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Redaktioneller Teil. 147, 28. Juni 1916. Ohne Erfolg versuchte der Kläger noch mit der Revision gegen das Kammcrgerichtsurteil anzukämpfen; der III. Zivilsenat des höchsten Gerichtshofes verwarf jedoch das Rechtsmittel als unbegründet. (Aktenzeichen III. 94/16.) Post. — Im Postverkehr Deutschlands und Österreich-Ungarns mit den Gebieten der General-Gouvernements Belgien und Warschau ist von jetzt ab die u u g a r i s ch e S p r a ch c zugelassen. Die Archivdiebstühle der Russen in Lemberg. — Nach einem Be richt des Direktors des Statthaltereiarchivs Barwinski in Lemberg sind die Lemberger Bibliothekssammlungen der Statthalterei beim Ab zug der Russen vollständig verschwunden. Sie waren außerordentlich reichhaltig an wertvollen Werken, zählten etwa 6000 Bände, die schön und sogar luxuriös gebunden und in juristischer Beziehung sehr wichtig waren. Die eigentliche Archivbüchcrei enthielt eine Enzyklopädie der Wappenbücher und umfaßte in ganz ungewöhnlicher Vollständigkeit Werke, die sich auf die Geschichte Galiziens und Österreichs bezogen und aus Spenden stammten. Schließlich befand sich darunter auch eine reichhaltige, die Archivkunde betreffende Büchersammlung. Von allen diesen Sachen verblieb auch nicht ein Blättchen. Unersetzlichen Schaden erlitt auch, wie die Zeitschrift »Polen« bemerkt, eine besondere Abteilung von Sammlungen päpstlicher Diplome auf Pergament, 150 an der Zahl, die in einer eisernen Kassette aufbewahrt wareu und samt dieser spurlos verschwanden. Auch der Archivdirektor selbst erleidet großen Schaden, da ihm außer anderen wertvollen Samm lungen die im Archiv mit einem großen Aufwand an Arbeit, Zeit und Kosten seit über 20 Jahren gesammelten Materialien zur Ge schichte Sigismunds III., wovon die Krakauer Akademie der Wissen schaften bereits zwei Bände veröffentlicht hat, verloren gingen. Das Sechswochen-Gchalt der Einberufenen. — Der Streit um die Auslegung des 8 6?) des Handelsgesetzbuchs kommt nicht zur Ruhe. In Nr. 141 erst veröffentlichten wir eine Entscheidung des Land gerichts Cöln in der Berufungsinstanz, das den vom zwölften Senat des Kammergerichts eingenommenen Standpunkt ablchnte, wonach die Einziehung znm Heeresdienst nicht als unverschuldetes Unglück anzu- schen sei. Jetzt hat aber ein anderer Senat des Kammergerichts in demselben Sinne wie der zwölfte Senat entschieden. In einem Urteil vom 6. Juni 1916 begründet der elfte Senat seine Entscheidung u. a. mit folgenden bemerkenswerten Ausführungen: »Auch die Ent stehungsgeschichte des § 63 HGB. bietet einen sicheren Anhaltspunkt für die Nichtigkeit der vom Senat vertretenen Ansicht. In der Reichstagskommission war nämlich der Antrag gestellt, hinter dem Wort »Unglück« hinzuzufügen »oder durch militärische Dienstleistung zu denen er gesetzlich verpflichtet ist«. Dieser Antrag brachte also klar zum Ausdruck, daß eine militärische Dienstleistung nicht ohne weiteres für ein unverschuldetes Unglück zu erachten ist. Die Ablehnung dieses Antrags ist nur mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 616 BGB. erfolgt. Es kann auch bei der Frage, ob die Dienstleistung ein unverschuldetes Unglück ist, zwischen Kriegs- und Friedensdienst nicht unterschieden werden, beide können gleich unvorhergesehen nötig werden, und die Vermutung der längeren Dauer des Kriegsdienstes darf nicht von alleiniger ausschlaggebender Bedeutung sein. Schon Staub hat mit Recht darauf hingewiesen, daß nach der Entstehungs geschichte des Gesetzes unter »Unglück« im Sinne jener Bestimmung zu verstehen ist ein »Leid«, welches den Handlungsgehilfen trifft, also vor allem eigene Krankheit des Handlungsgehilfen und etwa noch diejenige naher Angehörigen; im übrigen aber ist das An wendungsgebiet der streitigen Schutzvorschrift eug zu umgrenzen; vor allem ist von einer Einbeziehung der durch Einberufung zum Militär dienste bedingten Behinderung bewußt abgesehen worden.« Nachdem somit zwei Senate des Kammergerichts die Streitfrage in demselben Sinne entschieden haben, wird man wenigstens für die ordentlichen Gerichte von Berlin und der Provinz Brandenburg mit einer fest stehenden Judikatur rechnen können. Preisausschreiben. — Die philosophische Fakultät der Univer sität Göttin gen schreibt aus der Beucke scheu Preis stiftung zwei Preise von 1700 und.680 ./? für die besten Bearbei tungen folgender Aufgabe ans: »Die chemischen Vorgänge, welche bei der Umwandlung des Blutfarbstoffes in Gallcnfarbstoffe und weiter in Harn- und Kotfarbstoffe vor sich gehen, sind in exakter Weise klar- zulcgen und durch ausreichend begründete Strukturformeln zu er klären«. Bewerbungsschriften sind bis zum 31. August 1918 einzu- rcichen. Das vierte Kriegssemester der Berliner Universität. — Nach