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Diiulrnltr M.MchMini. verordnungöblatt Ver Kreishauptmannschaft Vantzcn als Kousistorialbehörde der Oberlausitz. Amtsblatt der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, de» Hauptzoüamts Bautzen, ingleichen der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- nud Gewerbelammer z« Zittau. Erscheinungsweise» TSMch abrnd« mV Ausnahme der Sonn- und Feiertage. Gchriftleituug und Geschäftsstelle: Bauten, Innere Laueastrah« 4 Fernsprecher: Nr. 51. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautzen. Bezugspreis t Monatlich 1 Mari. Einzelpreis: 10 Pfennige. Anzeigenpreis: Die ögespaltene Petllzeile oder deren Raum 15 Pfennige, in geeigneten Falten Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Dir ^gespaltene Petilzclle 50 Pfennige Ur. V3 Freitag, de« 18. März 1S10, abends. 12 " Jahrgang. Das Wichtigste vom Tage. * Die sächsischeZweiteKammer, inder heute durch den Präsidenten auf Grund der ministeriellen Unter suchung festgestellt wurde, daß der bekannte „Pfui Te u- fe l!"-Z w i s ch e n r u f gefallen ist und nachträglich von Amtswegen dem Protokoll beigefügt wurde, hat sich auf den 23. März vertagt. * Der deutsche Reichstag erledigte gestern die gesamte dritte Lesung des Etats und vertagte sich dann bis zum 12. April. * Im englischen Oberhause erklärte bei der Beratung der Roseberyschen Reformvorschläge Lord Crewe, die Regierung gebe einem Zweikammersystem den Vorzug und erkenne die Notwendigkeit einer Beratung der Re- formoorschl^e an. * Die Pforte verlangt von der griechischen Regie rung Schutz für die mohammedanischen Grundbesitzer, gegen die sich die A g r a r b e w eg u n g in T h e s s a l i e n richtet,' sonst werde sie alle türkisch-griechischen Verträge kündigen. * Im Cherbourger Marinemagazin sind abermals beträchtliche Diebereien vorgekommen. "ImpersischenauswärtigenAmte streiken sämtliche Beamte, so daß dasselbe geschlossen werden mutzte. * Wetteraussicht für Sonnabend: Bedeckt, kühl, zeit weise Regen und Schnee. * Ausführliches siche an anderer Sielle. Frei und konservativ. Die geheime Abstimmung begünstigt, wie die Statistik nachweist, außer dem Zentrum vornehmlich So zialdemokratie und Polen. Die Gründe hierfür sind un schwer zu erkennen, ihnen nachzugehen ist aber überflüssig, die Tatsache spricht für sich. Soll ein auf die geheime Wahl aufgebautes Wahlsystem nicht verderblich wirken, wird daher aus eine entsprechende Gegenwirkung bedacht zu nehmen sein. Das ist ein elementares Gebot wirklich kon servativer Politik. Nun enthält das geltende Wahlrecht in Preußen eine Bestimmung, welche genau in derselben Richtung wirkt, wie die geheime Abstimmung. Die Bil dung der Wahlabteilungcn in den Urwahlbezirken, welche das Zentrum seinerzeit in seinem Wahlintercsse durch gesetzt hat, verstärkt künstlich auch die Einwirkung derjeni gen Schichten der Wählerschaft, welche unter dem Einflüsse der Sozialdemokratie und des Polonismus stehen, auf die Wahlen. Der Einzug der Sozialdemokraten in das preußische Abgeordnetenhaus, die Verdrängung nationaler Abgeordneter in Oberschlesien durch die klerikal-polnische Verbindung, im rheinisch-westfälischen Industriegebiet durch die Wahlverbindung von Zentrum und Sozialdemo kraten ist wesentlich auf die D r i t t e I u n g in den U r - Wahlbezirken zurückzufiihren. Kommt jetzt noch die geheime Wahl hinzu, so ist mit Sicherheit auf eine beträcht liche Vermehrung der sozialdemokratischen und polnischen Mandate zu rechnen. Insbesondere laufen die preußischen großen Industriegebiete