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Verordnungsblatt der Kreishauptmaunschaft Bautzen als Konfistorialbehörde der Oberlausitz. Amtsblatt der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Hermhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, inglcichen der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgcmeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- und Gewerbekammer zu Zittau. Erscheinungsweise: Täglich abends mit Ausnahme der Sonu« und Feiertag«. Schriftlcituug und GLichäftSstcller Bauhe«. Innere Lauensimbe 4. Fernsprecher: Nr. 51. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautzen. Bezugspreis pro Monat, Bei Abholung in der Geschäftsstelle — .80 bet freier Zustellung tu» Hau» 1.— Anzeigenpreis: Die Ogespatten« Petitzcile oder deren Raum 15 Psennige, in gecigneteil Füllen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. AeNaurcu r Die 3gespaltene Petitzeile 50 Pfennige. Montag, den 1S. Dezember 1910, abends. Nr. 293 :-WSSSSWMWMWW 129. Jahrgang. Tas Wichtigste oom Tage. * Die gestern im sächsischen Ministerium stattgehabte Kon ferenz, betr. die Fleijchteuerung, hatte kein positives Ergebnis, da die Regierung erklärte, daß sie sich im gegenwär tigen Augenblicke zu gar nichts verpflichten könne. * Die Maul- und Klauenseuche besindet sich im Kgr. Sachsen in erheblichem Rückgänge. * Der Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amte vr. Stemmrich tritt zurück; sein Nachfolger soll der bisherige Gouverneur von Samoa, vr. Sol f, werden. * In den Niederlanden droht eine Minister krisis, weil die Kammer bei Beratung des Heeresbud gets trotz Widerspruchs des Kriegsministeriums die Aufbesse rung der Offiziersgehälter verschob. In England sind bisher gewählt: 268 Liberale, 271 Unionisten, 43 Vertreter der Arbeiterpartei, 73 Anhänger Red monds und 9 Anhänger O'Briens. Die Liberalen gewinnen 23, die Unionisten 28 und die Arbeiterpartei 4 Sitze. Der Minister Seely wurde wiedergewählt. Die Reise des Königs von Spanien nach Melilla ist jetzt endgültig auf den 15. Januar festgesetzt worden. * Zwischen der chinesischen Reichsregicrung und dem Rcichs- ausschusz droht ein Zwi st auszubrechen, weil erstere gegen den Wunsch des letzteren auf Abschaffung des Kroßen Staats rats oder dessen Umwandlung in eine konstitutionelle Körper schaft ist. * Bei Minaca in Mexiko kam es zwischen Regierungs truppen und Insurgenten zu einem blutigen Kampfe, in dem erstere geschlagen wurden und 800 Mann (Tote) verloren. * Der Fabrikant Oetker in Bielefeld stiftete für die Kaiser Wilhelm-Gesellschaft 100000 Mark. * M e t t e ru s s i ch t für Dienstag: Aufheiternd, kälter, kein erheblicher Niederschlag. * Ausführliches m,be an andcier Stelle. Erfordernisse der deutsche« Wirtschaftspolitik in Marokko. Infolge der Unklarheit der politischen Verhältnisse in Marokko hat das deutsch-französische Abkommen von 1909, das den deutschen wirtschaftlichen Interessen in Marokko dienen sollte, bisher noch zu keinem praktischen Ergebnis geführt. Alles was besonders von französischer Seite als deutscher Gewinn aus diesem Abkommen bezeichnet wurde, stellte sich bei näherer Untersuchung als die Verwirklichung deutscher Rechtstitel der Vergangenheit dar. Die deutsche Regierung andererseits hat bisher nichts getan, um den deutschen wirtschaftlichen Interessen in Marokko praktisch zu größerer Geltung zu verhelfen. Die Tätigkeit unserer diplomatischen und konsularischen Vertreter in Marokko be schränkte und beschränkte sich auf das Prinzip des Zuschauens und Abwartens. Anders die E n g l ä n d e r. Obwohl auch die englische Regierung durch das Abkommen von 1904 sich in Marokko politisch desinteressiert hat, hat sie neuerdings verschiedene Maßnahmen zugunsten der englischen wirtschaftlichen In teressen in Marokko getroffen. Der britische Gesandte in Tanger hat eine Reise nach dem Süden von Marokko unter nommen, die