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ulehnen und gegen diese in die schärfste Opposition zu Der Beschluß wirkte geradezu verblüffend, da der reten. .r- Sirche uut Schule, lauere unt äutzere Miffiou. -j- Am vorigen Sonntag nachmittag wurden in den Kirchen- Vorstand zu N e ukirch a. H. mit großer Stimmenmehrheit bez. eiu- timmig von den 7 ausscheidenden Mitgliedern 6 wiedergewählt, während die Stelle des Herrn Gemcindevorstands Bär-Ringenhain L.-S-, der wegen Abnahme des Gehörs eine Wiederwahl bestimmt abgelehnt hatte, durch Herrn Nahrungsbesitzer Karl August Lehmann daselbst ersetzt wurde. — Hochersreulich in jeder Hinsicht ist die That« fache, daß kürzlich ein hiesiges Gemeindeglied, welches jedoch unge nannt bleiben will, als Beitrag zur Renovation des Gotteshauses 300 Mark zu schenken sich gedrungen gefühlt hat, wofür der Kirchen vorstand mit Recht dankbar ist. (Siehe Dank.) Dresden, 27. Oktbr. DaS evangelisch-lutherische Landes- Konsistorium veröffentlicht die Antwort, die es vor kurzem auf eine Eingabe erteilt hat, die der Vorstand der Baptisten-Ge meinde zu Dresden an dasselbe gerichtet und verbreitet hat. In der Antwort wird festgestellt, daß die Entschließung über die Zu lassung von Religions-Gesellschaften und die Aufsicht über diese lediglich Sache der Staatsbehörden, nicht aber des Landes-Kon sistoriums ist. Dieses sei aber verpflichtet, die Uebergriffe, unter denen die Landeskirche zu leiden hat, zur Kenntnis und Entschließ ung des Kultus-Ministeriums zu bringen. In Bezug aus die in der Eingabe der Baptisten enthaltenen persönlichen Anklagen be merkt die Antwort des Landes-Konsistoriums, daß sich diese auf außerordentliche Mitglieder desselben zu beziehen scheinen, die be sonderen Anlaß gehabt haben mögen, zu der baptistischen Beweg ung Stellung zu nehmen und Uebergriffe abzuwehren. Schließlich wird noch hervorgehoben, daß sich die Bemerkung in dem der letzten Landes-Synode erstatteten Bericht des Landes-Konsistoriums, die Baptisten-Gemeinde beschränke sich bei der Wahl der Mittel zur Gewinnung von Anhängern nicht aus erlaubte und geistliche Mittel, auf zuverlässige amtliche Berichte gründet. -s Der .Germania" wird aus Neisse gemeldet, daß der Kultusminister der in Neuland b. Neisse bestehenden Niederlassung der Stehler Missionare (Väter vom göttlichen Wort) unter sagt, schulpflichtige Knaben in ihre Anstalt aufzunehmen. Heidelberg, 26. Oktober. Der Univerfitätssenat beschloß, 8 Mitglieder des Korps Rhenania, die von der Mannheimer Straf kammer wegen Herausforderung und Kartelltragens eine mehrwöchige Festungshaft erhalten haben, auf vier Semester zu re legieren. der Kretafrage klar darauf hin, daß die europäischen Mächte alle Kräfte zur Aufrechterhaltung des Friedens im Oriente ausbieten, und daß es in ihrer Absicht keineswegs liegt, irgendwelche komplizierten politischen Fragen aufzuwersen. Serbien. Belgrad, 26. Oktober. (K. Z.) Nach zweitägiger ein- gchenderBeratung beschloß der liberale Partei-Ausschuß, dessen Mitglieder aus dem ganzen Lande herbeigckommen waren, einstimmig, sämtliche Vorschläge der heutigen Regierung ab- Landungsplan sür Madagaskar Kenntnis gehabt zu haben, und gab nur zu, daß, wenn er Beziehungen zur technischen Abteilung sür A: tillerie gehabt habe, dies aus Grund seiner Dienststellung und weil er mit einer Arbeit über die deutsche Mobilmachung beaustragt war, der Fall gewesen sei. Dreyfus habe versichert, niemals zu Agenten fremder Mächte oder zu diesen Mächten selbst Beziehungen