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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 13.10.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19051013022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905101302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905101302
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-10
- Tag 1905-10-13
-
Monat
1905-10
-
Jahr
1905
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G» bildete sich dis grachtenaesellschaft „Rette". dt« freilich heute durch die Dampfkraft überholt ist. Heut« verkehren nicht weniger als 160 Dampfer ans dem Elbstrom mit einer Bewegungskraft bis zu 1000 Pferdestärken: ferner 3000 Schleppkähne mit einem Durchschnittslcidegebalt von 500 Tonnen, außerdem 300 Fahr zeuge. welche de» lächsischen Binnenverkehr vermitteln. Zwischen Aussig und Hamburg ipielt sich ein Massenverkehr von 3 500 000 Tonnen pro Jahr ab Bon der Moldau und ihren Nebenflüssen kommen 5—600 000 Kubikmeter Holz, von dem «in Teil in Sachsen verarbeitet. das übrige nach Hamburg und weiter di- zu unseren kounuen geht: den» in Dresden, wie überhaupt in Sachsen, liegen die Bauoerhällttisjc darnieder und es wird lange dauern, ehe wieder normale Verhältnisse eintreten. Biele Industrien sind auf den Export angewiesen und müssen ihre Produkte auSsühren, um unser Volk zu ernähren: durch Ein führung von Schiffahrisabgabcn könnten unsere Industrien dem Weltmarktpreis kein Paroli mehr bieten. Die geplanten Schiffahrisabgabcn wurden eine Erhöhung der Fracht mn 10 Prozent ausinachen. Diese Maßregel ist als verwerflich zu bezeichnen, durch sie werden viele sächsische Kreise geschädigt. Bon Hamburg nach Sachsen allein und umgekehrt beträgt der Berkehr reiner kauimaniisgüter ohne Rohprodnfte 150 000 Tonnen. Nach des Redners Erfahrungen ist es notwendig, die Wasserwege mit der Eisenbahn zu verbinden: denn die Zeit ist vorüber, in der man annahm. daß das Wasser ein Feind der Eisenbahn ist. Schiffährtsabgabeii aus Kanäle», die künstlich erbaut wurden, seien verständlich, nicht aber auf unsere» Flüssen, die den Weltverkehr mit dein Seeweg vermitteln. Eine Einführung derartiger Abgaben fei uiirechi: Redner werde sich daher im Landtag gegen die geplanten Smiffahrtsabyaben er klären. — Der Vorsitzende deS Vereins, Herr Professor Dr. GraveliuS, verwies in längeren Ausführungen aus K 51 der Reichsversassiing. »ach dem auf allen natürlichen Strömen SchiffahnSabgaben nicht erhoben werden dürfen, und trat der Auslegung entgegen, baß regulierte Ströme nickt mehr natür liche wären. Durch die Regulierung wird der Entwicklung des Flusses nur nachaeholsen: duffe Beschleunigung sei erforderlich, weil die Natur langsamer arbeitet, als das moderne Kultur leben. Redner zoa ferner zwei bestehende internationale Bei träge heran, dtt gegen die Zulassung von Sctziffahrlsabgaben sprechen Für die Flnbregiiüerungeu und Schiffahrisanlagen habe Sachsen im Vergleich ja Preußen auch ansehnliche Summen .lu'wenden müssen. Zwar fürchten sich die großen Gesellschaften vor den geplanten Abgaben nicht, aus der Elbe besteht aber auch ' ein klclnschiisersrand, der ui einen schweren Existenzkampf gedrückt würde. Wenn gesagt werde, die Abgaben müßten ein- geiührt werden, uni der Landwirtschaft ausziihelseii. so müsse Redner protestieren, daß die Landmirtschasl die Schuld tragen solle an dieser schlecht erdachten Steuer, deren Einsübrung er für äußerst