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Bautzener Nachrichten : 29.01.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1887328319-189801297
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1887328319-18980129
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- oai:de:slub-dresden:db:id-1887328319-18980129
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- Saxonica
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- Bemerkung
- Vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Bautzener Nachrichten
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Jahr
1898
-
Monat
1898-01
- Tag 1898-01-29
-
Monat
1898-01
-
Jahr
1898
- Titel
- Bautzener Nachrichten : 29.01.1898
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Krankretch. Paris, 27. Januar. Der Abg. Guerin, der im Ka binett Dupuy Justizminister war, hat einem Vertreter des „GauloiS' Erklärungen abgegeben, die insofern von Wichtigkeit sind, als Guerin bestätigt, daß der damalige Ariegsminister Mercier ihm mitgeteilt habe, das bekannte Bordereau stamme von einem Agenten, der es in dem Papierkorb einer Botschaft gefunden hätte. Auf die Frage, ob GuSrin von einem anderen Schriftstücke zur Belastung Dreyfus' wisse, lautete die Antwort, niemals hätten die Minister etwas von geheimen Akter,stücken erfahren. »Ich kann Ihnen sagen, daß keiner meiner Kollegen über die Mitteilung von geheimen Aktenstücken in der Beratungs kammer etwas erfahren hat. Warum hat man nicht laut abgeleugnet, daß dem Kriegsgericht geheime Aktenstücke mit geteilt worden seien, was eure geheime Verhandlung in der geheimen Verhandlung gewesen wäre ?" — Zola wird am Tage, wo die Verhandlung gegen ihn eröffnet wird, eine Zustimmungsadressevon einer Anzahl belgischer Schrift steller erhalten. Eine mit 713 Unterschriften bedeckte Adresse von Holländern der gebildeten Stände ist ihm bereits zu gegangen. Georges Clemenceau ist, als Vertreter der „Aurore", nun doch zum Prozesse zugelassen worden und wird mit seinem Bruder Albert, der Advokat ist, erscheinen. * Paris, 27. Januar. Bei dem aus Anlaß des Geburts tages des Kaisers Wi lhelm von der hiesigen deutschen Kolonie veranstalteten Festessen brachte der Botschafter Gras Münster den Toast aus den Kaiser aus. Graf Münster sagte dabei, Se. Majestät habe jüngst ihm gegenüber den Ausspruch gethan, sein hauptsächlichstes Bestreben gehe dahin, das Nationalgefühl der Deutschen zu fördern und zu beleben. Dank dem Kaiser erfreue sich Deutschland eines ungeahnten Aufschwungs. Der Stern Deutschlands steige trotz partikularistischer und socialist i- scher Nebel immer glänzender empor. Der Botschafter schloß «it einem Hoch ans das Kaiserpaar und sandte sodann im Ramen der Festteilnehmer ein huldigendes Glückwunsch-Tele gramm an den Kaiser. * Paris, 28. Januar. Oberst Picguar l dürfte nächsten Mittwoch vor dem Disciplinargerichte erscheinen. General de Saint Germain wird der Verhandlung prä sidieren. Die gegen Picguart erhobenen Anschuldigungen lauten ans Indiskretion im Dienste und Mitteilung geheimer Schriftstücke an den Advokaten Leblois. — In Algier wurden 70 Personen, die sich an den letzten Unruhen beteiligt hatten, wegen Diebstahls und Auf ruhrs zu Gefängnisstrafen von 3 Monaten bis zu 3 Jahren verurteilt. GrotzbriLanuieu. * London, .28. Januar Heute hat abermals unter dem Vorsitze des Premierministers Lord Salisbury ein Kabinettsrat stattgefunden. Spamea. * Madrid, 27. Januar. Eine Abordnung der Stu dierenden der