gehabt zu haben. In einem zweiten Verhör hat du Paty de Clam Dreysus die Schrift stücke, wegen deren er beschuldigt wurde, schreiben lassen und zwar I) sitzend, 2) stehend, 3) nochmals sitzend, 4) nochmals stehend, 5) sitzend zeit unterbrochen. (S. weiter Tel. Korr.) ! Großbritannien. * London, 26.Oktober. Harcourt sprach in Aberyst- with und sagte, auf die Fa sch o da-Angelegenheit kurz an- pielcnd, es sei Pflicht der Angehörigen aller Parteien, wenn :ine nationale Gefahr eintrete, die Regierung zu unterstützen. Dies sei gegenwärtig in besonderem Maße nötig, wo die Schwierigkeiten infolge der Lage der französischen Regierung gänzlich ohne Beispiel seien. Harcourt gab der Hoffnung Ausdruck, die Negierung werde, während sie die nationalen Interessen fest vertrete, sich leiten lassen von dem aufrichtigen Wunsche, auf friedlichem Wege ein ehrenvolles Abkommen , zu erzielen —* In der Queens Hall fand heute abend die Bis marck-Gedächtnisfeier sämtlicher deutschen Vereine Londons statt. An der Feier nahmen etwa 2000 Personen teil. Erschienen waren u. a. mehrere Mitglieder der deutschen Botschaft, der deutsche Generalkonsul und die Mitglieder des , Generalkonsulats. Nach der Gedächtnisrede fand die Feier mit dem von allen Anwesenden gesungenen Liede „Deutsch- and, Deutschland über alles" ihren Abschluß. * London, 27. Oktober. Nach einer Meldung des „Eclair" von hier sollen sich Salisbury und der fran zösische Botschafter Courcel über die Grundlage einer Re gelung der Faschoda-Frage untereinander verständigt ;aben. — In der City ist das Gerücht verbreitet, Rothschild )abe aus Paris telegraphisch die Nachricht erhalten, daß die französische Regierung eingewilligt habe, Marchand aus Faschoda abzuberufen. Sbautev Madrid, 26. Okt. (KZ.) Sabas Marin, Komman deur des sechsten Corps, ist zum Generalkapitän von Neu- ästilien ernannt worden. — Der Deputierte Blasco wurde, weil er ein Flugblatt gegen die valencianische Gasgesellfchaft unter Umgehung der Censur verbreitet hatte, durch die Militär behörde verhaftet. Die Regierung, durch Sagastas Formel gebunden, will die Antwort des Obcrtribunals und des Staats- :ates abwarten, der Präsident des Kongresses und die Parteien der Minderheit wollen Einspruch erheben. * Madrid, 27. Oktober. Die Königin-Regentin unterzeichnete das Dekret, durch welches General Marin an Stelle Chinchillas zum General - Kapitän von Madrid er nannt wird. Ein höchst ehrenvolles Zeugnis für die deutsche Ma rine enthält ein Artikel, den die „Cronica di Santander" anläßlich des Aufenthalts des deutschen Schulschiffes „Char lotte" in dem spanischen Hafen bringt. Es heißt da: „Obgleich wir wussten, daß wir Ordnung, Sauberkeit und gute Dis ziplin antreffen würden, war enwir doch von dem, was wir sahen, Über sicht. Als wir die sür die Kadetten bestimmten Räume betraten, bot ich uns ein fesselndes Bild: Am Piano saß ein junger Mann und pielte in vollendeter Weise eine Sonate von Beethoven, die anderen aßen umher und studierten Bücher und Karten, wieder andere schrieben und arbeiteten, müßig war keiner. Aehnlich war es auch in der Schiffs jungen-Abteilung, während die Matrosen mit Waschen, Ausbessern und anderen praktischen Arbeiten beschäftigt waren. Letztere machten alle einen gesunden und kräftigen Eindruck, die Breite ihrer Schultern ist fabelhast. Von der vortrefflichen Schulbildung, die in Deutschland herrscht, bekamen wir einen sprechenden Beweis. Es kam nämlich wäh rend unserer Anwesenheit an Bord die Schiffspost