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Verordnungsblatt der AreiShauptmannschaft Bautzen als Kousiftorialbehörde der Oberlausitz. Amtsblatt der Urnt-Hauptmannschasten Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, tzr» Hauptzollamt- Bautzen ingleichen der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Orga« der Haudeltzs «xd Gewerkelammer zu Zittau. «WscheliurMgtwetse» Täglich abends mü »usuahn« dn SE. >»d Felenage. «chelstlettuug und G«schLft»ftcll«-. Ba«»»,. Inne« 4 F«och»rtcher: Ni. 51. — Diahmachrto«. «m«4bl-n, B«»-«. B«»«g4pre14: 1 Marl. V4»-«t»ret4: 10 Pknntzi-. N»»«4ge»pr«i»: DK ttoefpalknc PeNlzcNe odkl Herrn Raum 15 Mennig, tu geeigneten FSSeo Ermägtgung. SLwtertger Sa- enthneche» i eurer. Reklame» r DK Zgefpaltene PeNtzeUk 50 Pkmüge. -tr. 11; -rettag, der» 20. Mai 1910, abends. 129. Jahrgang. Das Wichtigste vom Tage. * Die Konservativen stellen für den 4. säch sischen Reichstagswahlkreis (Dresden-N. rechts der Elbe) einen Industriellen als Kandidaten aus. * Der evangelisch-soziale Kongreß in Chemnitz wurde gestern geschlossen. * Schwere Unwetter haben in der H a r z g e g e n d und in Siidfrankreich großen Schaden angerichtet. Die Blättermeldung, daß eine n e u e F l o t t e n v o r- lage mit Anforderung von MO Millionen Kronen neu lich von der gemeinsamen ö st e r r e i ch i s ch - u n g a r i - schen Ministerkonferenz beschlossen worden sei, wurde im österreichischen Parlament vom Finanzminister demen tiert. Aus Rudno wird gemeldet, daß eine lO Mann starke Arnautenbande in der Nacht zum Donnerstag die bosnische Grenze überschritten und in Mokrano ein Privathaus geplündert habe. Die Räuber sind ent flohen. * Der persische Ministerpräsident Sepahdar, der infolge der anti-juristischen Bewegung in Persien mit in den Sturz des Justizministers hineingezogen zu werden drohte, verbleibt an der Spitze des Kabinetts. * Wetteraussicht für Sonnabend: Bewölkt, kälter, Ge witterneigung. * Ausführliches siehe an anderer Stelle. Zur Partcilage in Sachsen. Die zwischen den Konservativen und Natio nalliberalen im Königreich Sachsen herrschende Spannung wird wieder einmal beleuchtet durch ein Schrei ben des der konservativen Fraktion des Landtags ange hörigen Vizepräsidenten Geheimrat O p i tz an den „Vogtl. Anz.". Die „Neue Vogtl. Ztg." hatte die Notiz gebracht, die dann durch die sächsische Presse lief, Vizepräsident Opitz habe sich in der Schlußsitzung des Landtags von dem s o - zialdemokratischen Abgeordneten Fräßdorf in „freundlichster Weise" verabschiedet. Das sei um so mehr bemerkt worden, als Vizepräsident Opitz es vorher abge lehnt habe, dem (nationalliberalen) Präsidenten Ör. Vogel den üblichen Dank des Direktoriums abzustatten. Geh. Hofrat Opitz entgegnet nun in dem oben erwähnten Schrei ben, daß sein Gespräch mit dem Abg. Fräßdorf lediglich den Zweck hatte, diesem und seiner Fraktion den Dank der konservativen Fraktion für die Teil nahme am Tode und der Beerdigung des Abg. Sie ber abzustatten, wobei er hervorhebt, daß die sozialdemo kratische Fraktion nicht nur der Gemahlin des Abg. Sie ber eine Beileidskundgebung übermittelt, sondern auch einen Kranz am Sarge des Verblichenen niedergelegt und auch drei Mitglieder zur Beerdigung entsandt habe. Von ganz besonderem Interesse ist die im Anschluß hieran gemachte Bemerkung, daß sich während der nun mehr abgeschlossenen Landtagsverhandlungen die Ange hörigen der sozialdemokratischen Partei gegen die Konser vativen „meist als sachlichere Gegner erwiesen haben, als die Herren von der l i n k s l i b e r a l e n Seite". Was aber die Ablehnung des Dankes an den Präsidenten anlangt, so erwidert Herr Opitz, man ver schweige in jener Notiz, „daß die nationalliberale Fraktion dem hochverdienten, der konservativen Fraktion angehöri gen Präsidenten