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Bautzener Nachrichten : 24.11.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-11-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1887328319-189811245
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- http://digital.slub-dresden.de/id1887328319-18981124
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- oai:de:slub-dresden:db:id-1887328319-18981124
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- Saxonica
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- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
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- Vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Bautzener Nachrichten
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-11
- Tag 1898-11-24
-
Monat
1898-11
-
Jahr
1898
- Titel
- Bautzener Nachrichten : 24.11.1898
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lewilligen. — Zur Zeit sind im Verwaltungsdienste der Stadt Paris gegen 1000 Beamten- und Dienerstellen er- * Pesth, 23. November. Das Verhör mit den gestern verhafteten 220 Studenten begann noch am Abend. Die jenigen, welche nur einer Uebertretung beschuldigt werden, wurden noch im Laufe der Nacht abgeurteilt und sodann in Freiheit gesetzt. Die Vernehmungen der übrigen Studenten dauern heute fort. Deputationen von Studenten erschienen im Laufe der Nacht in den oppositionellen Klubs, wo sie ihre Beschwerden vortrugen; über dieselben dürste heute im Unterhause eine Interpellation eingekracht werden. — Die Unabhängigkeitspartei beschloß gestern, die Indemnitäts- Vorlage mit der Begründung abzulehnen, daß die Partei aus staatsrechtlichen und politischen Gesichtspunkten der Regierung das größte Mißtrauen entgegcnbringe. — In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses erklärte der Präsident Szilaghi, die gestrige Rede des Ministers des Innern ent halte nichts, was zu einem Einschreiten des Präsidiums Anlaß bieten könne. (Allgemeine Zustimmung.) Vor Ein tritt in die Tagesordnung wurde sodann das gestrige Ver halten der Polizei zur Sprache gebracht. — Auf der Straße vor dem Abgeordnetenhause ist es heute ruhig. Ansamm lungen finden nicht statt. Auf dem Museumüring patrouilliert die Polizei. Auch heute ist das Abgeordnetenhaus von einer Polizeikette abgesperrt. Ein Zwischenfall kam nicht vor. — Im Abgeordnetenhaus wurde die Sitzung suspendiert, da die Opposition wegen angeblicher beunruhigender Gerüchte nicht tagen wollte. Da sich aber diese Gerüchte als grundlos erwiesen, wurde die Beratung alsbald wieder ausgenommen. Der Minister des Innern Perczel erklärte, er werde die vor gebrachten Fälle prüfen und der Untersuchung entsprechend vorgehen. Jedenfalls dürften die Hochschulen aber nicht als Zufluchtsstätten für die Ruhestörer dienen. — Die Polizei entließ heute sämtliche verhafteten Studenten, nachdem den selben Geldstrafen auferlegt waren. Heute mittag kam es vor der Universität abermals zu einem Zusammenstöße zwischen der Polizei und Studenten. Die letzteren beklagten ich beim Rektor, welcher die Polizei aus der Aula hinaus wies. Die Studenten sandten sodann zu den oppositionellen Parteien eine Deputation, welche darauf mit mehreren Ab geordneten zur Aula zurückkehrte. Die Polizei forderte hierauf die wieder angcsammelten Studenten abermals auf, ausein anderzugehen und zerstreute