an, sechs umfang reiche Säcke. Ein Pfiff, und die gesamte Mannschast versammelte sich zur Empfangnahme von Briefen, und da war, so viel ich bemerken onnte, fast keiner, der leer ausging. Alle konnten lesen. Glückliches Land! Wenn wir dabei der trostlosen Schulverhältnisse im eigenen Lande gedenken, beschleicht uns tiefe Trauer und Beschämung." Kürzlich hat das spanische Amtsblatt »Gazeta de Madrid" eine traurige, für Spanien beschämende Statistik veröffentlicht, nämlich die der den Schullehrern und -Lehrerinnen sür gestundete Gehälter schuldigen Summen. Diese be- laufen sich auf 8 258 075 Pesetas. * Valencia, 27. Oktober. Der Deputierte Blasco Ibanez ist wegen Herausgabe eines von der Censnr ver botenen Blattes verhaftet worden. Rutzlan-. Petersburg, 26. Oktober. Die Uebergabe aller fer tigen transkaspischen Bahnen an die Civilverwaltung ist bis zum 1. Januar aufgeschoben worden. Die Strecke umsaßt die Linien Krasnowodsk-Andidschan mit Abzweigungen nach Taschkent und Nowimargelan. Die Strecke Merw- Kuschk, die sogenannte Murghabbahn, soll, falls sie bis dahin nicht vollendet ist, noch unter der militärischen Verwaltung bleiben. Von neuen asiatischen Bahnplänen werden als am meisten in Betracht kommende bezeichnet die Linien Taschkent- Orenburg und Andidschan-Wjernyi-Omsk. * Petersburg, 27. Oktober. Die »Nowoje Wremja" schreibt, sie habe aus zuverlässiger Quelle die Mitteilung er halten, daß die Politik des Einvernehmens der vier Mächte vollkommen den Zielen und Absichten der russischen Regier ung entsprochen habe, und daß es nur dank der zwischen den Mächten herrschenden Einmütigkeit möglich wurde, dem anor malen Zustand auf Kreta ein Ziel zu setzen, die Abberufung der türkischen Truppen zu erreichen und dadurch die Bevölker ung zu beruhigen. Nachdem die Möglichkeit eröffnet sei, zu Reformen zu schreiten, welche für Kreta schon lange durö die Botschaften in Konstantinopel ausgearbeitet seien, beweise die gegenwärtige Aktionsweise der ottomanischen Regier ung, daß sie ganz richtig die Bedeutung der freundschaftlichen Vorstellungen der vier Mächte abschätzte, welche bestrebt waren, auch die Interessen der Türkei nach Möglichkeit mehr . zu sichern. Andererseits weise die volle Einmütigkeit der > Politik Rußlands, Frankreichs, Italiens und Englands in »858 und mil Handschuhen, 6) aufrecht, ohne Handschuhe, 7) mit einer Rund schrift-Feder, 8) stehend mit einer Rundschrift-Feder, 9) stehend, mit Handschuhen und einer Rundschrift-Feder, 10) stehend, ohne Handschuhe und Rundschrift-Feder. Endlich, im letzten Verhör, am 30. Oktober, habe Dreyfus beim Leben seiner Kinder geschworen, unschuldig zu sein, md verlangt, vom Kriegsminister gehört zu werden, woraus ihm du 3aty de Elam erwiderte, er werde vom Kriegsminister empfangen verden, wenn er den Weg der Geständnisse beschreiten wolle. Bard verlas ferner den Bericht des Kommissars vor dem Kriegsgericht und die Berichte der Schreibsachverständigen. In dem Bericht des Kom missars wird gesagt: Mehrere Zeugen behaupten, daß Dreysus ge rechten Verdacht auf sich gelenkt habe durch sein zweideutiges Be nehmen und sein ungeordnetes Leben. Dreysus habe vor seiner Ver heiratung eine Geliebte gehalten. Der Berichterstatter unterzog iodann die Dienstzeugnisse des Dreyfus' als Offizier während des Jahres 1893 einer Prüfung. Dieselben besagen, daß Dreyfus im ersten Se mester dieses Jahres ein guter Offizier war. Hier fugte Bard die Be merkung ein: Es giebts Nichts als das Bordereau, um die Anklage ,u