im vorhergegangenen Landtage ein Miß trauensvotum der schärfsten, in der parlamentarischen Ge schichte Sachsens und anderer Länder ohne Beispiel da stehenden Art gegeben, daß sich nach diesem Mißtrauens votum die Mehrzahl der Mitglieder der nationalliberalen Fraktion den gesellschaftlichen Veranstaltungen des Präsi denten Or. Mehnert ferngehalten, und daß der damalige erste Vizepräsident Or. Schill trotz seiner langjährigen und engen freundschaftlichen Beziehungen zu Präsident vr. Mehnert die übliche Abstattung des Dankes an diesen bei der gleichen Gelegenheit zu unterlassen sich genötigt sah". Diese Auseinandersetzungen werden schwerlich ohne alle Erwiderung bleiben und können leicht die Neigung zur Annäherung nach rechts, die sich dem Anscheine nach bei einem Teile der Nationalliberalen bemerkbar macht, sehr beeinträchtigen. Die Erklärungen und Gegenerklärungen in der Presse sind sehr unerquicklich. Insbesondere sind sie das in den letzten Tagen für die nationalliberale Partei gewesen. Abgesehen von der Polemik, die sich an den Austritt des Abg. Merkel aus der Partei knüpft, hat auch dessen An gabe, wonach die Mehrheit der nationalliberalen Frak tionsmitglieder anfänglich gegen die Ausgaben für Orden und Gesandtschaften stimmen wollte, im entscheidenden Moment sich aber eines anderen besonnen habe, zu unliebsamen Erörterungen geführt. Die Fraktion hat bestritten, daß die Nationalliberalen die Absicht gehabt Hütten, gegen die Orden und Gesandtschaften zu stimmen. Die „Kölnische Ztg." und die „Leipziger N. N.", die beide gut informiert zu sein pflegen, hatten aber ebenfalls ge meldet, daß die Mehrheit der Nationalliberalcn gegen die erwähnten Etatstitel stimmen wolle. Eine ähnliche Mitteilung machte auch der nationalliberale Abgeordnete Anders in der Finanzdeputation -L Jetzt teilt die „Deutsche Tagesztg." mit, daß der Frak tionsvorsitzende, Landgerichtsdirektor Hettner, selbst es gewesen sei, der die Nachricht in die „Kölnische Ztg." und in das Leipziger Blatt lanciert habe, die Fraktion werde gegen Orden und Gesandtschaften stimmen. Was ist nun richtig? Es ist da doch wohl an der Zeit, daß volles Licht in die Dunkelheit, welche die Fraktion umhüllt, gebracht wird. Politische Nachrichten. Tcutjches Reich. Stellung der sächsischen Regierung zur Sozialdemo kratie. Auf dem evangelisch-sozialen Kon greß in C h e m n i tz ist von speziellem Interesse eine Er klärung des Geheimrats Roscher, der im Auftrage der sächsischen Regierung über die Stellung der letzteren zur Sozialdemokratie etwa folgendes sagte: „In Sachsen waren 48 Prozent aller abgegebenen Stimmen bei der Reichstags wahl sozialdemokratische, im Reiche nur 20 Prozent. Die sächsische Wahlreform hatte die Wahl von 25 Sozialdemo kraten zur Folge unter 91 Abgeordneten. Das beweist, daß Sachsens Regierung und Stündeversammlung die parlamentarische Auseinandersetzung mit der Sozialdemo kratie nicht scheut. Es ist nicht daran zu zweifeln, daß diese Auseinandersetzung mit der Zeit erzieherisch wirken wird. Gemeinsame Arbeit bei gemeinnützigen Zielen ist von jeher das beste Mittel gewesen, um getrennte Gruppen zu gegenseitigem Verständnis und gegenseitiger Annähe rung zu führen. (Beifall.) Jene Annäherung darf sich aber nicht darauf gründen, daß wir an der Grundlage unse res monarchischen Staatswesens rütteln oder sie preisgeben, sondern nur darauf, daß wir berechtigte Klagen berichtigen und den Sozialdemokraten dazu helfen, verloren gegangene Güter wieder zu erlangen, nämlich die Liebe zu unserem Monarchen und die Liebe zum Vaterlande, das Vertrauen zu Vorgesetzten und Bessergestellten und den Christen glauben." „Erinnerungen" des Freiherr» o. Friesen. Der ehe malige sächsische Minister Freiherr von Friesen hat den dritten Band seiner „Erinnerungen aus meinem Leben" soeben