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Verordnungsblatt der Kreishauptmannschaft Bautzen als Konfistorialbehörde der Oberlaufitz. Amtsblatt tzer NmtShauptmarmschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, tze» HauptzoüamtS Bautzen ingleichen der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- «nd Kewerbekammer z« Zittan. »vscheiuunglweiser Täglich abrnd» mit «uSuahmr dcr So»»- »»d Frirrlagk. «chrtftlettuug »nd Geschäftsstelle r Bauern. Jnncrc Lau«st«h« 4. Fernsprecher: Nr. 51. — Drahmachrichi: Amtsblatt, Bautz«. Be»»g«preiLr Monatlich 1 Marl. Vl»zel»rettr 10 Mennige. A»zetge»peei«: Di« kgcspaltmr Pelitzetle oder der« Raum 15 Pfennige, in geeignet« Füllen Ermäßigung. Schwieriger Satz «tsprechend teurer Reklame»: Die 3gespaltene Pettlzcile 50 Pfennige. Nr 78 Donnerstag, den 7. April 191t», abends. 1LS. Jahrgang. IM Ii i DaS Wichtigste vom Tage. * Im sächsischen Landtage ließ heute die Re gierung die Erklärung abgeben, daß die Bergakade- mieFreiberg voll und ganz aufrecht erhalten bleiben soll. Der Abg. Braun wünschte möglichst schnelle Erwei terung und Reform der Akademie. * Die Regierung hat ihre Vermittelung im Kampfe im deutschen Baugewerbe angeboten. Die betreffenden Konferenzen beginnen morgen im Reichsamt des Innern. * Der Charlottenburger Stadtverordnete und Kaufmann Vogel ist unter Hinterlassung von MO 000 Mark Schulden verschwunden. * Der christlich-soziale Bürgerklub in Wien hat den Vizebllrgermeister vr. Neumayer als Kandidaten für die Bllrgermeisterwahl aufgestellt. * Der päpstliche Staatssekretär veröffentlicht ein Com- munique, welches das Unterbleiben der Audienz von Roosevelt beim P a p st e lediglich auf eine Frage der Höflichkeit zurückführt. * Der Streik der südfranzösischen See leute dauert fort, so daß der Schiffsverkehr mit Algier, Korsika, Italien usw. schwer zu leiden hat. Zahlreiche See soldaten und Matrosen der Kriegsmarine werden als Er satz für die Streikenden herangezogen. * Die Pforte hat über das albanesische Auf standsgebiet das Standrecht verhängt. Die Albanesen in Stärke von mehreren Zehntausenden erbeute ten türkische Geschütze und machten zahlreiche Gefangene. * In der Nähe von Pittsburg haben Bank- räuberbei einem Einbruch den Direktor und vier Bank beamte erschossen. * Wetteraussicht für Freitag: Bedeckt, kühl, zeitweise Niederschlag. ' NllEbrUcheS siehe an anderer Stelle. Die republikanische Parole. Der Abg. vr. v. Heydebrand hat kürzlich mit be redten Worten zur gemeinsamen Abwehr der revolutio nären Bewegung, die immer dreister auftritt, folgender maßen gemahnt: „Wir sind der Meinung, daß gegenüber den Mächten, die sich jetzt gegen uns erheben, es Aufgabe aller bürgerlichen Parteien sein muß, im Verein mit der Königlichen Staatsregierung, die die Autorität nach innen und nach außen vertritt, zusammen zu gehen." Wie zeit gemäß und wie dringend notwendig diese beherzigenswerte Mahnung war, konnte man zwar schon längst aus dem Ge baren der sozialdemokratischen Parlamentsvertretungen im Reichstage und im preußischen Abgeordnetenhause, so wie namentlich auch aus dem herausfordernden Auftreten der Sozialistenpresse erkennen. Neuerdings aber erhalten die treffenden Worte des konservativen Führers dadurch eine erhöhte Bedeutung, daß die sozialdemokratischen Vor schläge, aus der Defensive herauszutreten und zur direkten Aktion überzugehen, sich in der Sozialdemokratie in auf fallender Weise mehren. Waren die Straßendcmonstrationeix als erster Schritt auf dem Wege zur offenen Revolution anzusehen, als ein Schritt, der um so beachtenswerter ist, als er, der früheren offiziellen Taktik entgegen, von der sozialdemokratischen