begründen. Die Majorität der Schreibsachverständigen sprach sich ür die Schuld des Dreysus aus. Hier wurde die Sitzung sür kurze Linke, nachdem sie festgestellt, daß die Vertrauens-TageS- s ordnung zu Gunsten des Kabinetts Brisson über 250 Stimmen erhalten und daß diese Zahl die Mehrheit der republikanischen i Partei bilde, erklärt, daß sie nur ein Versöhnungs-Kabinett l unterstützen werde, welches sich auf eine exklusive republikanische Meyrheil stützen werde und welches für die Ueberlegenheit der Civilgewalt über die Militärgewalt eintrete." Die eben- § falls zusammengetretene Gruppe der äußersten Linken hat die Tagesordnung der demokratischen Linken angenommen ' und den Vorsitzenden Pelletan mit der Redaktion eines Aufrufs an das Land beauftragt. — Aus Brüssel, dem Hauptquartier der Bona- ! partisten und Viktor Napoleons, wird eine erhöhte Be wegung signalisiert, die manchen schon auf einen Handstreich schließen läßt. * Paris, 27. Oktober. Der Sirdar Kitchener Pascha und Hauptmann Baratier sind gestern abend hier einge troffen. — Der Forschungsreisende Heß, welcher von dem „Matin" nach Guyana gesandt war, um Informationen über Dreyfus einzuholen, berichtet, Dreyfus werde wie ein Zellengcfangener behandelt und sei eine Zeit lang in Ketten gelegt worden. Dreyfus habe von der zu Gunsten der Re vision eingcleiteten Aktion Kenntnis. — Der „Siöcle" er zählt, Brisson habe seinerzeit C ha noine das Kriegsporte feuille übertragen weil derselbe nach der Demission Bois- deffres einen Minister brieflich dazu beglückwünschte, daß der Generalstab nunmehr Boisdeffres entledigt sei; der Brief werde wahrscheinlich veröffentlicht werden. (Wie hat Brisson denn dieser Tartüfferie ohne weiteres glauben können, nachdem er doch aus dem Falle Zurlinden entnehmen konnte, welcher Mittel sich die Militärpartei bediente? Auch Sar- rien ist mit seinem bekannten Edikte gegen die Presse von ihr auf ein Glatteis gelockt worden. Chanoine hat sich ge hütet, von demselben Gebrauch zu machen. Die Beleidig ungen selbst waren ihm willkommen bezw. bestellte Arbeit, um die Armee, d. h. in diesem Falle stets die Helden vom Schlage Henrys, du Patys und Boisdeffres, in den Augen eines verblendeten Volkes als die leidende und verfolgte Dulderin erscheinen zu lassen. Aber er hütete sich, diese Be leidiger vor die Gerichte zu ziehen, weil er wußte, daß dann das Kartenhaus zusammenbrechen, die armen Dulder sich als Wölfe im Schafspelze entpuppen würden. Hinter dem Rücken Sarnens mag die Militärpartei nicht wenig über dessen Edikt gelacht haben, durch das er sich auch die Feindschaft der Dreyfus freundlichen Presse zuzog. Man sieht an diesem Beispiel, wie in einer Republik „regiert" wird.) * Paris, 27. Oktober, nachmittags. Bis heute mittag zeigten sich keine Manifestanten in der Umgebung des Justiz palastes. Die Paffanten gehen und kommen wie gewöhn lich. Die Gitter des Palastes, sind geschloffen und die Ab sperrung ist streng. Gegen Mittag stellten sich einige kleine Gruppen Neugieriger ein, welche die Polizei-Agenten indessen sofort zum Weitergehen veranlaßten. Zwischen zwölf und 12'/, Uhr trafen einige nationalistische Deputierte am Justizpalaste ein; ihre Ankunft ging jedoch unbemerkt vorüber. Im Innern des Justizpalastes sind noch strenge Maßnahmen getroffen. — Der Kassationshof begann heute die Ver handlung, betreffend die Revision des Prozesses Dreyfus. Die Sitzung wurde am Mittag eröffnet. Der Saal war über füllt ; unter den Anwesenden befanden sich Frau Dreyfus