Medizin verlangte heute von dem Direktor des Jomnals „Progreso" eine Berichtigung von im Journal erschienenen sie betreffenden Artikeln. Auf die Weigerung des Direktors zertrümmerten die Studenten die Fensterscheiben in dem Gebäude der Zeitung. Es entstand ein heftiger Tumult; die Polizei schritt ein, nahm mehrere Verhaftungen vor .und stellte schließlich die Ruhe Wieder her. Madrid, 28. Januar. Der Geburtstag des deutschen Kaisers wurde hier durch ein glänzendes Bankett der deut schen Kolonie gefeiert. Der Botschafter v. Rabowitz er wähnte in seinem Trinkspruchc, daß er aus eigener Wissen schaft und ohne ein Geheimnis zu verraten, sagen dürfe, die Beschergreifung in China sei auf des Kaisers eigene Jnitative zurückzusühren. * Madrid, 28. Januar. Der Marineminister hat befohlen, ein Geschwader in Cadix zusammenzuziehen; ein transatlantischer Dampfer wird die Lebensmittel und Kohlen für das Geschwader aufnehinen. — Zeitungsmcldungen zu folge sind Vorsichtsmaßregeln getroffen zur Ueberwachung des Hauses, in welchem der amerikanische Gesandte Wood ford seine Wohnung hat. — In dem Prozesse gegen den General Weyler hat der Staatsanwalt 2 Monate Ge fängnis beantragt.; Schwede» und Norwegen, 's * Christiani«, 28. Januar. Das schwedisch-nor wegische Unronskomitee wird, einer Meldung des „Ver dens Gang" zufolge, morgen seine Arbeiten schließen, ohne daß eine Uebereinstimmung erzielt worden wäre. Die schwedischen Mitglieder des Komitees stellen zwei verschie dene Vorschläge zur Ordnung der gemeinschaftlichen Ange legenheiten im Reiche auf; em dritter Vorschlag geht von den der Rechten angehörigen norwegischen Mitgliedern aus, während die norwegischen Mitglieder von der Linken sich auf die Erklärung beschränken, daß die Grundgesetze der beiden Reiche die gesonderte Leitung der auswärtigen An- gelegenheiten eines jeden derselben voraussetzen. Der Hauptpunkt der erwähnten drei positiven Vorschläge ist die Forderung der gemeinschaftlichen Leitung der auswärtigen Angelegenheiten, jedoch unter verschiedenen Formen. jRutzlaud. * Petersburg, 28. Januar. Bei dem gestrigen Gala- frühstück im Winterpalais, an dem auch die Kaiserin Alexandra und die Prinzessin Viktoria von Schleswig- Holstein teilnahmen, saßen neben der Kaiserin der deutsche Botschafter Fürst Radolin und der Generaladjutant Wan- nowsky, neben dem Kaiser die Prinzessin Viktoria von Schleswig-Holstein und die Hofdame Fürstin Galitzyn. Der Kaiser trank auf das Wohl des Kaisers Wilhelm. Serbien. * Wie die „Neue Freie Presse" uns Belgrad meldet, hat König Milan mit dem 27. d. das Oberkommando über die Armee angetreten und Vorstellungen der Truppenkomman- danten entgegcngenommen. Milan bezog das Komman danturgebäude in der Festung. Griechenland.' * Athen, 27. Januar. Der neue türkische Gesandte Rifaat Bai ist hier eingetroffen. Türket. ? * Konstantinopel, 28. Januar. Der wegen angeb licher revolutionärer Umtriebe verfolgte Kaukasier Dero- 247 yan ist nebst zwei Genoffen auf der Flucht in der Nähe von Wan erschossen worden. — Die Gerüchte von Un einigkeiten zwischen dem armenischen Patriarchen und Artin Pascha sind auf ältere, seither beigelegte Mein ungsverschiedenheiten zurückzuführen. — Die griechische Regierung ist eifrig bemüht, die Pforte zur Räumung einiger von den Türken besetzten nicht zu Thessalien gehör igen Orte unter Hinweis auf die Vertragöwidrigkeit dieser Occupatio» zu bewegen. — In dem Aildiz-Kiosk nahe stehenden Kreisen wird versichert, die Kandidatur