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Voigtländilcher Anzeiger. Amtsblatt für die Gerichtsämter und Stadträthe Planen, Palisa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. NeimmMchszigfler Jahrgang. I» 1. IW8 »L Sonnabend Verantwortliche Redaktion, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Diese- Platt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Abonnement-preiS, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. lO Ngr. — Annoncen, die bis Mittags 12 Ubr.eingehen, werden in die Ta§S darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit l Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet. Zeitungen. Sachsen. Dresden, 4. Aug. Außer den reichen Gaben Ihrer König!. Majestäten, deren wir bereits gedacht, haben auch Ihre Majestät die Königin Marie 60 Thlr. und eine Partie Kleidungsstücke nach Glauchau abgesandtebenso sind von den übrigen Gliedern deS Königlichen HauseS bedeutende Sendungen an neuen BekleidungSgegenständen dorthin abge- gangen. — Die königl. KreiSdircction zu Zwickau ist vom k. Ministerium deS Innern schon vorgestern auf telegraphischem Wege ermächtigt worden, zu Unterstützung der durch die Ueberschwemmung Beschädigten über den Betrag von 1000 Thlr. einstweilen zu verfügen, und hat zugleich Anweisung erhalten, nach Eibenstock und andern bedrohten Orten, mit denen die Ver bindung unterbrochen war, sogleich, nöthigenfalls auf Umwegen, einen Commissar zu senden, welcher sich an Ort und Stelle über die Lage und , .nzuordnenden Hilssmaßrcgeln informiren und über den Befund schleu- Nlgst Bericht erstatten soll. Für die durch Ueberschwemmung verunglückten Bewohner in Glauchau sind hier von allen Seiten reichliche Gaben geflossen, so daß es dem hie sigen Stadtraih möglich geworden ist, außer den am Montag bereits ab- aesendeten Kleidungsstücken, gestern 360 Thlr. in baarcm Gelde und 23 Colli und heute wieder 300 Thlr. Geld und 31 Colli Kleidungsstücke ab senden zu können. Größere Colli und verpackte Fässer liegen zur Spedition bereit. Auch von der Expedition des Dr. I. sind bereits 50 Thlr. baar und mehrere Colli mit BekleidungSgegenständen nach Glauchau abgegangen. Dresden, 4. August. Die Elbe, welche gestern Mittag 3 Ellen über 0, Abends */z7 Uhr aber 3 Ellen 17 Zoll über 0 nach dem Pegel an der Elbbrücke Wasserstand hatte, hat heute früh 10 Uhr die Höhe von 4 Ellen 19 Zoll erreicht, war also seit gestern Abend um 1 Elle 2 Zoll, seit gestern Mittag aber 1 Elle 19 Zoll gewachsen. Sie hat zwar an einigen Stellen an der Appareille, dem ganzen Packhofskai — nur der grosse Krahn vermag noch thätig zu sein, die kleinern stehen im Wasser — im kleinen Gehege, dem Hafen, dem frühern Getreideausschiffungsplatz, der Stallwiese, am Elbberg w., die Ufer überschritten, doch ist bis jetzt weder irgend eine Eommunication gestört, noch sind irgendwelche Anwoh nenden einer Gefahr anSgesetzt. Auf der Weißeritz- uud Friedrichstraße in hiesiger Friedrichstadt stehen noch die Böcke und Breter, die bei der Ueber- schwennpung durch die Weißentz gebraucht wurden. Ein Glück für unsere Friedrichstadt, daß die Hochfluth der Wetßeritz nicht mit der Elbfluth zu- fammentraf. Glauchau, 2. August. Hilse, Hilfe und wieder Hilfe ist das Ge schrei, waS die Luft erfüllt. Seit Sonnabend Mittag hat die Mulde eine furchtbare Höhe erreicht wie noch nie. Westphalen, der ganze Wehrdigt und ein Theil deS LchngrundeS stehen itn Wasser. Piele Häuser sind schon eingcstürzt, der Regen geht fort, und daS ganze Unglück ist noch gar nicht abzusehen; diesen Morgen noch geht das Retten mit äußerster An