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chen v. Behr-PInnow, die Bertreter dev Mi- "hberrrgterungSrat Dr. Böhme), de» dulrat Huhn), der AmtShauptmanil- ZermmSrat Dr. Einert). dev LandeS- onststorialrat Dr. Kohlschütter), dev Sächsischen innere Mission (V. Gras Otto Vitzthum», des dev Verein- für innere Mission in Deutschland " »lle)> die Vertreterinnen des Deutschen evan- «S, deS Verbandes kirchlich-sozialer Frauen- PZeltbundeS der Iunafrauenverrme (MIß Stevenson- von). KabinettSrat v. B«hr sprach im Austraae der Kaiserin Dank mr die Einladung aus und überbrachte vie herzlichsten Ickwünsche für daS Gelingen der Konferenz, In längeren Ä»ö- kmngen begrüßt« namens des Sächsischen LandeSkonsistoriumS berkonsistorialrat Dr. Kohlschiittcr die Äersanimluna und ver heile sie deS völligen Einverständnisses und der tatkräftigsten nterstützuna ihrer Bestrebungen. Präsident Gaebel - Halle brachte im Nanien des Zentralausschusses für innere Mission die herrlichsten Grütze und L-egenSwünsche und feuerte zu recht zahl reichem Besuche deS nächstens in Leipzig stattfindenven Kongresses des Deutschen Zentralveroandes auf. Nachdem noch Graf Vitz thum gesprochen hatte, wurde ein Huldigungs-Telegramm an die Kaiserin abgesendet. Miß Stevenson- London uberbrachte die herzlichen Grütze und Segenswünsche der englischen Jungfrauen vereine und lud gleichzeitig zu der demnächst stattfindenden Welt- konkrenz der Jungfrauenvereine ein. — Geh. Kirchenrat a. D. Keller übernahm nun de» Vorsitz. Es erfolgte der Vortrag des Jahresberichts. Die Beiträge betrugen 1673.M Mk.. die Gesaiiit- einnahme 78392,13 Mk., die Ausgabe 7«,931,85. Mk.. so datz ein Ueberschuß von 1457,30 Mk. bleibt. — Nach Richtigsprechung des Jahresberichts hielt Herr Plärrer Mä hold-Dresden einen Vortrag über „Fürsorge für die weiblichen Handelsangestelltcn". Bezüglich Notwendigkeit und Gestaltung der Fürsorge sprach sich der Redner dahin aus, daß eine solche deshalb eintreten müsse, weil viele nach Herkunft, Vorbildung und Anschauung von dem ergriffenen Berufe ungeeignete Mädchen in den Staus eintreten, die es gelte, in Zukunft fern zu halten, um de» ganzen Stand zu heben, die Vorwürfe der männlichen Gehilfenschaft zu entkräften und der Lohndrückerci zu begegne». Es gelte, die Mitglieder drefeS Standes sittlich zu bewahren, beruflich zu fördern, religiös ru Vertiefen. Reicher Beifall lohnte dem Vortragenden, dem be- nmntlich reiche Erfahrungen gerade aus diesem Gebiete zur Seite stehen. Es folgte noch ein Vortrag von Irl. Clara Kühl- Dresden über „Die verschiedenen Anforderungen der weiblichen Berufsgrilppen an die helfende Liebe". Darnach wurde die erste Sitzung der Konferenz geschlossen. ' — Die Heim st alten füralleinstehcndeJrauen werden am 1. Juli Jürslenstra ße 42 ihre Pforten öffnen. Der eigentliche Einweihung wird erst im Oktober erfolgen, wenn das Heim voll bezogen sein wird. Tie große Anzahl von Be- Werbungen beweist, wie nötig solche „Marien-Heime" für Dres den sind. Alleinstehende Frauen, die noch- die Gelegenheit be nutzen wollen, für einen verhältnismäßig geringen Preis ein sorgenloses, behagliches Dasein sich zu sichern in einem trauten Heim, wo man alles tun wird, was dem Leibe und dem Geiste geboten werden kann, wollen sich möglichst schnell meiden bei Frau Oberin Haynel, Elisenstraße 15. Menschenfreunde, die der „Freien Vereinigung