Parteileitung offiziell angeordnet wurde, so wird jetzt ge raten, zum zweiten Schritt, zum Massenstreik, überzugehen. In Kiel ist dazu bereits angesetzt worden. Dort hat probe weise ein demonstrativer Halbtagsstreik stattgefunden, dem die Arbeitgeber allerdings durch Anordnung einer drei tägigen Aussperrung entgegen getreten sind. Aber die sozialdemokratischen und die gewerkschaftlichen Kassen sind wohlgefüllt, und zudem wird bereits für einen Eeneral- streikfonds gesammelt. Die „Genossen" glauben deshalb, demnächst den politischen Massenstreik wagen zu können, und machen dafür öffentlich, noch intensiver jedoch im ge heimen, Stimmung. Als Vorwand dafür gilt noch immer die Erkämpfung des Reichstagswahlrechts für das preu ßische Abgeordnetenhaus. Aber dieser Vorwand dient nur dazu, die Fortschrittler im Banne der roten Fahne zu er halten. Im Grunde genommen ist diese künstlich aufge- bauschte Wahlrechtsbewegung nur eine Etappe auf dem revolutionären Vormarsche der Sozialdemokratie. Eine interessante, höchst beachtenswerte Beleuchtung dieser Situation verdanken wir der bekannten Sachver ständigen der russischen Revolutionstaktik, Rosa L u x e m b u r g, die in der letzten Zeit — ein höchst charak teristisches Symptom — außerordentlich schreibselig ge worden ist und sich in einer ganzen Reihe von Sozialisten- blüttern das Schüren und Hetzen angelegen sein läßt. Die letzte derartige Leistung ist in der Karfreitagsnummer der Breslauer „Volksmacht" zu finden und stellt wohl das offenste Wort dar, was seit langem von sozialdemokrati scher Seite gesprochen worden ist. Die „Genossin" schreibt, die Sozialdemokratie, die sich immer noch in der Defensive befinde, müsse jetzt gemäß dem guten alten Grundsätze, daß ein kräftiger Hieb die beste Verteidigung sei, den Spieß umdrehen und den „immer frecheren Provokationen dec herrschenden Klassen" gegenüber auf der ganzen Linie zum scharfen Angriff übergehen. Dies könne aber am sicht barsten, deutlichsten, sozusagen in lapidärster Form ge schehen, wenn die F o r d e r u n g d e r R e p u b l i k aufge stellt würde. Bisher habe in der sozialdemokratischen Agi tation die republikanische Parole eine geringe Rolle ge spielt. Durch 40jährige Aufklärungsarbeit aber sei das Proletariat für diese Forderung reif geworden. Rosa Luxemburg schreibt wörtlich: „Durch die Hervorhebung des republikanischen Cha rakters der Sozialdemokratie gewinnen wir vor allem eine Gelegenheit mehr, unsere prinzipielle Gegnerschaft als eine Klassenpartei des Proletariats zu dem vereinigten Lager sämtlicher bürgerlicher Parteien in greifbarer, populärer Weise zu illustrieren. Der erschreckende Niedergang des bürgerlichen Liberalismus in Deutschland äußert sich ja u. a. besonders drastisch in dem Byzantinismus vor der Monarchie, in dem das liberale Bürgertum noch das kon servative Junkertum um einige Nasenlängen schlägt. Doch nicht genug. Die ganze Lage der inneren wie der äußeren Politik Deutschlands in den letzten Jahren weist auf die Monarchen als den Brennpunkt oder zum mindesten die äußere sichtbare Spitze der herrschenden Reaktion hin. Die halbabsolutistische Monarchie mit dem persönlichen Regi ment bildet zweifellos seit einem Vierteljahrhundert, und mit jedem Jahre mehr, den Stützpunkt des Militarismus, die treibende Kraft der Flottenpolitik, den leitenden Geist der weltpolitischen Abenteuer, wie sie der Hort des Junker tums in Preußen und das Bollwerk dcr Vorherrschaft der politischen Rückständigkeit Preußens im ganzen Reiche bil det, sie ist endlich sozusagen der persönliche geschworene Feind der Arbeiterklasse und der Sozialdemokratie. Die Losung der