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England. Nach dcn letzten Berichten »us Ostindien hat daA zu Puna stationirte 10. Regiment Husaren am 8. Juli Befehl erhalten, sich zur Einschiffung zum Dienst in der Türkei bereit zu halten. Türkei. Konstantinopel, 24. August. Der Bosporus scheint zum Hospital bestimmt. Dem Prinzen Napoleon folgten nicht weniger als 6 englische Generale aus Varna, welche von der heilsamen Luft Tberapia's die Herstellung ihrer dort angegriffenen Gesundheit erwarten. Die Operationen erhei schen wirklich ihre Gegenwart nicht; im Lager an Fiebern, Ruhr und Cholera tahinstcrben ist eine Kunst, die sich auch ohne Anweisung der höheren Offiziere lernt, und weiter wurde von den Truppen bisher nichts verlangt. Die Einschiffungen, von denen man ewig liest und hört, brachten sie dem längst angekündigtcn Ziele Scbastopol bisher noch keinen Schrill näher. Auch die zuletzt gemeldete Einschiffung löste sich später in eine durch stürmische Wetter motivirte Ausschiffung auf, war also nur eine Schulübung. Auf der andern Seite sieht man wieder Riesenanstrengungen. So stehen in den Dar danellen über 250 Transportschiffe mit Material jeder Art .gefüllt, welche nur weiter zu remorquiren sind, und doch ein Beweis zu sein scheinen, daß man nicht zu spielen beabsichtigt, sondern alles im großen Stil kurchzufübren gedenkt. Es soll jetzt wieder difiniliv die Abfahrt der Expedition auf Montag angesetzt sein. Unterdessen hat sich der Herzog von Cambridge gleichfalls aus Gesundheitsrücksichten hierher begeben, und die Armeen müssen sich einstweilen ohne Prinzen behelfen, vielleicht für immer, kenn man spricht von der bevorstehenden Rückkehr des Herzogs so wie des Prinzen Napoleon in die Heimath. Auch die Kunst macht schlechte Geschärte, Horace Vernet kam Sonn tags vom Kriegsschauplätze hier durch, und schiffte sich wieder nach Frankreich ein. Am gleichen Tage kam der General Es- pinasie an, durch dessen Schuld bekanntlich ein gegen 800 M. starkes Detachement ohne einen Flintenschuß gelhan zu haben, in der Dobrudscha verschmachtete; er soll in Frankreich vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Man schreibt unterm 24. August aus Konstantinopel von einem Gerücht, nach welchem von dem türk. Armeecorps von Batum einige Abteilungen unlängst in die Grenztistricte von Immeretien auf eigene Hand eine Expedition unternommen, die nächstgelegenen Dörfer geplündert, deren Einwohner, so» weit sie nicht die Flucht noch ergreifen konnten, zu Gefangenen gemacht und letztere als Sklaven zum Verkauf nachKvnstantino- pel geschickt haben sollen. Es scheine sich in Wirklichkeit um eine nicht mehr zu bezweifelnde Thalsache zu handeln; denn sie werde als positiv dem Corresp. mitgetheilt von einem Manne, der über die Vorkommenheiten des Tags ebensogut unterrichtet zu sein pflegt, als er bei seinen gründlichen Kenntnissen der Verhältnisse zwar die Schwierigkeiten der Reform in der Türkei keines wegs verkenne, zugleich aber die Durchführung derselben zum Behuf der Erhaltung des Reichs und dessen Aufnahme in das System des europäischen Gleichgewichts als die einzig wün- schenswerthe Lösung der großen Frage deS Orients für seinen Theil nachdrücklichst selber mit onstreben helfe. Auch sei im Allgemeinen die Lage in Konstantinopel noch immer von ei ner Beschaffenheit, daß z. B. die Versicherungen, die in Be treff des Sklavenhandels kürzlich im engl. Parlament gegeben wurden, einen gar absonderlichen Eindruck