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25 la Rabida. Auf einer kleinen Plattform hinter dem Klostergebäude be zeichnet ein steinernes Kreuz die Stelle, wo er, von Kummer gebeugt und von Hunger erschöpft, niedersank und die Mönche für sich und sein Kind um Brot und Wasser bat. Diese nahmen sich seiner mit Liebe an und schenkten auch der Entwickelung seiner Pläne ein aufmerksames Ohr. Im hohen Saale, aus dessen Fenstern man eine prachtvolle Aussicht auf das Meer genießt, konnte er diese auseinandersetzen. Ein gelehrter Physiker, den man hinzugezogen hatte, sprach sich günstig über sie aus, und im Kloster kam man zu dem Entschluß, die Abreise des seltsamen Mannes zu hindern. Man berichtete an die Königin, und diese versprach aufs neue, ihm die nötigen Mittel zu seiner Westfahrt zu gewähren. Nun war auch Granada gefallen und damit, wie es schien, das letzte Hindernis aus dem Wege geräumt. Aber neue und fast unüberwindliche Hindernisse bildeten die maßlosen Forderungen, welche Kolumbus für seine Person stellte. Nicht nur, daß er das Amt eines Vicekönigs von Indien und eines Admirals des Oceans für sich in Anspruch nahm, er verlangte auch einen Teil der Einkünfte der zu entdeckenden Länder. Der spanische Hof war nicht abgeneigt, ihm einige dieser Forderungen zu gewähren, aber Kolumbus bestand auf den ganzen, und, als man ihm diese abschlug, machte er sich zum zweiten male auf den Weg, Spanien zu verlassen. Da endlich gab der Hof nach. Was Kolumbus gewährt wurde, war in der That so unerhört, daß man sich wohl fragen darf, ob der Hof ernstlich an die Erfüllung gedacht hat, besonders wenn man in das Auge faßt, daß ein ganzes Zehntel der königlichen Einkünfte aus dem Handel mit den Schätzen Indiens an Kolumbus fallen, daß die Würde eines Admirals in seiner Familie erblich sein sollte. Jedenfalls darf man annehmen, daß der Hof diese Zugeständnisse später bereute, und daß sie wie ein Gespenst zwischen ihm und Kolumbus standen. Die Unbill, welche dieser später erfuhr, wurzelt wenigstens zum Teil in diesem unnatürlichen Abkommen, ähnlich wie später der Zwiespalt zwischen Wallenstein und seinem Kaiser in der übermäßigen Vollmacht, die jener als Feldherr erhalten hatte. Es wurde dem spanischen Hofe nicht leicht, das Geld für die Aus rüstung herbeizuschaffen; die Königin mußte borgen, und im Hafen von Palos, wo die Zurüstung und Ausstattung der Schiffe vor sich ging, noch die Schifferfamilie der Pinzone zuschießen, um alles gehörig herzustellen. So wurden drei Schiffe für diese weltberühmte, so folgereiche Fahrt zugerüstet. Man stelle sich aber nicht die großen und starken Schiffe unserer Zeit vor, wenn man an jene Ausrüstung denkt; diejenigen, welche Kolumbus erhielt, waren kleine Fahrzeuge; nur die „Santa Maria", welche der Admiral selbst führte, hatte ein vollständiges Verdeck; die „Pinta" und „Nina", geführt von den Gebrüdern Pinzon, hatten nur vorn und hinten