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zu denken, vollständige Anarchie herrscht überall. Jeden Tag werden von den Arbeitern, ungestraft, Fabriken niedergebrannt, Beamte ermordet und durch die Straßen geschleift, Hunderte von Barrikaden stehen erbauet, und alle nur erdenkliche Greuelscenen, wie sie die Revolution in ihrem schauderhaften Gefolge mit sich führt, sehen wir in der furchtbarsten Wirk lichkeit an uns vorüberziehcn. Als wenn nun aber alles Un glück auf ein Mal über uns kommen müßte, ist seit 14 Tagen auch die Cholera bei uns ausgebrochen, die gerade in diesem Augenblicke im höchsten Grade wüthet. In Folge dessen sind von 200,000 Einwohnern, die Barcelona zahlt, wenigstens 150,000 aufs Land geflüchtet, und von den We nigen, die somit geblieben, sterben täglich 3 bis 400 Perso- nen. Auf den Straßen siebt man kaum Eine menschliche Seele; alle Kaufläden, Cafvs, öffentliche Gebäude sind ge schlossen, ebenso die Bank und alle Bankhäuser. Zahlungen werden von Niemandem gemacht. Geht man auf der Straße, so sieht man bald hier, bald dort Leute todt niederfallen (?), und kein Mensch denkt daran, denselben beizustehen. Seit 8 Tagen bin auch ich auf dem Lande, 2 Meilen von Bar celona entfernt, und gehe nur zuweilen nach der Stadt, um zu sehen, ob Etwas von Bedeutung vorgcfallen. Türkei. Die Einzelheiten über den Brand von Varna kommen nun nach und nach in erschrecklicher Ausführlichkeit zu Tage. Uebereinstimmenden Nachrichten zufolge brach das Feuer am 10. August Abends 7 Uhr an mehreren Stellen zugleich aus und erreichte, von der Menge hölzerner Buben und der fast ununterbrochenen Reihe hölzerner Häuser bestens genährt, alsbald den großen, ebenfalls aus Holz gebauten Bazar (gedeckten Markt). Die Vorräthe an Proviant und Kriegsbedarf waren, der nahebevorstehenden Expedition an die russische Küste des schwarzen Meeres halber, fast alle schon auf die Schiffe verladen, und so traf der Schaden meist Privateigenthum; aber dieses in einem so bedeutenden Um fange, daß man den ganzen Betrag des Schadens auf 3 bis 4 Millionen Franken geschätzt hat. Wie sich begreift, war die Verwirrung in der, sonst kaum 25,000 Einwohner zäh lenden, jetzt mit Militair aller Fahnen, sowie Lieferanten und Spekulanten aus aller Herren Ländern überfüllten Stadt bei kinbrechender Dunkelheit bald eine allgemeine und schreckliche geworden. Die Arretirung eines Griechen unter sehr beschwe. renden Umständen hatte den unter Türken, wie unter Eng ländern und Franzosen gleich starken Haß gegen feine Stam- mesgenvsskn zu schrecklicher Höhe gebracht, und die Ausbrüche dieses Hasses sollen, wenn man englischen Berichten glauben darf, mehr als 100 Griechen den Tod in den Flammen oder unter d.n Bajonnetten der Franzosen und Engländer gebracht haben. Ein großer Theil dieser Wuth, von dem unverwehr, ten und unmäßigen Genuß der stärksten Spirituosen in den preisgegebenen Buden und Schenken unendlich gesteigert, wird in ihrer Richtung gegen die Griechen der gewtssenlosen Betrügerei zur Last geschrieben, mit der griechische Lieferanten und Epirituvsenhändler in ihrem Verkehr mit den fremden Soldaten in Varna ausgetreten. Dazu die Entrüstung des Augenblicks über die den Griechen auf den Kopf schuldgege- bene Brandlegung, das wülhende Element und das Ungeheure der Gefahr — in den Kasematten der Festung liegen nicht weniger als 13,000 Cenlner Schießpulver rc. — alles Dieß ließ die Leidenschaft zum Aeußersten kommen. Die Buden der Schnaps- und Bierverkaufer und ihre Magazine wurden von Engländern und Franzosen, den Zouaven besonders, ge stürmt, die Fässer leer getrunken, und, wo eS nicht mehr möglich war, der Boden derselben eingeschlagen und der In halt verschüttet. Auch brutsche Kaufleute aus Konstantinopel, die vor einigen Wochen mit W in -, und Liquerlieferungen nach Varna abgegangen waren, haben bedeutende Verluste in beschriebener Weise erlitten. Der ganze Bazar und damit ein starkes Fünftel der Stadt liegt m Asche; die Rettung derselben vor gänzlicher Zerstörung, die unfehlbar eintrat, wenn das Feuer die Pulvermagazine erreichte, bankt man dem französischen General Canrovert, der in den schwierig sten Augenblicken, und da Schrecken, Zorn und Trunkenheit alle Bande der Ordnung und des Gehorsams und die Gesetze der Vernunft selbst lösen zu wollen schienen, die wüthend tn Franzosen unter seine Befehle vereinigte und durch Eingrenzung des Feuers mittelst Niederreißens der Nachbargebäube bas größte und letzte Unglück verhütete. Am 11. Mittags war das Feuer gedämmt und bald darauf verlöscht. Das Stand, recht war noch Donnerstag Nachts verkündigt worben und hält bis zur Stunde noch strenges Gericht über die schänd lichen Anstifter deS Frevels. Aus Varna, den 18. August, wirb berichtet, baß vier türkische, drei französische und englische Schiffe, welche im Hafen zu Baltschik liegen, am 16. August gegen die Donau- münbungen abgegangen sind. Da diese Schiffe LantungS- truppen an Bord hallen, so glaubt man, baß auch gegen die Donaumüncungen eine Expedition stallsinben soll. Vom Kriegsschauplätze an der Donau meldet man aus Bukarest, 23. August, daß der Abzug der türkischen Trup pen theilweise begonnen hat. Die Avantgarden eines bei 80,000 Mann starken Corps bewegen sich in mehreren Rich tungen gegen Galacz und Brüila. Das G os der Armee marschirl üver Moltoveni und Ursitscheni. Pionniere und Civilarbeiter sind b schätligt, die von den Russen zerstörten Straßen wieder herzustellen. Halim Pascha wird als Com- mankant dieses Corps genannt, welches kie Bestimmung hat, die von den Russen in Vertheibigungszustanb gesetzten Po sitionen Galacz, Braila und Fokschan anzugi.ifen. Die Operationen der Armee in der Dobrutscha, dann die Be wegungen der türkischen Donauflotlille, endlich die Aufstellung an der Sulinamünbung stehen mit den Bewegungen der Türken in der Walachei im vollen Einklänge. — Die größte Lebendigkeit herrscht jetzt in Bukarest. Man sieht Uniformen beinahe aller europäischen Staaten; österreichische Offiziere sind schon in größerer Zahl m der Stadt. Nachrichten aus Varna melden, daß ein großer Theil der dortigen Hilfstruppen am 24. August eingcschiffl würbe. Am 27. August sollte bie Flotte absegeln. Mannichfaltiges Zur Geldftage. So sehr es auch scheinen mag, als ob jetzt alles allge, meine Interesse durch die höhere Politik in Anspruch genommen würde, so machen sich doch namentlich zwei Fragen immer neu geltend, die nach den Getreidepreisen und die nach den Geldverhältniffen. lieber eine die letztere berührende Er scheinung unserer Tage mögen deshalb hier einige Zeilen Platz finden, weil sich selbst unter denen, welche mit den Geld-