bedenklich balle. — Herr Amtsrichter Dr. Waanex dankte den Referenten iür ihre Ausführungen, die von der Ver sammlung beifällig ausgenommen wurden, und sprach zur Sache selbst im Sinne der Vorredner. Er gab der Hoffnung Aus druck, daß der Landtag unsere Regierung ersuchen werde, im Bundesrak rechtzeitig ein Veto gegen die von Preußen vorge- schlagene Einführung von Schissahrtsabgaben aus den deutschen Flüssen einzulegcn. — Der Alldeutsche Verband eröffnete leine dies jährige Vortragssaison mn einem am Dienstag abzehaltenen Vortragsabende. Polk> eMont, der in literarischen Kreisen rühmlichst bekannte flämische Dichter, hielt einen Vortrag zu nächst in deutscher Sprache über die flämische Bewegung in Belgien. Der Dichter, eine ungemein snmpalhijche. wiselnde Perwnlichkcir. kam zuerst als Führer der flämischen Bewegung zu Wone. also als Pouuker. Er versuchte es mit Glück, die Interessen der Zuhörer für den schweren Kamps zu gewinnen, sen das niederdeutsche Flamenkum mit dem französischen Wallonenlum zu führen hat. "Noch sei in Deutschland diese» Kampf viel zu wenig bekannt, und das müsse man bedauern Sa beide Völker doch einer Raffe und beinahe einer Sprache flttcn. Teuttche Dichter und Schriftsteller haben sich längst mit den Li .raluren aller Völker der Erde beschäftigt und sie über setzt. Die Philologie der romanischen Sprachen wird am vor züglich'ten in Deutschland gelehrt: wo aber märe, Bonn viel leicht ausgenommen, in Deutschland die Universität, die einen Lebrskiihl für niederdeutsche Sprache und Literatur hätte'? Flämisch und holländisch leien ja nichts anderes, als nieder- deutsch. In dieser Sprache sind einst die Nibelungen und die Gudrun entstanden. Die flämischen Stählte Gent, Brügge Antwerpen ujw. waren einst treue Mitglieder des Hanjebundes dessen offizielle Sprache das Niederdeutsche war. Luther und leine Reformation haben im flämischen Lande ein Zeitalter voll Kraft und frischem Leben, ein goldenes Zeitalter hervor- gerufen. Deutschland kennt die Vergangenheit der Flamländer, es solle nun auch ihre Gegenwart kennen lernen. Das End ziel der flämischen Bewegung sei. dem Deutschtum einen alten »eiitlcheu Stamm zu erhallen. Wie die Flamen von jeher ihre Muttersprache geliebt und ihr ielbff bei Kaisern und Königen Hechelt zu verschaffen gewußt haben, davon führte der Redner eine ganze Anzahl hübicher Beispiele aus der Geschichte an. Flandern sei auch von iclrer eine Vorkämpferin der europäischen Freiheit gewesen, und schon lange Zeit vor der französischen Revolurion hatten «ich die Flamen auf friedlichem Wege einen großen Teil der nachher mit so großem Pomp proklamierten „Menschenrechte" ertrotzt. Die eigentliche flämische Bewegung Sattere von 1830. von Lew Jahre des Abfalles von den Gcneral- staaten (Holland!. Diele Revolution habe das Flcunentum heute noch bitter zu büßen, denn, von Wallonen und Franzosen an- gezettelr, fei die ganze Revolution nur bestimmt gewesen, Flan dern dem Franzmentume in die Hände zu spielen. Während >chon damals die Flamen in der numerischen Ueberzahl waren, habe sich dieses Verhältnis bis zum heutigen Tage rmmer- mehr zu gunsten der Flamen verschoben, so daß in dem von etwa 6 Millionen Menschen bewohnten Königreiche Belgien etwa 1 Millionen Flamen und 2 Millionen Wallonen leben. Demgegenüber maße sich der Wallone — und leider seien die wgenannten gebildeten Kreffe stark französiert — den Löwen anteil an der öffentlichen