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MhenerD Machten. Verordnungsblatt der Kreishanptmannschaft Bautzen als Konfistorialbehörde der Oberlausitz. Amtsblatt der Amtshauptmannschaftcn Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bantzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzcu, inglcichcn der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeindcräte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Orga» der Handels- und Gewerbelamm er zu Zittau. Erscheinungsweise: Täglich abends mit Ausnahme der Sonu- und Feiertage. Tchriftleitung und Geschäftsstelle: Bautzen, Innere Lauenstraße S Fernsprecher: Nr. 51. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautzen. Bezugspreis: Monatlich 1 Mark. Einzelpreis: 10 Psenuige. Anzeigenpreis: Die 6gcspaltene Petitzeile oder deren Raum 1b Pfennige, in geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz cntfprecheird teurer. Reklamen: Die Zgcfpaltenc Pelitzclle 50 Pfennige. Jahrgang. Mittwoch, den 31. Aanust 1NU», abends. Tas Wichtigste vom Tage. * Die neuerbaute König Friedrich August- Brücke in Dresden ist gestern in Gegenwart des Königs, des Prinzen und der Prinzessin Johann Georg, der Prinzessin Mathilde, sowie der Spitzen der staatlichen und städtischen Behörden eingeweiht worden. * Bei der Reichstagsersatzwahl in War burg-Höxter ist Prof. Spahn (Zentrum) gewählt worden. * Der Hofzug mit der Z a r e n f a m i l i e ist gestern nachmittag 3 Uhr in Friedberg eingetroffen. Ein russischer Anarchist namens Mantelberg wurde gestern abend in Bad Nauheim verhaftet. Zum Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika wurde Or. Seitz, bisher Gouverneur von Kamerun, er nannt. Zu seinem Nachfolger als Gouverneur von K a - merun wurde der bisherige vortragende Rat im Reichs kolonialamt Or. Gleim berufen. * Ein in Uesküb verhafteter Montenegriner hat bekannt, daß er zu einem von ihm begangenen Mord an einem politischen Flüchtling, einem montenegrinischen Major, von der Regierung in Cettinje für 25000 Francs gedungen worden sei. * Die Spanier haben ihre Garnison in Ceüta (Presidio in Marokko) auf 15 000 Mann verstärkt und wollen dort ein spanisches Hinterland schaffen. * Wetteraussicht für Donnerstag: Heiter, warm, trocken. * Ausführliches siehe an anderer Stelle. Königsberg und Marienburg. Die Kaiserrede im Moskowiter-Saale des Königs berger Schlosses wirft ihre Wellen weiter. In der Marien burg (vergl. „Hof und Gesellschaft") hat der Monarch eine zweite Rede gehalten, die zum Teil sicher durch die Aeuße- rungen der öffentlichen Meinung zur ersten Rede veranlaßt ist. Also auch der Kaiser geht doch nicht achtlos an Tages meinungen vorüber. Er hat dem „Eottesgnadentum" eine lindernde Erklärung geben wollen. Diese Erklärung mag auch den Anschauungen des Herrschers entsprechen, aber sie trifft doch nicht das, was man gemeiniglich darunter ver steht. Umgekehrt hat der Reichskanzler sich als ver antwortlich für die Kaiserrede erklärt. In der „Nordd. Allg. Ztg." hat er seine Anschauungen in dem ihm eigenen scharf pointierten Stil von sich gegeben. Es wird ihm diese Vertretung der Kaiserrede nicht sehr schwer gemacht wer den. Die Konservativen sind, mit der Erklärung zum Eottesgnadentum zufrieden, weil das ihrer Welt anschauung entspricht und in ihr Programm hineinpatzt, die wirtschaftliche Vereinigung wird ihnen durch Dick und Dünn folgen, wie ein Ukas des Herrn Lie bermann v. Sonnenberg in der „Staatsbürger-Ztg." be weist, der übrigens daran erinnert, daß in der Reichs- verfassung ausdrücklich die Wendung „Von Gottes Gnaden" gebraucht