dieselben, als sie dieser Anf orderung nicht Folge leisteten. Schweiz. Durch Vermittelung des österreichisch-ungarischen Gesandten Grafen Kufstein hat der Kaiser von Oesterreich, Böses mit Gutem vergeltend, der Stadt Genf für die Armen 20000 Francs überwiesen. Genf, 23. November. Luccheni hat auf Zureden seines Verteidigers die Berufung gegen seine Verurteilung zurück- ezogen. Er wurde in der letzten Nacht unter starker öendarmerieeskorte vom Untersuchungsgefängnis in das Ge- ängnis Epeche gebracht. Luccheni ist im Gegensatz zu früher etzt Physisch gebrochen.^ Italien. * Rom, 22. November. Trotz des Rückganges der Solleinnahmen um 9 Millionen betragen die Gesamtein nahmen des Staatsschatzes während der ersten vier * Paris, 23. November. Dem „Matin" zufolge be schlagnahmte der Untersuchungsrichter im „Crödit Lyonnais" 43 Briefe, unter denen sich mehrere befinden, dieEsterhazy von militärischen Persönlichkeiten empfangen hat. Das Blatt fügt hinzu, die Briefe seien von höchster Wichtigkeit und ließen keinen Zweifel über die Rolle Esterhazys in der Drey fus-Angelegenheit. (Bedenklicher dürften sie noch für seine Mitarbeiter sein. Anscheinend werden sie von Esterhazy selbst nach Bedarf zum .Finden" geliefert.) — Oberst Pic quart verließ das Gefängnis Cherche Midi heute vor mittag 11*/, Uhr, traf um 11 Uhr 50 Min. im Justizpalaste ein und wurde sofort vor den Kassationsgerichtshof geführt, welcher ihn noch verhört. — Auf Wunsch der panischen Delegierten wird die Friedcnskommission heute nicht zusammentreten; der Tag der nächsten Sitzung der Kommission wird demnächst festgesetzt werden. — In hiesigen Kreisen wird behauptet, daß Frankreich ganz besonders auf den Bau zahlreicher Kreuzer von roher Schnelligkeit sich verlegen wird, um im Falle einer nglisch-französischen Verwickelung die englische Handelsflotte zerstören oder kapern zu können. Die Kammer soll bereit ein, die geforderte Summe, wie hoch sie auch sein möge, zu ist in seinen Gmndzügen so weit sertiggestellt, daß, sobald die Kaiserliche Einwilligung elngeholt werden kann, seine Versendung an die einzelnen Regierungen erfolgen wird. — Die »Straßburger Bürgerztg.* bringt eine Mitteil ung, nach der eine Anzahl Straßburger Bürger beab- fichtigt, dem Obersten Picquart als Zeichen der Aner kennung für sein heldenmütiges Auftreten in der Dreyfus- Geschichte einen Ehrenfäbel zu überreichen. Eine größere Geldsumme sei zu diesem Zwecke bereits gesammelr. Wir bezweifeln, daß mit einer derartigen Anerkennung dem Obersten selbst gedient ist, sobald sie von einer deutschen Seite ausgeht. Picquart ist allerdings ein geborener Straß burger, aber das ändert in der Sache nichts. — * Kreuzer „Bussard", Kommandant Korvetten-Kapltän Maudt, dat von Apia aus die Heimreise angetreten. Schulschiff „Sophie", Kommandant Korvetten-Kapitän mit Oberstlicutenantsrang Kretschmann, ist in Sao Franzisca (Südamerika) eingetrosfen und will am 29. dss. »»n da nach Montevideo in See gehen. I. „Hohenzollern", Komman dant Kontre-Admiral Freiherr vonjBodenhausen, ist in Pola einge- trosfen und wird morgen die Heimreise über Cadlx antreten. S. „Hah" ist aus der Gqenner-Föhrde eingetroffen. S. „Kaiser Fridrich III." ist »on Kiel in See gegangen. Die Besatzung für S. „Gazelle" ist von Wilhelmshaven in Kiel eingetrosfen. Tpdivbt. „II4" ist in Memel cln- gev offen und am 22. nach Danzig