Gefahr, im Abgeordnetenhause nicht anders mehr als durch Polen und Sozialdemokraten oder durch mit deren Unterstützung gewählte und ihnen verpflichtete klerikale Arbeitersekretäre vertreten zu sein. Das widerspricht nicht nur den Lebensinteressen der In dustrie, sondern auch dem Staatsinteresse. Außerdem schä digt diese Bildung den Mittelstand und hat jene „Unge heuerlichkeiten" zur Folge, welche den Gegnern eine so wirksame Waffe gegen das Dreiklaffenwahlsystem liefern. Die von derfreikonservativenFraktion vorge schlagene Rückkehr zurDrittelungdurchdieganze Gemeinde würde nicht nur diese Schattenseiten des be stehenden Zustandes beseitigen, sondern, indem sie den wohlhabenderen Wählern den ihnen nach ihrer Steuer leistung gebührenden Einfluß zurückgibt, das Deutschtum und die Gegnerschaft der Sozialdemokratie beträchtlich stärken und so der Begünstigung der Sozialdemokratie und des Polentums entgegenwirken. Die freikonservative Fraktion in Preußen hat daher wirklich staatserhaltende Politik getrieben, wenn sie ihre Zustimmung zum Ueber- gang zur geheimen Wahl an die Bedingung geknüpft hat, daß durch Beseitigung der Drittelung in den Urwahl bezirken deren gefährliche Wirkung einigermaßen abge schwächt wird. Daß ihre dahin zielenden Anträge von den Anhängern des Reichswahlrechts abgelehnt wurden, ist erklärlich; da gegen findet das ablehnende Verhalten der Kon servativen seine Erklärung nur durch die Bindung durch das Zentrum — infolge des bekannten Wahl- rechtskompromiffes mit diesem. Dieses widersetzt sich, wie sein Wortführer ausdrücklich hervorhob, jeder Aenderung der Bildung der Wahlabteilungen in den Urwahlbezirken, welche deren demokratisierende Wirkung aufheben oder auch nur wirksam abschwächen würde. Sein Anerbieten eines Entgegenkommens war daher auch nur ein Schein angebot und zur Annahme gänzlich ungeeignet. Die sreikonservative Fraktion ist frei von solcher Bin dung und so in der Lage, konservative Politik auch wirklich zu treiben. Cie hat, indem sie das tat, ihre Pflicht nicht unter dem Gesichtswinkel der Staatsraison, sondern auch unter dem der konservativen Sache getan. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Die Teilung der Amtshauptmannschaft Chemnitz. Zum Amtshauptmann der neu errichteten Amtshauptmannschaft Stollberg wurde Regierungsrat vr. Fritzsche vom Ministerium des Innern ernannt. Infolge der Teilung der Chemnitzer Amtshauvtmannschast werden ein höherer Beamter der Chemnitzer Amtshauptmannschast, 5 Kanzlei beamte, sowie einige Diätisten nach Stollberg versetzt. Die „Absägung" Langhammers. Die Vorgänge, die sich an die Nichtwiederwahl des Landtagsabgeordneten Langhammer in den Vorstand des Nationalliberalen Lan desvereins knüpfen, haben den Vorstand des N a t i o n a l - liberalen Vereins in Leipzig veranlaßt, an die Nationalliberale Fraktion der Zweiten Sächsischen Kam mer ein S ch r e i b e n zu richten, in dem er das Verhalten der Landesausschußmitglieder bei der in Chemnitz vorge nommenen Vorstandswahl rechtfertigt. Der Vorstand stellt in diesem, schon gestern angekündigten Schreiben fest, daß hierbei für die Leipziger Delegierten politische Gründe nicht maßgebend gewesen sind, sondern die Ueber- zeugung, daß die in der Oeffentlichkeit vielbesprochene gerichtliche Klage, die Herr Langhammer wegen der wider ihn erhobenen schweren ehrenrührigen Vorwürfe in der „T i a g" - A f f ä r e gegen seine Beleidiger in Berlin angestrengt hatte, kein seine persönliche Ehre einwand frei wiederherstellendes Ergebnis gehabt hat. Diese Auf fassung beruht, wie weiter erklärt wird, auf