Republik ist also in Deutschland heute unend lich mehr als der Ausdruck eines schönen Traumes vom demokratischen „Volksstaat" oder eines in den Wolken schwebenden Doktrinarismus, sie ist ein praktischer Kriegsruf gegen Militarismus, Marinismus, Kolo nialpolitik, Wcltpolitik, Junkerherrschaft, Verpreußung Deutschlands, sie ist nur eine Konsequenz und drastische Zu sammenfassung unseres täglichen Kampfes gegen alle diese Teilerscheinungen der herrschenden Reaktion." Wenn Rosa Luxemburg jetzt so offen mit der republi kanischen Parole hervortritt, die bisher mit Hilfe der Re visionisten sorgsam verschleiert wurde, so ist das nur ein Beweis dafür, daß die sozialdemokratischen Taktiker nur die Zeit für gekommen glauben, in der sie jede Zurückhal tung aufgeben dürfen. Das „Gelingen" der Straßen demonstrationen, das Erkämpfen des „Rechts auf die Straße", das Probeexerzieren der organisierten Maßen im Feuer sind Vorgänge, die in den sozialdemokratischen Machthabern den Willen zur Revolution gestärkt haben. Rosa Luxemburg tut nichts weiter, als dieser Situation den deutlichen Ausdruck zu geben. Die Breslauer „Volks- wacht", die diesen Auslassungen in einer Nachschrift im all gemeinen vollkommen zustimmt, kann jedoch ein Bedenken nicht unterdrücken. Das Blatt hält nämlich den „g e g e n- würtigen Augenblick" für die Befolgung der Luxem- burgschen Anregung für „nicht so annehmbar", weil sie „unbedingt die Gefahr einer gebrochenen Schlachtlinie auf feiten der Wahlrechtsfreunde mit sich bringe, die Rosa Luxemburg vielleicht beabsichtige, die aber im gegenwär tigen Moment vermieden werden müße". Es handelt sich also bei diesem Einwande nur um eine taktische Frage; in der Sache selbst herrscht volle Ueber einstimmung. Rosa Luxemburg schert sich um die bürger lichen „Wahlrechtsfreunde" absolut nicht, während das dem „Genossen" Bernstein nahestehende schlesische Sozia listenblatt die sozialdemokratisch-fortschrittliche Schlacht linie aufrecht erhalten will. Daß dies hier ungeniert aus gesprochen wird, ist für die bürgerliche Linke nichts weniger als schmeichelhaft; denn damit ist gesagt, daß die Fort schrittler zunächst die Sozialdemokratie noch eine Strecke weiter fördern sollen, damit sie dann desto sicherer ihrem Ziele nachstrcben kann. „Die starke Hervorkehrung ist", so schreibt die „Volksmacht", „n a ch dem Wahlrechtskampfe wieder am Platze, sie kann niemals, auch jetzt nicht, ver geßen, geschweige denn verleugnet werden, aber sie steht jetzt in zweiter Linie." Man möchte nicht gern vor der Zeit die Wähler der bürgerlichen Linken vor den Kopf stoßen. Sollten die Liberalen nicht aber jetzt,doch das ge fährliche Spiel durchschauen, indem sie der Sozialdemokra tie Trümpfe in die Hand spielen? Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Ueber den bevorstehenden Schluß des sächsischen Land tages brachte ein Leipziger Blatt eine auch von uns wieder gegebene Notiz, in der es heißt, daß demnächst ein König liches Dekret zu erwarten sei, nach dem der Schluß des Landtages noch vor Pfingsten erfolgen solle. Wie wir aub Grund zuverlässiger Informationen erfahren, haben bis jetzt irgend welche Beratungen in den Präsidien der Kammern über diese Frage überhaupt n o ch nicht statt gefunden, sodaß die Ankündigung des erwähnten König!. Dekrets und des damit in Verbindung stehenden Schlußes des Landtages zum mindesten als verfrüht bezeichnet werden muß. Wie wir bereits vor einigen Wochen mit teilen konnten, ist es allerdings nicht ausgeschloßen, daß der Landtag noch vor Pfingsten geschlossen wird. In diesem Falle wird es aber nicht möglich sein, alle Gesetzes vorlagen aufzuarbeiten, sondern es müßten