und die Advokaten Demange und Labori. Gleich nach Eröffnung der Sitzung ergriff der Berichierstaiter Bard das Wort: er erinnerie an die Erregung, welche die Frage der Revision des Prozesses Dreyfus hervorgerusen bat und an die Skandale, welche statigehabt haben, ehe Lie Justiz mit dem Revisionsantrage besaßt wurde und ging daun dazu über, einen historischen Ueberblick über die Verurteilung Dreyfus' zu geben. Nach dem historischen Ueberblick zählte Berichterstatter Bard die verschiedenen Versuche aus, die gemacht wurden, um die Revision des Prozesses Dreyfus herbeszusühren: er erinnerte an die Anzeige gegen Esterhazy, au die Affaire Henry und an den Revisionsanirag der Frau Dreysus, der auch daraus begründet ist, daß das Bordereau von der Hand Esterhazys sein solle. Bard fügte hinzu, hinter diesen Thatsachen stecke ein Verdacht, der den Revisionsantrag rechtfertige, und setzte dann auseinander, wie Frau Dreyfus behaupte, daß das Bordereau nicht von ihrem Manne stamme. Bard unterzog daun die Berichte der Sachverständigen, weiche die Handschrift Dreyfus' zu er kennen erklärten, einer Prüfung und sagte, der Kassationshof habe also nach einer Enquete zu prüfen, ob die Thatsachen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen Grund zur Revision geben. Hierauf verlas der Be richterstatter den Brief der Frau Dreyfus, in welchem sie die Revision beantragt, und fuhr dann fort: Oberst Henry hat eine Fälschung be gangen. Seine Aussage war die niederschmetterndste gegen Dreysus. Da diese Aussage von einem Fälscher herrührte, kann sie als verdächtig gelten. Hier liegt eine neue Thatsache vor, die die Vermutung der Unschuld begründet und genügt, das Revisionsgesuch zu motivieren. Es ist ferner zu prüfen, ob das Bordereau wirklich von Dreyfus ist. Der Kassationshof ist regelrecht mit der Angelegenheit besaßt ivorden und wird festzustellen haben, ob er ohne eine ergänzende Enquete eine Entscheidung fällen kann. Im Verlause seiner Berichterstattung verlas Bard die Ausführungen des Generalprokurators, in welchen, das be kannte Brteskonzept Esterhazys aufgesührt ist, in dem Esterhazy schreibt: „wenn Sie der Experten nicht sicher sind, werde ich ebenso wie bei oem Bordereau sagen, daß meinü'Schrift durchgepaust Ist." (Sensation.) Ferner verlas der Berichierstaiter das Konzept zu einem Briese, in welchem Esterhazy einem General als seinem Retter dankt (Sensation); Esterhazy hatte sich geweigert, den Adressaten dieses Brieses zu nennen. — Die von dem Richter Bertulus beschlagnahmten Brieskonzepte Esterhazys lauten: Was soll ich thun, da d(e Experten mich bezüg lich der Briese an Mdme. Boulancy nicht entlasten wollen'? Soll ich die Expertise der Briese Dreysus' verlangen, wie Advokat Tezenas wollte? Der Experte Belhomme ist ein Schwachkops. Könnte man dem Major Navary nicht beweisen, daß ich die Ausdrücke in den Boulancy-Briefen nicht geschrieben haben kann? Verstehen Sie wohl, daß ich, wenn Sie nicht Herren der Untersuchung sind, zu der Hypo these einer Durchpausung werde greisen müssen, ebenjo wie beim Bordereau. Der zweite Brief lautet: Herr General! Ich habe Ihnen eben geschrieben, um Ihnen meine Dankbarkeit auszudrücken. Wenn ich nicht unterlegen bin, so habe ich dies Ihnen zu danken. — Bard verlas weiter den Bericht du Paty de Elam s, worin dieser erklärte, DreysuS habe seine Aussagen über die hydraulische Bremse und über das 120 mm-Geschütz oft geändert, habe aber stets in Abrede gestellt, irgend etwas über Madagaskar geschrieben zu