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Voigtländisäitr Anzcigcr. 8iebenulwsech8zigfler Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dies« Vlatt «rschcint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstag». D-nnerstag- und Sonnabend». Iäbrlicher NbonnementS^rei». auch bei Beziebung urch bi« Post. 1 Lhlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bi» Mittag» 12 Nbr eingeben. »erden in die Tag» darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Ausnahme. — Inserate werden mit 1 Nzr. für die gespaltene 6.orpus-Zeilc berechnet. Donnerstag. IAO. 6. November 183«. —V » » ' ? —I Rundschau. Vor einem Zahre schien eS noch, als sei das englisch-französische Bündniß, wenn auch nicht für die Ewigkeit, doch ans lange, lange Taner scstgekitlet und genietet, und heute schon will cS den Anschein gewinnen, als ob mit dem zur Neige gehenden Jahre auch die Freundschaft der West mächte stark, sehr stark im Sinken und Nicdergehen begriffen sei. Die beiden Kaiser deS Westens und Ostens, welche im vorigen Jahre noch im blutigen Kampfe gegen einander begriffen waren, haben seit dem Frieden sich persönlich so freundlich gegen einander geäußert, ihre Regierungen sich so freundschaftlich genähert, daß man englischer Seitö darüber unmöglich Freude haben konnte, mochte nun diese Annäherung Rußlands und Frank reichs aufrichtig sein oder nicht. Auffällig und nicht gerade für den Weltbund spricht auch die ersichtliche Annäherung Oesterreichs an England. Während früher die Kippeleien zwischen diesen Staaten nicht aufhörten, herrscht jetzt Eintracht, und England findet dlc fortdauernde Besetzung der Donaufürstenthümer durch die Oesterreicher ganz in der Ordnung, während Frankreich täglich behauptet, die Zeit für die Besetzung sei um, die Oester reicher müßten räumen. ES liegt wohl auf der Hand, daß Oesterreich eben darum sich England nähert, weil die Franzosen und Russen mit einander gar so schön thun. Ob nicht daraus am Ende neue Bündnisse wachsen? Tie Lockerung deS Weltbundes geht auch noch auS andern Tingcn hervor. In Frankreich hat LouiS Napoleon eS bekanntlich dahin gebracht, daß kein Wort, kein Laut ohne seine Genehmigung gedruckt werden darf. Da hat nun neuerlich daS amtliche französische Blakt, „Moniteur" genannt, einen Aufsatz gebracht, worin der politischen Freiheit in Neapel daS Wort geredet wird. Wenn cö nun in Deutschland und in der ganzen Welt Jedermann enrioö vor kommt, daß Frankreich in Neapel politische Freiheit, nach Befinden mit Gewalt Herstellen, dagegen in Belgien dte Preßfreiheit gegen die Gesetze dieses Landes beschrankt wissen will, in Spanien der Freiheit auch keinen Vorschub geleistet bat, ja sogar in einem andern Ar tikel deS Moniteur den Engländern selbst fast drohend zu verstehen giebt, die Preßfreiheit in England treibe es bunt und eine Beschränkung dersel ben könne nicht schaden — so kann man sich denken, wie erst diese An sichten und Nathschläge in England ausgenommen wurden! Nun ist es wahr, daß die englischen Blätter unverschämte Angriffe auf die französische Kaiserin und auf daS Privatleben deS französischen Kaisers gemacht haben, em Punkt, der sie gar nichts angeht, denn das Privatleben jedes ManneS, auch deS Fürsten, ist seine eigene Angelegenheit; aber doch steht fest, daß mit diesen Moniteur-Aufsätzen LouiS Napoleon in cm Wespennest gestört, d. h. die englischen Zeitungen sich auf den Halö gezogen hat. Selbst daS englische Ministerium war empfindlich darüber, namentlich, weil der Monitum gesagt halte, „wenn die englischen Blätter so fortführen, würde dieß auf die Beziehungen beider Länder störend cinwirken." Was nun der Regierung Louiö Napolcon's nur immer vorzuwerfen ist, daS beuten seitdem die englischen Zeitungen angelegentlich auS. Louiö Napoleon schickt bekanntlich seine politischen Wühl Huber und Störenfriede nach Cayenne. Das ist ein sehr