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^ 107, 12. Mai 1902. Nichtamtlicher Teil. 3913 Volksbibliotheken und Buchhandel. — Aus Stuttgart wurde uns die nachfolgende Mitteilung eines dortigen Blattes eingesandt, deren Richtigkeit mangels einer Möglichkeit zur Nach prüfung ihrer Angaben dahingestellt bleiben muß: -Infolge der großartigen Bibliotheksstiftungen Carnegies in Amerika ist die Frage aufgeworfen worden, ob diese zahlreichen neuentstandenen Bibliotheken für die Folge nicht von nachteiliger Wirkung auf den nordamerikanischen Buchhandel sein würden, indem sie den Einzelverkauf der Bücher stark verringerten. Das Gegenteil ist eingetrcten, wie wir dem Inttsrar^ Lupplsmsnt der »Times» entnehmen. Dreihundert Bibliotheken sind in den letzten zwei Jahren durch die Liberalität des amerikanischen Mäcens eingerichtet worden, und dafür wurden nicht weniger als drei Millionen Bücher angeschafft. Ganz abgesehen aber von dem da-, durch den amerikanischen Verlegern und Buchhändlern zugewicsenen einmaligen großen Geschäft hat die Benutzung dieser Bibliotheken die besser situierte Bevölkerungsklasse noch zum Ankauf der in den öffentlichen Bibliotheken vorhandenen und dort gelesenen Bücher angeregt, so daß die Jahre 1900 und 1901 mit wirklich »goldenen- Lettern in die Geschichte des amerikanischen Buch handels eingeschrieben sind. In diesen Jahren sind einige Bücher erschienen, die in Hunderttausenden von Exemplaren abgegangen sind und deren Verkauf noch immer keine Abnahme zeigt. Die neuen Büchersammlungen haben das Interesse für Lektüre nur noch gesteigert und in weitere Kreise getragen. Verkehrserleichte rungen heben den Verkehr; so ist es bei Eisenbahnen und bei Bibliotheken. Ll.» Eröffnungstag der Universität Dorpat.—Am 4. Mai 1902 waren hundert Jahre seit der amtlichen Eintragung des ersten Studenten an der Universität Dorpat vergangen. In früheren, nicht allzuweit zurückliegenden Jahren pflegte die Studentenschaft der baltischen Hochschule diesen Gedenktag durch einen sogenannten Völkerkommers zu feiern, der regelmäßig all gemeine Beteiligung fand. Unter den heutigen Verhältnissen, die selbst den alten Namen der Stadt haben verschwinden lassen, ist auch diese Erinnerung dahingeschwunden. Das Jubiläum erweckt in Deutschland wehmütige Betrachtungen. — Am Abend des 3. Mai 1902 begingen in Berlin die -alten Herren- der Universität Dorpat den hundertjährigen Gedenktag der Stiftung dieser Hochschule. Eine Versammlung von etwa sechzig Herren hatte sich zu diesem Zwecke im Restaurant »Der Burggrafenhof- eingefunden. Unter den Anwesenden bemerkte man u. a. die Berliner Professoren Theodor Schiemann, Adolf Harnack, Seeberg und I. C. Schwartz, ferner den Direktor des könig lichen Literarischen Bureaus, Geheimen Regierungsrat G. von Falck, und Professor von Dettingen (Leipzig). Geheimrat von Bergmann war am Erscheinen leider verhindert. Die meisten Herren hatten die Farben ihrer Dorpater Verbindungen angelegt, was das Bild der Versammlung bunt und wechselvoll gestaltete. Professor Schiemann hielt eine inhaltreiche Rede, in der er den Entwickelungsgang Dorpats schilderte und namentlich bei den inneren und äußeren Kämpfen der Studentenschaft bis zu ihrem Zusammenschluß in den Chargiertenkonvent und dessen Anerkennung durch die russische Regierung verweilte. Als besonderes Kennzeichen der Dorpater Studenten hob er ihre große Toleranz gegen über der Meinung anderer, die seiner Zeit die Beseitigung des Duellzwanges zuwege gebracht, sowie die Fernhaltung von der Politik hervor, die auch nicht die Aufgabe der Studenten sei. Die Rede Professor Schiemanns fand reichen Beifall. Von den sonstigen Reden sei insbesondere die des Kirchenhistorikers Adolf Harnack erwähnt, der in tief empfundenen Worten der drei Provinzen Livland, Kurland, Esthland und der Stadt Riga gedachte. Die Erinnerungsfeier nahm einen angeregten Verlauf. Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in Wien. — Vor einigen Tagen fand im k. k. österreichischen Museum für Kunst und Industrie in Wien eine zahlreich besuchte Sitzung des Kura toriums der dortigen Gesellschaft für vervielfältigende Kunst statt. Zu Beginn der Sitzung widmete der Präsident der Gesellschaft, Se. Excellenz Graf von Abensberg und Traun, dem vor kurzem dahingeschiedenen Gründer der Gesellschaft und bisherigen Ob manne ihres Verwaltungsrates Leopold Freiherrn von Wieser einen warmen Nachruf, in dem er der unvergänglichen Ver dienste des Verewigten um die Gesellschaft und seiner seltenen Charaktereigenschaften gedachte. Der Verwaltungsrat berichtete im weiteren Verlaufe der Sitzung u. a. über die Fortführung des Werkes -Die Theater Wiens», von dem die