für Marien-Heime" bectreten und die Errichtung derartiger Heimstätten durch freundliche Hilfeleistung irgendwelcher Art erleichtern wollen, werden ersucht, dies Herrn Lehrer Schürer, Pillnitzer Straße 65, anzuzeigen. — Der Allgemeine Handwerkeroerein unter nah« gestern nachmittag unter zahlreicher Beteiligung seiner Möglicher und deren Damen einen Ausflug nach Cossebaude, um den Betrieb des Meurerschen Eisenwerkes in Augenschein zu nehmen. Der Rundgong erfolgte in mehreren Abteilungen, die von dem Besitzer, sowie technischen und kauf männischen Beamten geführt wurde». Man hat es hier mit einem aroßartigen modernen Betriebe zu tun, der sich durch die Tatkraft seines Begründers aus den kleinsten Anfängen ent wickelt hat. Seinen Ursprung nahm das Unternehmen auf der Pillnitzer Strahe in Dresden vor etwa 30 Jahren, wo Herr Guido Meurer als schlichter Handwerksmeister vornehmlich Petrolemn-Kochapparvie herstellte. Er verzog dann auf die Blumenstraße, und im Jahre 1902 nach Cossebaude. Die Be- sichtigung galt der Formerei und Gießerei. Putzerci und Schleiferei, mechanischen und automatischen Bearbeitung der Gußteil«, der Lackierer«! und Emaillerei, bis zur Montage und dem reichhaltigen Mnsterlager. Beschäftigt werden ins gesamt 300 Arbeiter, für die verschiedene Wohlfahrts-Einrich- «mgen geschaffen sind. Die Betriebsanlage nimmt an der Bahn hossstraße etwa 12 000 Quadratmeter überbaute Fläche «in. Der anregenden Besichtigung, bei der die Werkleitung es sich nicht nehmen ließ, ihre Befticher mit erfrischenden Getränken zu bewirten, folgte ein geselliges Beisammensein mit Tanz im Berg restaurant zu Cossebaude. — Der Deutsche Flotten-Verein sucht eS seinen Mitgliedern zu erleichtern, die deutschen Kulten, Kriegs- »nd Handelshäfen, Seebäder re. kennen zu lernen. Ganz hervorragende Gelegenheit dürste in dieser Beziehung die vom 25.-30. Juni cr. stottfindende Sonderfahrt des Deiitschen Flvtten-Vereins zur Wasserkante bieten. In Lübeck werden die 'Sehenswürdigkeiten der alten Hansestadt besichtigt, in Kiel findet unter sachkundiger Fnhr»na ein Besuch der Kriegsschiffe, Wersten, die Begleitung der Kaiserregatta nach Eckenisörde bis zur Jnicl Men statt. Weiter gebt es über FlenSburg nach Shit und Helgoland. Wer sich auf diesen beiden herrlichen Nordseeplätze» längere Zeit ans- halten will, bat hierzu gute Gelegenheit, da die Fahrkarten bis »um 15. Juli Gültigkett habe». Teiliiebmen können an der Fahrt Mitglieder des Vereins mit ihren Angehörige», selbstver ständlich auch Damen. Anmeldungen sind baldigst, spätestens bi» zum 23. Juni cr.. an das Geschäftszimmer des Hanpt-Aus- schuffes für Berlin und die Mark Brandenburg des Deutschen Motten-Verein- Berlin 8VV . Bernburger Stratze 35, 1. zu richten, woselbst auch ausführliche Programme kostenlos erhältlich sind. — Zur Entlastung des Landgerichts wird vom 1. Juli «b durch die 1. Kammer eine größere Anzahl von Straf- iachen an das Schöffengericht zur Verhandlung und Entscheidung überwiesen. Hanpisächlich werden von dieser Bestimmung solche Klaasachen betroffen, welche leichtere Sittlichkeitsvergehen, Ge fährdungen von Eisenbahntransporten, Ausspielung nicht genehmigter öffentlicher Lotterien. Eingriffe in fremdes Eigentum bis zu einer Höhe von 150 Mark des Objektwertes oder der Schadensumme rc. behandeln. Diele Neuerung dürste eine Vermehrung der Richter und Beamten