fruchtbarer französischer Landstrich in Südamerika, wo unter andern auch Pfeffer wächst; nur ist daS dortige Klima für Europäer w mörderisch, daß sie wegsterben, wie die Fliegen im Herbste. Diese laudcSväterliche Fürsorge nun, welche dadurch der politischen Gegner sich entledigt, daß sie dieselben nach Cayenne schafft, wird natürlich von den englischen Blättern zu allererst und äußerst scharf gegeißelt. Daun kommen Sticheleien wegen der geheimen Wühlgcsellschaften, z. B. der „Marianne", des Börsenschwindels, der Geldklemme, beißender Spott auf die Bestechlich keit, die massenhaften Einsperrungen, die Noth der Proletarier, kurz ans Alles, waö nur Louis Napoleon empfindlich und ärgerlich sein kann. Ja, ein englisches Blatt sagt geradezu, eS seien in Frankreich nahe und un- vermeldliche Erschütterungen zu erwarten. Nun, daß solche Erschütterungen von England nicht ungern gesehen, nach Befinden sogar unterstützt würden, zumal wenn cs gälte, ein etwaiges französisch-russisches Bündniß im Ent stehen zu sprengen, haben wir 1830 und 1848 erlebt! In Summa, das englisch-französische Bündniß ist locker. Dieß weiß aber der König von Neapel wahrscheinlich noch besser, als wir, deshalb zeigt er auch nicht die geringste Furcht vor den westmächt- lichen Flotten, die ihn cinschüchtern sollen, aber sich irgendwo umhertrciben, ohne vor Neapel zu erscheinen. Diese ganze neapolitanische Geschichte, ein Unsinn vom Anfänge an, wird nicht nur langweilig und lahm, sondern artet schlüßlich gar in eine Komödie oder Posse auS. Wenn eS wahr ist, daß der König von Neapel auf die Versicherung, cS werde von den Flotten keinerlei Feindseligkeit gegen ihn ausgcübt werden, lächelnd geantwortet hat: „Das habe ich auch gar nicht erwartet," so versteht dieser Monarch das Possenspicl, welches man gegen ihn anfführen will, gewiß am Nich tigsten zu taviren, und die Westmächle erwerben sich damit wahrhaftig keine Ehre. Während dem geht die spanische Wirthschaft ihren trüben Gang. AuS diesem Lande berichten englische Blätter erbauliche Geschichten. Am sechsten Tage, nachdem Narvaez an O'TonnellS Stelle Minister geworden war, verlangte auf Anrathen des Königsgemahls die Königin, es sollten alle seit der Thronbesteigung Ihrer Majestät verkauften Kirchengüter an die Geistlichkeit zurückerstattct werden. Das war dem Narvaez zu stark und er stellte vor, daß dieß durchaus nicht gehe, daß dieser Schritt revolutionär sei, den Thron gefährde rc., und wer dazu gerathcn habe, sei ein Feind des Thrones, er werde lieber abdanken, als zu einer solchen Maßregel sich verstehen. Darauf entgegnete die Königin, er möge thun, waS ihm beliebe. Narvaez stürzte wüthend aus dem Palaste und warf unterwegs allen Kammerherren und Ehrcndamen noch derbe Reden an den Kopf. Nun berief die Königin den Marquis von Vkluma, das Haupt derer, die von Constitution nichts wissen wollen, zu sich. Aber auch diesen, als er erfuhr, um was es sich handelte, kam ein Granen an, und so blieb Nar- vaez noch Minister. Wie lange? - Zeitungen. wachsen. Plauen, 5. Nov. Die nächste öffentliche und mündliche Verhandlung vor dem hiesigen Königl. Bezirksgerichte wird nächsten Mon tag, den 10. Nov. Vormittags 9 Uhr, wider Friedrich August GottS- mann aus Wo bl Hausen, Diebstähle betreffend, stattfinden. Pausa, am 30. October. In unserer Nähe, in der Gräflich Hohcnthal'schen Waldung, in dem links an der Straße kurz vor Mühl troff gelegenen KieSbruch, allwo eine Anzahl junger Leute KicS zum Wegebauen abgrubcn, sind Mittags in der zwölften Stunde die 15jährige Tochter des Gutsbesitzers Wolfram und die beiden Dienstknechle Wetzel l8 und Spörl 16 Jahr alt, durch das Herabstnrzen einer zu sehr unter- muurten Kieöwand verschütt^ worden. Als man nach N/,stündiger Arbeit die Wolfram, nach halbstündiger Arbeit aber schon die beiden Andern unter dem KieS hervorbr achte, war Erstere todt, Wetzeln die Kugel dcs