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3277 wie erst zwei Tage vorher dem Müller Wagner auS PlieSkowitz, eben falls Strafe zuerkannt wurde. Die Hauptverhandlung gegen Acker mann brachte überhaupt die Tragödie zum Abschluß, zu welcher die fortgesetzten Diebereien der Plieskowitzer Hofearbeiter, über die wir schon in dem Wagner'schen Falle zu berichten hatten, den Anlaß gaben. Auch Ackermann'en wurde zur Last gelegt, daß er schon seit längerer Zeit von den Plieskowitzer Hofearbeitern Raps und anderes Getreide daS ihm meist in ganz kleinen Quantitäten gebracht wurde, angekauft oder eingetauscht habe, obschon er davon Kenntniß gehabt, daß dasselbe mittelst strafbarer Handlungen erlangt worden sei, daß er dies seines VortheilS wegen gethan, ja daß er diesen Handel sogar gewerb- und gewohnheitsmäßig betrieben habe. Ackermann, gegen den erst im October 1874 eriminal-polizeiliche Recherchen wegen Hehlerei vor dem Gerichtsamt Bautzen ergangen waren, von denen man annehmen konnte, daß sie ihm eine Mahnung zur Vorsicht und eine Warnung waren, mußte zwar bekennen, daß er in der angegebenen Weise von ihm an geblich unbekannten Arbeitsleuten im Winter von 1874 zu 1875 zu ost wiederholten Malen Getreide und RapS gekauft oder gegen die Producte der von ihm betriebenen HandelSmüllerei und der Bäckerei eingetauscht habe, er bestritt aber, daß er den unredlichen Erwerb Seiten der Veräußerer gewußt oder auch nur geahnt habe. Indessen das war insofern eine Unwahrheit, als diese Behauptung seine eigenen früheren Angaben Lügen straften. Bei seiner Vernehmung vor dem Gerichtsamt Bautzen am 25. Februar v. I. hatte nämlich Ackermann das ihm Schuldgegebene zunächst geleugnet. An demselben Tage ließ er sich jedoch vormelden und legte nunmehr freiwillig ein ziemlich um fassendes Geständniß ab, indem er bekannte, daß er seit Anfang oder Mitte Januar 1875 häufig von Männern oder Frauen, die in seine Mühle kamen, Rops in kleinen Quantitäten von einer halben Metze und mehr, im Ganzen aber mindestens 4 Scheffel gekauft oder ein getauscht und sich dabei gedacht habe, daß dieser RapS von den Leuten nicht auf redliche Weise erworben worden sein könne. Als Grund für diese Annahme führte er an, daß die Leute so ost gekommen seien und jedesmal nur kleine Quantitäten gebracht hätten. Weil er nun diesen Verdacht gehabt, habe er weitere Erwerbungen von RapS abgelehnt und die Leute fortgewiesen, so daß er bloS einen halben Monat lang Raps in der Ueberzeugung gekauft habe, daß derselbe gestohlen sei Diese Bekenntnisse hielt er auch in der wider ihn eingeleiteten Unter- suchung bei seiner Vernehmung am 11. März v. I. vor dem Unter suchungsrichter fest, indem er ihnen später noch beifügte, daß der einzige Verkäufer von Raps, den er gekannt, der Tagearbeiter Maiwald aus PUes- kowitz gewesen sei. Bereits am 23. März v. I. wurde Ackermann aus der Untersuchungshaft entlassen und dies hatte zur Folge, daß er von seinen Geständnissen später wieder zurück- und mit der Behauptung austrat, daß er dieselben der Wahrheit zuwider abgelegt, indem er niemals Raps in der bezeichneten Ueberzeugung gekauft habe, ja daß er sich sogar dazu verleiten ließ, in den „Bautzn. Nachr." vom 25. April und vom 1. Mai 1875 mit fetter Schrift eine Bekanntmachung zu ver öffentlichen, „daß er stets alle Sorten Getreide in ganz kleinen wie in größeren Quantitäten ankause oder auch eintausche". Der Grund, den er dafür angab, daß er gegen die Wahrheit eine strafbare Handlung zugestanden habe, die nothwendig für ihn Strafe zur Folge haben mußte, trug jedoch den Stempel der Unglaubwürdigkeit an sich, ebenso wie die Rechtfertigung, die er in Betreff dieser in hohem Grade auf fälligen Annonce unternahm. Aber auch noch andere Angaben, die Ackermann im weiteren Verlause der gegen ihn eingeleiteten Unter- suchung gemacht hatte, stimmten nicht mit der Wahrheit überein. So hatte er am 11. März v. I. versichert, daß er den gesammten Raps Anfang Januar an Getreidehändler der hiesigen Stadt verkauft habe. DieS war aber nicht wahr. Denn es wurde ermittelt und auch durch die eigenen Geschäftsbücher Ackermann's festgestellt, daß er beieits am 19. December 1874 3 Sack Raps und am 30. Januar 1875 14 Sack Raps an den Oelmühlenbesitzer Gruhl in Georgewitz verkauft hatte. Auch die Aussage seines Mühlburschen Hussack mußte Ackermann einiger maßen belasten. Nach der Angabe des Letzteren war auch er in Folge des häufigen Wiederkommens jener Leute zu der Ueberzeugung gelangt, daß dieselben das von ihnen gebrachte Getreide gestohlen, und es hatte, als der Tagelöhner Maiwald Ende Januar 1875 seinem Dienstherr« RapS gebracht, der Letztere geäußert, daß er diesen RapS zwar noch nehmen wolle, daß aber Maiwald keinen mehr bringen solle. Freilich vermochte Hussack in der Hauptverhandlung selbst diese seine frühere