am Schöffengerichte zur Folge haben. — Der ärztliche Bczirksverei» Leipzig-Stadt faßte eine für Schul- und Cltemkreise bedeutsame Resolution, in der es heißt, daß der Verein die Einführung eines obligatorischen freien Sviclnachmittags an den Schulen für wünschens wert halte und den Rat der Stadt Leipzig bittet, zunächst a» einigen dazu geeigneten Schulen versuchsweise damit z» vegiiinen. — Di« Arbeiten an der inneren Einrichtung und Ausstattung de» im Zwesten Abschnitt der Bauperrode zur Aussührung ge langten Post-Erweiterungs-Neubaues an der Marienstvaßen-Front gehen ihrer Vollendung entgegen. Als Termin zur Uevcrnabe des umfänglichen, unter der Oberleitung d«S Kaiser!. Posivauamts hergestellten Gebäudeteils an den öffentlichen Verkchr war ursprünglich der 1. Juli festgesetzt. In dem nach der'Marienstrahen-Scite gelegenen Hofraume sind die letzten Reste der früher dort befindlichen Privatban- lichkeiten beseitigt worden. An ihre Stelle werden unter teil weisem Ausbau der bereits vorhandenen Seitcnflüaelgebäude ein« Reihe kleinerer Anbauten errichtet. Mit diesen Herstellun gen würden dann die hiesigen groszortigen Neubauten der Reichs- post, durch die dos Städtebild Dresdens eine weitere Bereiche- rung erfahxen hat, zum endgültigen Abschluß kommen. — Die Sonnwendfeier aus dem Hutberge bei Weißig-Bnhlau. die vom „Deutschen Jugendkreis zu Dresden" veranstaltet wird, beginnt heute abend 9 Uhr mit der Ent- gündung de»' Hbhenseuers. Dann folgt die Ansprache des Heiern Rvalgymnasiat-Oberlehrers Dr. Bassen ge. Hieran schließt sich erne künstlerische VolkÄunterbaltung. bestehend rn allgemeinen Gesängen, Rezitationen und Vorträgen des Männeraesang- vereinS „Am>cstia"-Meißig. Jeder Freund heimischer Volks- knltur ist willkommen: eine Zutrittsgebühr wird nicht erhoben. — Nächsten Sonnabend den 24. In», finden auf beiden Neustädte'« Friedhöfen JohanniSfciern statt. Sie werden au» einer Ansprache deS Pfarrer» Rohde von der Martin Luther- Kirche und Gesang bestehen und uni >/r6 Uhr aus dem iiiiiere» Friedhöfe (am Durchgänge vom 1. zum 2. Land) und um '/«8 Uhr auf de« St. Pauli-Friedhofe ' — - - - werden. Bet,'ungünstigem Wk tattonSdallen st«»k — Im Berg keiler finden von jetzt ab täglich nachmittag» von 4—7 Uhr große Konzerte von der HauSkapelle bet freiem inkstf statt. Paradixggartkn Zschertnitz findet beute „rohes Garten - Jrrikonzert der Fretherrlich v. Vurgler Berg- lapelle statt. — Das Jahresfest de» Kötzschenbrodaer Vereins für üutzere Mission am vergangenen Svmitag nahm einen erh°bciiden Verlauf. Die Festpredigt in der geschmückten Heilandskirche hielt Herr Pfarrer Bürger a»S Taubcnhcim über den Taliibefehl. In der darauffolgenden Nachversammlung sprach Herr Missions-Inspektor Dr. Siede! über die Beziehungen der Mission zu kulturellen Ausgaben und über den MlssionS- betrieb. Herr Pfarrer Hiecke-Kotzschenbroda eröfsnete die Ver sammlung mit herzlicher Begrüßung, wahrend Herr Pfarrer Schmidt im Schlußworte den Empfindungen des Dankes und der Freude über das schön gelungene Fest Ausdruck verlieh. — Roßwein, 20. Juni. Der am Sonnabend schwer ver unglückte Schieferdeckermelster Spindler ist gestern nachmittag seinen Verletzungen erlegen. — L ich t e » wa l de. 19. Juni. Das abgebrannte Schloß de» Oberstmarichalls Grase» Vitzthum von Eckstädt soll nach Plänen des Kgl. Hofbaurates Frölich t» Dresden baldigst