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Redaktioneller Teil. V 121, 26. Mai 1816. Tür weisen möchie. Es wird selbst einem Engländer die Faust aus der Hosentasche locken, daß sie sich ösfnei, um nach dem deut schen Buche zu greifen, und wär'S für allen Anfang nur ein deut scher Baedeker, inkognito gekauft und blätterweis« genossen! Mühsam wird vielleicht der Weg der ersten sein. Verkannt und allein werden sie vielleicht durch schmutzige Winkel und staubige alte Buchhändlerläden irren. Aber sie sind Schrittmacher für die folgenden, und jedes deuische Buch soll streiten auf fremder Erde für das Ansehen des deutschen Namens. Es soll aus- rvtten das lügnerische Lästcrwort von deutscher Barbarei, von der Dummheit und Roheit der »Boches«. Sie sollen sich türmen an den Grenzen des Reiches und in den Hauptstädten seiner jetzigen Feinde zu Denkmälern der Majestät des deutschen Geistes und deutscher Hoheit der Kunst. Diesen kindischen Schwätzern, die jetzt gegen deuische Kunst und Musik, gegen deutsch« Literatur und Wissenschaft mit ihren lockeren und lügenfertigen Zungen gei- sern, wird freilich auch in Jahrzehnten noch das deutsche Buch nichts bringen. Gegen solche Dummheit kämpft auch das deuische Buch vergebens. Aber die sicher auch bei unseren Feinden überwie gende Meng« derjenigen, die noch nicht alle Urteilskraft und allen guten Willen eingebützt haben, wird und muß das Bessere statt des Guten nehmen und dem deutschen Buch früher oder später die Tür öffnen. Wo die deutsche Sprache die Schranke des Einflusses bildet, da mag die Übersetzung in das fremde Idiom die Brücke bilden. Aber nichts kann mir wichtiger und schöner dünken, als daß unsere heimgekehrten Krieger, die mit Blut und Tod die Heimaterde, Weib und Kind verteidigten, von der Riesen macht des deutschen Geistes und der deutschen Kunst abgelös! werden, von der Millionenarmee deuischer Bücher, die auszieht nach allen Ländern, um den befleckten, geschändeten, gelästerten und bespieenen deutschen Namen wieder herzustellen. Das ist di« Friedensarbeit und Friedensausgabe des deut schen Buches, die Krone seiner nationalen Aufgaben. Und noch mit erhöhtem Nachdruck scheint mir aus der Erkenntnis dieser hohen Mission die Notwendigkeit hervorzugehen, auch an den Ausklang dieser Zeilen noch die Hoffnung zu setzen, daß cs des deutschen Buchhandels nie verkannte und nie vergessene Pflicht bleiben möchte, im Sinne dieser nationalen Aufgaben des deut schen Buches zu wirken. Ich weiß, daß ich nur obenab von dem reichen Inhalt dieses Themas geschöpft habe. Mir scheint auch nicht die restlos« Um grenzung aller in diesem Thema liegenden Fragen das Wich tigste, sondern das wäre mir das liebste, wenn aus diesen Zeilen möglichst viele die Erkenntnis schöpften, daß jedes deutsch« Buch, soweit es nicht der reinen Bedürfnis« oder Nützlichkeit?- Literatur angehört, in einer der angegebenen Richtungen seine nationale Aufgabe hat, abgesehen von allen anderen Zusammen hängen, die es mit dem Wirtschaftsleben seines Erzeugers und des Staates oder der Gemeinde verbinden. Diese nationalen Ausgaben aber sind es, die, wenn auch nicht ohne weiteres für jeden erkennbar, dem deutschen Buche neben seinen allgemeinen kulturellen Ausgaben noch eine erhöhte Weihe seines Daseins verleihen. Kleine Mitteilungen. Presse-Notizen. Auch in dieser Nummer sind auf dem weißen Bestellzettel einige Presse-Notizen ausgenommen worden, deren Ver wendung in der vorliegenden oder in veränderter Horm wir den Berufsgenosse» anheimgeden. Wie es für den Ausgang des Krieges von entscheidender Bedeutung ist, daß bis zum Ende alles getan wird, nm den Erfolg an unsere Hahnen zu heften, so wird anch das Ergebnis der Reichsbuchwochc wesentlich davon abhängen, daß jeder bis zuletzt alle Erfolgsmöglichkeiten ausniitzt. Möchten vor allem auch diejenigen, denen es vielleicht unsympathisch ist, ihre eigene» kleinen Geschäfts interessen in eine Verbindung mit den großen vaterländischen Auf gaben zu bringen, uni die es in diesem Kriege geht, nicht zurückstehen und sich klar darüber werden, daß mit einer allgemein befriedigenden Durchführung der Reichsbuchwoche nicht nur den Truppen im Felde eine Wohltat, sondern auch dem Vaterlands und ihrem Berufe ein Dienst erwiesen wird, da für die Entwicklung unserer Kultur sehr viel darauf ankommt, daß immer größere Kreise des deutschen Volkes dem Buche