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Vorgtlän^ischer Anzeiger. Fünfundsechszigster Jahrgang. Verantwortliche Redaktion: vr. G. I a h N. Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. > ZLHrlicher AbonnementSpretS für dieses Blatt, auch bet Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 6 Ngr. — Die ZnsertionSgebühren werden mit 1 Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet, größere Schrift nach Nerhältniß deS Raumes. — Donnerstag. SH, 18. Mai 1854. Kettungen Sachsen. Nach einer Bekanntmachung des Direktoriums der Aibertsbahn in Dresden sind bezüglich der vierten Ein, Zahlung nur 44 Stück Aktien als nicht eingezahlt auszu- schreiben gewesen, so daß das Unternehmen nun wohl als gesichert angesehen werden kann. Preußen. Nach Berichten aus Berlin vom 12. Mai wird in den nächsten Tagen der frühere Finanzminister, Graf Alvensleben sich nach Wien begeben, um dort über manche von dem Gange der Dinge abhängig gemachten Punkte hin, sichtlich der Ausführung des Vertrags zwischen Preußen und Oesterreich vom 20. April nähere Verabredungen zu treffen. Der Aufenthalt des Grafen in Wien dürfte längere Zeit dauern. Ueberhaupt dürfte in nächster Zeil Wien von Neuem der Mittelpunkt wichtiger Verhandlungen werden. Es ist bereits die Rede davon, daß England und Frankreich der dortigen Gesandtenconferenz als Grundlage weiterer Be. sprechungen den zwischen ihnen und der Pforte abgeschlosse. nen Vertrag zur Kenntnißnahme vorzulegen beabsichtigen. — Den mehrfach verbreiteten Gerüchten über bevorstehende Veränderungen im Staatsministerium, namentlich über den Abgang des Herrn Ministerpräsidenten und über die Bildung eines neuen Cadinns Md, als vollkommen unbegründet, widersprochen. Wie aus Hamburg unterm 12. Mai gemeldet wird, so befand sich die französische Flotte den 10. Mai Abends im großen Belt bei Ramsö, und die englische Flotte am 7. Mai bei der Insel Gottska Sandö nördlich von Gothland. In Kopenhagen ist Oerstadt an der Stelle Scheeles zum Iustizminister ernannt worden. Aus Constantinopel bringen franz. Blätter folgende telegraphische Nachrichten: Die Stärke der angekommenen englischen Truppen beläuft sich auf 15,000 Mann, zu denen noch die Cavalleri« und Artillerie stoßen sollte, um die eng, lischt Division zu vervollständigen. Lord Raglan ist am 30. in Constantinopel eingetroffen, am gleichen Tage Prinz Ns» poleon in Gallipoli. Die Flotten waren am 25. auf der Höhe von Sebastopol. Es waren Divisionen derselben nach Anapa und Redut Kale detachirt worden. 12 russische Kauffartheischiffe sind vor Sebastopol von 3 Dampfern des vereinigten Geschwaders weggenommen worden, ohne daß die russische Flotte sich bewegte. Anderwärtige französische Berichte melden: Der Prinz Napoleon wird mit einem CorpS von 10,000 Mann in Pera Residenz nehmen. Das eng, lisch - französische Hauptquartier ist bereits in Adrianopel eingerichtet. Zugleich wird aber auch zu Radosto am Mar mora-Meere ein Lager für 50,000 Franzosen aufgeschlagen, was auf eine bedeutende Ausdehnung der Expedition in der Türkei schließen läßt. Auch ist von einem Landangriff auf Sebastopol oder die Krimm die Rede, wozu ein bedeutendes Corps englischer und französischer Kernlruppen mitwirken soll. Die Bildung einer Polenlegion ist noch nicht sicher, gestellt, und es scheint, was das Commando betrifft, daß dasselbe auf keinen Fall dem General Wysocki übertragen werden wird. — Vom Kriegsschauplatz an der Donau ist zu melden, daß die russischen Truppenvorschiebungen immer noch fort- dauern. Dem Gerüchte von der Räumung der großen Walachei wird zwar amtlich widersprochen, General Liprandi hat aber nichts destoweniger den Auftrag, bis an den Argis- fluß zu rücken und bis auf weiteren Befehl das Hauptquar tier in Pitescht zu nehmen; es heißt, dieses Corps werde bis nach Plojeschli gegen Fockschan den Marsch fortsetzen und die neue Concenlrirung der aktiven Donauarmee ver, vollständigen. Es würden sonach zwei kaiserl. russ. Armee korps unmittelbar an der Donau mit dem rechten Flügel in Giurgewo, mit dem linken in der Dobrudscha und dem Centrum in Kalarasch stehen. Zwei andere Corps haben die Aufstellungen in Fockschan, unfern Szerelh und Pruth, und halten die Verbindung mit dem Corps des Generals Osten-Sacken in Bessarabien; ein 70,000 Mann starkes Corps macht Front gegen Siebenbür gen und gegen die untere Buckowina mit dem Hauptquartier in Jassy; am Dniepr stehen die Reserven, zu welchen auch das große Dragonercorps gehört. Diese Ordre de Bataille ist nach guten Quellen zusammengestellt, und Fürst Paskie, witsch dürfte in seiner jetzigen Stellung noch einige Zeit verharren, bevor er einen neuen Offensivschlag am rechten Donauufer ausführt. Silistria soll nach neueren Nachrichten noch nicht belagert sein; bei Rafsowa stehen keine russischen Truppen; letztere haben sich inzwischen fämmtlicher vor diesen zwei türkischen Positionen gelegenen Donauinseln bemächtigt, was 1829 der Fall nicht war. Silistria hat schon jetzt von der auf der Mittlern Insel angebrachten Batterie viel zu leiden. Die Montenegriner haben bis jetzt noch keinen Ein fall in türkisches Gebiet gemacht und scheinen sich wieder ruhig zu hallen. Bei der gegenwärtigen Sachlage ist nicht zu bezweifeln, daß die Russen mit ihren wohleingeübten Truppen unauf haltsam über den Balkan bis gegen Adrianopel vorrücken können, aber allerdings zu bezweifeln, daß sie dieß thun «erden, auS Rücksichten für die Nachbarstaaten, welche die