wieder aus gebaut werde». — Herr Amtshauptmann Dr. v. Oppen in Plauen im Vogtland«, der infolge seiner Ernennung zum Vortragenden Rate im Ministerium des Innern gezwungen ist, seinen Vor sitz im Bezirksobsibauverein Plauen-Oelsiiitz niederzulegen, ist in einer vom genannte» Verein in Marknculirchcn abaebciltenen Hauptversammlung in Anerkennung seiner großen Verdienste um den Verein und die Förderung des Obstbaues zum Ehren- mitglicde ernannt worden. Herr Amtshauptmann Dr. Junck in Oelsnitz, der Amtsnachfolger des Herrn Ämtshauptmciniis Dr. v. Oppen, bisher zweiter Vorsitzender, wurde znm ersten Vorsitzenden gewählt. Den Herren Kantor Hcllriegel in Mark- nenkirchen und Kirchschullehrer Schiller in Thierbach wurden wegen ihrer Verdienste um die Hebung deS Obstbaues im Vogtlande ein Diplom des Bezirks-Obstbau-Vereins überreicht. — Oberkrieasaericht. Unter der Anklage des Unge horsams »nd der Mißhandlung eines Untergebenen steht der 1883 zu Rainsdors bei Zwickau geborene, bisher »»bestrafte Unteroffizier Heinrich Friedrich Näser von der 12. Kompagnie des Grenadier-Regiments 'Nr. 101. Am Nachmittag des 15. März fand Nachziclen bezw. 'Nachexerzieren der schlechten Schützen statt. Tobei stand der Grenadier Jffidolph, der mit zu den letzteren gehörte, anstatt in Grundstellung mit aufwärts- gcstreckteni Gewehr in schlechter Haltung da. Obwohl nun ein Regimentsbefehl besteht, der jedes Anrühren der Leiste, selbst zu Korrekturzweckcn, verbietet, ging der Angeklagte an Rudolph, dessen .Korporalschaftsführer er war, heran, faßte ihn mit beiden Händen vorn an und zog mit der einen den Oberkörper des Rekruten nach vorn, während er mit der anderen den Unterleib zurnckdrückte. Ter Mann ließ dabei, angeblich vor Ermattung, das Gewehr fallen, das dem Unteroffizier aus den Kops siel. Nach einer kurzen Zwischenpause ging der Angeklagte nochmals auf Rudolph zu, wobei er ihm mit dem cmporgezogencn Knie zwei schmerzhaste Stöße gegen den vorgcstrcckten Unterleib ver setzte. Am nächsten Tage meldete sich R. krank und wurde wegen Bauchfcllquetschnng acht Tage lang im Lazarett behandelt. Diese Diagnose beruht jedoch nur ans den Angaben Nudolplis, ein objektiver Befund hat bei der ärztlichen Untersuchung nicht fest- gestellt werden können. Ter Angeklagte, der von seinem Koni- pagnieches vorzüglich beurteilt wird, hat zugegeben, den Mann, dem Regimentsbefehl zuwider, berührt zu haben, bestreitet jedoch ganz entschieden den Kniestoß gegen den Unterleib. Tie Be weisaufnahme in der ersten Instanz hat bei den widersprechenden Zeugenaussagen zu keiner vollen Klarheit geführt. Ta aber nach Ansicht des Sachverständigen der Verletzte, wenn nicht simuliert, so doch mindestens stark übertrieben hat, trug das Kriegsgericht der 23. Division Bedenken, eine Verurteilung hinsichtlich des Kniestoßes eintreten zu lassen. Es sprach den durch Rechtsanwalt Dr. Baum verteidigten Angeklagten von der Anklage der Miß handlung frei und verurteilte ihn nur wegen des Ungehorsams, indem es strafmildernd berücksichtigte, daß dieser lediglich seinem Diensteifer entsprungen ist, zu 2 Tagen gelindem Arrest. Wäh rend der Angeklagte sich bei dein Urteil beruhigt hat, leqte der Gerichtsherr Berufung ein mit dem Bemerken, daß bei richtiger Würdigung des Bewcisergebnisses Verurteilung weg«» Miß handlung hätte eintreten müssen. Rach erneuter mehrstündiger Beweisaufnahme