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S1. Jahrgang. U 52. Freitag, 23. Februar 1917. Drahtanschrift: Nachricht«, rrelöe». Frrnsprecher-Sammelnummkr: rsr-U. Nur für Nachtgrspräche: L0VU. I8SS >«z«g»»Prd>hr »terttljihrlich tn Dresden bet poeimaliger Zukagung <an Sonn- und Montagen nur «tn. mal) 2,25 M,, tn den Vororten S.S0 M. Bei einmaliger Zustellung durch die Post N.ttO M. <ohne Bestellgeld). Anzeigen-Preise. Die einspaltige Zette (etwa « Silben) 2b Pf.. vorzug«pt<ls,e und Anzeigen in Nuntmern nach Sonn- und Feiertage« laut Tarif. — SurioLrtige Aufträge nur gegen Vorausdezahlung. - - Belegblat t I v Pf. Echriftieilung und Hauptgeichästsslellr: Marienstrahc S8/4V. Dmck u. Bering von Licpsch L Rrtchardt in Tecrden. Bachdruck nnr mit deutlicher Quellenangabe c,.Die»tmei Nachr.") ^uILsflg. — Unverlangte Schriststücke werden nicht ausbewahr«. SIutrsinigung5 -Iss SoftlSuolis XIsppen Kings Soknürv WslLorr k»L»1kt:r- Uismon LUS terläxl 1s xnvsnl-lsrli yustitLlsn k. Mm vksscisn fsMMll'. 1Z. «ItdeMlUirtes Isiittel ror tkutfrkclillNs- 6e» Muter uns sieinlgunx cker 8Lkt«. Unket 1,50 M leckt mit Lcliutem. «Miller Firns". Qenerslverlrieb: lltllüllVdl kiiklpolUvIll!. 0Ni8>1lv-k.. Vvvl'gllllvl'. Or. Ocftts I I «»»«tk>r»!Gr»»» gt ^en mellt osten» l roKscstäcken. Or. lleisM Itz ueZen offenen lrost. Ons-inalckore 75 Ul)-, unck I dlsrk. Verknet „ach uuLevärts, IM»» - tM'M-I «SS«» lKSter L'LTiL-L' Der Wiederzusammentritt des Reichstags Sine Ansprache des Präsidenten Dr. Kaemps. — tzrsolge unserer il-Boote. — Die Meldung des Sperrgebietes. — Unterbrechung der Mnnitionslieserungen nachAtalien. - SineamerikanischeMilitärvorlage.- karrauza gegen die amerikanischen Munitiousliesernngen. Der deutsche Abendberlcht. Berlin. 22. Februar, abends. (Amtlich. W. T. B f Am Westen bei Rege« nnd Nebel kein« Kampshand; langen von Siedentnag. Am Osten brachte östlich von Zloczow ein Vorstoß von Sturmtrupps 2 SU Gefangene ein. Sefterreichisch-ungarischer Kriegsbericht. Wie«. Amtlich wird vcrlautbart den 22. Fcbr.: Vestttcher Kriegsschauplatz. Die Tätigkeit «nserer Aagökommandos und Stoß trupps war gestern wieder sehr rege, namentlich im Front- ranm zwischen Dorna Watra «nd dem Dnjestr. Unsere Abteilungen entledigte» sich ihrer Aufträge überall mit Er folg and brachten, selbst nnr geringe Verluste erleidend, zahlreiche Gefangene ein. Italienischer Kriegsschauplatz. Unverändert. Südöstlicher Kriegsschauplatz. Au der Bojusa lebhafteres Geplänkel. Nordwestlich von Tepelcni wurden feindliche Banden zersprengt. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: sW. L.B.s v. Hofer, AelLwarschall-Lentnant. Ser Reichstag. Die politische Atmosphäre, in der der Reichstag gestern wieder zusaininciigetrete» ist, crmaiigctt des Zündstoffs, der bet der letzten Tagung durch die Meinungsverschiedenheiten über die Führung des Unterseeboot-Krieges ausgchäuft war, und verspricht daher von vornherein ruhigere Erörterungen. Die öffentliche Meinung hat sich inzwischen i» so einmütiger Weise für die uneingeschränkte Anwendung unseres wirk samsten Kriegsmittcls gegen unfern erbittertsten und ge fährlichsten Gegner ausgesprochen, das) auch die noch zögern de» Elemente mftgerissen wurden und die leitenden und verantwortlichen Stellen nicht umhin konnten, ihre letzten, in der Rücksicht uns Amerika wurzelnden Bedenken preis- zuacben und die Balm für den Stoß ins Herz gegen unseren britischen Erzfeind sreiznmachcn. So steht denn die