einer im Auf trag des Leipziger Vertrauensmännecausschuffes von rechtskundiger Seite vorgenommenen Prüfung des Sach verhalts an der Hand der Eerichtsakten. Konservativer Verein Pulsnitz. Am Dienstag hielt der Konservative Verein im Saale des „Hotels zürn grauen Wolf" eine Monatsversammlung ab, in welcher der Landtagsabgeordnete, Herr Bürgermeister vr. S ch a n z - Oelsnitz einen beifällig aufgenommenen, in teressanten Vortrag über „die Tätigkeit des jetzigen Land tages" hielt. * * * Der Reichskanzler und die Mannesmann-Angelegen heit. Die „Neue Freie Presse" schreibt: „Reichskanzler von Bethmann Hollweg hat mit seinen Erklärungen über die Mannesmann-Angelegenheit großen Eindruck er zielt. Selbst wenn man von vornherein eher geneigt war, seine Haltung nicht zu billigen, scheint sich die Stimmung vorwiegend ihm zugewandt zu haben. Man fühlte, daß man einen Staatsmann vor sich habe, der seine Aufgaben mit tiefstem Ernst anfaßt und sich mitten durch die Schwierigkeiten einer höchst komplizierten Angelegenheit den Weg einzig nach dem Kompaß seiner wohlerwogenen patriotischen Ueberzeugung bahnt. Aus der Debatte geht Herr von Bethmann Hollweg mit ver stärkter Autorität hervor. So wie er gesprochen hat, spricht ein aufrechter Mann, der nichts höheres kennt als seine Pflicht, der er nach bestem Wissen und Gewissen nachstrebt. Mit seinen Fehlern und Vorzügen eine geschloffene Er scheinung, trägt er in Denkweise und Charakter das Ge präge, das jene deutschen Staatsmänner trugen, die sich zur strengen Schule Kants hingezogen fühlten. Man hat die Empfindung, daß Deutschland an Bethmann Hollweg einen Staatsmann besitzt, der jeden seiner eigenen Schritte prüfend überwacht und der nichts leicht nimmt." — Auch die „Times" stellt dem Reichskanzler für die Definie rung seiner Stellung zur auswärtigen Politik ein gutes Zeugnis aus. Die Unabhängigkeit der auswärtigen Po litik vom Parteistandpunkt und ihre Kontinuität sei auch bisher in England das Axiom gewesen. Ihre Proklamie rung berühre daher vor allem in England sympathisch. Weiter sagt die „Times": „Der Ernst und die Aufrichtig keit, die den Reden aufgedrückt waren, sind keine kleine Empfehlung für einen Minister, dessen Aufgabe es ist, das Vertrauen anderer zu gewinnen." Von den Erklärungen des Kanzlers in der Mannesmann-Affäre sagt das City blatt: „Sie müssen sein Ansehen bei vielen vermehren, mit denen er zu tun hat." Auch Herrn v. Schoens tapfere Abwehr der gegen ihn gerichteten Angrifte wird von der „Times" gedacht. Dabei wird mit Interesse da von Notiz genommen, daß der Staatssekretär abermals eine innere Reform des Auswärtigen Amtes für notwendig erklärt, eine Reform, die 1908 bereits nach dem bedauernswerten Vorfall" mit dem Kaiserlichen Interview von ihm gefordert worden sei. Berufung des chinesischen Gesandten in Berlin nach Peking. Zum Nachfolger des krankheitshalber verabschie deten Präsidenten des chinesischen Kriegs ministeriums Tieh-liang ist der chinesische Gesandte in Berlin Pin- ch a n g, zu dessen erstem Gehilfen Nachim, der Bruder des Kanzlers Na-tung, ernannt worden. Der Präsident im Ministerium des Aeußeren Liang Tun - y e n ist unter Beibehaltung seines bisherigen Amtes zum Verweser der Hauptzollverwaltung ernannt worden. Die Annahme der preußischen Wahlrechtsvorlage und die öffentliche Meinung. Die agrar - konservative „Deutsche T a g e s z t g." bemerkt: „. . . Trotz dieses weiteren Entgegenkommens haben die Nationalliberalen geschloffen gegen die Vorlage gestimmt. Das hatte man freilich nicht mehr anders erwartet; dagegen hätte man