sicherlich nicht eine bloße Erholungs- oder Studienreise ist. Der Süden Marokkos steht, wie die Lan dung der Franzosen in Agadir beweist, vor seiner wirtschaft lichen Erschließung. Ihm wendet auch die englische Regie rung mit Recht ihre Aufmerksamkeit zu. England hat sich ferner veranlaßt gesehen, seiner Gesandtschaft in Tanger einen Handels-Attache beizuordnen. Mit Recht taucht infolgedessen der Wunsch auf, daß auch unser Aus wärtiges Amt der Frage der Entsendung einer mit den marokkanischen Verhältnissen vertrauten und mit den Interessenten in Fühlung stehenden Persönlichkeit als Han dels-Attache nähertreten möchte. Der Wunsch bewegt sich in derselben Richtung wie das bereits mehrfach geäußerte Verlangen deutscher Kaufleute in Marokko, daß an die Stelle der deutschen Wahlkonsuln in wichtigeren marokkani schen Plätzen Verufskonsuln treten möchten. Diesem Verlangen wurde kürzlich in offiziösen Blät tern entgegengehalten, „daß die Wahlkonsuln durch ihre lange Anwesenheit im Lande sehr häufig besser unterrichtet seien, als frisch herübergehende Verufskonsuln, die sich erst eina-beiten müssen". Gewiß, auch alte Kriegsschiffe sind sehr häufig besser als neue, aber zur allgemeinen Emp fehlung alter Einrichtungen können solche Argumente nicht dienen. Der deutsche Wahlkonsul in Marokko, der Kauf mann ist, hat nicht übermäßig viel Zeit, sich mit Konsulats geschäften zu befassen: denn er ist immer zuerst Kaufmann und dann erst Konsul. Er lebt von seiner kaufmännischen Tätigkeit, während das Konsulat ihm nichts einbringt. Zweitens und hauptsächlich: man braucht Berufskonsuln nicht frisch nach Marokko zu schicken, sondern könnte sie aus dem Gesandtschaftspersonal in Tanger nehmen. Eingear beitete Personen, die gut in Marokko Bescheid wissen, sind unter den Dragomanen und Dragomanatseleven dort in be trächtlicher Anzahl vorhanden. Sie würden gern Konsuln und Konsulatsverweser werden. Politisch sind uns in Marokko die Hände gebunden. Wenn wir wirtschaftlich nicht alle Kräfte anspannen, dann ist es unvermeidlich, daß wir den Franzosen gegenüber, die in politischer und wirtschaftlicher Beziehung nicht nur rührig, sondern auch höchst geschickt arbeiten, ferner den Spaniern gegenüber, deren wirtschaftliche Interessen mit politischen Mitteln stark gefördert werden, und auch den Engländern gegenüber, die ihre wirtschaftlichen In teressen tatkräftig wahrzunehmen am Werke sind, ins Hintertreffen geraten. Mit dem so erfreulich entwickelten deutschen Marokkohandel und mit der Gewinnung neuer Nührquellen für die deutsche Volkswirtschaft, besonders für die einem Mangel an Erzen entgegengehende deutsche Eisenindustrie ist es dann vorbei. Nicht unerwähnt darf in diesem Zusammenhänge bleiben, daß Spanien durch sein neues Abkommen mit Marokko den Hafen von Santa Cruz de Mar Pequena oder Ifni im Süden der großen Ebene des Sus (Agadir liegt nördlich von dieser Ebene) erwor ben hat. Von Ifni aus kann Spanien einen direkten Zu gang zu dem erzreichen Südabhang des Atlas gewinnen. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Der große Pla» de» Priuzea Max. Von einem griechi schen Publizisten wird über die Bestrebungen de» Prinzen mitgeteilt: Prinz Max unternahm im Spätsommer eine Reise nach Griechenland, wo er mit dem König Georg, dem Athener Metropoliten und anderen Persönlichkeiten über die Möglichkeit des Anschlusses der griechi schen Kirche an die römisch-katholische sprach. Er erklärte dabei, daß maßgebende katholische Kreise bereit seien, den Griechen gewisse Zugeständnisse in dogmatischer Hinsicht zu machen. Man verlange von den letzteren nur, daß sie den P a p st als primu« inter parvs, also als den Kirchenfürsten anerkennen, neben dem jedoch der Athener Patriarch sowie die Patriarchen von Konstantinopel, Je rusalem und Alexandrien als selbständige Häupter ihrer eigenen nationalen Kirche weiter bestehen sollten. Zur Affäre des Prinzen wird dem „Berl. Tagebl." noch folgendes aus Rom gemeldet: „Wie ich erfahre, be sitzt Prinz Max seit geraumer Zeit imVatikan einfluß reiche Gegner. Dies geht besonders deutlich aus folgen der Episode hervor: Vor Jahresfrist etwa verlautete in Kreisen der hiesigen deutschen Klerikeranstalt „A n i m a" als bestimmt, Monsignor Lohninger, der Rek tor der Anstalt, werde nach Oesterreich zurückberufen wer den, um einen Bischofsstuhl zu übernehmen. Die Mitglie der der „Anima" dürsten sich freuen, als Lohningers Nach folger in Bälde den Prinzen Max in Rom zu begrüßen. Man sah auch der Ankunft des Prinzen entgegen, als plötz lich die ganze Angelegenheit verstummte. Die Gegner des Prinzen hatten im entscheidenden Augenblick die Berufung nach Rom zu durchkreuzen gewußt." Dem Vernehmen nach soll Prinz Max zu Weihnachten den Dresdner Hof besuchen. Der Priester aus Königlichem Geschlecht hat seine Heimat durchaus noch nicht vergessen. Auch dieses Jahr hat er, wie alle Jahre, Weih nachtsgaben für arme Leute nach Dresden geschickt. Die Konferenz zur Hebung der Fleischteuerung hat nunmehr Sonntag nachmittag von 3 Uhr ab unter dem Vorsitze des Herrn Staatsministers Grafen Vitzthum von Eckstädt im Sitzungssaale des Ministeriums des Innern in Dresden stattgefunden. Anwesend waren neben den Herren Ministerialdirektor Geh. Rat vr. Roscher und Oberregierungsrat Prof. Or. Roth die Vertreter der Städte Dresden, Leipzig, Chemnitz, Plauen und Zwickau sowie eine Anzahl Fleischerinnungsmeister, Schlachthof direktoren und Viehhändler aus diesen Städten. Auch der Landeskultnrrat und die produzierende Landwirtschaft hatte Vertreter entsandt. Staatsminister Graf Vitzthum von Eckstädt eröffnete die vierstündige Sitzung mit einer Begrüßung und mit einem Hinweis auf Zweck und Ziel der Versammlung, worauf Herr Oberregierungsrat Pros, vr. R ot h einen längeren Vortrag über den gegenwärtigen Stand ver Frage unter Zugrundelegung des beim Mi nisterium des Innern von den Stadtverwaltungen einge gangenen Materials sowie über die in Frage kommenden reichs- und landesgesetzlichen Bestimmungen hielt. Hieran schloß sich die Besprechung der einzelnen durch die aufge stellte Tagesordnung bereits bekannten Fragen. Seitens der Vertreter der Landwirtschaft wurde zugegeben, daß gegenwärtig Mangel an schlachtreifen guten Rindern vor handen sei, daß jedoch der Auftrieb von Schweinen auf den sächsischen Viehhöfen nichts zu wünschen übrig laste. Seitens der städtischen Vertreter wurde angeregt, daß auch die sächsi sche Staatsregierung dieselben oder ähnliche Maßregeln treffen möchte, wie die süddeutschen Staaten. Herr Ober bürgermeister Geh. Nat vr. Beutler hob hervor, daß tat sächlich ein Fleischmangel bestehe und daß hiergegen ent schiedene Schritte getan werden müßten. Solange nicht genügendes schlachtreifes Vieh vorhanden sei, müßten die Grenzen geöffnet werden. Dies sei auch den süddeutschen Staaten zugestanden worden. In Sachsen sei das Bedürfnis hierfür infolge der starken fleischkonsumierenden Arbeiter bevölkerung ganz bedeutend vorhanden. Seitens der land wirtschaftlichen Vertreter wurde darauf hingewiesen, daß der Transport von Vieh aus Frankreich nach Sachsen in folge des weiten Weges sehr teuer sein würde. Dagegen wurde jedoch wieder eingewendet, daß infolge dieser Maß regel in Süddeutschland nicht nur die Vieh-, sondern auch die Fleischpreise zurückgegangen seien. In der weiteren Aussprache kamen die verschiedenen Ansichten der einzelnen Interessentenkreise zur Geltung. Irgendwelche grund legenden Beschlüsse wurden nicht gefaßt, da die Versamm lung ja in erster Linie zur Information der Staatsregie rung dienen sollte. Am Schlüsse der Sitzung dankte Herr Staatsminister Graf Vitzthum von Eckstädt den erschie nenen Herren für ihr lebhaftes Interesse. Das durch die Beratung zur Kenntnis der Staatsregierung gelangte Material solle in entsprechender Weise verarbeitet und verwertet