bei Wilhelm Vaentsch in Dresden er scheinen lassen. Die beiden ersten Bünde sind bereits im Jahre 1880 erschienen und haben damals eine heftige Po lemik hervorgerufen. Auch der dritte Band dieses unge mein interessant geschriebenen Werkes dürfte zu lebhaften Erörterungen Anlaß geben, wenn auch die Männer, von denen der Verfasser erzählt, wohl schon alle gestorben sind, so daß kein persönlicher Streit mehr den Wert dieser Doku mente beeinträchtigen kann. Die Aufzeichnungen des vor liegenden Bandes umfassen eine Zeit, die für uns Deutsche den Höhepunkt unserer Geschichte bedeutet, die Jahre vom Ende des deutschen Bruderkrieges an bis Mitte der 70er Jahre, die Zeit des Norddeutschen Bundes bis zum Be ginn des neuen Deutschen Reiches, an dessen Aufbau auch der Verfasser sein Teil beigetragen hat. Hochinteressant ist zum Beispiel die Schilderung über die diplomatische Vorgeschichte dieser Proklamation, die schließlich doch eine gewisse Verstimmung in manchen deutschen Fürstenhäusern hervorrief. Hier werden Details bekannt, die bisher noch verborgen geblieben sind. Jedes Kapitel dieses neuen Bandes bietet eine F u n d g r u b e h i st o r i s ch - p o l i t i- scher Wissenschaft, viel wertvolles Material über Bismarck, Kaiser Wilhelm I., König Johann, Beust, Bayern, so daß die Herausgabe dieses Werkes in der Tat ein politisches Ereignis sein dürfte. Einen Rückblick aus die Tätigkeit des sächsischen Land tages gab Mittwoch abend Herr Landtagsabgeordneter Anders in einer Versammlung der Gruppen des 3. DresdnerLandtags Wahlkreises im Restau rant „Sachsenhof" in Dresden-Striesen. Es seien harte Tage und in der letzten Zeit auch Nächte ge wesen, so führte der Redner aus, die der Landtag habe durch machen müssen, um die vorliegenden Arbeiten in der ihm hierzu gegebenen Frist zu erledigen. Er sei am 9. November 1909 zu sammengetreten und am 13. Mai 1910 geschlossen worden. Es sei ihm also nur die verhältnismäßig kurze Lebensdauer von 6 Monaten und einigen Tagen beschicken gewesen, im Gegen sätze zu dem früheren Landtage, der über 10 Monate gedauert habe. Die Zweite Kammer habe insgesamt 80 Plenarsitzungen abgehalten. Das erscheine vielleicht in einem Zeiträume von rund 180 Tagen nicht viel, doch müsse berücksichtigt werden, daß zahlreiche Abgeordnete auch noch heimische Pflichten hatten und daß auch noch für die umfangreichen Deputationssitzungen Zeit übrig bleiben mußte. Auch alle fünf Deputationen der Zweiten Kammer Hütte» tüchtig gearbeitet. So habe die Finanzdeputa tion die meisten Sitzungen und zwar 88 abgehalten. Weiter folgten die Eesetzgebungsdeputation mit 57 Sitzungen, die Be schwerde- und Petitionsdeputation mit 49 Sitzungen, die Finanz- deputation ö mit 42 Sitzungen und die Rechenschaftsdeputation mit 34 Sitzungen. Unstreitig habe auch die wesentlich ver änderte Zusammensetzung des diesjährigen Landtages die Ar beiten erschwert und hierin habe auch das Eigenartige des gan zen Verlaufes der Session gelegen. Infolge dieser veränderten Zusammensetzung sei auch der Präsidentenstuhl, der seit langen Jahren mit einem Konservativen besetzt gewesen sei, von einem Nationnlliberalen eingenommen worden. Akan dürfe auch nicht verkennen, daß der frühere Präsident die Geschäfte in außer ordentlich geschickter Weise geführt habe. Er habe selbstverständ lich auch dadurch wesentlich leichteres Arbeiten gehabt, daß die konservative Partei lange Jahre die überwiegende Majorität gehabt habe. Der verabschiedete Landtag habe ebenfalls ziemlich viel zu tun gehabt, wenn auch nicht so viel als der vorange gangene. Es seien ihm nicht weniger als 37 Dekrete zugegangen, von denen zunächst 25 an die Zweite und 12 an die Erste Kam mer gingen. Hierzu seien noch die umfangreichen Arbeiten für den Etat und den Rechenschaftsbericht usw. gekommen. Beson