des Prinzen Georg von Griechenland für den kretischen Gonverneurposten habe keine Aussicht auf Verwirklichung, da der Sultan nur der Ernennung eines türkischen Unter- thancn zustimmen werde. Der Sultan soll in diesem Sinne an den Kaiser von Rußland telegraphiert haben, allein die russische Botschaft hätte bisher ihre Bemühungen für die Kandidatur nicht aufgegeben. Dem „Daily Telegraph" wird aus Konstantinopel berichtet, in einer dem russischen Botschafter Sinowjeff überreichten Denkschrift erklärte der Sultan, er könne den Prinzen Georg von Griechenland nicht als Gouverneur von Kreta acceptieren, da dieser Vorschlag dem Willen der Nation widerstreite und auf die Annektierung Kretas durch Griechenland hinausliefe; aber zum Beweise seiner Hoch achtung für den Zaren bitte er (der Sultan) den Kaiser Nikolaus, einen türkischen Unterthan orthodoxen Glaubens für den Gouverneurposten vorzuschlagen. Der Zar habe hierauf den Sultan wissen laffen, daß er die Mitteilung des Sultans als Antwort auf seinen Vorschlag nicht an nehmen könne. Der französische BotschafterCamb on habe in der Audienz beim Sultan diesen dringend ersucht, die Kandidatur des Prinzen Georg gutzuheißen, sei aber den selben Argumenten wie Sinowjeff begegnet. Während Rußland, Frankreich und England die Kan didatur des Prinzen Georg protegieren, sind Deutschland und Oesterreich gegen die Kandidatur. Nach einer Meld ung der „Voss. Ztg " erklärte Gras Goluchowski dem türkischen Botschafter in Wien, der Kaiser wurde diesen Lösungsmodus beanstanden und De utschland würde sich Oesterreich an sch ließen, dem Sultan anzuraten, die Idee zu verwerfen, welche die Annexion Kretas einfach zu einer Frage der Zeit, ja zu einer Gewißheit in naher Zukunft machen würde. * Der „Standard" meldet aus Konstantinopel, der Kriegsminister habe die Weisung erhalten, achtzig Regimenter für den Dienst in R umelien bereit zu halten. Die Haltung der Bulgaren in Macedonjen errege Besorgnis bei der Pforte, die auch bereits Vorstellungen bei der bul garischen Regierung erhoben habe. Die „N. Fr. Pr." meldet aus Konstantinopel, daß Rußland ernste Vorstellung wegen der Kurdeneinfüllc in macedonischen Grenzdörfern erhob, unter Androhung mili- tärischcr Maßnahmen. Aficw. * P eking, 28. Januar. In der Befürchtung einer Be festigung des britischen Einflusses für den Fall, daß China die britischen Vorschläge anmmmt, bietet Rußland jetzt die Anleihe China zu den gleichen Bedingungen wie der britische Gesandte an. Die Ermordung des deutschen Matrosen Schultze fand, wie berichtet, auf einem Außenposteu bei Tsimo statt. Tsimo ist eine Ortschaft, welche nicht zu dem von China abgetretenen Gebiet gehört, sondern etwa 30 km nördlich von der Nordgrenze desselben gelegen ist. Danach scheint die deutsche Besatzung zur Zeit sich nicht aus das von China abgetretene Gebiet zu beschränken sondern auch noch Posten innerhalb der Zone ausgestellt zu haben, welche im Umkreis von 50 km der deutschen Besitzung gezogen ist, mit der Maßgabe, das; innerhalb dieser Zone China ohne Zustimmung Deutschlands Aenderungen nicht eintreten lassen darf. (Die im übrigen nicht sehr zuverlässigen „Central News" veröffentlichen aus Grund einer Meldung ans Shanghai nähere Einzelheiten über die Ermordung des Matrosen. Das Verbrechen wurde erst entdeckt, als drei Mann mit einem Korporal die Rundc machten, um don Wachtposten abzulüsen. Der Matrose lag enthauptet am Boden Die Ab- lösungsmannschaft wurde bald darauf von etwa hundert