werden. Sächsisches Kultusministerium und Freie Studenten schaft. Die Vorgänge in der freien Studentenschaft in Leipzig sind gegenwärtig Gegenstand einer Unter suchung des Kultusministeriums. Kreishauptmann v. Burgsdorff, der dieselbe führt, wird heute Montag dem Kultusminister Bericht erstatten. Die Regierung wird dann ihre Entschließungen fasten. * * * Einzelheiten über di« Gesetzentwürfe, betr. die Bersassung Elsaß-Lothriugens. Ueber den Inhalt der beiden Gesetzentwürfe, die dem Reichstage alsbald zugehen werden, kann folgendes heute mitgeteilt werden: Der Grundgedanke des Ver fassungs-Gesetzentwurfs ist, dem Reichslande grö ßere Selbständigkeit zu verleihen, ohne indessen seine historische Stellung im Reiche selbst zu andern. Der Entwurf will daher an den staatsrechtlichen Beziehungen des Kaisers zum Reichs lande nichts ändern. Der Kaiser wird auch künftighin als erb licher Vertreter der Gesamtheit der Bundesstaaten, welchen die Souveränität über das Neichsland zusteht, die Staatsgewalt ausllben. Die Statthalterschaft mit ihren teils landesherrlichen, teils ministeriellen Befugnissen bleibt unverändert. Die Er nennung des Statthalters durch den Kaiser bedarf als ein Akt der Reichsgewalt der Gegenzeichnung des Reichskanzlers. Sobald der Statthalter ernannt wird, sind alle weiteren Akte, besonders die klebertragung der landesherrlichen Befug nisse durch den Kaiser auf ihn, Akte, der dem Kaiser zustehenden landesherrlichen Hoheit und werden als solche nicht vom Reichs kanzler, sondern vom Statthalter selbst gegengczeichnet. Der Statthalter wird, soweit es sich nicht um die Ausübung landes herrlicher Befugnisse handelt, durch den Staatssekretär vertreten. Die weitgehende Selbstbestimmung, die der Verfassungs entwurf den Reichslanden verleiht, äußert sich in der Bestim mung, daß Landesgejetze für Elsaß-Lothringen künftighin nur vom Kaiser mit Zustimmung des aus zwei Kammern bestehenden Landtages erlassen werden und in der Vorschrift, daß zu jedem Gesetz die Uebereinstimmung des Kaisers und beider Kammern erforderlich ist. Sowohl der Reichstag wie der Bundesrat schei den als Faktoren der Landesgesetzgebung aus und damit die In struktion der Bundesratsstimmen durch die einzelnen Regie rungen in elsaß-lothringischen Angelegenheiten. Das Reichsland erhält eine Verfassung, wie sie die größeren Bundesstaaten ausnahmslos besitzen. Bei der Bildung der ersten Kammer wird an den zurzeit bestehenden Staatsrat angeknüpft, indessen dem berechtigten Gedanken einer berufsständischen Ver tretung in gewissem Umfang Rechnung getragen. Der ersten Kammer sollen eine Anzahl hoher staatlicher und kirchlicher Be amte kraft ihres Amts und eine Anzahl berufsstündiger Vertreter angehören, die aus indirekten Wahlen hervorgehen. Außerdem soll der Kaiser befugt sein, auf Vorschlag des Bundesrats die gleiche Zahl von Mitgliedern zu berufen, welche die beiden ersten Gruppen umfassen. Der Ersten Kammer werden als Mitglieder angehören: Die Bischöfe zu Straßburg und Metz, die Präsidenten des Oberkonsistoriums der Kirche Ausburgischer Konfession und des Synodalvorstandes der reformierten Kirche, der Präsident des Oberlandesgerichts, ein ordentlicher Professor der Universität Straßburg, ein Vertreter der israelitischen Konsistorien, sowie ferner ein Vertreter der vier großen Städte Straßburg, Metz, Colmar und Mühlhausen, den die Eemeinderäte dieser Städte aus ihrer Mitte wählen, drei Vertreter der Handelskammern zu Straßburg und Metz, sowie zu Colmar und zu Mühlhausen, drei vom Landwirtschaftsrat und ein von der Handwerkskammer zu Straßburg gewählter Vertreter. Im ganzen 18 Personen, zu denen die gleiche Zahl vom Kaiser auf Vorschlag des Bundesrats Ernannter hinzutritt. Die Mitgliedschaft der gewählten und ernannten Mitglieder dauert fünf Jahre. Wählbar sind nur Reichsangehörige, die in Elsaß-Lothringen ihren Wohnsitz haben und mindestens dreißig Jahre alt sind.