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2681 punkt liegt allerdings in den SectionSverhandlungen. Doch ist für die deutschen Vertreter die Sache dadurch sehr erschwert, daß die An wendung der französischen Sprache Regel und Notwendigkeit geworden ist, weil es sonst nicht möglich ist, die Aufmerksamkeit des Auditoriums zu fesseln. Auch leiden die bisher erfolgten Publicationen in der Presse ganz erheblich darunter. Die Reden der deutschen Redner sind meist unvollständig und unrichtig, oft aber auch gar nicht wiedcrgegeben. Doch wird die spätere Veröffentlichung der stenographischen Nieder schriften hier Äbhilse schaffen. Beschlüsse und Resolutionen werden be kanntlich weder in den Sectionen noch in den öffentlichen Sitzungen gefaßt, so daß allein in dem Inhalte der Debatte und in der Moti- virung der verschiedenen Reden das Resultat der Verhandlungen zu finden seist wird. Freitag, den 29., Nachmittags, hielt Generalarzt vr. Noth einen von sämmtlichen auf dem Congresse anwesenden ärzt lichen Autoritäten Deutschlands besuchten, höchst interessanten Vortrag itt der Ausstellung selbst über die neuen Casernirungsanlagen in Dresden, und über die hierbei getroffenen Ventilationseinrichtungen. Der Vortrag erhielt in der Vorzeigung der ausgestellten Pläne des Kriegsministeriums entsprechende Erläuterung. — Sonnabend, den 30. Septbr., erläuterte Oberstabsarzt vr. Friedrich aus München die Einrichtungen und die Organisation der von ihm im Auftrage des bayerischen Kriegsministeriums unter Zuziehung des Landcshilssvereines hcrgesteüün Lazarethzuges. — Am 28. fand ein Diner am tönigü Hofe statt, zu dem die Präsidenten und die Sectionspräsidentcn Ein- ladungen erhalten hatten, von Seiten Sachsens Generalarzt vr. Roth und geh. Medicinalrath vr. Günther. Heute findet ein zweites Diner statt, zu welchem ca. 50 Mitglieder des Congresfes Einladungen er halten haben; von den sächsischen Mitgliedern: RegierungSrath von Criegern und Oberstabsarzt vr. Fröhlich. Niederlande. Amsterdam, 28. Septbr. (K. Z.) In der gestrigen Sitzung des Stadtraths erklärte der Bürgermeister auf eine Interpellation, daß er, Bürgermeister, und Beigeordnete beschlossen hätten, eine Unter suchung nach den bei den Straße nun ruhen vorgekommenen Gewalt- thätigkeiten des Militairs und der Polizei nicht anzustrengen. Die Behörden scheinen beim Anfang der Unruhen den Kopf verloren gehabt zu haben, weßbalb eine Untersuchung ihnen ritt sehr angenehm sein kann; aber die Bürgerschaft Amsterdams wird sich schwerlich in dieser Weise zufriedenstellen lassen. Eine Petition, vom Arbeiterverein an den König gerichtet, verlangt indirect Absetzung des Bürger- Meisters. Frankreich. Paris, 30. Sept. Im Park von Satnt - Eloud, nahe bei dem an Ville d'Avray grenzenden Gitter, befand sich bisher ein kleiner Fried hof von etwa zwanzig Grabhügeln, deren einige mit Marmordenkmälern geschmückt sind. Dort ruhen achtzehn deutsche Offiziere und Unteroffiziere, die fast fämmtlich der Artillerie angehörend und an der von ihnen nahe dabei errichteten Batterie getödtet worden sind. Unter zwei anderen Gräbern ruhen Franzosen und ihre Kreuze find beständig mit frischen Kränzen und Blumen bedeckt. Dieser an einer ungünstigen Stelle gelegene Friedhof ist jetzt verschwunden. Am Dienstag wurden die Reste, welche er barg, unter der Leitung deS Polizeicommissars von Saint-Cloud