Geschichte des Burg- theatcrs (welche an Stelle des verstorbenen Regierungsrates Oscar Teuber Professor Alexander von Weilen fortzuführen übernommen hat) voraussichtlich im Jahre 1904 zum Abschlüsse gelangen wird. Ferner hatte der Verwaltungsrat die erfreuliche Thatsache zu Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 69. Jahrgang. berichten, daß schon in nächster Zeit das Werk -Die verviel fältigende Kunst der Gegenwart- zu Ende gebracht werden wird, und stellte, daran anknüpfend, den Antrag, die -Geschichte der graphischen Künste-, von welcher das genannte Werk nur einen Teil bildet, weiter zu führen und in Verfolgung dieses Planes mit Herrn Professor Max Lehrs in Dresden einen Vertrag über die Verfassung einer -Geschichte des deutschen und nieder ländischen Kupferstiches des 15. Jahrhunderts- abzuschließen. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Zu Kuratoren wurden gewählt die Herren: Hofrat E. Gangelbauer, Direktor der k. k. Hof- und Staatsdruckerei, Lr. R. Graul, Direktor des Grassi- Museums (Leipzig), Hofrat vr. Joseph Karabacek, Direktor der k. k. Hofbibliothek, vr. Joseph Meder, Custos der erzherzoglichen Sammlungen -Albertina-, Maler Emil Orlik (Prag), Professor Or. Robert Ritter von Schneider, Direktor der Antikensammlung des allerhöchsten Kaiserhauses, und Architekt Joseph Freiher von Wieser. In den Verwaltungsrat wurden wiedergewählt die Herren: vr. Friedrich Dörnhöffer, Maler Otto Friedrich, Pro fessor Wilhelm Hecht, Schriftsteller L. Hevesi, Or. August Her>- mann, Se. Durchlaucht Prinz Chlodwig zu Hohenlohe, Regie rungsrath Or. Ed. Leisching, Professor F. Freiherr von Myrbach, Regierungsrat Franz Ritter, Professor William Unger. Neu gewählt wurde Herr Or. Julius Hofmann. (Oesterr.- Ungar. Buchh.-Correspondenz.) Photographische Ausstellung. — Die 31. Wander versammlung des Deutschen Photographen - Vereins soll in den Tagen vom 11. bis 15. August 1902 in Düsseldorf stattfinden. Für die mit ihr verbundene Ausstellung photographischer Erzeug nisse und Gebrauchsgegenstände ist das Kunstgewerbe-Museum in Düsseldorf zur Verfügung gestellt. Die Ausstellung bleibt bis um 21. September geöffnet. Den Ehrcnvorsitz des Ortsausschusses ür die Wanderversammlung und die Ausstellung hat der Geheime Kommerzienrat Herr Heinrich Lueg in Düsseldorf, der Vorsitzende der am 1. Mai dort eröffneten Industrie-, Gewerbe- und Kunst ausstellung, übernommen. Auskünfte über die Ausstellung werden durch den Vorsitzenden des Deutschen Photographen - Vereins, Herrn K. Schwier in Weimar, erteilt. Festschriften der Berliner Buchhändler-Korporation. — Die beiden Festschriften, die im November 1898 zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens der Korporation der Berliner Buch händler erschienen sind und auf deren lehrreichen und vornehm unterhaltenden Inhalt seiner Zeit in einer Reihe von Besprechungen im Börsenblatt hingewiesen worden ist, sind noch in einer kleinen Anzahl von Exemplaren vorhanden. Wie der Vorstand der Korporation im amtlichen Teile des Blattes bekannt giebt, will er diesen Vorrat an die Bibliotheken buchhändlerischer Prinzipal- und Gehilfenvereine unentgeltlich abgeben. Wir empfehlen diese Anzeige der Aufmerksamkeit der Herren Vereins vorstände. Verein der deutschen Musikalienhändler. — In der ordentlichen Hauptversammlung des Vereins der deutschen Musi kalienhändler, die am Dienstag den 29. April 1902 im Deutschen Buchgewerbehause zu Leipzig adgehalten wurde, wurde der bis herige Stellvertreter-Vorsteher Herr Richard Linnemann in Leipzig zum Vorsteher des Vereins gewählt. Der geschäfts- sührende Ausschuß des Vereins besteht nunmehr aus folgenden Herren: Richard Linnemann, Vorsteher, Fritz Schuberth jun., Schriftführer, Ernst Eulenburg, Schatzmeister, Karl Peiser, Preßleitcr, Max Brockhaus, Archivar, sämtlich in Leipzig. Schwäbischer Schiller-Verein. — Die in Marbach ab gehaltene sechste Generalversammlung des Schwäbischen Schiller- Vereins war gut besucht. Der Schriftführer des Gesamtvereins, Stadtschultheiß Haffner, begrüßte die Versammlung und teilte mit, daß der bisherige Vorsitzende, Staatsminister Freiherr von Soden, aus dienstlichen Gründen dieses Ehrenamt nieüergelegt habe, und daß an seine Stelle vom Gcsamtausschuß einstimmig der Kabinettschef des Königs, Geheimer Legationsrat Freiherr v. Gemmingen-Guttenberg, gewählt worden sei. Dieser über nahm sodann die Leitung der Versammlung. Aus jdem Rechen schaftsbericht war zu ersehen, daß das Marbacher Schiller-Museum äußerlich vollständig und im Innern so ivcit fertig ist, daß schon Mitte Mai der Hausmeister seine Wohnung in ihm beziehen wird. Im Juli soll dann der noch zu wählende Archivar mit der Auf- 516