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Voigtlän^ischer Anzeiger. Fünfundsechszigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. —— jährlicher AbonnemmtSpretS für dieses Blatt, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 6 Ngr. — Die JnsertionSgebühren werdm mit 1 Ngr. für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhältniß deS Raumes. — Dienstag. 188. Sl. Lctvber 1854. Die Ausgleichungsbemühnngen in Berlin. Es hat wohl zeilher Jeder, wenn er sich auch der Sache nicht klar bewußt war, eine dunkle Ahnung gehabt, daß zwischen Oesterreich und Preußen eine — wie sollen wir es bezeichnen? — Verschiedenheit der Ansichten herrsche, wohl gar ein Riß, ein Bruch des guten Einvernehmens drohe, der, wer weiß, wie weit zwischen den deutschen Großmächten führen, endlich vielleicht Deutschland in zwei feindliche Lager spalten und es zerfleischen könne. Man hörte von scharfen „Noten" (so nennen die Regierungen die Zuschriften, die sie sich gegenseitig schicken) oder las sie und merkte, trotz aller Feinheit und Höflichkeit des Ausdruckes, recht wohl, daß dieser Schriftwechsel je länger desto weniger zur Einigkeit führte. Das erregte ernste Befürchtungen, zumal auch in letzterer Zeit in Wien großer Kriegsrath gehalten wurde. Nach unserer Ansicht, mit Recht. Denn ist es schon schlimm, wenn in einer Haushaltung, in einer Gemeinde Un- Einigkeit, Zwietracht und Prozeß einreißt, daß die Nachbarn sich dann heimlich daran kitzeln, wohl auch lauern, um sich einzumlschen und von dem Zerwürfnisse, so weit thunlich, Nutzen für sich zu ziehen; so ists bei Uneinigkeiten zwischen Staaten, zumal großen Staaten, noch viel schlimmer. Davon weiß Deutschland etwas zu erzählen vor 50, 100, 200 und 300 Jahren. Daß die morgenländischen Angelegenheiten die Schuld dieser Spannung trugen, ahnete wohl auch Jeder; aber nicht alle konnten klug werden, worin denn eigentlich die Verschiedenheit der Ansichten bestehe. Wir wollen daher versuchen, die Punkte so deutlich darzustellen, als mög lich, über welche Wien uvd Berlin verschiedener Meinung, entgegengesetzten Willens sind. Oesterreich will Preußens und des Bundes Hilfe ver bürgt haben für den Fall, daß Rußland Oesterreich deshalb angreifen sollte, weil dieses letztere die Rusten aus den Do naufürstenthümern hinaus demonstrirt und sich dafür selbst darin, wenn auch noch nicht häuslich niedergelassen, doch festgesetzt hat. Ferner will Oesterreich die mit Preußen am 20. April d. I. und nachträglich auch mit dem Bunde ab geschlossene Uebereinkunft nicht blos als ein Schutz- sondern auch ein T r u tzbündniß angesehen wissen. Weiter will Oester reich, daß es den Lürken, Engländern und Franzosen frei stehen soll, durch die Moldau herauf einen Angriff auf rus sisches Gebiet zu machen, ohne daß es ihnen Oesterreich verwehrt. Nicht minder will Oesterreich, daß den Russen unter keiner Bedingung je wieder über den Pruth gehen zu dürfen gestattet werde. Endlich will Oesterreich seine unge heuer» Heere, die ihm, wie jetzt auf dem Kriegsfüße, täglich achthunderttaufend Gulden C.-Münze kosten, nicht ewig Ge wehr in Arm an der russischen Grenze stehen lassen, sondern verlangt von Preußen und dem Bunde Hilfe für den Fall, daß es sich genöthigt sehen sollte, Rußland mit Gewalt zu den bekannten Friedensbedingungen zwingen zu müssen, wenn dieses, wie fast kaum anders zu erwarten, nicht gut willig darauf eingehen sollte. Preußen dagegen will dieses Alles nicht. ES will nicht helfen, wenn Oesterreich in den Donaufürstenthümern von den Russen angegriffen wird, und wenn die Russen wieder über den Pruth gehen wollen, hat es nichts dagegen. Dafür will es aber, daß Oesterreich die Russen nicht von den Türken uno ihren Verbündeten angreifen lasse und überläßt Oesterreich die Sorge zuzusehen, wie eS die Kosten für seine Rüstungen aufbringe und decke. Man sieht, auch ohne Staatsmann zu sein, daß die bei- dcrseitigen Ansichten von Wien und Berlin schnurstracks einander entgegen stehen. Run meinen auch die großen Zeitungen, es sei noch gegenseitiges Mißtrauen, Eifersucht und dgl. im Spiele. Man sagt, in Berlin denke man, Oesterreich wolle um jeden Preiß Krieg mit Rußland anfangen und Preußen und Deutschland mit hineinziehen, in Wien dagegen glaube man, Preußen wolle Oesterreich das Zusam mengehen mit dem Bunde verleiben und es dahin bringen, daß es sich mit den Westmächten verbünde, damit dann Preußen freie Hand in Deutschland habe. Wir können nicht wissen, was an diesen Zeitungsansich, ten wahr ist. Es leuchtet aber ein, daß es für die Herren Minister von der Pfordten und von Beust, die nach Berlin gegangen sind, zu vermitteln, keine leichte Aufgabe sein wird, das gute Werk der Verständigung zwischen Wien und Berlin zu vollbringen. Und doch muß jeder verständige und recht- schaffene Deutsche mit uns wünschen, daß den Vermittlern ihre gute Absicht gelinge! Heilungen. Sachsen. Leipzig, den 27. Oct. Zu den wissenschaft lichen Anstalten, welche unter der Regierung Sr. Maj. des Höchstseligen Königs Friedrich August begründet worden sind, gehört die Königlich Sächsische Gesellschaft der Wissen schaften, deren Protector er war. Heute Abend feierte die selbe das Andenken Sr. Höchstseligen Majestät durch eine zahlreich besuchte öffentliche Sitzung, welcher auch der Mi nister des Eultus und öffentlichen Unterrichts, Se. Exc. Herr von Falkenstein, beiwohnte. Leisnig, 25. Oclober. Gestern Vormittags in der 11. Stunde ist in dem Steinbruche des Gutsbesitzer- Däberitz in