wird der Angeklagte nicht wegen Ungehorsams, sondern wegen vorschriftswidriger Behandlung eines Unter gebenen zu 2 Tagen gelindem Arrest verurteilt. Im übrigen wird die Berufung des Gerichtsherrn verworfen, sodaß es bei der Freisprechung des Angeklagten hinsichtlich des Kuiestoßes fein Bewenden hat. Anarchie versetzt und dadurch wehrlo» gemacht zu habe», Mid sie mahnen zur Abkehr von den K'irchcnscinden. den Vaterlands losen, de» Klosterstürmern, die mutig sind, wenn es gegen Nonnen acht, dagegen feige zu erzittern beginnen, wen» Deutschland die Stimme erhebt. Hoffentlich wird die Wolke, die seit vierzehn Tagen über unseren Köpfen hängt, sich zerstreuen Es wird aber nach menschlichem Ermessen sehr lange dauern, che das französische Volk sich von seiner Erschütterung erholt und den trüberen Gleichmut wiederffiidel." Tagesneschichte. (an der MarschallSeiche) abgehalten Zetter finden die Feiern in drn Paren- Marokko. Ueber die Stimmung, die in den jüngsten Tagen in Paris herrschte, erhält die „Voss. Zig." folgende Zulchrift: „Man inocht sich in der Ferne schwerlich einen richtigen Be griff von der Heftigkeit und Verbreitung der Kriegsanast. die hier alle Kreise ergriffen hat. Seit zwei Tagen beruhigt man sich zwar ein wenig unter der Wirkung der Zeitungsmn- teilungen, welche di« Lage in etwas freundlicheren Farben dar stellen; aber die Tage vorher fürchtete man allgemein, am Vor abende von Katastrophen zu stehen. Die Furcht war nicht etwa bloß auf die unteren Volksschichten beschrankt, die ihre Wissen schaft von Wirlshaiisgesvrächcn und bestenfalls vom „Petit Journal" haben, sie hatte auch die Kreise erfaßt, die gut unter richtet sind oder sein könnten. An der Börft lösten die Speku- lauten ihre Verpflichtungen und suchten in Leeroerkäusen Ersatz für die Verluste beim fieberhaften Ausgeben ihrer Stellungen. In den Wandelgängen der Kammer sah man nur verstörte Ge sichter und aufgeregte Gebärden der Abgeordneten, die gruppen weise die Köpfe zusammensteckten und einander bang nach den letzten Nachrichten fragten. In den Familien rechnete man de- stürzt aus, weicher von den Angehörigen noch als Territorial soldat oder Rescrvemann gegebenenfalls würde mitgchen müssen. Deutsche, die in den Vororten wohnen, sprachen an maßgeben den Stellen vor und erkundigten sich gedrückt, wie sie sich zu verhalten haben würden, wenn der Krieg etwa plötzlich aus brechen sollte. Fremde trafen Vorbereitungen, Paris zu ver lassen, solange der Bahnverkehr für Reisende noch offen sein würde. Kurz, es herrschte eine Stimmung, wie sie hier weder zur Zeit des Schnäbelestreitcs noch selbst 1875 zu beobachten war, als das noch vom Kriege erschöpfte »nd diplomatisch verein samte Frankreich durch den „Krieg in Sicht!"-Artikel der Ber- liner „Post" und die blitzschnell verbreitete Sage von den An- arisfsplänen des Fürsten Bismarck ertchrcckt wurde. Man beginnt sich jetzt zu erholen und wird hoffentlich bald auf die ahgelaufenen vierzehn Tage wie ans einen wüsten Fieberlraum zurückblicken. Man hat Vertrauen zur Geschicklichkeit und zum kalten Blute des Herrn Nouvicr und rechnet daraus, daß er rasch zu einer Einigung mit Deutschland gelangen werde. Aber ganz zuversichtlich ist man doch nicht; denn man glaubt nicht mehr an das landläufige Trostwort, daß man in keinen Krieg geraten könne, wenn man ihn nicht wolle. Man hört viel mehr