dere Schwierigkeiten habe diesmal der Präsident der Zweiten Kammer zu überwinden gehabt. Diese Schwierigkeiten Hütten nicht nur in der veränderten Zusammensetzung der Kammer, sondern auch in der veränderten Zusammensetzung des Direk toriums gelegen. Trotzdem müsse jedenfalls zugegeben werden, daß sich auch der Präsident in jeder Weise bewährt habe. Weiter habe man dem Landtage mehrfach den Borwurf der besonderen Redseligkeit gemacht. Man müsse jedoch bedenken, daß die So zialdemokraten und die Freisinnigen fast nur neue Leute in den Landtag geschickt hätten, von denen fast jeder geglaubt habe, daß er sein Licht leuchten lassen und seine Weisheit an den Mann bringe» müsse. Wie oft habe der Präsident die einzelnen Redner durch ihn (Anderss bitte» lasse», sie möchten sich beschränken; doch das habe meist alles nichts geholfen. Wenn einmal ein Ab geordneter seine Rede vorbereitet habe, dann habe er sie auch halten wollen. Jedenfalls glaube er aber, daß sich diese Red seligkeit in den nächsten beiden Sessionen etwas verringern werde. Auch den Vorwurf der Langsamkeit oder vielmehr des langsamen Arbeitens habe man dem Landtage noch gemacht. Selbstverständlich habe auch hierzu wieder die veränderte Zu- ammensetzung der Kammer mit beigetragen. Es müsse aber -ervorgehoben werden, daß alle Fraktionen in den Deputationen mit ehrlichem Wollen und mit Fleiß gearbeitet hätten. Dies müsse auch besonders von den Sozialdemokraten gesagt werden. Namentlich habe sich der Abgeordnete Fleißner für die Einrich tungen unserer Landesanstalten interessiert und dieselben selbst besichtigt. Er habe in der Deputation auch zugegeben, daß die Einrichtungen der sächsischen Landesanstalten gar nicht besser sein könnten. Leider habe er jedoch diese Bemerkung nicht in seinen Bericht mit ausgenommen. Jedenfalls habe sich der Landtag be müht, stramm zu arbeiten und das ihm gestellte Pensum recht zeitig zu erledigen. Am Schlüsse seiner Ausführungen machte der Redner noch Mitteilungen über die Stellung der national liberalen Fraktion zu den einzelne» Vorlagen. Sie sei meist ihre eigenen Wege gegangen und habe oft von rechts, manchmal aber auch von links Zustimmung gefunden. Die Fraktion werde es aucb in Zukunft so halten und tüchtig und selbstlos im Inter esse des Landes arbeiten. Die Ausführungen des Redners fan den lebhaften Beifall. Von besonderem Interesse war noch die Mitteilung, daß der natioiialliberale deutsche Neichsverein bei der be vorstehenden Reichstagswahl im 6. Wahlkreise einen eige nen Kandidaten aufstellen wolle. Ueber die Person des selben schweben die Verhandlungen noch. Weiter wird Herr Reichstagsabgeordneter, Landgerichtsdirektor vr. Heinze, am 27. Mai in Meinhols Sälen in Dresden einen Vortrag halten. Die nationalliberale oppositionelle Gruppe der Sieben. Aus der nationalliberalen Landtagsfraktion weiß die „Leipziger Abendztg." u. a. mitzuteilen, daß bereits vor 6 Wochen eine aus etwa 7 Herren bestehende „oppo sitionelle Gruppe" in der Fraktion an den Austritt ge dacht und ihn nur verschoben habe, um nach dem Landtags schluß zuvor mit der Wählerschaft in Verbindung zu treten. Dies werde nunmehr geschehen, und in Kürze werde sich entscheiden, ob eine Reorganisation des sächsischen Natio nalliberalismus, soll wohl heißen eine löbliche Unter werfung unter die Diktatur Langhammer-Merkel, zu er warten stehe. Zur Kandidatur Langhammer im Freiberger Wahl kreise. Nach einer geschickt in die Blätter lancierten Nach richt sollte man im Freiberger Wahlkreise beabsichtigen, dem hochverdienten konservativen Abgeordneten vr. Wag ner für nächste Reichstagswahl einen national liberalen Gegenkandidaten in der Person des Herrn — Langhammer gegenüber zu stellen. Prompt erklärt hierauf das parteioffiziöse „Leipziger Tagebl.", indem es die Ab-