weitergegangen. Tpdbte. „8 6", „8 18" und „8 23" sind nach Wilhelmshaven zurückgekehrt. — sKolonialpolUisches. j „Pallmall Gazette" er fährt, die Walfischbai werde an Deutschland ab getreten werden. Dafür empfange England nicht deutsches Gebiet, sondern eine kleine portugiesische Enklave an der Kongomündung, die sich vorzüglich zu einer Kohlenftation eignet. — Nach einer anderen Nachricht soll es sich um ein Stück vom Hinterland von Uganda handeln, welches Deutschland abgetreten habe, um England die Verbindung von Südafrika mit Aegypten zu ermöglichen. (Auf eng lischt Nachrichten ist nichts zu geben; die Walfischbai hat für Deutschland kaum noch einen Wert, so daß Deutsch land schwerlich etwas dafür hingiebt, was irgend einen Wert hat) — Aus dem Koloniale tat erfährt die „Frankfurter Zeitung", der Plan der Uferbahn von Klein-Togo an den Mono in Togo scheine hinausgezogen zu werden. Dagegen sollen von den für Fortführung der Bahn und der Tete- graphen von Swakopmund nach Windhoek in Aussicht ge nommenen 7 Millionen Mark in den nächsten Etat 2'/, Millionen Mark und für den Hafenbau in Swakopmund eine halbe Million eingestellt werden. Auch soll für die von der Siedlungsgesellschaft in Deutsch-Südwestafrika in Aussicht genommenen Stau-Bauten regierungsseitig Unter fiützung zufichert sein. — sParlam entarisches.j Die Abgg. Frhr. von Wangenheim, Dr. Roesicke und 0r Hahn werden, unterstützt von zahlreichen Mitgliedern des Reichstags, gleich »ach dem Zusammentritte des Reichstags diesem folgende Interpellationen zugehen lassen: I. I) Ist der Herr Reichs kanzler bereit, Auskunft darüber zu geben, ob und wie der zur Zeit in Berlin ohne das Borhandensein einer staatlich beaufsichtigten Pro duktenbörse stattfindende Getreideverkehr mit den Bestimmungen des Reichs - Börsengesetzes vom 22. Juni 1896 vereinbar Ist? 2) Ist der Herr Reichskanzler bereit, Auskunst darüber zu geben, ob es ihm be kannt ist, daß an der unter der Aussicht des Königlich preußischen Börsenkommissars für die Berliner Börse stehenden Effektenbörse in Berlin fortgesetzt börsenmößige Termingeschäfte in solchen Wert papieren stattfrnden, für welche nach den Bestimmungen des Reichs- Börsengesetzes vom 22. Juni 1896 diese Form des Handels verboten ist? — II. Ist der Herr Reichskanzler bereit, Auskunft darüber zu «eben, ob die zur Zett In verschiedenen deutschen Bundesstaate» statt- sindenden Erhebungen über Borhandensein und Ausdehnung einer an geblichen Fletschnot von ihm veranlaßt worden sind, und, wenn dies ter Fall, aus welchen Gründen: gegenüber der Thatsache, daß nach den Ergebnissen der reichsamtlichen Statistik eine über die Vermehrung der Bevölkerung Im Verhältnis hinausgehende Vermehrung der Viehbestände Im Deutschen Reiche und der Fleischeinsuhr in daS Reichsgebiet statt gesunden hat? — III. Ist der Herr Reichskanzler bereit, dem Reichs tage gesetzgeberische Maßnahmen in Vorschlag zu bringen, welche ge eignet erscheinen, den derzeitwen hohen Bankdiskont der deutschen Reichsbank aus einen dem Bankdiskont anderer Länder entsprechenden Stand herabzudrücken, um dadurch zur Verbesserung der Konkurrenz lage der gesamten nationalen Produktion des Deutschen Reiches gegen- iiber dem Auslande beizutragen? * Kiel, 23. November. Der neueste auf der Germania- Werft erbaute Kreuzer „Gazelle" ist heute mit Flaggen parade unter dem Kommando des