Aussage nicht mehr mit Bestimmtheit aufrecht zu erhalten, insbesondere nicht in Betreff der Zeit dieses Vorgang-, da ihm dieS mit Rücksicht auf die Länge der Zett aus dem Gedächtntß entschwunden war. DieS war aber insofern von besonderer Bedeutung, als die Aussagen der sechs Plieskowitzer Hofearbeiter, welche als Zeugen auftraten und die früher den Verkauf von Getreide, insbesondere von RapS, an Acker mann behauptet hatten, so schwankend und voller Widersprüche waren, daß man auf ihre Aussage, selbst wenn sie von ihnen beeidet worden wäre, dennoch nichts hätte geben können und deshalb sich die Ueberzeugung aufdrängte, daß wenigstens einige von ihnen, der Wahrheit die Ehre zu geben, geradezu Bedenken trügen. Bei dieser Sachlage und in Er mangelung weiterer durchschlagender Verdachtsgründe konnte man sich nur an das von Ackermann abgelegte Geständniß halten, dessen Glaub haftigkeit sich füglich nicht bezweifeln ließ. Allein da das Letztere sich nicht über die Person der Verkäufer verbreitete, konnte man trotz der hohen Wahrscheinlichkeit, die dafür sprach, dennoch nicht für erwiesen halten, daß diejenigen Quantitäten RapS, welche Ackermann geständlich innerhalb eines halben MonatS im Januar 1875 in der Ueberzeug ung gekauft hatte, daß sie auf redliche Weise nicht erworben worden seien, von ihm gerade den Plieskowitzer Hofearbeitern abgekauft worden seien. Wenn aber dies nicht als erwiesen angesehen werden konnte, so durste man auch zu Gunsten deS Angeklagten die Möglichkeit nicht für ausgeschlossen erachten, daß er den RapS von anderen Personen erkauft habe und dafür, daß diese Verkäufer den Raps gestohlen oder sonst mittels einer strafbaren Handlung erlangt hatten, gebrach es an allem und jedem Beweise. Dieser Umstand war aus dem Grunde von durchschlagender Bedeutung, weil daS Strafgesetzbuch zum That- bestand der Hehlerei erfordert, nicht bloS, daß der Hehler Kenntniß ge habt oder doch wenigstens die Ueberzeugung davon gewonnen habe, daß die von ihm erworbene Sache mittels einer strafbaren Handlung von seinem Vormann erlangt worden sei, sondern auch, daß das Letztere wirklich der Fall ist, weil also objectiv der Nachweis erheischt wird, daß der Vormann des Hehlers, beziehendlich auch deren Vormänner, durch ein Delict in den Besitz der Sache gelangt seien. Und an diesem Nachweise fehlte eS eben. Auf Grund dieser Erwägungen vermochte der Gerichtshof den Ausführungen der königlichen Staatsanwaltschaft, welche für Bejahung der Schuldfrage plaidirte, nicht seinen Beifall zu schenken, mußte vielmehr dem Anträge der Vertheidigung gemäß die Schuldfrage verneinen und eS erfolgte deshalb die Klagfrei- sprechung Ackermann's. Als Gerichtsschöffen wirkten mit: die Herren Kaufmann Jacob, Kaufmann Mattheis, Kaufmann Schanze und Kaufmann Niecksch allerseits von hier. Die königliche Staats anwaltschaft vertrat Herr Staatsanwalt Petri, die Vertheidigung aber Herr Advocat Mosig v. Aehrenfeld aus Löbau. Vermischtes — Dresden, 30. November. (Pr.) In letzter Nacht ist hier in der Farbeholzmühle de» Kaufmann Matthä- auf der Blumenstkaße Feuer zum Au-bruch gekommen, welche- jedoch auf da« eine Fabrikgebäude beschränkt blieb. Die in demselben vorhandenen Maschinen find stark beschädigt worden. Der Gesammtverlust soll über 30,000 betragen. — Berlin, 27. Novbr. Gestern gegen Abend fand in der hiesigen Bartholomäuskirche zwischen den Taufhandlungen und dem AbendgotteSdienst eine Gasexplosion aus noch nicht ermittelten Ursachen Statt, wobei die Kirche und deren Fenster zum Theil stark beschädigt wurden. Ein Glück, daß das Unglück nicht früher oder später erfolgte. Dessenungeachtet ist der Tod einer älteren Witwe zu beklagen, die gerade, als eine schwere Eichenthür zertrümmert wurde, in die Kirche eintreten wollte und so furchtbar verletzt wurde, daß sie nach kurzer Zeit ihren Geist aufgab. — Solingen, 26. November. Eine Säbel-Lieferung von 36,000 Stück ist,'laut der „Ess. Ztz", von der königl. sächsischen Re gierung hier in Auftrag gegeben und soll in einigen Monaten au-geführt werden. Drei Fabricanten übernehmen die Lieferung. — Am Montag war Hamburg der Schauplatz einer Schreckens- cene. Ein in der dritten Etage eines Hauses wohnhafter Schneider gericth mit seiner Frau in einen heftigen Streit, welcher Seiten des Ehemannes zu Thatlichkeiten ausartete. In seiner unbändigen Wuth ergriff er sodann seine Frau und schleuderte sie durch da- offenstehende Fenster auf die Straße hinab, nfolge dessen die Arme sofort ihren Tod fand. Er stürzte dann wie wahn innig die Treppen hinab, kehrte jedoch sofort wieder um, als er vor der Haus- hür Polizeiwächter erblickte. Er eilte auf den Boden des Hause- und schloß die Thür hinter sich ab. Als sich nun die Polizeiwächter anschickten, durch den Boden des Nebenhause- in den verschlossenen zu gelangen, und der Schneid«