Verwaltung an. Das Verhältnis Gefolge dobe, wie flämische Volk um seine ordentliche Recht, sprechung, seinen Anteil an der Vcrivalruua. seine Sprache einen nun schon »ahrzehnlelangen Kampf sichre, der aber gottlob nicht erfolglos geblieben sei. Wenn es ein« flämische Bewegung gebe, so se» da» den völkischen Dichtern. Schrlststellern und Gelehrten zu verdanken. Nscht nur «in« neue Literatur, auch «ne neue Kunst sei den Flamen erstanden, und Namen Hab« sie auszu- weisen, di« überall in der Külturwelt hohen, geachteten Klang hätten. Biel sei schon geschaffen worden, waS aber hauptjäck- sich fehle, sei eure niederdeutsch« UniversltSt. Doch auch die e müsse und werde kommen, damit auch die gebildeten Kreise der flämischen Bevölkerung wieder ganz dem Flamrntume zurück- gewonnen werden können Der Redner schloß mit einem Ke- geisterten Appell an das deutsche Volk, flämischer Literatur und Kunst mehr Beachtung zu schenken und bei Reffen und im Ber- kchr in Belgien sein Deutschtum mehr zu betonen. Damit stärke und fördere man auch die flämische «ache. Falle Flam- laud einmal i» französische Hände, dann habe Frankreich auch schon eine» Fuß ans reich-deutschem Gebiete. — Nack einer- kurzen Pause sprach Herr Pol de Mont nochmal», doch dies mal in flämischer Sprache. Es lag ihm daran, zu zeigen, wie säst identisch das Flämische mit der Sprache eines Fritz Reuter und eines Elans Groch ist. Das, ivas Pol de Mont sagte, war ebenso reizvoll, als wie er cs sagte. Er Hot einen Zaubermund, dieser flämische Dichter, der Lieder singh auch wenn er Prosa spricht. Seines 'Volkes und seiner Heimat Art schilderte de Mont in packenden, zu Herzen gehenden und fast durckzgängig für jeden a»ifmerksc»»en Zuhörer verständlichen Worte». „Was daS Ohr nicht verstand, das verstand das deuffche Herz" - diese vom Dichter ausgesprochene Hoffnung wurde nicht zu schänden. Wie deutsche Heimatsluft wehte es vom Podium herunter in den Saal, die Herzen unwiderstehlich in Bann schlagend. Man merkte es aus icdem Klang, aus jeder Geste: hier sprach ein deutscher Dichter zu deutschen Herzen mit all jener Zcinbermticht, die einem Dichter gegeben sein kann. Ob er vom flämischen Heldenliede sprach, den „Äilhelmus von Nassauen", das auch bei uns bekannte nieder- ländische Volkslied, fang — ja sang! — oder den herzerquicken den Humor flämischer Volksliedchen, die Eigenart flairdrischer Landschaft schilderte, immer wußte Pol de Mont mit den Lauten seiner Muttersprache zu fesseln, und wohl mancher hat sich vorgenommen, das bei uns fast gänzlich vernachlässigte oder wo!» gar unbekannte Studium flämischer Sprache und Literatur auszuuehmen. Es braucht wohl kaum besonders erwähnt zu werden, daß die Erschienenen dem Dichter begeisterte Beifalls- ooationen darbrachte,i. die in ihrer spontanen Ursprünglichkeit sich weit von dem üblichen GesellschaslSbeifalle entfernten. —* Der Evangelische Bund hielt in Hamburg am Mittwoch unter allgemein zahlreicher Beteiligung die öffentliche Haupt versammlung ab. Den Vorsitz führte 0. Graf v. Wintzingerode. Bodenstein. In seiner Eröttnungsrede wies dieser daraufhin, daß die Vorbedingung der Krcffk des Protestantismus die aus- aleichende und vermittelnde Tätigkeit des Bundes innerhalb der evangelischen Kreise ist. Möge die Richtung, die sich bis jetzt noch dem Evangelischen Bunde sernhält. zu der Erkenntnis kommen, daß gegenüber dem Ultramontanismus die Einigkeit des gesamten