dies malige Tagung des Reichsvarlamcnts im Zeichen der Hoff nung, das, wir uns dem Höhepunkte der Entscheidung und damit dem Ende dieses unerhört blutige» und opscrvollcn Krieges näher», den wir. wie König Ludwig von Bayern dieser Tage sagte, um der Menschlichkeit willen, um den allgemeinen schrecklichen Leiden ein Ziel zu setzen, mit aller Kraft zu einem raschen Abschluß! bringen wollen, im Be wußtsein unserer guten und gerechten Sache, die nichts zu scheuen hat. während unsere Feinde sich vor dem Frieden fürchten, weil dann die unvermeidliche Abrechnung der Regierenden mit ihre» ausgebcntetcn und misshandelten Völker, sowie der häusliche Streit der ZchnverbandSstaaten untereinander wegen der nicht erreichten Kricgszicle be ginnt. Wir sind beute geschlossener, einiger, gefesteter gegen über der uns umdräuenden Welt von Feinden, als sc. Wir wissen, das, cS kein Zurück mehr für uns gibt, und sind in der vaterländischen Hochstimmung, in der wir voll siegesgewisscr, von Ueberlckuvenglichkeit freier, aber von berechtigtem Selbstbewuhtsein getragener Ruhe sagen können: „Ach hab's gewagt, bin unverzagt und will des Ends erwarten". An gesichts einer svlchcn Lage bedarf cs keiner besonderen Be tonung. das, der Reichstag seine vaterländische Ehrenpflicht, den neuen Kricgslrcdit von IS Milliarden zu bewillige», glatt erfüllen wird. Nicht ganz sv glatt nnd eben dürfte dagegen die Ver abschiedung der n e n n n g c f o r d c r t cn KrirgS- steucrn vvr sich gehen, die zur Deckung des Zinscn- bedarss für die Neichsschiiidcii in Höhe von l!-« Milliarde Mark mehr gegenüber dem lausenden Etat dienen soll««. Am Grundsatz ist man freilich auch hier durchaus einig, insofern als heute lein Zweifel mehr darüber obwalten kann, das; es die gesunden Grundlagen unserer Finanz- wirtschaft völlig zerstören hicsic, wollte man die Anlcihe- wirtschast ins Angemessene ausdehucn und bis zum Ende des Krieges auch die Fehlbeträge im ordentlichen Etat und die Anleihezinsen wiederum durch Anleihen aus- bringr». Das märe in Wahrheit ein Verfahren, das den Teufel durch Beelzebub auszutrcibcn sucht, und Uetze sich allerhöchste»« bei einer ganz kurzen Kriegsdancr recht fertigen. Sv wie aber die Dinge einmal liegen, können wir nicht die ganzen Kriegslasten einfach aus dem Anlcihe- wege auf die kommende Generation abwälzen, sondern müssen selbst unser Teil zu den Lasten beitragen und dafür sorgen, düst nicht nach uns eine finanzielle Sintflut ciutritt, sondern das, unsere Nachfahren eine rn ihren Gruudsestcu nnerschütterte Neichsfinaiizwirtschaft als nationales Erb teil überwiesen erhalten. Das erfordert auch schon die Rücksicht auf die Anlcihczeichncr, die jedes Vertrauen ver lieren müßten, wenn sic Zeugen würden, wie die Gegen wart sich ihrer Verpflichtung zur Sicherstellung der An leihezinsen durch ordentliche laufende Einnahmen leicht herzig cntschlügc und den Ziuscndienst aus neuen Anleihen bestritte. Trotz dieses grundsätzlich zustimmcuöcn Standpunktes wird cS indessen bei der Einzelbcratung der neuen Steuern nicht an gründiichcr Aussprache und Kritik fehlen, und das ist auch gut so. damit nichts Ucberciltcs geschaffen wird. Die Hauptsache ist und bleibt ja, daß schließlich das Reich die 1>« Milliarde, die cs nötig hat, auch wirtlich erhält, und dieses Endziel wird sicher erreich! werden, so oder so. Durchpeitschen lassen sich die neuen Steuern auf keinen Fall, vor allem nicht die geplante Kohlcnabgabc, bei der dem Vorzüge