kaum erwarten sollen, daß in der Endabstimmung über das Gesetz auch die Freikonservativcn, von zwei Ausnahmen abgesehen, mit „Nein" stimmten. Wir beschränken uns dazu einstweilen auf die Bemerkung, daß uns diese Hal tung der Freikonservativen weder sachlich noch taktisch ge nügend begründet zu sein scheint. Man wird abwarten müssen, ob noch von dieser Seite eine zureichendere Moti vierung laut wird, als der Gang der Verhandlungen über die Vorlage sie gebracht hat." Die ultramontane „G e r - mani a" macht die kühne Behauptung, daß das Werk der klerikal-konservativen Mehrheit, — die Einlösung des in der Thronrede gegebenen Königlichen Wortes bedeute; sie stellt außerdem an ihre Leser die Zumutung, die Haltung des Zentrums als vernünftig anzusehen. Die „B e r l. N e u e st. Nach r." klagen unter der Aufschrift „Das trei bende Staatsschiff" vor allem über die Saumseligkeit der Regierung: „Der grundlegende erste Akt des Wahlrechts dramas ist im preußischen Abgeordnetenhaus beendet. Der Ertrag ist der erwartete. Die Mehrheit aus Konservativen und Zentrum hat sämtlichen übrigen Parteien ihren Willen aufgezwungen. Auch den Freikonservativen und Nationalliberalen. Es ist also nicht möglich gewesen, die alten Kartellparteien zu nutzbringender Tätigkeit zusam menzuführen. Das ist das Betrübende und Beschämende an der Sache. Wer nach unserer Ueberzeugung die Haupt schuld an diesem Mißerfolg trügt, haben wir schon wieder holt ausgesprochen. Eine Regierung, die die Zügel am Boden schleifen läßt, kann nicht führen und leiten. Sie hebt sich durch solches Verhalten geradezu selbst auf und liefert die regierende Gewalt anderen Händen aus. So war es auch hier der Fall. Die Herren von Heydebrand und Herold durften das Gesetz diktieren." In der frei sinnigen „Vossischen Z t g." heißt es: „Das Wahl rechtsgesetz ist durchgepeitscht, die konservativ-klerikale Mehrheit triumphiert, und wir denken, die „Germania" wird alsbald melden, was sie schon so oft gemeldet hat, daß „alles noch in der Schwebe" sei. Es gibt Leute, die mei nen, diescsmal werde sie recht haben. Denn man sollte kaum für möglich halten, daß die Regierung ein Gesetz ge nehmige, gegen das nicht bloß die gesamte Linke einschließ lich der Nationalliberalen, sondern sogar die freikonserva tive Partei gestimmt hat. Aber was ist heutzutage in Preußen unmöglich? Jedenfalls ist das Unmögliche der zeit das Wahrscheinliche." Der „Vorwärts" endlich glaubt bereits den Triumph der Sozialdemokratie verkün digen zu können und verheißt die allgemeine Zermal mung. Stürmische Sitzung der Bremer Bürgrschaft. In der Bremer Bürgerschaftssitzung wurden die Anträge der So zialdemokraten, betr. Einstellung des Disziplinar verfahrens gegen einige Lehrer wegen eines an Bebel abgesandten Glückwunschtelegrammes, ferner Auf hebung der religiösen Morgenandachten, sowie der patrioti schen Feiern in den Schulen mit allen anwesenden bürger lichen Stimmen gegen die Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt. Angenommen wurden dafür 3 bürgerliche Anträge. Während der Verhandlungen kam es auf den Tribünen zu stürmischen Zwischenrufen, die von dem Präsi denten zuerst gerügt wurden. Nach Wiederholung der selben ordnete der Präsident der Bürgerschaft die Räumung der Tribünen an, die schließlich seitens der Polizei vor genommen wurde. Klein« politische Nachrichten. Wie verlautet, ist der Kaiserliche Gesandte Graf Henckel von Donners marck in Kopenhagen auf sein Ansuchen von seinem Posten abberufen worden. Der Kaiser hat dem Ee- I sandten aus diesem Anlaß in Anerkennung der von ihm ge-