haben. In dem Protokoll über die Verhaftung Dreyfus' erwähnt du Paty de Clam, daß Dreysus während er nach seinem Diktat schrieb, sehr erregt gewesen sei und au eine, du Paty de Elam s, Bemerkung hierüber geantwortet habe, el riere ihn an den Fingern. Hier schaltete Berichterstatter Bard ein, er staube dem Gerichtshöfe bemerken zu müssen, daß die Photographie des Diktats nicht zeige, daß der Schreiber desselben irgend wie erregt ge wesen sei. (Ueberraschung beim Publikum.) Bei seinem Verhör bestritt Dreyfus, heißt cs in dem Berichte du Paty de Clam's Wetter, von dem könig kurz vorher dem Exceqenlen Ristitsch mitgeteilt hatte, er müsse einen derartigen Beschluß als gegen seine, des Königs Person gerichtet, betrachten und würde, wenn es dazu käme, dessen eigentlichen Urheber, den Exminister Ribaraz, unverzüglich verhaften lassen. Ristitsch verständigte hiervon bloß Rlbaraz, dieser aber forderte den Exrebenten in offener Ausschußsitzung auf, die Mitteilung des Königs bekannt zu geben, da er nur >ann verhaftet werden könne, wenn im Lande die tollste Villkür herrsche. Nachdem Ristitsch dieser Aufforderung Folge geleistet hatte, faßte der Partei-Ausschuß einstimmig )en obigen Beschluß. Die Sache ist von großer Bedeutung, da die stets unbedingt dynastische liberale Partei damit nicht nur Milan, sondern der Dynastie überhaupt den Rücken kehrt. — Der russische Gesandte Schadowski ist von der russischen Botschaft in Wien telegraphisch dorthin berufen worden. Mit Rücksicht auf den Besuch Murawjeffs mißt man dieser Berufung auf der russischen Gesandtschaft erhöhte Bedeutung bei. (Andererseits heißt es, daß aus dem Archiv der russischen Gesandtschaft wichtige geheime Akten, Briefe und Telegramme gestohlen wurden. Weil der Thäter un bekannt blieb, wurde die gesamte Dienerschaft entlassen. Durch diesen Vorfall soll angeblich die Stellung des Gesandten Schadowski erschüttert sein, und man spricht von der Ab berufung desselben.) Griechenland. Athen, 26 Oktober. Der König wird noch vor Ablauf lieses Monats hier erwartet Nach seiner Rückkehr wird ofort die Kammer berufen werden. Türkei. Ueber Athen wird berichtet: Nach Beendigung der Räum ung Kretas erlaubt die Regierung den flüchtigen Kretern )ie Rückkehr. Unbemittelte erhalten Geldbeträge zur Bestreitung )er ersten Bedürfnisse. Admiral Pottier meldete Ismail Pascha, daß die Einsetzung der neuen Verwaltungsbeamten Freitag erfolgen werde. Nach der „Polit. Korr." dürfen die Truppen der kretischen Schutzmächte auf 22000 Mann gebracht werden. Da England bereits über 8000 Mann verfügt, dagegen Frankreich und Italien nur über je 3000, Rußland nur über 2000, wird erwartet, daß letztere Mächte ihre Truppen noch weiter verstärken, um auch Garnisonen in das Innere zu legen. Asien. Peking, 26. Oktober. (R. B.) In einer gestern abge haltenen Versammlung des diplomatischen Corps wurde beschlossen, die sofortige Entlassung der Soldaten zu ver langen, welche die englischen Ingenieure angegriffen haben. Das Tsungli-Aamen gewährte sofort dieses Ver langen. Der englische Gesandte Macdonald beantragte unab hängig hiervon die Bestrafung der Soldaten. Die Kaiserin- Regentin erließ einen Befehl, durch welchen Hu-jü-fen, der Generaldirektor der Eisenbahnen, beauftragt wird, eine exem plarische Bestrafung der Schuldigen eintreten zu lassen. * Nach einer Meldung der „Times" aus Shanghai ist der Vice-König von Fokien gestorben. Zu seinem Nachfolger ist Hsu-Jing-Hu ernannt worden. Druck und Verlag von E. M. Monse in Bautzen.