ist. Und auch das Zentrum wird beide Augen zudrücken, wenigstens hat Matthias Erz berger sich dahin im „Tag" ausgedrückt. Es kommt eben für den Block der Rechten darauf an, vor allem sich seine Machtstellung zu erhalten. Um Prinzipien zu fechten, da vor hütet man sich, man weiß genau, daß dabei verdammt wenig herauskommt. Man hat die Königsberger Rede eine „Absagevon d e r B ü l o w p o l i t i k" genannt. Es fragt sich, was man hier unter „VUlowpolitik" versteht, den Punkt, daß der Kaiser sich eine weise Zurückhaltung auferlegt oder die Politik der Sammlung unter den nationalen Elementen? Auf beide Fragen gibt die Marienburger Rede des K '':rs Antwort. Die Milderung in der Auslegung des Eottes- gnadentums hat sicher den Zweck gehabt, bcu Anschauungen des Volkes sich wieder zu nähern, und da es gerade die Arbeiterkreise waren, die sich, abgesehen von den Kapuzi- naden der Sozialdemokratie, besonders erregt hatten, so zeigt sich, daß der Herrscher immer noch Wert auf die Stim mung in diesen Kreisen legt. Der Vülowblock ist in höherem Grade Herzenssache des Herrschers gewesen, als man vielleicht angenommen hat: das beweist die Auf forderung zur Friedfertigkeit in der Marienburger Rede. Der Kaiser möchte alle Stände miteinander aussöhnen. Er möchte, daß der Landwirt dem Industriellen und dem Kaufmann die Bruderhand reicht. Das ist sicher sehr schön gedacht. Allein: „Leicht bei einander wohnen die Ge danken, doch hart im Raume stoßen sich die Sachen." Die wirtschaftlichen Interessengegensätze werden nicht so leicht überwunden, als das der kaiserliche Wunsch ist. Wenn man sich einigt, dann ist es immer nur ein Kompro miß. Der Landwirt ist gerade mit den heutigen Fleisch preisen zufrieden, der Städter seufzt unter den hohen Fleischpreisen und wünscht die Oeffnung der Grenzen, wo gegen der Bauer sich wegen der Gefahr einer Einschleppung von Seuchen widersetzt. Kurz, man kann sehen wohin man will, der wirtschaftliche Gegensatz zwischen StadtundLandistda, und er wird auch nicht über wunden, wenn einzelne Industrien, wie die Zuckerindustrie, gerade auf dem Lande verbreitet sind. Solche Industrien hängen mehr mit der Landwirtschaft selber zusammen, und da, wo große Werke ihre Fabriken von der Stadt aufs Land verlegen, ist sofort der bewußte Gegensatz da. Ganz ver gessen aber hat der Kaiser in seiner Marienburger Rede den Arbeiter. Soll sich nach seiner Meinung die Eini gung all der anderen Stände vielleicht gegen den Arbeiter richten? Es war von jeher der Stolz der Hohenzollern, daß sie auch für die Geringsten ihrer Untertanen ein Herz hatten. Und es gibt auch nationale Männer und nicht nur Sozialdemokraten in der Arbeiterschaft! Es kann unmög lich des Kaisers Meinung sein, diese Kreise ausschließen zu wollen. Aber an einen Gegensatz von Unternehmertum und Arbeiterschaft muß man schon glauben; auch hier heißt die Devise: „Kampf!" Jeder ficht für seine Interessen, und dieser Kampf braucht nicht zu schwächen, er kann auch stärken. Welche Macht hat heute nicht die gewerkschaft liche Bewegung! Hansabund und Landwirtebund sind bei des Beweise der Kraft, die in den von ihnen vertretenen Kreisen liegt. Eine glatte Einigungspolitik ist aber oft nur ein Ausdruck der Schwäch e. Der Kampf vermag auch zu stärken. Was wäre denn das Leben ohne Kampf, ohne seinen größten Anreiz? Hansabund und Mittelstand. Als seinerzeit der Hansabund gegründet wurde, da war es sein erstes Bestreben, sich die Beteiligung des städti schen selbständigen Mittelstandes zu sichern. Die eigent lichen Gründer waren ja in den Kreisen der Kroßfinanz, der