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Voigtländischer Anzeiger. Fünfundsechszigster Jahrgang. Jährlicher AbonnementSpretS für dieses Blatt, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 6 Ngr. — Die JnsertionSge-ühieu werden mit 1 Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet, größere Schrift nach Derhältniß deS Raumes. — Verantwortliche Redactton: vr G. I a h U. Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Donnerstag. 4S. 27. April 18S1. W,— ' —SjüSSiMWSiS Zur morgenländischen Frage. (Beschluß.) IV. Die Erbschaft und Erbvertheilung. „Das Fortbestehen der Türkei ist zur Aufrechtbaltunq des europäischen Gleichgewichts nothwendig." So schreiben und sprechen sie jetzt in England und Frankreich und anderwärts. Gut; wenn aber nun der „kranke Mann." wie es fast un. abänderlich scheint, stirbt? Oder ohne Bild: Wenn es nun aber rein unmöglich wird, die türkische Herrschaft in Europa, vielleicht mit Ausnahme von Rumelien, aufrecht zu erhallen, was soll denn dann mit der Moldau, Walachei, Serbien, Bulgarien, Bosnien, Albanien, Thessalien, Mazedonien werden? Das ist der Lern der morgenländischen Frage. Die Griechen schwärmen und kämpfen bereits für ein grie chisches Kaiserthum. Aber die Walachen und flavischen Stämme, die kriegerischen Serben rc. wollen von einer Herrschaft der menderzähligen Griechen eben so wenig wissen, als der Czaar und England, die Meinung der übrigen Mächte ungerechnet. England schien früher eine Reihe halb unabhängiger Staaten unter des Sultans Oberherrschaft herstrüen zu wollen. Aber selbst wenn ein europäisches Einverständniß über diesen Plan zu ermöglichen wäre, was mindestens höchst unwahrscheinlich sein dürfte, so haben schon vor langer Z.it Sachkundige ousgeführt, daß ein solches projektirteS Nebrneinanderbestehcn von einzelnen Staaten, in denen so gründlich in Glauben und Stamm verschiedene Völker verträglich neben einander Hausen und mit einander verkehren sollten, ein Ding der Unmöglichkeit sei. Ueberdieß würde da kein einziger Arzt zu seinen Kosten kommen. Der Ezaar hat einen Theilungsplan vorgeschlagen, nach welchem freilich der beste Theil des Erbes ihm anheim gefallen wäre. Auf diesen Vorschlag des Ezaars begannen eben England und Frankreich ihre Curversuche, erklärten sie sogar an Rußland den Krieg. Der Streit um die Erbschaft ist also im Grunde thatsächlich schon los, während der „kranke Mann" noch nicht gestorben ist, die Erbschaft noch nicht vorliegt. Bis jetzt scheint es, daß weder die Griechen, noch der Ezaar, noch die Wcstmächle einen Hauptbetheiligten bei einer etwaigen Erbschaft und Erbvertheilung hinlänglich in Betracht gezogen haben — Deutschland. Dieß hat sich nicht zum Arzte aufgedrängt, unter allen Freunden aber gewiß es am Besten und Aufrichtigsten mit dem „kranken Manne" gemeint. Deutschland, der deutsche Bund ist seinem ganzen Wesen nach nicht angrcifender, eroberungslustiger, sondern schützender, erhaltender Natur. Es hat noch nicht daran gedacht, über ein Erbe zu verfügen, so lange noch Hoffnung da ist, daß der rechtmäßige Besitzer desselben am Leben bleibe. Tritt aber der Todesfall ein, dann wird e§ auch seine gewichtige Stimme vernehmen lassen und ihr Achtung zu verschaffen wissen. Deutschland, dem Himmel sei es gedankt! ist einig. Seine beiden Hauptmächte haben zu Schutz und Trutz einen Bund geschlossen und an der untern Donau hält Otsterreichs gutes Schwert Wache und Aufsicht. Wie also auch die Ereignisse sich verwickeln mögen, dessen können wir versichert siin, Deutschlands Interessen werden vertreten, nölhigen Falls verfochten werden durch — „deutsche Hiebe!" Leitungen Sachsen. Prinz und Prinz.ssin Johann KK. HH. ha ben mit den Prinzessinnen Sidonie, Anna, Margarethe und Sophie am 21. April Dresden verlassen und das Schloß Wisenstein bezogen, woselbst gleichzeitig auch Prinzessin Ama lie K. H. Ihren Aufenthalt genommen hat. Nach Berichten aus dem Plauenschen Grunde bei Dres den ist seit Beginn der besseren Jahreszeit ein ungemein reges Leben eingetreten, denn längs der Aldertsbahn von dem Dorfe Plauen ab bis Tharand hinauf, sieht man allent halben rührige Hände, welche hier Felsen absprenge«, da an Durchstichen arbeiten, hier an Dämmen bauen, da an Schleußt« mauern rc., so daß es nun wohl glaublich erscheinen lernt, mit Anfang October d. I., wenn nicht gar früher, schnauben schon dampfende Rosse entlang der ganzen Bahn von Dres den bis Tharand. Bereits erfolgen wiederholte Ab, und Vermessungen zum Behufe der Anlegung von Zweigbahnen nach den verschiedenen Kohlenwerken, so daß in Bälde ein veränderter Kohlentransport zu sehen sein dürfte. Preußen. Ueber die zum Abschlusse gekommene, bereits im vor. Bl. gemeldete Convention zwischen Oesterreich und Preußen erfährt man noch, daß dieser Vertrag eine Erweite. rung des GeheiM'Vertrages vom 31. Mai 1851 ist, welcher Oesterreich für den Fall, daß dasselbe in der Lombardei an- gegriffen werden sollte, Preußische Hilfe zusicherte; dieser Grundsatz ist jetzt auch auf die übrigen außerdeulschen Lan-