Protestantismus eine unbedingte Notwendigkeit ist! Wir leben im Schillerjahre. Haben wir aus den Schiller seiern nichts gelernt?) Wir leben in einem Jahre, wo unseren Studenten au» den Universitären und den technischen Hochschulen das Leben etwas sauer gemacht wird. s.Heiterkcit.l Haben wir denn daraus nichts gelernt'? Wollen wir cs nicht registrieren als eine hocherfreulich« Tatsache, daß bei unseren Studenten der alte deutsche Idealismus, der so lange geschlummert hat. wieder erwacht ist ? sGroßcc Beifall.s Man tut unserer Jugend unrecht, wenn man diesem Idealismus nicht freien Raum lassen will. Wie kann man von unseren Studenten verlangen, daß sie Körperschcfften als gleichberechtigt anerkennen sollen, deren Sache ist, sich selbst zu knechten und andere knechten zu lassen. sGroßer Beifall.s — Senatssekretär Dr. Hagedorn entbot dem Bunde den Gruß des Hamburger Senats. Der Senat könne zu Emzel- sragen keine Stellung nehmen. Aber die Werke der Reformation würden in Hamburg hochgehallen. Die Stadt Hamburg habe sich als eine der erste» dem Schmalkaldischen Bunde angeschlossen und ihr Wappen sei auch in der Schloßkirche zu Wittenberg mitaufgehäiigr Getreu seiner Vergangenheit werde Hamburg auch in Zukunft die Fahne der Reformation Hochhalten. sLeb- hasler Beifall.! — Senior Dr. Behrmann-Hainburg überbrachte die Grüße der hamburaischen Geistlichkeit. Der gefährlichste Feind des religiösen Lebens fei die Teilnahmslosigke! und Gleichgültigkeit in den breiten Massen. Wenn es dem Evange lischen Bund gelingt, diesen Indifferentismus zu überwinden, so erwirbt er sich schon dadurch ein hohes Verdienst. sBeffall.j Zodann sprach Professor v Nivpold-Iena übe ..Die internationale Lage des Protestantism» s". Er behandelte zunächst die Lage in Deutschland. Unsere heutige nationale Kultur ist ein Werk des Protestantismus, denn unsere Dichter und Philosophen waren doch sämtlich Protestanten. Trotz dem beherrscht die katholisch« Minorität Reich und Einzelsiaaten. Schachergiffchäfte. bei denen die höchsten und heiligsten Güter in Frage gestellt werden, sind auf der Tagesordnung. Man würde sich darüber iv^l kaum entrüsten, wenn der Evangelische Bund nicht wäre. (Sehr ivobrü Seine stille Arbeit hat es zuwege gebracht, daß bereits heule eine mächtige Unterströmung vor handen ist, mit der man rechnen muß. Aus dem tiefsten Friedens- aesükl heraus ist der Evangelische Bund entstanden. sLebhast« Zustimmung0 Aber neben seinen nationalen Aufgaben hat der Bund von Anfang an auch internationale Ausgaben gepflegt. Unser Bund wurde nicht nur für de» deuffche». sondern für den gesamten Protestantismus gegründet. (Sehr richtig!) Ist es aber nicht tief beschämend für »ns. wenn wir sehen, baß in anderen protestantischen Landern die Dinge nicht besser liegen wie bei uns. Und daran ist der Protestantismus selber schuld. (Lebhafte Zu stimmung.) Gestalten wie Napoleon und BlSmarck sind für daS Papsttum nur Schachfiguren gewesen, di« es durch seine Türme matt setzte. (Beifall.) Und während Rom (eben Moment in jedem Lande ansnützt. fresse» sich nicht nur in diesen Ländern die Protestanten einander auf, sondern es fehlt ihnen zedes gemein cvegeiiwarilg rönnen tw etwa« auf. en in Ostassen baden et« bösere auch in Wien nach dem italienischen schloß unter lebhaftem Betsall «st same international« Vand. «ebner verbrettet« sich avSMAich über «^«NSS-WlsUÄ^ land. um der polnischen Gefahr zu begeonen Recht