ausgegraben und in Särgen nach dem neuen Gottesacker von Saint-Cloud übertragen. Jeder Sarg empfing eine Nummer, die gleichzeitig an dem entsprechenden Grabstein vermerkt wurde, so daß die Identität der neue» Gräber vollkommen gesichert ist. Es kam indeß vor, daß man in einem Grabe, welches den Namen eines Franzosen trug, einen preußischen Jäger und daneben umgekehrt in einem angeblich deutschen Grabe einen französischen In fanteristen fand. Die Leichen trugen sämmtlich ihre Uniformen, die noch ziemlich gut erhalten waren. — Die clericalen Blätter beschäftigen sich viel mit dem Pilg er- zug aus Montauban, von wo mehr als dreitausend nach Lourdes gezogen sind. Der Bischof von Montauban führte selbst den Zug an. Grotzbritannlen. London, 30. Septbr. Der mit der Einrichtung eines großen Meetings im Hydepark beauftragte Ausschuß hielt eine Sitzung, in der Lord Derby's Antwort an. die am Mittag von ihm empfangene Deputation verlest» ward. Danach faßt die Versammlung den Be schluß, „daß diese? Meeting, aus der Rede Earl Derby's erkennend, daß die jetzige Negierung der Selbstständigkeit der türkischen Pro vinzen deutlich entgegen sei, kein Vertrauen habe, die an Sir Henry Elliot ergangenen Anweisungen würden sich befriedigend erweisen." Ferner ward beschlossen, daß das Meeting im Hydepark am Sonntag, den 8. Oclober, Nachmittags, gehalten werden soll ohne Bänder und Banner usid mit Vermeidung alles dessen, waS daS religiöse Gefühl! stören könnte. Türkei. Die Stimmung in Konstantinopel scheint nach Meldungen von dort wirklich eine erregte zu sein. Man hört, daß sowohl der Großvezier als auch andere Mitglieder des Divans Drohbriefe er halten haben. Die „Times" enthalten folgende Bemerkung: „Mehemed Ruschdi (der jetzige Großvezier), obschon ein erleuchteter und sehr ehreuwehrter Staatsmann, ist ganz gegen die Reformen, welche die Christen auf gleichen Fuß mit ihren Mitunterthanen stellen würden, und so lange er allein Gehör beim Sultan findet, läßt sich durchaus keine Aussöhnung zwischen de» verschiedenen Raren und Glaubens bekenntnissen erwarten." Serbien. Folgendes ist der Wortlaut der an alle Völker Euro- pa's gerichteten Adresse Seitens der Skupschtina: „An das russische Volk und alle diejenigen Nationalitäten, welche dem ser bischen Volke in seinem Befreiungskämpfe und bei der Vereinigung des Serben thums behilflich sind. Sonderbare Ideen, sonderbare — walten in der Welt. Wohin sich der Mensch wendet, dort waltet die Speculation- Die menschliche Gesellschaft hat sich in Staaten gethcilt, und die Staaten befolgen für sich poli tische Principicn und Speculationen Die Staatsmänner und Politiker handeln theils aus Egoismus, theils aus politischen Interessen, theils wegen des Gleich gewichtes u. s. w. Wohin sich der Mensch wendet, überall stößt er auf Wider stand. Leider trägt in diesen Kämpfen größtentheils die Gewalt den Sieg davon. Wo die Gewalt herrscht, dort eristirt kein Recht. Vor der Gewalt weichen die Gesetze. Es existirt keine Ehre, keine Einheit, keine Gesellschaft. Wo die Gewalt herrscht, dort waltet nur Anomalie. Dies bestätigt die ganze gebildete Welt. Dies lehrt die Wissenschaft. Aber in der Praxis und nach der Erfahrung ist es anders. Unser Volk duldet fünf Jahrhunderte, und Niemand hört seinen Schrei. Unser Volk ist niedriger gestellt als das Thier, zersplittert nach hundert Seiten, actheilt