Korvettcn-Kapitäns Josephi in Dienst gestellt worden. Oesterreich.! "'Wien, 22.November. Das Abgeordnetenhaus begann heute die Verhandlung des Anklageantrages Das- zynSki - Kosakiewicz wegen Verhängung des Ausnahme- zustandes in Galizien. Daszynski schilderte in dreistün diger Rede auf Grund statistischer Daten das Elend der Bauern in Galizien, behauptete, daß der Ausnahmezustand vorwiegend zur Unterdrückung der socialistischen Propaganda in Galizien benutzt worden sei, und brachte die heftigsten Angriffe auf die Verwaltung und den Richterstand Ga- lizens vor. Ministerpräsident Graf Thun trat diesen An ¬ griffen mit größter Euischiedenheit enrgegen und wies die von DaSzynski vorgcbrachien Beschuldigungen zurück. Wenn die socialistische Partei sie Anschauungen teile, denen Das zynSki in seiner Rede Ausdruck gegeben, dann sei es voll kommen begreiflich daß die politischen Behörden Galiziens, welche für Ruhe und Ordnung verantwortlich seien, ihre Aufmerksamkeit dieser Partei zuwandten. Die zur Ver Hängung des Ausnahmezustandes notwendigen, gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen seien vorhanden gewesen. Es seien vom 23. Mai bis Ende Juli d. I. 151 Plün derungen und eine ungezählte Reihe von Diebstählen und Räubereien vorgekommen. Die Bewegung richtete sich gegen eie Juden. Diese seien aber völlig gleichberechtigte Bürger les Staates, und es sei Pflicht des Staates, jeden Bürger des Staates, ganz gleich, ob er Jude oder Christ sei, oder welcher Nationalität er angehöre, zu schützen. Er hoffe, es werde in verhältnismäßig kurzer Zeit möglich sein, auch den letzten Rest der galizischen Bezirke vom Ausnahme zustand zu befreien. (Lebhafter Beifall.) Nach der Rede des Ministerpräsidenten wurde die D batte abgebrochen und die nächste Sitzung auf Donnerstag anberaumt. — Des Subkomitee für die Konsumsteuervorlagen nahm die Bestellung eines Referenten für die verschiedenen Vorlagen vor. Im Laufe der Debatte erklärte der Finanzminister vr. Kaizl, die Regierung halte, entgegen anderslautenden Gerüchten, die Vorlagen, betr. die Bier- und Branntwein steuer-Erhöhuug, vollinhaltlich aufrecht, beabsichtige jedoch eine bedeutende Herabsetzung der in den Vorlagen enthal tenen Steueransätze. Wien, 23. November. Kaiser Franz Joseph trifft Donnerstag oder Freitag in Wien ein, von wo er zur Erz herzogin Marie Valerie nach Wallsee reist, um dort den Tag seines Regierungsjubiläums im engsten Familienkreise zu begehen. *Wien, 23.Novbr. Während verschiedene Morgenblätter das Gerücht, Rcichskriegsminister Frhr. v. Krieghammer habe seine Demission eingereicht, mehr oder weniger bestimmt wiederholen, stellt das „Neue Wiener Tageblatt" fest, da in hiesigen unterrichteten Kreisen zur Zeit von dieser De Mission nichts bekannt sei. — Der Minister des Auswär tigen Graf Goluchowski begicbt sich heute nach Budapest. Von feiten der Polizei wurde zu Graz die für den 24. November beabsichtigte Bismarck-Trauerfeier in der dortigen JndustriehaÜe verboten. * Pesth, 22. November. Der Abg. Ludwig Hollo (Unabhängigkeitspartei) ließ den Minister des Innern Percze! fordern, weil er sich durch einen Passus in der heutigen Rede des Ministers beleidigt fühlte. Die Zeugen des Ministers sind Graf Stefan Tisza und Graf Stefan Kcglevich. — In wohlunterrichteten politischen Kreisen wird dem Gerüchte von der bevorstehenden Vertagung des Reichstags