eine größere Anzahl derselben, darunter auch der umfangreiche Entwurf zum sächsischen Berggesetz, bis zur nächsten Session zurück gestellt werden. Trotzdem würden die Kammern noch ziem lich viel Arbeit bis Pfingsten zu leisten haben, da noch eine große Anzahl Kapitel des ordentlichen und außerordent lichen Etats zu beraten sind. Wahrscheinlich dürften sich die Präsidien beider Kammern bereits in der nächsten Zeit mit der Frage des Landtagsschlußes zu beschäftigen haben. Zur Reform der sächsischen Ersten Kammer. Die Ge setzgebungsdeputation der Zweiten Kammer ver handelte dieser Tage die Anträge auf Reform der Ersten Kammer, die ihr vom Plenum zur Vorberatung zugewiesen worden waren. Es lagen drei Anträge vor, von denen der sozialdemokratische die völlige Aufhebung der Ersten Kam mer, der freisinnige ihre Reform durch Hinzuziehung von Vertretern aller Berufskreise und der nationalliberale ihre Erweiterung durch die Berufung von gewählten Vertretern der verschiedenen Berufsstände forderte. Sämtliche drei Anträge wurden abgelehnt. Schließlich stimmte die Depu tation einem Antrag zu, der die Regierung auffordert, bis zur zweiten Lesung der Anträge in der Deputation noch mals ihren Standpunkt mitzuteilen. Die Finanzdeputation der Zweiten Kammer hat durch den Abgeordneten Or. Ak angIer - Freiberg (kons.) ihren Bericht erstattet über die Kapitel 42, 43 des Etats, M i » i st e r i u m des Innern und Kreis- und Amts- hauptmannschaftcn, und beantragte die Bewilligung der Kapitel nach der Regierungsvorlage. Aus dem Bericht geht hervor, daß dem nächsten Landtag voraussichtlich ein Gesetzentwurf zugehen wird zur Revision des sogen. -V-Gesetzcs vom 28. Januar 1835, das die Kompetenzver hältnisse zwischen Justiz- und Verwaltungsbehörden ab grenzen soll. Parlamentarischer Abend beim Präsidenten vr. Bogel. Der Präsident der Zweiten Kammer, Herr Or. Vogel, gab am Dienstag abend eine Gesellschaft, zu der die Abgeord neten mit ihren Damen eingeladen waren. Die sozial demokratische Fraktion hat beschlossen, der Ein ladung keine Folge zu leisten. Von den Konser vativen haben nur zugesagt die Abgeordneten vr. Häh nel, Opitz und Schanz; diese drei sind bekanntlich Mitglie der des Direktoriums. Landtagsabgcordncter Langhammer hatte bekanntlich gegen die sozialdemokratische „V o l k s st i m m e" wegen des bekannten Artikels „Lllmpchen Langhammer" Klage auf Grund der ^8 185 (Beleidigung), 186 (Verbreitung nicht erweislich wahrer Tatsachen) und 187 (Verleumdung) erhoben. Wie jetzt von beklagter Seite mitgeteilt wird, hat Herr Langhammer bezw. dessen Anwalt die Klage wegen Verleumdung und übler Nachrede zurückgezogen, so daß nur die einfache Beleidigungsklage aufrechterhalten bleibt. Infolgedessen sind die Bcweisanträge des Beklag ten abgewiesen worden und seine Verurteilung wegen grober formeller Beleidigung steht außer Zweifel. Die Tagung der evangelisch-sozialen Bereinigung in Chemnitz. Die Vereinigung hielt am Dienstag in Chem nitz ihre F r ü h j a h r s t a g u n g ab, bei der zugleich über den vom 17. bis 19. Mai in Chemnitz tagenden evangelisch sozialen Kongreß berichtet wurde. Nachdem verschiedene interne Beratungen im Laufe des Vormittags und Nach mittags vorangegangen waren, fand am Dienstag abend eine große öffentliche Versammlung in der „Linde" statt. Der Vorsitzende der evangelisch-sozialen Vereinigung, Tic. vr. Naumann- Leipzig, begrüßte die Erschienenen. Er äußerte sich dabei über die Ziele der evangelisch-sozialen Vereinigung, welche nicht in den Partxikampf eingreifen wolle, sondern über den Parteien stehe, und deren Aufgab: sein solle, soziale Mißstände in der Kirche und im öffent-