betrübend ff, die Lage der baltischen und sinnlschen Protestanten, sowie der so schlecht behandelten Armenier. Gegenwärtig können sie etwa» auf. atmen. Denn die Niederlagen in '' " Stimmung geweckt, nk« «t aucl ' Kriege geschah. Der ««»er sch , Ermahnung an die Prntestanten aller Länder, im Kampf« gegen Rom zusammen zu stehen. «Anhaltender Beifall.) — Folgende beiden vom Gesamtvorstande eingebrachtrn Resolutionenae- langten einstimmig zur Annahme. „1. Die Denkschrift d«S Deut sche» Evangelischen KiichenausschusseS über den vom Zentrum im Reichstage eingebrachten Gesetzentwurf betreffend die Freiheit der Religloiisnbung hat vor der weiteste» Oeffeiilllchkeit norgestelll. daß es sich hier nicht um einen Toleranzantrag, sondern um de» Versuch handelt, da- Kirchenhobeitsrecht der einzelnen deutsch«,, Staaten auf dem Wege der ReichSgejetzaebuna zu beseitigen. Die 18. Äeneralveisanimlllng des Evangelischen Bunde- in Hamburg weist nachdrücklich daraus hin, daß dieser Versuch in Wahrheit die schrankenlvse Machtstürke der Kirche Roms zur Folge haben mußte und richtet daher an alle, denen das Wohl unseres Voltes am Herzen liegt, die dringende Mahnung, »ach allen Seiten hin die wahre Bedeutung des Antrages ans Licht zu ziehen und so seiner Annnlnne durch de» Reichstag entaegenzuwirken. 2. In Oester reich ist seit IM l7 evangelische» Geistlichen, die von den protestantische» Gemeinde» gewählt waren, die Genehmigung und die Ausnahme in den Staatsverband versagt und damit das ver fassungsmäßig verbürgte Reckt der evangelische» Kirche Oester reichs, Ausländern ein geistliches Amt zu übertragen, mißachtet, sowie viele» Gemeinde» ihre kirchliche Versorgung erschwert wor den. Der Bund hält es für seine Pflicht, das deutsche evangelische Volk auf diese Lage der österreichischen evaugeltschc» Kirche aus- »icrlsam zu wache», ziu» erneuten Beweise dafür, wie ultranwir» tarier Einfluß überall Unduldsamkeit übt und andere christliche Kirchen, vor allen die evangelische, hemmt und drückt. Dir „dog matische" Intoleranz der Römischen wird sofort zur „bürgerlichen" Intoleranz, wo n»d wann sie die Macht dazu haben." Mit einem Schliißgebet des HniiplpastprS U v. Broecker-Hamburg erreichte die Versammlung ihr Ende. — Am Nachmittag unternahm der Kongreß mit Eztrazug ein« Fahrt »ach F riedrickSruh. wo am Sarkophage Bismarcks Kränze »rede,gelegt wurden. —* Der Allgeinei»e Hand >vcrkervcr «in hielt am Dienstag die erste bieswinterliche Bortragsversc»in»l»»a ab. in der Herr Stadtverordneter Hoflieferant Weiidsrkiich den Vorsitz führte. Nach dessen begrüßenden Worten sprach Herr Pfarrer Blanck- mei st er von der Triiiitatisgemeinde über „Peter Roseg ger". Der Vortragende schilderte zunächst oen Lebens- und Werdegang des Dichters und erwähnte n. a., daß eine seiner Töchter bis vor kurze», in einer hiesige» Pension wohnte. Hieraus ging Redner auf die Bedeutung des Dichters und die Eigenart seiner Werke ei». Tie Gedichte Roseggers erreichen die Gedanken tiefe und Idealität Schillers. Znm Schluß ließ Redner den Dichter selbst zu Worte komme» und fesselte mit der Rezitation von Gedichten und kleinen Erzählungen die Hörer. d>e dein Vor tragenden reichen Beifall spendete». — Bei der Behandlung „Ge- schästlichcr Mitteilungen" bat der BercinSvorsitzende, die Veran staltungen des Winterhalbjahres durch zahlreiche» Besuch zu unter stütze». Die vom Verein ins Leben gerufene» M eisterknr»e werden