häufig wiederholen: „Aufrichtige Friedensliebe ist keine penügende Bürgschaft gegen de» Krieg. Ter Zar hat auch den Krieg nicht gewollt, er ist ihm aber dennoch ausgezwungen wor den. Man nimmt zwar nicht an, daß Deutschland aus reiner Freude am Blutvergießen über Frankreich hersallen wolle; aber man läßt es sich nicht ansrcden, daß die deutsche Reichsreaierung Rußlands augenblickliche Ohnmacht dazu benutzen wolle, um alte Rechnungen mit Frankreich auszualeichcn. Man ist jetzt davon überzeugt, daß Marokko nur ein Vorwand ist, und darin erblickt man die große Gefahr der Lage. Denn über Marokko wird man sich in jedem Falle mit Deutschland verständigen können: daran zweifelt man nicht; dagegen weiß man nicht, ob es möglich lkin wird, die Forderungen zu erfüllen, die Deutschlaich etwa in Betreff der allgemeinen Politik Frankreichs würde stellen wollen. Man hat Deutschland vereinzeln wollen und verkennt nicht, daß es das Recht hat, Frankreich zu tun, was dieses ihm t»n wollte. Und gerade weil man kein gutes Gewissen hat, fürchtet man Strafe und Heimzahluna. In der Schwule, die jetzt auf alle Gemüter drückt, gedeiht der Weizen der Klerikalen vortrefflich. Sie schärfen jetzt dem französischen Volke daS Gewissen ; sie klagen die bösen Radikalen an. das Heer zerrüttet, di« Flott« geschwächt, das Land in einen Zustand der Deutsches Reich. Ter Kaiser hat, wie aus Hannover be richtet wird, aus Anlaß seiner Automobilsahrt Hannover-Hamburg dem Oberpräsidenteii Tr. Mentzel folgenden Erlaß zuaehen lassen . Ich habe die Strecke Hannover—Celle—Lüneburg-Harburg aus meiner Fahrt im Automobil mit großer Befriedigung kennen ge- lernt. Tie Straße rvar in guter Ordnung, der Verkehr vor- züglich geregelt. /Die kleinen Höfe in ihrem Frühiahrsscknniick, die hübschen Ortschaften und Städte mit ihrer jubelnden Bevöl kerung haben mich hocherfreut. Ich erjuche Ew. Exzellenz, den Beteiligten dieses bekannt zu machen, mit dem Hinzusllgen, daß ich die patriotische Herzlichkeit nicht vergessen werde, mit welcher ich auf dieser Reise von jung und alt begrüßt worden bin. gcz. Wilhelm 1k. Zu der bereits von der „NoGd. Allg. Ztg." als dreiste Er findung gekeiiuzeichueten Nachricht eines englnche» Blattes über das Vermöge» und den Ha »sha lt »nsekcs Kaisers bemerkt die „Volksztg.": „Es ist nicht das erste Mal, daß Behaupt»»««:» über eingegangcne Schnldverbindlichkeitc» des Deiftsche» Kaisers durch die Presse veröffentlicht werden. Und trotzdem diese Be hauptungen wiederholt in glanbhnstesier Weise als unzutreffend gekennzeichnet worden sind, tauche» sie in der nuswärttgeu Presse immer wieder auf. Auch die auswärtigen Blätter sollten nach- gctade wissen, daß für den Deutsche» Kaffer kein Grund varliegt, Anleihen auszuuclnneii. Er erhält als König von Preußen eine Zivillisle von jährlich etwa 17 Millionen Matt. Außerdem ist der Kaiser der größte Grundbesitzer i» Preußen, der zugleich über ein kolossales Privatvermögen verfügt. Sein Großvater bat allein während seiner Regicruugszcit 50 Millivuen Mark gespart und dem vorhandenen riesige» Hausvc>»wgeii der Hohenzoller» hinzu- gesiigt. Es ist mithin dem Kaiser ein leichtes, de» Answand zu bestreiten, den er sich auserlegt, und die auswärtigen Blätter sollten sich endlich bei dem Gedanken beruhigen, daß eine finanzielle Notlage des Teuischcn Kaisers in das Reich der Fabel gehört." Tie „Freie