Bankiers, Großindustriellen, Warenhausbcsitzer usw. zu suchen. Aber wenn sie auch den größten Teil ihrer besser situierten Angestellten zu sich herüber ziehen konnten, so wären sie doch nie eine Ausschlag gebende Macht geworden; denn die Massen, die in der Industrie beschäftigt sind, ge hören durch die Bank der Sozialdemokratie an. Sie waren also für einen von Unternehmern geleiteten Bund nicht zu gewinnen. Das erkannten denn auch die Leiter sehr bald und darum warben sie um so eifriger um die Kreise des städtischen Mittelstandes. Soweit aber damals der städtische Mittelstand politisch organisiert war, und soweit er nicht in den politischen Parteien sich zerstreute, waren diese Organisationen mit einem gewissen konservativ-anti semitischen Einschlag versehen. Konservative, Antisemiten und selbst der Bund der Landwirte hatten eben früher die Bedeutung des Mittelstandes als politische Macht erkannt und mit Ausnahme des Bundes der Landwirte waren sie auch so schlau gewesen, nicht mit ihren Parteien störend in die Entwickelung einzugreifen. Die Antisemiten ver zichteten auf ihre Judenfressereien, wenn sie in solchen Versammlungen sprachen, die Konservativen auf ihre feu- dalisierenden Bestrebungen. Die Parteipresse stellte sich in den Dienst der Mittelstandsbewegung, kurz, es gab eine Zeit, wo jeder, der mittelstandsfreundliche Bestrebungen vertrat, glaubte, seinen Anschluß nach rechts suchen zu müssen. So ging es auch dem Berliner Obermeister Ra- Hardt, dem Gründer der Mittelstandsvereinigung, der ur sprünglich im liberalen Lager stand. Der Niedergang des Antisemitismus und der natürliche Gegensatz von Landadel und Kleinbürgertum stellte aber auch dem Aufblühen der Rahardtschen Mittelstandsvereinigung Hemmnisse ent gegen. Es fehlte auch nicht an inneren Zwistigkeiten, die zu einer Abspaltung der rheinischen Kreise mit ihrem Düsseldorfer Hauptsitz führte. Rahardt selber hatte ein Landtagsmandat erworben und wurde Hospitant bei den Konservativen. Aber seiner Bewegung brachten diese keine weitere Hilfe, es kam zum klaren Bruch, als Rahardt in Berlin Massenversammlungen zu Gunsten der Erb anfallsteuer veranstaltete, die namentlich den Herren vom Bunde der Landwirte ein Dorn in» Ave waren. So kam es, daß Rahardt sich dem Hansabund znne'ate, wo er glaubte, hoffen zu dürfen, frische Mittel fv ^-.ns Ziele flüssig machen zu können. Er hielt sich vorlä-^ig freilich im Hntergrunde, schickte eber seinen politischen "ntimus, den Ehrenobermeister Richt, vor, der dann auch in der ersten Versammlung des Hansabundes stolz den Anschluß von 300 000 Handwerkern an den Hansabund verkündete. Richt hatte zu dieser Verkündigung kein Recht, und so war es natürlich, daß sich der Widerspruch in Hand werkskreisen auftat. Es kam hinzu, daß die Vertretung des Handwerks im Hauptvorstande des Hansabundes äußerst gering war, daß der Einfluß und die Macht der Geheimräte und Kommerzienräte jede selbständige Be teiligung des Handwerks und des freien Mittelstandes illusorisch machte. Namentlich die Haltung des Hansabun des in der Warenhausfrage mußte Unwillen erregen; denn in ihnen sieht der Mittelstand seinen Hauptkonkurrenten, der Hansabund lehnte aber ein Wirken gegen die Waren häuser entschieden ab. Diese Stimmung beherrscht noch heute die Kreise der Rahardtschen Mittelstandsvereinigung, wie sich das auf der Generalversammlung im Handwerkskammerhause zu Berlin zeigte. Der Hansabund hatte seinen Direktor, den Oberbürgermeister a. D. Knobloch, entsandt. Aber der gewiß bewundernswerten Beredsamkeit dieses Herrn ge lang es nicht, eine Resolution