nächste» Dienstag abend 7 Uhr eröffnet. Demnächst wird ein nach Branchen geordnetes Mitgliedcrvcrzeichnis erscheinen, damit in Bedarfsfällen die Mitglieder sich der Einkäufen berück sichtigen. Die sür Ende September in Aussicht genommene Be sichtigung des neuen städtischen Bades am Elbberg hat bisher »och unterbleibe» müsse», weil das Bad noch nicht fertiggestelll ist: sie wird im Monat Dezember erfolgen. Die F ach» chule des Ver eins wird sich an der im nächste» Jahre hier stattffiidenden Kunst- geiverbe Ausstelliing beteiligen. Ferner teilte der Vorsitzende mit, daß der Brnein bei dem Verbandstage der sächsischen Handwerker- Vereine in Waldheiin durch drei Mitglieder vertreten war. Dem Vorstände solle» zwei »»terstützungsbedürstiac n»d würdige Hand werksmeister unserer Stadt namhaft gemacht werden: sie sollen ans einem StistniigSelträanis bedacht werde». Die Luther-Jfst- tviele wurden dem regen Besuche empfohlen. Zur Verteilung ge langte ei» Wcrbebüchlei», das die Tätigkeit des im Jahre 1870 gegründeten Allgemeinen HandiverkervereinS veranschaulicht. Zu den etwa 1200 Mitgliedern haben sich im Laufe des Sommerhalb- iabres durch Neuaiffuahmen 116 HandwerkSineister binzugesellt. I» die BorschlagSkoinmission für die deiniiächst stattfindende Vor- standswahl wurde» berufen die Herren Schlosseinieister Demuth, Schneidermeister Ehrhardt und Bildhauer Hempel: zu Kaffen- revisoren die Herren Glasermeister Müller und Schiihmachermelster Prasse. — 'Nächsten Dienstag hält Herr Lehrer Nitzsche-Leipzig einen Lichtbildervortraa über Rresengebttaswaiideliingen. —* Wegen Beleidigung des sächsischen Kriegsmini sleriu ms stand vorgestern der Redakteur der „Zeit am Montag". Karl Schneist, vor der 7. Straf kammer des Landgerichts I in Berlin. In der Nummer vom 1. Juli v. I. besprach die „Zt. a. M." unter der Spihmarke „Vom gesrätzigen Moloch" die Tatsache, daß in der Umgegend des Truppenübungsplatzes Zeilhain in Sachsen Geländever messungen zu einer Vergrößerung des Uebungsplatzes stattfonden. Es wurde gesagt, daß ein Teil des Dorfes Iokobsthal und das ganze Dorf Licbtensee von der Bildstöcke verschwinden müßten, wenn das Projekt zur Ausführung gelangte. Das sei aber „dem Moloch und seinen Dienern" völlig gleichgültig usw. Die 7. Strafkammer erkannte seinerzeit ans Freisprechung des wegen dieses Artikels Angeklagten: nach der Urteilsausfertignng wurde ihm der Schutz des ß 193 zugebilligt, da er, der früher selbst Landwirt gewesen, sür die Interessen der Landwirtschaft ein- getreten sei. Aus die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision hob das Reichsgericht das erste Urteil aus, weil die Anwendung des 8 193 in diesem Falle eine irrige zzewefen sei. Im vorgestrigen Termin verurteilte der Gerichtshof den Ange klagten zu 1 Monat Gefängnis. —* B o l i z e i b e r i ch t. 12. Oktober. Beim Ausladen von Kohlen fiel am Montage auf der Weißeritzstraße ein Arbeiter von einem Taselwaoen herab und erlitt einen Schädelbruch. — Anfang dieses RWnats ist ein Paket mit B e st a nd te rl c n Fällen über 100 000 Mk.. gezahl^werden mußten, so kann man sich ungeiähr vorstellen, welche Summen dieser Riesenbau ver schlingen wird, ehe noch der erste Kärffer seinen Geldbeutel ge- öffner haben wird Ter Volksmund hat bereits diesem neuen Warenhaus»: die Bezeichnung „Zwanzig-Millionenhous" anqe- hestet. und alles in allem wird die Gesamtausgabe hinter dieser Rieienziffer nickst allzuweit