entschiedener Zweifel entgegengesetzt. Ein Aufruf des Rektors am schwarzen Brette der Universität warnt die Studenten, die Straßen skandale fortzusetzen, da sie sonst die schweren Folgen siv zuzuschrciben hätten. Eventuell sollen die Vorlesungen sistiert ja sogar die Universität geschlossen werden. Im Universitäts- lescverein fanden heute abend große Demonstrationen statt die Polizei leerte die Lokalitäten und sperrte dieselben. Zwe Personen wurden verhaftet. wird der Kingangsthür gegenüber innerhalb des Wald randes errichtet. — Ueber die Entstehung der demnächst im Verlage der Cotlaschen Verlagsbuchhandlung erscheinenden Memoiren des Fürsten Bismarck „Gedanken und Erinner ungen" wird folgendes mitgeteilt: Bei einem Besuche des Kommerzienrats Adolf Kröner im Juli 1890 in Friedrichs- ruh kam ein Vertrag zwischen der Cottaschcn Verlagsfirma und dem Fürsten BiSmarck zustande, nach welchem diese Firma ermächtigt wurde, gegen Zahlung einer vereinbarten Summe, Memoiren, welche der Fürst zu hinterlassen beab sichtigte, nach dem Tode desselben zu publicieren. Die „Gedanken und Erinnerungen* kamen in der Weise zu stande, daß sie der Fürst Lothar Bucher bez. Ur. Chry- sander diktierte. Zwei Drittteile derselben wurden der Cotta- schen Verlagsbuchhandlung 1893 im Manuskript übergeben und dieselbe ließ diesen Teil sofort im Satz Herstellen. Hiervon erhielt der Fürst Korrekturabzuge unterbreitet. Gleichzeitig mit !dem letzten Teil des Manuskripts der Me- moiren gingen die Korrekturbogen an die Verlagsbuchhand lung zurück; der Fürst hatte in denselben aber so zahlreiche Veränderungen vorgenommen, daß die Herstellung eines neuen Satzes unbedingt notwendig erschien. Letzteres machte jedoch zunächst einige Schwierigkeiten und es bedurfte lang wieriqer Verhandlungen, um zu erreichen, daß schließlich für das Werk genau derjenige Text gewählt wurde, der nach den Korrekturen des Fürsten Bismarck entstanden war Thatsächlich werden die „Gedanken und Erinnerungen* nun mehr in dieser korrigierten Fassung erscheinen. — Der Gesetzentwurf zum Schutze A rb eitöwilliger Monate des laufenden Rechnungsjahres etwa 9 Millionen Lire mehr, als in dem gleichen Zeitraum des Rechnungs jahres 1897/98. * Rom, 23. November. Dem „Esercito" zufolge wird das auf Kreta befindliche Bataillon Bersaglieri wahrschein lich am 27. d. in die Heimat zurückbesördert werden. Der italienische Anarchist Gino, der kürzlich aus der Schweiz ausgewiesen wurde, ist in St. Ludwig im Elsaß verhaftet worden. Man sand bei ihm einen langen, scharf geschliffenen Dolch. Es wird vermutet, Gino habe seiner Zeit Luccheni zur Ermordung der Kaiserin von Oesterreich angestiftet. Belgien. Brüssel, 23. November. Die belgische Presse sieht in dem Abschluß eines Handelsbündnisses zwischen Frankreich und Italien das Vorzeichen einer allgemeinen Politischen Annäherung zwischen beiden Staaten, deren Folgen eine Abschwächung des Dreibundes sein dürfte. (Warum das? Ebenso gut kann man es als Annäherung Frankreichs an den Dreibund ausgeben!) Niederlande. Die Königin Wilhelmina hat sich angeblich mit dem Prinzen Wilhelm von Wied verlobt. Die offizielle An kündigung erleide, nach dem „Soir", einen Aufschub, weil die staatsrechtliche Stellung des Gemahls der Königin noch einer Beratung des Holländischen Ministeriums unterliege. Prinz Wilhelm von Wied ist 26 Jahre alt. " Frankreich.' * Paris, 