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24 sei; denn es habe ihnen nicht einleuchten wollen, daß der westliche Weg so kurz sei. Ist das wahr, so würde ihr Zweifel ihrer Einsicht alle Ehre machen. Aber es liegt doch ein anderer Grund der Abweisung näher. Die Portugiesen waren ja mit der Umschiffung Afrikas so voll in An spruch genommen, daß sie keine Neigung haben konnten, sich auf neue Unternehmungen einzulassen, deren Erfolg wenigstens sehr zweifelhaft er scheinen mußte, und durch die sie außerdem mit sich selbst in Wettstreit getreten wären. Kolumbus begab sich nun nach Spanien, um sich dort für die Er kundung des Westweges zur Verfügung zu stellen. Aber auch hier traf er auf ungünstige Verhältnisse, denn das Königspaar, Jsabella von Kastilien und Ferdinand von Aragonien, ganz erfüllt von dem Eifer für die Kirche, waren eben mit der Unterwerfung der Mauren beschäftigt. Dennoch fand er in Spanien ein aufmerksameres Ohr für seine Pläne und einen vor nehmen Gönner, der ihn zwei Jahre in seinem Hause beherbergte. Kolumbus trat dort mit großer Sicherheit auf, stellte sich als ein aus erwähltes Werkzeug der Dreieinigkeit dar und stützte sich für die Aus führbarkeit seines Unternehmens nicht nur auf Schriftstellen aus dem heidnischen Altertum, sondern auch auf Aussprüche der Propheten. Viel leicht war diese große Bedeutung, die er seiner Person beilegte, ein Grund, daß die Universität Salamanka sich nicht zu seinen Gunsten äußerte. Er wurde aber von dem Hofe nicht gänzlich abgewiesen, sondern mit freilich unbestimmten Aussichten hingehalten. So vergingen lange Jahre, in denen er auf günstigen Bescheid wartete. Wir bewundern die Ausdauer, in der er ausharrte, und den Mut, mit dem er immer wieder auf sein Ziel lossteuerte. Er heftete sich dem Königspaare sozusagen an die Sohlen, folgte ihnen an allen Orten und Enden, „begehrte, daß sie ihm sollten helfen zu rüsten und zu belasten ein Schiff, erbot sich, er wollte finden gegen den Niedergang Inseln, an Jndia anstoßend, woselbst eine Menge von Edelsteinen, Spezereien und Gold leicht zu finden sei," wie ein alter Schriftsteller berichtet. Seinem vornehmen Gönner gelang es endlich, ihm Zutritt zu der Königin Jsabella zu verschaffen. Er gehörte seitdem zu dem Gefolge der Königin und erhielt nicht unerhebliche Geldunterstützungen. Doch herrschte am Hofe auch eine ihm feindliche Strömung; man tadelte sein selbst bewußtes Auftreten, fand seine Einbildungskraft stärker als seine geo graphische Kenntnis. Die Folge sollte lehren, daß seine Tadler in letzter Hinsicht nicht so ganz unrecht hatten. Dennoch machte man ihm vom Hofe aus auch fernere Versprechungen. Aber die Aufmerksamkeit spannte sich damals ganz auf die Belagerung Granadas und die endliche Besiegung der Mauren. Kolumbus verlor die Geduld und beschloß, Spanien zu verlassen. Auf der Reise nach der Küste kam er, seinen Sohn Diego an der Hand führend, nach dem Kloster