der stcncrteclnni'chen Einfachheit der Er hebung Ser große Nachteil gcgcnübersicht, daß sic von den zunächst Betroffenen, den Bergwerken und Händlern, aus die große Masse der bereits durch die allgemeine Preis steigerung schwer genug mitgenommenen Verbraucher ab- gcwälzt werden wird. Auch der 20-prv.zciftige Zuschlag zur KricgSgcivirinsteuer wird wohl nicht ohne Widerspruch hin- genommcn werden. In der Presse haben sich bereits Stimmen geltend gemacht, die verlangen, daß die Un gerechtigkeit beseitigt werden soll, die darin liegt, daß der jenige, der, um der Kriegsgcwinnftcucr zu entgehen, ein luxuriöses Leben sührt und seinen ganzen Gewinn auf braucht, von dem steuerlichen Angriff verschont bleibt, mährend der sparsame Wirtschafter erhebliche Leistungen an den Staat abführen muß. Man hat deshalb eine Vcr-- b r a uch s c i n k o in m cn st c u e r vvrgcschlagen, die so ein gerichtet werden soll, daß ein Existenzminimum gesetzlich sestgclegt und jeder darüber hinausgchendc Verbrauch außer der Einkommensteuer noch mit der besonderen Verbrauchseinkvmmcnsteucr belegt wird. Wenn man's so hört, möcht's leidlich scheinen! Sobald man aber näher zusatzt, ergeben sich sofort unüberwindliche Schwierigkeiten bei der praktischen Durchführung. Vor allem, wie soll das Existenzminimum begrenzt werden? Eine schavlonen- haftc, gleichmäßige Festsetzung für alle ohne Unterschied ist ein Unding, und eine soziale Abstufung erscheint wegen der zahllosen, dabei zu beobachtenden Differenzierungen eben falls nicht gangbar. Auch ist zu bedeute», daß jemand, der bisher gespart hat, jeden Augenblick in die Lage kommen kan», infolge irgendwelcher Katastrophen nicht bloß sein ganzes Einkommen, sondern auch ncnh sein Eripartcs auf zuzehren. Soll der dann auch noch mit einer Verbrauchs steuer „bestraft" werden? Die Regierung hat übrigens diesen Gedanken, wie sic bei den ersten Erörterungen über die Kriegsgewinnsteuer erklärte, schon damals in Er wägung gezogen, ihn aber wegen der Aussichtslosigkeit der praktischen Verwirklichung wieder fallen lassen. Es wird daher wohl auch ferner sein Bewenden dabei haben müssen, daß bas verbrauchte Einkommen nur vo» der Einkommen steuer ersaßt wird. Das ist im Grunde auch gar nicht so ungerecht, wie es den Anschein hat: den» schließlich ist der jenige, der alles verbraucht, doch ein Habenichts, während der Sparer und Kapitalbildncr trotz Kriegsgewinnsicucr, Reichsvermögeiiszilwachssteuer und eiiizclslaaitichcr Ver mögenssteuer de» große» Vorzug des Vermögensbcsitzcs und des aus diesem erfliegenden sundierlen Euilommcns voraus hat. Es kann, wie gesagt, durchaus nichts schaden, sonder» ist sogar sehr wünschenswert, daß der Reichstag sich über diese nnd ähnliche Gesichtspunkte bei der Beratung der Lienervorlagen eingehend aussprichl, um eine möglichst weitgehende Klärung der Anschauungen herbeizusühre» und im Volke die Uebcrzeiiguug zu verbreiten, daß alles geschehen ist, um die neuen schweren Lasten, insbesondere auch die Verichrsabgaben, wenigstens so erträglich wie möglich zu gestalten. Als Nation müssen wir bedenken, daß cs sich darum handelt, un > cre n F cindcn den ungcschwäKteu F v r t v e ft arrs.« n« er er Lteuc > kraft »nd damit zugleich unsere ungebrochene Wirtschaft lichc Starke z» beweisen. Das wird auch dazu bei trage», das Ende des Krieges z u beschleunigen, und in diesem Bewußtsein wird es allen Schichten unseres Volkes um so lcichier werden, das abermalige Mehr an Lasten im Geiste der bisher bewährten, durch ihre stille, ruhige Größe besonders einörucksvolleu Opscrsrcudigleit aus sich zu nehmen. Deutscher Reichstag. Berlin. 