den jetzt abgeschlossenen Statistiken sind im vierten Kriegssemestcr der Berliner Universität 8619 Studierende immatrikuliert, davon 1133 Frauen. Die Ziffer ist so hoch, weil die Statistik alle diejenigen Komilitouen mitrechnct, die im Felde stehen oder sich zum Zwecke der Hilfeleistung beim Heere befinden. Bekanntgewordcn ist dies der Univcrsitätsbehörde von 4825 Männern und 47 Frauen. Aber unter den iibrigcn Immatrikulierten wird noch mancher mitgezählt sein, der sich längst im Heere befindet. Die Theologische Fakultät weist 466 männliche und drei weibliche Studierende auf, die Juristische 1651 und 22, die Medizinische 2041 und 251, die Philosophische 3328 und 857. Reichsdeutsche sind von den Studierenden 8110, Preußen 7124, aus Österreich-Ungarn 149. Unter den übrigen europäischen Staaten sind jetzt die Schweizer am zahlreichsten an der Berliner Universität: 49 Männer und 14 Frauen werden gezählt. Es folgen die Russen mit 44 Männern und 7 Frauen, natürlich meist aus deu Ostseeprovinzeu. Rumänen sind 32 und 3 immatrikuliert, Bulgaren 31 und 4, Türken 24 und 2, Griechen 17; wie man sieht, ist das Balkan- kontingent in Berlin stattlicher als das aus manchem näher liegenden Staate. Neu in diesem Sommer immatrikuliert wurden 789 Männer und 248 Frauen. Außerdem hören 228 Männer und 109 Frauen mit einem Erlaubnisschein des Rektors Vorlesungen. Die ganze studen tische Welt Berlins, die berechtigt ist, an der Universität Vorlesungen zu belegen, beträgt insgesamt 10 077 Köpfe. Das ist ganz bedeutend mehr, als im vorigen Sommer, wo die Gesamtziffer der Berechtigten nur 8834 Studierende betrug. Österreichische Schulgriindungcn in Serbien. — Unter österreichi scher Herrschaft ist das Schulwesen in Serbien stark ausgebaut worden. Vor dem Krieg hatte Serbien 78,97 v. H. Analphabeten (Kinder unter sechs Jahren nicht einbezogen). Belgrad wies 26,75 v. H., Waljewo 80,4 v. H., Nisch 81 v. H. auf. Die österreichische Verwaltung errich tete, wie die »Deutsche Arbeit« berichtet, indem sic Lehrer aus Öster reich zuzog, fast überall Schulen, im Bezirk Belgrad zum Beispiel 25 mit 7295 Schülern, im Kreise Waljewo 40 Schulen mit etwa 6000 Schülern, in denen die Schulkinder kostenlos gespeist werden, ein wesentliches Werbemittel für den neuen Schulzwang. revue suisse Nr. 246. Lausanne. l-.es Eilavis du lls- volte. (Nebellcnlicder.) — I^e E a r m e 1, revue mensuelie. Nr. 1. Lausanne. — Annalen der vergleichenden Rechts wissenschaft. Nr. 5. Zürich. — Piave, F. M., Textbuch zur Oper »Ernani« von Gins. Verdi. Verlag Easa lUciitriee lübraria klo- ckervissima kkoreal Iddert^ in Mailand, beziehungsweise im Verlag Easa Lditrice iUaäelia in Sesto S. Giovanni, 1915. Personalnachrichten. Gustav Buchholz f. — Der Professor für mittlere und neuere Ge schichte au der Königliche« Akademie zu Posen Or. Gustav Buchholz ist am 25. Juni im 60. Lebensjahre einem Herzschlage erlegen. Er wurde am 16. Februar 1856 zu Buxtehude, Prov. Hannover, geboren, studierte in Bonn, Straßburg und Leipzig und promovierte 1879 in Leipzig mit der Arbeit »Die Würzburger Chronik«, eine gucllenkritische Untersuchung. Von 1879 bis 1888 war vr. Buchholz als Bibliothekar au der Kgl. öffentlichen Bibliothek zu Dresden tätig. Im Jahre 1889 habilitierte er sich als Privatdozeut für Geschichte an der Bonner Universität, von wo er 1896 einem Nnse als a. o. Professor der mittel alterlichen politischen Geschichte und Quellenkunde an die Universität Leipzig folgte. Seit Herbst 1906 hatte er seinen Poscner Lehrstuhl inne. 1881 veröffentlichte er »Lessingstudien«, 1888 »Ekkehard von Aura«. Seine neueren Studien "galten hauptsächlich der Geschichte des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts. Seit 1902 war er Herausgeber der »Bibliothek zur sächsischen Geschichte und Landes kunde«, seit 1905 Herausgeber der »Ostdeutschen Korrespondenz für nationale Politik«. August Fiuk f. — Der Münchener Landschaftsmaler Prof. August Fink, Ehrenmitglied der bayerischen Akademie der bildenden Künste, ist dieser Tage gestorben. Am 30. April d. I. hat er seinen 70. Geburtstag feiern können. Er gehörte zu den letzten Landschaftern der Lierschule. Mit besonderer Vorliebe hat August Fink den Winter in allen Erschei nungsformen gemalt; die Motive dieser Landschaften sind meist der näheren Umgebung Münchens entnommen. Der bayerische Staat er warb für die Pinakothek einen »Wintermorgen im Gebirge«. Ein »Herbst im Karwenöclgebirge« gehört zu seinen bedeutendsten Werken. Verantwort!. Red. !. V.: Richard Albert 1. — Verla-: Der vvrfea »eretn der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches BuchhändlerhauS. Druck: Ramm L S c c m a n n. Sämtlich in Leipzig. — Adresse der Redaktion und Expedition: Leipzig, Gerichtsweg 26 lNuchhändlerhauS).