22. November. In der Deputierten - kämm er stellte der Socialift Levraud den Antrag, den Kongregationen und Ordensgeiftlichen die Untenichtslhätig- keit zu untersagen und verlangte für feinen Antrag die Dringlichkeit. (Lebhafte Protestrufe auf der Rechten.) Mehrere Redner, besonders Cafsagnac, bezeichneten in hef- Ligen Reden den Antrag als einen Angriff auf die Freiheit. Der Socialist Milerand führte aus, es sei dringend not- wendig, Maßregeln zu treffen, aber das einzige Mittel, die Gefahr abzuwenven, fei die Trennung der Kirche vom Staat. Ministerpräsident Dupuy erklärte, die staatlich geprüften Lehrer fürchteten weder die Konkurrenz noch die Freiheit des Unterrichts. Er glaube nicht an die Wirksamkeit des Vorschlages, die Kirche vom Staate zu trennen, die Lösung der Frage liege in dem Gesetz über die Affociaüonen. Die Regierung werde demnächst eine Vorlage über diesen Gegen stand im Hause einbringen. Levraud verzichtete hierauf auf die Dringlichkeit seines Antrages, ein anderer Depu tierter nahm aber den Antrag auf Dringlichkeit wieder auf, damit die Kammer Gelegenheit habe, zu der Frage Stell ung zu nehmen. Die Dringlichkeit wurde mit 303 gegen l49 Stimmen ab gelehnt. Ebenso wurde die Dringlich keit eines hierauf eingebrachten Antrages abgelehnt, in welchem den staatlich geprüften Lehrern ein Unterrichts monopol zugcsprochen werden sollte. — Im heutigen Ministerrat teilte der Minister der Kolonien mit, daß die Schriftstücke, die der Kassationshof dem Hauptmann Dreyfus zu übersenden angeordnet habe, auf einem Postdampfer am 26. November nach der Insel Martinique abgehen sollen und am 10. Dezember auf der genannten Insel eintreffen werden. Sie würden dort von dem Stationsschiff der Strafkolonie Guyana abgeholt werden, um nach Cayenne gebracht zu werden. Von dort würden sie nach der Teufelsinscl befördert werden. Es handelt sich be kanntlich um das Schreiben des Justizministers Sarrien an den Generalstaatsanwalt mit der Aufforderung, die Revision einzulciten, sowie um das Plaidoyer des Gcneralstaatsanwalts Manau vor dem Kassationshofc. — „Matin* will wissen, de Boisdeffres Vernehmung durch den Kassationshof habe ergeben, daß der gewesene Generalstabschef von allen Schritten Picquarts, die Dreyfus' Unschuld und Esterhazys Schuld ergaben, genau unterrichtet war und Picquarts bekannte Sendung in die Sahara selbst veranlaßt hat. Nach dem „Gaulois" soll Zurlinden beschlossen haben, Picquart ungesäumt vor ein Kriegsgericht zu stellen, das voraussichtlich zum 12. Dezember einberufen wird. — Die vroik cle I'bommu teilen mit, daß bei einer Haussuchung, die vorige Woche auf Befehl des Kassations hofes vorgcnommen wurde, 40 Briefe Esterhazys mit Be schlag belegt wurden, die sämtlich auf Pauspapier geschrieben seien und aus den Jahren 1894 und 1896 stammten. — Wie aus Ajaccio gemeldet wird, wurde auf Befehl der Negierung der dortige Zahnarzt Gastner a usgewiesen. Gastner, der aus Berlin stammt, wurde durch anonyme An zeigen der Spionage verdächtigt. — Der wegen seines Buches strafgerichtlich verfolgte Schriftsteller Gohier hat den socialistischen Advokaten Millerand ersucht, seine Verteidigung vor den Ge schworenen zu übernehmen. Millerand hat dies jedoch ab- gelehnt, ein Vorgeben, das in den socialistischen Kreisen scharf verurteilt wird.
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