Eingeborenen angegriffen; obwohl sie sich tapfer verteidigten, sollen alle drei gelötet worden sein. Auf chinesischer Seite wurden zwölf Personen getötet. Infolge idieser Ausschreitung herrscht große Aufregung in Kiaotschaü.) Z rAfrtta. * Kairo, 27. Januar. Der Herzog von Sachscn- Coburg und Gotha ist heute hier eingettoffen. * Die „Morning Post" meldet aus Assiut, ägyptische Kanonenboote s«en kürzlich de» Nil hinauf bis zum 6. Katarakt vorgedrungen, dort aber durch Geschützfeuer der Derwische uud weil das Flußbett durch eine Anzahl quer über deu Nil gezogener Ketten gesperrt war, zur Umkehr ge zwungen worden. Der „Manch. Guardian" will erfahren haben, England habe sich die Neutralität des Negus Menelik von Abyssinicn im oberen Nilthal durch die Verpflichtung gesichert, Abyssinicn einen größeren Teil des Somalilandes abzutreten und ihm die Schutzherrschaft einschließlich Zeilas zu übertragen. Dies sei der Hauptzweck der Endung Ncnnell Rodds nach Addis-Abbeba gewesen. - Nach einer Meldung der „Times" aus Johannes burg wurde der Redakteur der „Johannesburg Times' unter der Anklage verhaftet, die Mitglieder des Aus- iührenden Rates durch die Behauptung beleidigt zu haben, laß einige von ihnen Geld von der Dynamitgcsellschaft er halten hätten. Amerika. * New - Aork, 28. Januar. Die Nationale Fabri kanten-Vereinigung veranstaltete gestern abend zu Ehren des Präsidenten Mac Kinley ein Festmahl. Max Kinley hielt eine Rede, in der er ausführte, er glaube, das Land werde die Handelsgebiete, die es zeitweilig ver loren habe, wiedergewinnen und auf die friedliche Erober ung neuer, größerer Gebiete ausgehen. Die nationale Po- itik könne die Industrie ermutigen, aber das Volk müsse irojektieren und die Projekte durchführen. Die Regierung ei in der Macht, die Industrie zu fördern, beschränkt. De, Präsident fuhr dann fort: „Wenn die Käufer nicht zu uns kommen, müssen wir zu ihnen gehen. Es ist unsere Pflicht, z dem amerikanischen Unternehmungsgeist Achtung bei allen Nationen zu verschaffen. Eine andere Pflicht ist, den Geld wert nach den strengsten Grundsätzen kaufmännischer An ständigkeit und nationaler Ehre zu regulieren. Das Geld der Vereinigten Staaten muß für alle Zeit untadlig und unangreifbar sein. Nichts darf uns je verlocken, die un verletzliche Schuld der Nation aus dem Wege gesetzlicher Kunstgriffe herabzudrücken. Die Vereinigten Staaten werden allen ihren Verpflichtungen in solchem Geld Nachkommen, das in der ganzen civilisierten Welt als das zur Zeit der Zahlung beste anerkannt wird. Es ist die Pflicht der Bürger, mit verdoppelter Anstrengung auf eine solche Fi- nanzgesetzgebung hinzuwirken, daß die ehrenwerten Absichten der Bürgerschaft über jeden Zweifel erhaben dastehen. Das Land hebt sich selbst empor aus bedrängter Lage und fängt an, sich von dem Druck zu erholen, der auf gewissen Ge schäftsgebieten ganz beispiellos war. Ich fürchte nicht, daß wir nicht mit der Zeil auS der lang anhaltenden Depression herauskommen werden; der Fortschritt wird langsam sein, man darf aber nicht ungeduldig sein." Der „Herald" erführt aus Panama, daß die Kommission für den Nicaraguakanal nach Washington telegraphiert hat, die Herstellung eines Kanals durch Nicaragua ließe sich mit einer Summe ausführen, die drei Viertel des Voranschlags nicht überschreiten würde. 