war, zu dem Kapitel der Kathedrak. Er erhob sich früh, widmete «ine Stundet der Betrachtung, worauf er seine Messe las. Dann früh«, stückte er, betete «in wenig Brevier und machte sich an denj Entwurf seines Berichtes. Um zehn Uhr stand er Besuchern! zur Verfügung und war dann gewöhnlich bis Mittag in! Anspruch genommen, teils von jenen, di« freiwillig kamen! und ihn zu sprechen wünschten, teils von oem Stabe, von einem halben Dutzend Berichterstattern, die ihm ange-eich- net« Artikel aus Zeitungen nebst ihren eigenen Bemer kungen dazu zu besorgen hatten. Dann Leiste er ge meinsam mit den übrigen Priestern des Hauses; nach Tisch! ging er aus, Leute aufzusuchen, deren Ansichten zu hören! Ihm notwendig erschien; kurz nach sechzehn Uhr pflegt« er zurückzukehren zu einer Tasse De«. Nach Beendigung seines Breviers und einem Besuch beim heiligsten Altars sakrament schloß er sich «in, seinen Brief abzufafsen, dev bei aller Kürze doch bedeutende Aufmerksamkiet und ge naue Abwägung erfordert«. Nach dem Abendessen macht« er sich einig« Notizen für den nächsten Tag, empfing wie der Besuche und ging bald nach 22 Uhr zur Ruhei Zweimal in der Woche war er verpflichtet, nachmittag« an der Vesper teilzunehmen, und Samstags dielt er ge wöhnlich das Hochamt. (Fortsetzung folgt.)
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