gewonnen werden! Zur Reichsbuchwochc (vgl. Nr. 115, S. 687). — In Hessen Darm stad t sind nur B ü ch e r sammlungen unter den Schülern und durch die Schüler bei Privaten zugelassen. Die Flugblätter des Gesamtausschusses zur Verteilung von Lesestoff dürfen dort nicht ver breitet werden, weil in ihnen vom Ankauf die Rede ist. Der Hessische Landesverein vom Noten Kreuz ist bei dieser Sachlage gebeten morden, die Sammlung unter den Schülern und durch die Schüler von sich aus einzuleiten. — In Bremen ist die Genehmigung zur Sammlung dem dortigen Noten Kreuz erteilt worden. Somit ist die Reichsbuchwochc — für Hessen-Darmstadt in der oben er wähnten beschränkten Form — in sämtlichen deutschen B u n d e s st a a t e u genehmigt. Ausfuhr von Druckschriften (vgl. Nr. 105). — Das stellvertr. Generalkommando des XIX. Armeekorps (Leipzig) wird zur Ver einfachung des Prüfuugsgeschäfts in Sachen der Druckschriftenausfuhr künftig alle von ihm zur Ausfuhr freigegebenen Druckschriften auf dem Titel bzw. Umschlagblatt in der Mitte unter der letzten Druckzeile oder sonst an geeigneter Stelle mit dem Zeichen versehen. Die Verlagsanstalten bzw. Druckereien sind verpflichte!, auf allen übrigen Exemplaren einer von dem Generalkommando geprüften Druck schrift eine Nachbildung des Prüfungsstempels an den erwähnten Stel len anzubriugcn. Bemerkt wird, daß das stellvertr. Generalkommando sämtlichen deutschen Generalkommandos und Grenzüberwachungsstellen von der Einführung dieses Prüfungsstempels Mitteilung gemacht hat. Dadurch werden wiederholte Prüfungen derselben Druckschrift auf Ausfuhrfähigkeit durch verschiedene Generalkommandos vermieden Denn die einmal vorgenommenc Prüfung einer Druckschrift auf ihre Ausfuhrfähigkeit ist für sämtliche Überwachungsstcllcn bindend. Zuständig zur Prüfung ist dasjenige stellvertr. Generalkommando, in dessen Bereich die Druckschrift erscheint — Sitz der Perlagsfirma. Für Druckschriften medizinischen Jnhalls sind die hiernach zu ständigen Sanitätsämter die Prüfungsstellen. Zur Vermeidung mißbräuchlicher Anwendung des Prüfung^ stempels hat das stellvertr. Generalkommando geeignete Maßnahmen getroffen. Die Regelung des Druckpapicrvcrbrauchs. — Fu einer am 23. Mai in Berlin stattgefundenen Konferenz der an der Regelung des Druck papierverbrauchs interessierten Organisationen, zu der auch die amt lichen Stellen Vertreter entsandt hatten, wurde das Ergebnis der jetzt durchgeführten Bestandsaufnahme von Druckpapier bekanntge geben. Hierbei wurde mitgetcilt, daß eine allgemeine Einschränkung des Verbrauches erforderlich sein werde. Wenngleich die Einzel heiten der bevorstehenden Kontingentierung noch nicht festständen, sei eine grundsätzliche Übereinstimmung der in Frage kommenden Stellen bereits erzielt. Die dahingehende Bnndesratsverordnnng, die auch recht einschneidende Bestimmungen für das Zcitungsgewerbe mit sich bringen dürfte, ist für Anfang nächsten Monats zu erwarten. PersonalnachriMen. Ordcnsauszeichuungen und Titelverleihungen. Anläßlich des Geburtstages Sr. Majestät des Königs Friedrich August von Sachsen sind folgende Auszeichnungen verliehen worden: Es erhielten das Ritterkreuz 1. Klasse vom Albrechtsorden die Herren Karl W. Hiersein an», E. Hab erland in Leipzig und Herr Hofkunst händler Ludwig Wilhelm Gutbier in Firma Ernst Arnold in Dresden: das Ritterkreuz 2. Klasse desselben Ordens: die Herren Hermann Bruckner, Prokurist der Firma Carl Fr. Fleischer, und Ne in hold Koch, Prokurist im Hanse I. I. Weber in Leipzig. Das Albrechtskrcuz wurde verliehen den Herren Richard Ho hl seid im Hause K. F. Koehler (bereits in Nr. 120 gemeldet), Franz Louis Höhne, Vorstand der Jnseratcn-Abteilung der »Jllnstrirten Zeitung«, und Georg Weber im Hause Bernhard Hermann, sämtlich in Leipzig. - Zum Geheimen Hofrat wurde er nannt Herr Kommerzienrat Alfred Krön er in Leipzig, während dem Direktor der Buchhändler-Lehranstalt in Leipzig, Herrn I), Frenzel, der Titel Professor verliehen wurde Peter Wassiljewitsch Nikitin s. Der Vizepräsident der russischen Akademie der Wissenschaften Peter Wassiljewitsch Nikitin ist laut einer Petersburger Meldung im Alter von 67 Jahren gestorben. Sein Name wurde iu der intcrnatioualen Gelehrtenwelt besonders durch seine Studien über das klassische Griechenland bekannt, und sein über dieses Thema veröffentlichtes Werk wird als eines der besten Bücher auf 672