strengung und Lebensgefahr fort. Es ist fürchterlich, und die Feder ver mag das Unglück nicht zu schildern. Ohnmächtig muß der Mensch der Hand deS Höchsten weichen. Das McisterhauS, die GottcSackerkirche und viele andere Gebäude sind zur Aufnahme der Unglücklichen bestimmt. Es wird Alles gethan, was gethan werden kann, aber der Opfer werden viele sein. Von Schlunzig weiß man nichts Bestimmtes, in Jerissau giebt'S cingestürzte Häuser, und das Wasser muß fürchterlich gewüthet haben. Der Eisenbahndamm hat gelitten, unsre beiden Brücken sind weggeriffen, die Gasanstalt schwimmt im Wasser. Leichen, Bruchstücke von Gebäuden, Vieh rc., Alles treibt wild auf der Mulde vorüber. Das Wehklagen ist groß und herzzerreißend, da Vielen nur das nackte Leben gerettet worden ist. Ich sah gestern gegen 5 Uhr Nachmittag selbst ein Haus einstürzen mit mehrer« Bewohnern und hörte den furchtbaren Ruf nach Hilse, die nur höchst vorsichtig gebracht werden kann. Menschen haben seit Sonn abend Nacht bis diesen Morgen auf den Dächern zugebracht. Die Häuser sind in den Straßen durchbrochen worden, um sich in die festem Wohnungen zu flüchten. Remse bei Waldenburg, 2. August. Die großen Ueberschwemmun- gen, die selbst die vom Jahre 1771 um eine halbe Elle überstiegen, haben auch unsern Ort besonders hart betroffen. Mehrere Wohnungen und Ge bäude sind theils ganz, theilS theilweise von dem Strom zerstört und weg geriffen, sehr viele aber, und darunter die ganz neuerlich massiv erbemte Müller'sche Spinnerei, so unterwaschen und destruirt worden, daß stünd lich ihr Einsturz zu besorgen. Aus den Trümmern eines von den Fluchen weggerissenen Wohnhauses wurden gestern Nachmittags von den darinnen befindlichen 13 Personen acht mit großer Lebensgefahr gerettet, wogegen die fünf andern, eine Wittwe und vier Kinder in dem Alter von 14 Ta gen bis 4 Jahren, in den Wellen begraben wurden. Waldenburg, 1. August. Die Mulde ist hier 4 Ellen über das Ufer gestiegen. Altstadt-Waldenburg steht fast ganz, Waldenburg Kertzsch und Remse zum Theil unter Wasser. Die Commuuication mit noch von Menschen bewohnten Häusern ist unmöglich. Zwischen Hohenstein und Glauchau ist die Postvcrbindung unterbrochen. Schön Heide, 1. August. Infolge des gestrigen Hochwassers der Mulde ist ein Theil der Brücke zu Schönheider Hammer eingestürzt und die Eommunication für Fuhrwerk zwischen da und Eibenstock unterbrochen. Auch der Communicationsweg zwischen-Schönheider Hammer entlang der Mulde biö KarlSseld ist nicht zu passiren. Leider haben zwei Menschen, nämlich ein blödsichliges Mädchen und ein Kutscher, ihren Tod in deir Wellen gesunden. Hirschfclde, 3. August. Gestern Mittag hatten wir allhier den höchsten Wasserstand der Neisse in diesem Jahrhundert. Weder der von 1804, noch der von 1854 hat diese-Höhe erreicht. An Feldern, Mühlen und Etablissements'ist nicht unerheblicher Schaden dadurch erwachsen. Colditz, 3. August. Jetzt erst sängt man an, sich von den Schreck nissen und dem Jammer, welcher über unsere Stadt in den letzten Tagen hereingebrochen ist, einigermaßen zn erholen. Nachdem die Mulde schon den Sonnabend bedeutend gestiegen war, erreichte sie in der Rächt vom Sonnabend zum Sonntag eine Höhe, wie sie seit 1771 nicht gesehen worden ist. Von da biß aestern früh haben Viele in der schrecklichsten Todesangst gelebt, indem sich alle in die oberen Räume der. tief im Was ser stehenden und von demselben weit und wild umflutheten Häuser flüch ten mußten. Die ersten Rettungsversuche blieben fruchtlos, Fähre sind Kähne konnten diesen Strömungen nicht trotzen; man war genöthigt, dir