zurückbleiben. Neben diesen gewaltigen Neubauten entstehen namentlich in den westlichen Autzenvierteln beständig neue Stratzenzüge mit ansehnlichen Mietshäusern werden auch im Innern von Mt- Berlin zahlreiche, zum Teil bemerkenswerle Neubauten vollendet. Namentlich die Leipziger Straße hat jüngst wieder einen Um- wandlungsprozeß dnrchgemacht. Sechs neue, große Gcschästs- asbäude, wahre Paläste, und dort erstanden. Die Würitem- dergische Metallwarenfabrik, die sich bisher mit einem großen Laden in der Frievrichsiraße begnügte, hat sich nun ein eigenes Eckhaus erbaut, in dem sie ihre Erzeugnisse noch besser zur Geltung bringen will Die schlesisch« Wäschcnniia Grünicld hat sich aus einem 1500 Gepiertineter umfassenden Dopvelgrundstück ein monumentales Geschäftshaus errichtet mit zwei mächtigen Sandstcinfassaden, 12 Schaufenstern und 8 Stockwerken, oon denen drei ausschließlich dem Euizelverkans dienen. Zehn elektrisch betriebenen Fahrstühle vermitteln den Personen- und Warenverkehr. Eine üppige Lichtfülle spenden die nach künst lerischen Entwürfen gearbeiteten zahlreichen BelcuchlungSkörver. Man baut neuerdings die Berliner Geschäftshäuser in einen, wuchtigen, monumental wirkenden Stile unter Vermeidung über flüssigen Zierrates aus gediegenstem Material, wodurch fick das Aeußere der .Hauptverkehrsstraßen in letzter Zeit wesent lich zum Vorteil verändert bat. Auch die neueren öffentlichen Bauten weisen erfreuliche künstlerische Fortschritte gegen früher auf. Das Kaiserliche Patentamt hat soeben ein sehr stattliches neues Heim bezogen. Las rmt seinen vornehmen Formen, teurem jede Ucberladung weise vermeidenden Schmuck an allegorischen Statuen uns Reliefs und seiner großen offenen Loggia über dem Haupt- oortal künstlerischen Geschmack mit Zweckmäßigkeit glücklich ver bindet. Auch der soeben fertiggestellte grotzc Erweiterungsbau aes Königlichen Kunstgewerbemuseums verdienr nahezu unein geschränktes Lob. wenn man auch vielleicht mit Recht bedauern mag. daß sich der Erweiterungsbau nicht dem Stile des alten Gebäudes, einer besonders gelungenen ürchöpfung von Gropius, anschließt. Während dieser Renaissance-Don eine Front in lebhaften Farben anfweist, bestehen die Fronten des weit grö ßeren Neubaues aus hellgrauem Sandstein und knüpfen in freier Weise an den Barockstil an. An den Seiten des weiten Portals erheben sich zwei mächtige Sandfieinsiguren, von denen die eine einen modellierenden Knaben, die andere ein stickendes Mädchen darstellt. Darüber befindet sich eine von allegorischen Figuren gehaltene Kartusche mit der Inschrift: „Erbaut unter der Regierung Wilhelms II. 1901—1905 " Der Erweiterungs bau ist dazu bestimmt, die Ilnterrichtsaifftcffr und di« reichhaltige Bibliothek oufzunehnien, während das alte Gebäude fortan aus schließlich der Ausnahme der kunstgewerblichen Sammlungen dienen soll. Außerdem «st für die von den wissenschaftlichen Mrffeuinsbeamlen zu haltenden öffentlichen Vorträge im west lichen Hose ei» besonderer Hörjacii erbaut, der etwa 150 Per sonen saßt. Auch Für ein Treibhaus ist gesorgt, das das sür das Studium der Pflanzen noch der Natur erforderliche Mate rial liefern soll. Für ttitterrichtszwecke flehen gegen 200 Räume zur Verfügung, die sich durchweg durch zweckmäßige Anlage auszeichnen. Alle sind einfach gehalten und lediglich ihren Zwecken gemäß ausaestattet. Ein wenig mehr auf künstlerischen Schmuck hat man beim Ausbau des Bibliolhckslügcls