Deutsche Presse" weist mit bezug ans den merk würdige» Saminittiigsversncb, der die Privntwohltätigleit für adlige Offiziere aufbietc» wollte, daraus hin, daß bereits staatliche Unterstützuiigsivnds bestehe». So weist das Etatskahitel für Unterstützungen allein für das preußische Kon tingent Unterstützungen ii» Betrage von jährlich 1 195,034 Mk. an, wovon etwa zwei Drittel nur für Offiziere »nd höhere Militärbenmtc bestimmt sind. Auch ein besonderer Verfügungs- svnds „zu allerhöchsten Bewilligungen" befindet sich darunter. Abgcse'en davon hat bekanntlich jedes Regiment einen eigenen Unterstlitzungssvnds für Offiziere. Der Kaiser verfügt auch über einen allgemeinen Fonds „zu Gnadeiibewilligimgeii aller 'Art ' im Betrage von 3 Mill. Mk., dazu kommen Zuschüsse aus den, Reichsinvalidcnsonds zu „Gnadcnbewilligunqe» aller Art" im Betrage von 15 Mill. NU. Die „Post" schreibt zur Sache: „Ein Znlagcnsonds für unbeinittelte Offiziere sollte nach Meldungen der Presse von einer Anzahl einilnßrcicher Finanz- und Bankkreise in Anregung gebracht sein. Es sollte ein Fonds von 10 Mill. Mk. gesammelt und dem Kaiser übergeben werden, damit cr daraus nnbcmittclten Offiziere» Zulagen gewähren und so die Offizicrs- lanfbahn der Söhne solcher Familie» erleichtern »nd sichern könne, aus denen sich traditionell das Offizierkorps rekrutiert, die aber nicht bemittelt genug seien, um ohne Entbehrungen die Laufbahn verfolgen z» können. Die nationale Presse tut nur ihre Pflicht, wenn sie gegen solche Plänchen mit aller Entschiedenheit Front macht, denn es wäre entwürdigend, wenn unser Oiftzier- korps durch große Banke» alimentiert werden sollte. Auch wir teilen die Vermutung, daß man sich an der anregenden Stelle nicht recht klar geworden zu sein scheint über die Tragweite des Antrages, der einen Teil des Ofsizierkorps zu Kostgängern der Banken mache» würde. Eine solche Entwicklung sollte in Preußen- Dentschand mit seiner großen militärische» Vergangenheit zu aller letzt möglich sein." Der „Hann. Cour." äußert: „Es ist also wirklich wahr! Was wir zu bezweifeln versuchte», ist inzwischen durch zweier Zeugen Mund (und darunter eines ossiziöfen) be stätigt worden: es haben in der Tat „führende Persönlichkeiten unserer Gesellschaft" den guten Geschmack gehabt, „Angehörigen der Finniizwelt" die dankenswerte Anregung zu gebe», ihr Inter esse am Osiizicrkorvs, von dem sie »nd ihr Nachwnck>s mehr oder weniger ausgeschlossen bleiben, wenigstens durch Schaffung eines Fonds von 10 Mill. Mk. zu betätigen, ans dem der Kaiser un bemittelten Offizieren Zulagen gewähren könnte. Die Sache sei eben mir »och nicht perfekt geworden. Wie es in der (auch von uns mitgctcilten. Die Red.) offiziösen Auslassung im „Lok.-A»z." beißt: „Tic Anregung sei in den betreffenden Kreisen nicht ohne Widerspruch aufgenommcn und ein Beschluß darüber vertagt ( worden." Also: man hat die abenteuerliche Idee ganz einstbäst diSknticft und ist sich bloß über die Einzelheiten noch nicht einig geworden. Und da scheint es uns denn doch geboten, zu dieser neuartige» „Wehrstcucr" ein kurzes Wort zu sagen, Znnüchsl fällt hier (wie schon oft) an den „führenden Persönlichkeiten unserer Gesellschaft" ein bemerkenswerter Mangel an Verständnis für die Empfindungen breiter Schichten des Bürgertums auf. In welcher Welt leben denn eigentlich die Herren, daß sie sich nicht schon selbst