kort Hervorrufen mußten; denn kein Gewerbe blühe jetzt mehr als gerade der Menschenhandel in Top-Hane,, dessen Gaffen von „freien" tscherkessischen Seelenverkäufern wimmcln, die freilich ihr e, genes Fleisch und Blut, d. h. ihre Töchter, zu Markte bringen. Die geschlagene anatolische Armee unter Commando ihrer ungarischen und türkischen Generale, scheint zur Zeit in Kars einen Hallpunkt gefunden zu haben, und da der Verlust, welchen die Russen durch daS unbestritten tapfere Verhalten der Türken in der Schlacht bei Kouroukdere erlitten haben müssen, jedenfalls nicht unbedeutend sein kann, so wird ein rasches Vordringen derselben auf Kars kaum stattsinden und die türk. Armee Zeit gewinnen, sich daselbst zu ordnen und wieder zu ergänzen. Wesentlich würde es sein, ob in der Schlacht auch Artillerie verloren gegangen ist — die Berichte erwähnen davon nichts. Die Cholera hat wieder nachgelassen. Im Lager der Hilfstruppen hat sie beinahe aufgehürt; nur der Chef des Hauptquartiers, Lord de Roß,- und zwei jüngere Generale haben sich zur Erholung hierher begeben. Prinz Napoleon ist genesen, und der Herzog von Cambridge ist hierher ge kommen, dem Waffengesährten dazu Glück zu wünschen. Die Hilfstruppen sind endlich zur Landung abgesegelt. Die Vor bereitungen dazu schlossen sogar den Ankauf der kleinen Dampfschiffe ein, die sonst im Bosporus spazieren fuhren. Eine andere Vorbereitung zum Ernst der Lautung ist die Anwerbung von einem Dutzend Aerzlen für daS franz. Spital hier, freilich mit einer Besoldung, die hier ungewöhnlich ge ring ist: 150 Francs monatlich, während die Türkei doppelt so viel zahlt. Ein imposantes Schauspiel wird in den näch sten Tagen die Durchfahrt von 300 remorkirten Transport schiffen sein, die den Landungstruppen Kriegs- und Munk» vorräthe überbringen. Wieder gehl das Gerückt von Kon stantinopels Versetzung in den Belagerungszustand und von Uebernahme^dcr Polizei durch die Franzosen. Kronstadt, 28. August. Die k. k. Truppen haben, geführt von dem k. k. Generalmajor v. Burlo, gestern Vor» mittag gegen 10 Uhr die Grenze des Vaterlandes überschrit ten und sind in die Walachei eingerückt. Eine Gesellschaft patriotischer Männer aus Kronstadt war hinausgezogen auf den Predjal, um die Truppen und ihre Führer mit einem Frühstück zu bewirlhen. Fest an der Kronstädter Stadtge» bietsgrcnze, welche zugleich die Grenze des Vaterlandes bildet, war an den Grenzadlcr sich anlehnend ei'<e Triumphpforte aus grünen Reisern gebaut, an welcher die einmarschirenben Truppen von den Kronstädtern mit Lebchochrufen begrüßt wurden. Es war ein herrlicher Anblick nach dem langen Marsche, mit welcher stolzen kriegerischen Haltung, als wären sie erst aus dem Quartier ausgerückt, die Männer von Groß» fürst Konstantin-Infanterie, die Männer von dem Peterwar- deiner Grenzregiment und die Männer der Batterie Nr. 1 vom 3. Artillerieregiment rc., an der aufgestellten walachischen Grenzmiliz heiler und guter Dinge in die Walachei einmar» schirten. Jenseits des Triumphbogens über der Grenze stan den die walachischen Grenzofsiziere und begrüßten den General v. Burlo, worauf unter einem tüchtigen Regenguß die Trup pen auf dem schönen Platz hinter dem „Hotel de Walachie" neben der walachischen Mauth einrücklen und ihr Lager be» zogen. . Briefe aus Gallipoli vom 21. August berichten die Ankunft von 6 Fregatten im dortigen Hasen, und daß fast sämmtliche zu Gallipoli versammelte Streitkräfte nach Varna tingeschifft werden sollten.