4800 Arbeiter seien zu diesem Zwecke erforderlich. In Amerika hat sich bereits eine Ge sellschaft zur Anwerbung von Arbeitern gebildet. * Havanna, 28. Januar. Die spanischen Truppen griffen das Lager des Rcbcllenführcrs Arangureu an, der kürzlich den Oberstlieuteuant Rniz hat erschießen lassen, und vertrieben die Aufständischen nach kurzem Kampfe. Dabei wurde Arangureu getötet. Sein Leichnam wurde von den Truppen mitgenommen und nach Feststellung der Identität nach Ha vanna gebracht. * Nach offiziellen Berichten aus Havanna wurden bei den letzten Zusammenstößen 21 Aufständische getötet; 118 Aufständische haben sich unterworfen. Die Spanier ver loren 1 Toten und 22 Verwundete. Deutscher Reichstag. Berlin, 28. Januar, 2 Uhr; 27. Sitzung. Einge gangen sind die Gesetzentwürfe, belr. Abänderung der Kon- kursordnung. — Die Etatsberatung wird von dem wieder sehr schwach beschien Hause beim Reichsamt des Innern Kap. 12 „Reichsgesundheitsamt" fortgesetzt. Hierzu liegt der schon mitgeteilte Antrag des Abg. Mü ller-Sagan vor, betr. Einstellung von 30000 Mark für biologische Forschungen. — Abg. Oertel (Svc.) spricht von de» Gefahren, denen die Arbeiter in den Pinselfabrilen und den Rvßhaarspinnereien durch die Uebertragmig des Milzbrandes ausgesetzt sind. Der Staats sekretär hat im Vorjahre Abhilfe versprochen, geschehen ist aber so gut wie nichts Freilich sind Vorschriften ausgeärbeitei, aber die Unter nehmer haben sich gegen die Einführung dieser Vorschriften gesträubt, angeblich weil der Betrieb darunter leidet. Aber dies ist keineswegs der Fall. Die Arbeiter verlangen mit Recht, das; nicht nur das auslän dische, sondern auch das inländische Material desinsiziert wird. Ferner wird durch die Vorschriften bestimmt, daß die Fabrikräume in bestimmten Zeiträumen gründlich gereinigt und mit Kalkanstrich versehen werden. Auch hiergegen strauben sich ' die Unternehmer. Der Bundesrat möge daher schleunigst die Vorschriften erlassen. Auch aus die Heimarbeit der. Pinselarbeiter mus; die Behörde achten. Häufig wird in demselben Raum gearbeitet und geschlafen. Die Sache bietet freilich große Schwierigkeiten, muß aber im Interesse der Gesundheit der Arbeiter energischer als bisher in die Hand genommen werden. — Direktor des Rnchsgesnndheitsamts Geh. Rat Ko hier: Es ist dankbar anzuerkennen, daß der Vorredner hervorgehvben hat, daß die Frage mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Es ist ein Fortschritt, wenn jetzt diese Schwierigkeiten voll gewürdigt werden. Einer Ermunterung bedurfte weder das Gesundheitsamt, noch das Rcichsaml deS Innern. Seit über 10 Jahren schweben die Erwägungen. Die Sache ist aber in ein neues Stadium getreten, als sich ergab, daß in Fabriken, die tierische Haare und Borsten verarbeiten, trotz der Desinfektion Milzkrankheil hervor- gerusen wurde. Die Arbeitgeber habe» den Wunsch, nicht einem Desinfek- tivnszwang nnterworsen zn werden, durch welchen ihr Betrieb gcsährdet wird. Ein Entwurf von Vorschriften liegt den verbündeten Regier- nngen jetzt vvr. Bei den Verhandlungen über diese Vorschristen werden auch die Arbeitnehmer vertreten sein. — Abg. Beckh (Freis. Nolksp.): Es handelt sich hier um eine technisch sehr schwierige Sache. In Württemberg sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen getreten, um Maßnahmen zur Abhilse zu erwägen; beide sind aber zu dem Re sultat gekommen, daß mit den bisherigen Vorschlägen nichts zu machen ist. Der Vvrwurs des Abg. Oertel gegen die Unternehmer ist also durchaus ungerechtfertigt; denn die Arbeiter selbst haben zugegeben, daß bisher nur unausführbare Vorschläge gemacht seien. — Abg. Rettich (kons.) macht aus die Schäden aufmerksam, die die deutsche Landwirt schaft in den letzten Jahrzehnten durch die Maul- uud Klauenseuche erlitten hat. Am besten sei eine vollständige Grenzsperre. Leider sei, wenn auch in beschränktem Maße, noch immer in Oberschlesien die Ein- snhr russischer Schweine gestaltet, trotz der großen Seuchcngesahr. — Abg. Bj os fSoc.) weist ans die Verunreinigungen der Flüsse durch die Abwässer der Zuckerfabriken hin und führt einige besonders schlimme Fälle im Herzogtum Braunschweig an. — Direktor Köhler erklärt, es sei unmöglich, generelle Vorschriften zn erlassen, man müsse von Fall zu Fall vorgehen. — Abg. Gras zn Inn- und Klipphausen (kons.) empfiehlt strengste Grenzsperre gegen den Osten wie gegen den Westen. Die gesamte Landwirtschaft stehe hinter diesem Wunsche. — Direktor Köhler erwidert, daß die Wünsche des Vorredners voll gewürdigt würden. Die Durchführung der Grenzsperre liegt den verbündete» Re gierungen sehr am Herzen. Die Schweineeinfnhr auS Rußland ist nur uvch im Grcnzverkehr gestattet. Auch sobald iu Schweden die Maul- und Klauenseuche ausgebrocheu war, wurde die Grenze gesperrt. Ich Hosse, daß wir in der Bekämpfung der Seuche bald weiter kommen werden. — Abg. Or. Langerhans (Freis. Vp.): Wir haben wunder bare Erfahrungen gemacht mit den bisherigen Absperrungen. Die Maul- und Klauenseuche hat abgcuommen, zugenvmmen, wieder ab- genommcu und wieder zugenvmmen. Daher sollte man mit AbsperrungS- inaßregeln nicht zu weit vvrgehcu. Der Schritt, den wir erstreben, ist, das Reichsgcsundhcilsamt mit möglichst vielen Mitteln zum Studium des Wesens'dieser Krankheit und ihrer Bekämpsnng auszurüsten. Wir werden erst weiteren Entdeckungen entgegensehen müssen. Die Klugheit gebietet, sv viel als möglich zu unternehmen, um den Tieren die Ge sundheit zu erhalte», aber gehen Sie nicht so weit, daß Sie die Grenzen absperren. Wenn gesagt worden ist, die Tiere übertragen die Krankheit nicht allein, sondern die Menschen noch viel schlimmer, dann müßten wir uns überhaupt ganz gegen die Nachbarländer abspcrren. — Abg. 1)r. Hitze <Ctr.): Meine Fraktion ist gern bereit, dem Reichsgesund heitsamt Mittel zur Erforschung der Krankheit zu bewilligen. Ten Viehtreibern solle man eine Zwangsbuchführung aufcrlegen. Die Ab- perrung der einzelnen Ställe ist zwecklos. — Abg. Gras von Arnim Rp.): Das einzig Richtige ist doch, daß man die Vieheinfuhr verbietet. Alle, die die Versorgung des deutschen Marktes mit deutschem Vieh wünschen, müssen die Forderung der Landwirte aus Grenzsperre billigen. — Abg. Gras Stolberg (kons.) betont, die Quarantänen Helsen gar nichts, im Gegenteil habe Prosessor Koch sestgestellt, daß sie schädlich seien Also bleibe nur die vollkommene Sperre übrig. In England sei die Seuche nach der Absperrung ganz erloschen. — Direktor Köhler: Es ist richtig, daß England ;etzl seuchefrei ist. Dort hat man jedoch einzelne Stück Vieh abschlachten lassen, allerdings, indem »ran volle Entschädigung den Besitzern zahlte. (Hört! hört! rechts.) Bei uns ist das nicht möglich. - Abg. tir. Kruse (nl.) spricht sich gegen innere Quarantänen, aber für Sperrung der holländischen Grenze aus. — Abg. Nauck (Rpt.) macht der bayerischen Regierung den Vorwurf, daß sie die Maßnahmen gegen die Seuche nicht streng'genug handhabe. — Bayerischer Ministerialdirektor Herrmann weift diesen Vorwurf arück ; das in Bayern imponierte Vieh werde gründiichcr Untersuchung
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