durchzubringen, die den An schluß der Mittelstandsvereinigung an den Hansabund ge bracht hätte. Die Warenhausfrage ist eben das A und das O der heutigen Mittelstandsbewegung geworden. Die Frage der Beleihungsmöglichkeit der Buchforderungen tritt dagegen zurück, die ja zudem den Großbanken eine an genehme Möglichkeit zur Belegung ihrer Depositengelder gegeben Hütte. Die Politik der Mittelstandskreise mag kurzsichtig sein, man muß aber mit den Tatsachen rechnen, wie sie sind, und nicht wie sie sein sollten. Das Großkapi tal wird in seiner Eeldanlagesuche wieder auf die Neu- gründung von Warenhäusern angewiesen sein, und der Mittelstand wird weitere Konkurrenz erfahren. Die Warenhäuser wandern mit ihren Filialen aus den Groß städten in die Mittelstädte und Kleinstädte, ein Prozeß, der schon jetzt vor sich geht, der aber noch weitere Ausdeh nung nehmen kann. Umgekehrt in dem Moment, wo der Hansabund scharf und klar gegen die Warenhäuser Stel lung nimmt, erhält er einen festen, sicheren und wohl- erwünschten Zuwachs. Dazu gehört aber weiter eine feste und nicht irgendwie verklausulierte Stellungnahme gegen die Sozialdemokratie, denn in ihr sieht der Mittelstand den zweiten großen Feind, der ihn zu vernichten droht. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Neuverpflichtung des Bürgermeisters vr. Hübschmann in Chemnitz. In der Ratssitzung am 29. August erfolgte in Gegenwart einer Anzahl Vertreter des Stadtverordneten kollegiums die feierliche Wiederverpflichtung des Bürger meisters Or. Hübschmann, der vom Stadtverordnetenkolle gium nach sechsjähriger Wirksamkeit wieder- und damit auf Lebenszeit gewählt worden war. Der erste sächsische nationale Arbeiter- und Gehilfen tag, der bekanntlich in Dresden abgehalten werden soll, wird oberflächlicher Schätzung nach von 600—700 Delegier ten beschickt werden, die 60- bis 70 000 nationale Arbeiter und Gehilfen vertreten; nicht gerechnet die große Zahl der angemeldeten Gäste. Die Zweite sächsische Kammer wird durch eine stattliche Anzahl Vertreter ihr Interesse bekun den. Zu hoffen ist ferner, daß auch die sächsische Staats regierung Gelegenheit nehmen wird, ihre Stellung zu den zu behandelnden Fragen zu präzisieren. Das Referat für die Handlungsgehilfenschaft hat Eauvorsteher Otto W e g e- Leipzig übernommen. Er wird das Thema „Die Sonn tagsruhe des Handelsgewerbes im Königreich Sachsen" be handeln. Der Kesamtverein der Evangelischen Arbeitervereine zu Dresden hat in einer Vertrauensmänner-Versammlung nach einem Vortrage über „Terrorismus in der Arbeiterbewegung" folgende Resolution an genommen: „Die Vertrauensmännersitzung erklärt aufs neue: 1. es ist Pflicht jedes Mitgliedes der evangelischen Arbeitervereine, sich in der beruflichen Organisation (Ge- wcrkvereinen) einen wirtschaftlichen Riickenhalt zu sichern; 2. alle Terrorismusfälle sofort ihrem Vorstande unter ge nauer Angabe von Tatsachen zu melden, damit Abhilfe ge schaffen werden kann. Nur dadurch wird es den Mitglie dern der evangelischen Arbeitervereine in der Zukunft möglich sein, Belästigungen im Arbeitsverhältnis, welchen sie vielfach ausgesetzt sind, erfolgreich zu begegnen. Gleich zeitig werden die Ausschüsse der nationalen Arbeiter- und Gehilfenorganisationen aufgefordert, bei den Unternehmer- Organisationen dahin zu wirken, daß in Zukunft nur solche Arbeitstarife abgeschlossen werden, welche auch den auf nationalem Boden stehenden Arbeitern und Arbeiterinnen die Arbeitsmöglichkeit gewährleisten. Die Vertrauens männer erklären jeden anderen Tarifvertrag als einen Verstoß gegen die guten Sitten."