22. Fe.br. tEig. Trahtmcid. unteres Berliner Mitarbeiters.! Ter Reichstag nahm heute nachmittag seine Sitzungen wieder aus. Haus und Tribünen sind gn: besetzt. Den Platz des Abg. Parier !,vr. Vv.i, der heule vvr 4» Fahren in den Reichstag eiugetrele» ist, schmiicki ein Blumenstrauß. Am Tische des Bvudesrats die Staats sekretäre Tr. Helfserich, Graf v. Nocdern und Zimmermann. Präsident Tr. Kaemps crvssnet die Sitzung mit fol gender Ansprache: Meine Herren! Beim Wiederznsammeiitritt des Reichstages heiße ich Sie alle herzlich» willkommen. Wenn nicht alles täuscht, nähern wir uns den Entscheidung, kämpfen in dem gewaltigen Völkerringen. Hochherzig und von den edelsten Beweggründe» geleitet, hat der Ternsche Kaiser mit seinen Verbündeten den Feinden die Hand zum Frieden geboten. Diese Hand ist mit Hob» und Spot: zurückgewieserr worden. Angesichts dieser Znrnckweiinng ergreift nunmehr Deutschland mit seine» Verbündete» die Waffe, die cs uneingeschränkt univeiidcn will, und die es sich geschaffen hat durch seine Tatkraft und seine fortge schrittene Technik. An dem feierlich ernsten ^Augenblicke, de» wir durchleben, sind wir uns »essen gewiß, daß wir diese Waffe nicht eher niedcriegen werden, als bis das Ziel des Kampfes erreicht ist: die V e r t c i d i g >r» g d c e Unabhängigkeit und Freiheit unserer H c i - »rat. (Lebhafter Beisall.s An diesem Augenblicke, in dem wir in die größten Kämpse cintrcten, entbieten wir unseren Gruß dankbar und bewundernd „nscrcnr deutschen Heere und den Heeren unserer Verbündeten «lebhafter Beifalls, unserer deutschen Flotte lcrncutcr leb Hafter Beifall! nnd unseren unvergleichlichen Tauch booten und deren todesmutigen Besatzungen. (Wieder Hotter lebhafter Beifall.! Wir entbieten den Gruß nichc zuletzt den erprobten nnd genialen Führern zn Wasser und zu Lande. (Lebhafter F6eifaI1.1 Wir entbieten unseren Gruß dem ganzen Bolle, das, wie nie zuvor, an de» Arbeit ist, trotz aller Lchwierigleftcii für Kaiser nnd Reich, für die Freiheit und Unabhängigkeit unseres Vaterlandes zn wirken. lStürmischer Beifall.! Präsident Tr. Kaemps macht dann Mitteilung von dein Ableben des nnftonallibcralen Abg. R o l a n d--L i p p e und des im Felde gefallenen Abg. v. M c d i n g lDeutich »gnnvvcrancr!. Er siigl hinzu, mährend die Abgeordnete» sich erheben: Herr v. Mcding hat sich freiwillig zum Kriegs dienstc für die Verteidigung des Vaterlandes gemeldet. Er ist durch einen Kopfschuß verwundet worden nnd svsoi! seiner Verwundung aus dem Felde der Ehre erlegen. Der Platz, wo wir seine markte Gestalt so oft gesehen haben, ist leer. Ach habe ihn durch eine» Lvrbcerreanz in Ähren. Namen schmücken lassen. Dem Oft'izicrtorpS des Regi iiients, dem Bruder des Verblichenen und der Deutschen Fraktion habe ich das schmerzliche Beileid des Reichstages in Ahrem Namen ausgcdrückt. Vom Stellvertreter des Reichskanzlers ist ein Schreiben cingcgangcn. das dessen Anteilnahme ausdrückt an dem Verluste, den der Reichs tag durch den Tod des dahingeichiedenen Helden erlitten bat. Der Präsident begrüßt dnrnnf den Vorsitzenden der Polin scheu Fraktion, den Abg. F ü r st e n Radziwi11. der anderthalb Aahre in Rußland inicrniert war »nd setz! glücklich in die Heimat zurückgclchrt ist. Fürst Nadziwill wird von mehrere» Abacvrducleu lebhaft beglückwünscht.