sagen, wie dieser Plan, reiche Finanziers dafür bluten zu lassen, daß der Schwertadel Schwertadel bleiben könne, und man nicht beim Offizierscrsatz immer weiter in „unwillkommene" Sphären hincinzilgrcifcn brauche, vom Bürgertum als Schlag ins Angesicht cmpfuiwen werden muß. Und dann das schlechthin UiiVrcußische des ganzen Handels! Bisher hat cs immer als schöner Zug »iffcrcs Kleinadels gegolten, der niit manchem Unerfreuliche» versöhnen konnte, daß seine Söhne sich unter Um ständen tapfer durchznhungern verstanden und auch in Kärglichkeit und Bedrängnis noch mit Stolz und Ebren den Rock des Königs triisien. Jetzt soll auch in diese» Stücken ein neuer Stil ein- gefuhrt werden. Ein vermutlich unter Benützung älterer Mirbach- schcr Muster zusainiiiengcbrachter Fonds der Eitelkeiten soll auch dcni Aermstcii, der nur durch einen Frciplatz im Kadcttcuhaujc und KvnigSZiilage seinen Weg in die Armee gesnndcii hat, es er möglichen, den in der Wahl ihrer Eltern vorsichtiger Gewesenen in des Lebens breiter Führung glcichznkoiiimen. Er soll sich nicht in bescheidenem Räuberzivil zu Kempiiisli und Einberg schleichen müssen, indes Glücklichere bei Riebenstabl, Kons oder rm Linden- kasino ihre Nächte dnrchtollen. Und darüber sinnt man im Ernst auch ii», einen Augenblick nach ? Derlei Prosektc vertagt inan erst noch, »in späterhin cou amoi-s über sie alizustimmcn? Wir müssen gestehe», das hatten wir denn doch nicht für möglich gehalten, und deshalb erscheint uns ein Aufgebot der) öffentlichen Meinung nachgerade dringend erforderlich. Es ist nicht nötig, daß wir uns die Einfachheit unserer Sitten von sogciiannteil „führenden Persönlichkeiten" vollends zerstören lassen. Und cs ist auch nicht opportun, den Kaiser und König mit neuen diskretio nären Vollmachten z» beschweren, die das Verhältnis der Ge walten bei nns vollends verschieben müßten." Der AlIde»tsche Verband hielt in Worms seine Ge neralversammlung ab. Zum Kapitel „Säuberung der deutschen Hochschule»" nahm die Versammlung folgenden Beschluß an : „Die Haliptpcrsammlung des Alldeutsche» Verbandes spricht ihre Befrie digung darüber ans, daß die vom Alldeutschen Verbände wieder holt niigereale Säuberung der dentschcn Hochschulen von kulturell minderwertigen ausländischcn Elementen von einer Anzahl deutscher Hochschulen »nd Untenichtsverivaltiingen praktisch in Angriff genommen worden ist. Sie erwartet, daß in dieser Richtung fortgefahrcn »nd das Werk ans alle deutsche Hochschulen und auch Fachschulen ausgedehnt wird. Insbesondere fordert sie: l. Deutsche Volksgenossen aus dem Auslände genießen die Rechte der rcichsvcutscheii Studierenden; 2. Ausländer können an allen deutschen technische» Hochschulen nur als Studierende ausgenom men werden; 3. hierzu bedürfen sie eines Zeugnisses, das von de» Ministeriell als völlig gleichwertig mit den Reisezeugnisse» ciucs humanistischen Gyiiniasinms, eines Renlgminiasiums. einer Ober realschute oder einer diesen Schulen für das technische Studium gleichgestellten Lehranstalt ii» Deutschen Reiche anerkannt wurde: 4. dieses Zeugnis muß im Lande seiner Ausstellung zum Studium an einer technische» Hochschule, oder, falls keine solche vorhanden ist, an einer Universität als Studierende berechtigen; 5. für Aus länder ist weiter Bedingung, daß in ihrem Heimgtsande An» Drerone* Llachvichteir. 17V. Seite S. Mittwoch. 21. Juni 1V08