gesehen, doch ist auch hier mit Recht zunächst aus die Zweckmäßigkeit geachtet worden, auf hohe, Helle, gut veulilierte Raume, auf eine bequeme Verbindung des Lehrsaalcs mit den Büchertcimmlunaen und aus sonstige praktische E'nrichtunge». Alles in allem standen dem Bauleiter nur 214 Millionen Mark zur Versüf.ung, und man darf ihm das Zeugnis ansstellcn, daß er sür diese verhält nismäßig bescheidene Summe Hervorragendes geleistet hat. Ein monnmentaler Neubau, der sich, auch abgesehen von seiner sür das Berliner Kunstleben höchst bedeutsamen Bestim mung, allgemeine Beachtung erzwingt, ist das in seiner Auhen- archttektur nunmehr vollendete Gebäude der Komischen Over, die binnen kurzem mit „Hoffmonns Erzäblnngen" von Otten bach eröffnet werden soll. In nächster Nähe des Bahnhoss Friedrichstraße, umnitielbar an dem User der Spree gelegen, lenkt dieser eigenartige Bau mit seiner Mischung aus Barock- und Biedermeier-Stil die Blicke der zahlreichen Passanten ans sich. Der Haupteingana an der Friedrichstraße ist durch einen kräftig geschwungenen Giebel gekrönt, der sich durch reichen bildhanerischen Lchmuck weichin abhebl. Die Giebelflächc zeigt drei anmutig- heitere Fraucngcstolten, die die Musen des Ge sanges, des Tanzes und des Lustspiels verkörpern. Darunter rst ein in Stein gehauenes Schild „Komische Oper" airgebracht, das zu beiden Seiten von einem durch den Pegasus gezogenen Thespiskarren flankiert ist. Das breite Haupiportal besteht aus fünf Toren, die durch bandartige Ornamente zusammen- chalten werden. Sechs hübsche Plaketten, die verschiedenen pochen der Musik, vom klassischen Altertums sLrvheus! be- ginnend, im Stile und in der Getvandung der betreffenden Zeit darstellend, schmücken die Hauptfassadc als Hochreliefs. Die großen Fenster des Parketis und des ersten Ranges sind durch stark plastisch ausgebildetc Kuvserbrnstungen auch äußerlich an- gedeutet. Der ganze Bau trägt ein eigenartiges Gepräge und bietet ein fesselndes Bild, was man auch immer gegen manche Einzelheiten desselben vom rein ästhetischen Standpunkte aus cinzuwcnden haben mag. Jedenfalls sieht man schon aus diese» naturgemäß flüchtigen Schilderungen, daß das architektonische Gesicht der deutschen Relchshauptstadt wieder einmal große, bedeutsame Verände rungen erfährt. In dieser Beziehung gilt auch das Wort, nichts ist dauernder als der Wechsel. Nicht immer bedeuten t»e bau lichen Milderungen hier einen künstlerische» Fortschritt. Aber im allgemeinen sind sie cs neuerdings doch unstreitig. Man baut in der Regel solider, geschmackvoller und gediegener. Mehr und mehr verzichtet man auch bei Privatbauten auf Surrogate, die nur den äußerlichen Schein besonderer Pracht erwecken sollen, und bemüht sich, durch echtes Material und künstlerisch« AiiSsührung auch höheren Ansprüchen der Kenner zu genügen. Freilich ist in dieser Beziehung in Berlin bis vor kurzem so arg gegen die Regeln des antcn Geschmackes und der Gediegen heit gesündigt worden, daß Rückschritte da kaum noch möglich waren. Man wird da an die Anekdote von dem galanten jungen Herrn erinnert, der zu einer nicht gerade durch Schörchert aus gezeichneten Dame, die er lange nicht gesehen hat. sagte: „Gnädige Frau haben sich aber sehr verändert! . und aus die kokett« Frage: „Doch wohl zu meinem Vorteil?" unbedacht entgegnete: „Gnädige Frau können sich nur »um Vorteil verändern!"
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