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Voiglliindilcher Anzeiger » für die Genchtsämter und Stadträche zu Plane», Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. Neummdsechszigfler Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Diese- Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstag-, Donnerstag- und Sonnabends. Jährlicher A b on n e me nt-pr e i -, auch bei Beziehung burh die Post, 1 !hlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Mittag- 12 Ubr eingehen, werden in die Tag- darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen - stnden in der nächstfolgenden Nummer Ausnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet. Dienstag. AOÄ« 14. September 1888. i. > .. '»- Wir machen darauf aufmerksam, daß der Umtausch der älteren sächsischen Kafsenbillets (von 184V, 1843, 184« und 1848) nur noch bis 3V. Septbr. Nachmittag S Uhr gestattet ist, und dap alle bis dahin nicht umgetauschten derartigen Kassenbillets von gedachtem Zeitpunkte an Werth los stnd. Das Verbacken des Mehls aus ausgewachsenem Getreide.*) Ein wichtiges Problem ist in diesen Tagen durch Herrn vr. Julius Lehmann, Chemiker an der landwirthschastlichen Versuchsstation zu Weidlitz bei Bautzen, gelöst worden, das. Verbacken von Mehl aus ausgewachsenem Roggen zu Brod. ES war Herr vr. Lehmann von dem königl. sächsischen Ministerium deS Innern mit weiteren chemischen Untersuchungen in Beziehung auf die wichtigsten Lebensmittel beauftragt, und ihm hierbei die obige Frage als besondere Aufgabe gestellt worden. Die eiugeleitcteu Untersuchungen er geben, daß die durch daö Keimen der Getreldekörner eutstehenveu Verän derungen in der Hauptsache in einem thcilweisen Löslichwerdcn deS Klebers und dem dadurch herbeigeführten Verschwinden der Elasticität und Deh... barkeit (der Teig bildenden Eigenschast) desselben, sodann aber iu einer Umwandlung des theilweise löslich gewordenen Stärkemehls vermittelst der ,mit dem Kleber in geringer Quantität gebildeten Diastase iu Dextrin und Zucker sich kund gebe. Weitere Untersuchungen führten dahin, daß daö Kochsalz die Eigenschaft besitze, den in Lösung befindlichen Kleber wieder unlöslich zu machen, und ihm seine Teig bildende Eigenschaft wieder zu ertheilen. Gestützt hierauf wurden, nachdem der anhaltende Regen zur Zeit der Roggcnernte zum Auswachsen großer Mengen von Korn geführt hatte, zuerst Versuche in der Bäckerei deS Herrn Ochernal auf Techriy angestellt, und als solche zu günstigen Resultaten geführt hatten, mit Genehmigung des königl. Kriegsministeriumö in der Militärbäckerei zu Dresden unter Aufsicht deS Herrn Kriegscommifsars Blume durch Herrn vr. Lehmann fortgesetzt. Es wurde zu denselben Roggen gewählt, dessen Körner säst ohne Ausnahme gekeimt waren; eS wurde solcher absichtlich mit allen Keimen vermahlen; cS ergab 1 Scheffel, der 160 Pfd. wog auteS Mehl 102 Pfd., - Nachgang 17 „ Schwarzmehl 15*/z„ Kleie 16^/z,, Hiernach Verlust 9 „ Von dem guten Mehle wurden 40 Pfd. mit 31 Pfd. Wasser und dem nöthigen Quantum Sauerteig, ganz in gewöhnlicher Weise behandelt und von dieser Masse die Versuchsbrode abgewogen. Es ergab sich das Re sultat, daß daS ohne einen Zusatz gebackene Brod kuchenförmig breit lief, die Rinde sich ablöstc, ein bläulicher Schliff sich bildete, daS Gebäck un genießbar war. *) Wir ersuchen diejenigen unserer geebrtcn Leser, welche nach dieser von unserer höhen Staalsregierung geprüften und. empfohlenen Methode Mehl aus ausgewachsenem Getreide verbacken, uns über die Erfolge mündlich oder schriftlich gefällige Nachricht zukommen zu lassen. » Bei einem Zusatz von 1*/z Loth Salz auf 3 Pfd. Mehl wurde das Brod wesentlich besser, cS behielt feine Form, die Rmde löste sich aber ab und es zeigte sich immer noch ein kleiner Schliff an der unteren Seite; daS Brod war genießbar. Ein Zusatz von 2 Loth Salz auf 3 Pfd. Mehl zeigte die vollständige Wirkung; daö Brod war in jeder Beziehung zufriedenstellend, locker, trocken, wohlschmeckend, ohne allen Schliff. Die Operation ist einfach; vor dem Einwirken wird das in Wasser gelöste Salz zugcsetzt, sonst in Allem verfahren, wie gewöhnlich. Die gleichzeitig angestellten Versuche mit Mehl ausgewachsenen Wei zens ergaben bis jetzt kein befriedigendes Resultat: sie sollen fortgesetzt werden. ' .' Wenn hiernach daS gewachsene Korn mit, gleichem Vortheil, wie daS ungewachsene durch den Zusatz von Kochsalz verbacken werden kann, so hat daS Kochsalz noch weitere sehr beachtcnswerthe Eigenschaften bei dem Brodbackcn, indem, abgesehen davon, daß zur vollständigen Verdauung der im Brod enthaltenen Proteinstoffe Salz nöthig ist, dieses auch die Schimmelbildnng verhindert. ES ist dnrch die Versuche vom Herrn 0r. Lehmann erwiesen, daß selbst nach Monaten sich noch kein Schimmel bei dem mit Salz gebackenen Brode sich einstellt, während solcher, wo der Zusatz von Kochsalz unterbleibt, oft schon nach wenigen Tagen steh einstellt. Endlich aber bäckt sich das Mehl ungleich weiter bei einem Zusatz von Salz; cs haben dieses nicht allein die vom Herrn vr. Lehmann be reits vor 2 Zähren angestellten Versuche bewiesen, sondern es ist auch vor Kurzem durch Mege-Mouries hierauf öffentlich hingewicsen worden. Ganz abgesehen von der besonder» Wichtigkeit deS Kochsalzzusatzes für daS Verbacken von Mehl aus ausgewachsenem Roggen, würde cö überhaupt wünschenswerth sein, wenn sich auch unser Publikum der in Süddeutschland bekanntlich allgemein cingeführten Sitte, gesalzenes Brod zu genießen, dafür aber die nicht zu längerer Aufbewahrung bestimmte Butter nicht zu salzen, auschließcn wollte. Denn außer den allgemein günstigen diätetischen Wirkungen solcher Sitte würde man dann in Jahren, wo das Getreide stark auswächst, nicht die besondere Schwierigkeit der Ge wöhnung der Konsumenten an den Genuß gesalzenen Brodes zu überwin den haben. Dle sekundäre Wirkung der Abschaffung der mit dem Verkaufe gesalzener Butter verbundenen Mißbräuche würde ebenfalls keine ungün stige sein. Allen, welche sich für die wichtige Aufgabe zweckmäßiger Bolkscrnäh- rung interessiren, sind diese Sätze lebhaft ans Herz zu legen. Zunächst aber handelt cS sich darum, der Verpackung deS Mehlö anS ausgewachsenem Roggen mit Hilfe von Salzzusatz rasch und allgemein Eingang zu verschaffen.