unter mehrere Staaten, und Niemand hilft ihm. Mit dem unschuldigen Blute unserer Vorfahren ist die ganze Erde getränkt. Mit den Gebeinen unserer heldenmüthigen Ahnen ist die Erde überfüllt. Wo nur ein Mensch steht, dort er heben sich aus dem Boden Hcldenstimmen, doch Europa hört sie nicht. Unser Volk steht nicht auf, um sich zu vergrößern, sondern um sich zu befreien. Unser Volk steht auf gegen türkische Gewalt und Barbarei: nicht aus Ehrgeiz, noch aus Speculation, sondern für die Idee, welche jedem Menschen ein Heistgthum sein muß. Unser Volk ist aufgestanden, um seine Brüder von der Gewalt und schnö den Angriffen zu befreien und sie in die Reihen der Menschen zu stellen. Eben so viel als unsere Idee serbisch ist, eben so ist selbe menschlich. Die ganze civili- sirte Welt ist aufgerufen, am Kampfe für diese Idee theilzunehmen, denn selbe ist ein Gemeingut. Auf diesem Wege ist Serbien in eine schwierige Lage ge kommen. Serbien kam in den Kampf, aus welchem eS mit Gottes Hilfe mit Ehre und Ruhm hervorgehen wird, und wenn es fällt, so wird es zur Schmach für europäische Civilisation ewig gefeiert werden. Auf diesem Wege, in diesem Kampfe nahmen zu unserem größten Leidwesen die europäischen Mächte anstatt activen nur passiven Antheil. Das Blut der Märtyrer raucht auf allen Seiten. Es wird unbarmherzig gemordet. Es werden Weiber und Mädchen ent ehrt, Kinder und Weiber werden getödtet, Menschen werden gepfählt, Sclaven gemacht; es wird geplündert und gebrannt, mit Einem Worte, aus Menschen sind Thiere gemacht worden. Die Regierungen beschäftigen sich mit Politik, und unter dessen werden die Länder zu Puszten. Aber zum Glücke und zur Ehre der Menschheit und der heutigen Civilisation sehen wir, daß es Völker giebt, welche auf anderen Wegen wandeln, und zwar auf den Wegen der Gesellschaft, der Menschlichkeit; auf den Wegen, welche mit unseren gleich sind. Auf allen Seiten werden Vereine gegründet, Meetings abgehalten und Beiträge zu Gunsten unserer unterdrückten Brüder gesammelt. Von allen Seiten eilen Leute herbei, helfen uns mit Geld und anderen Mitteln, stürzen sich in Gefahren und opfern das Leben. In der ersten Reihe dieser Kämpfer stehen unsere russischen Brüder, welche uns sowohl mit Geld, als auch physisch unterstützen. Von Tag zu Tag kommen sie von den äußersten Grenzen und eilen in unser LaNd- Sie verlassen Hab und Gut und Familie, begeben sich in Gefahr, wagen das Leben, und ihre Gebeine bleichen bereits für die Ehre Serbiens Nach ihnen kommen die Engländer, die Deutschen, Schweizer, Italiener, Franzosen, Portugiesen, Czechen, Amerikaner u. s. w., welche ihren hennathlichen Herd verlassen und von weiter Ferne kommen, uns zu helfen. Diesen Kämpfern und Helfern für die Menschen-Idee spricht der Skupschtina-Ausschuß als gesetzgebender Körper seinen Dank aus und begrüßt sie als geborne Brüder. So lange Serbien besteht, werden sie gefeiert werden. Zu ihnen wird stets das Volk stehen und sich würdig zeigen der europäischen Civili- sation und Gesellschaft. Das Blut, welches für unser Volk vergossen wird, wird hundertfach vergütet werden " (Folgen fünfundzwanzig Unterschriften.) Aften. sRussische Gräuelthaten.j In einem sehr zeitgemäß jetzt veröffentlichte» Berichte des amerikanischen LegatiönS - SMetairS Schuyler i» Konstantinopel, der Turkestan, Kokanv, Bokhara und Kuldscha, also die sämmtlichen von Rußland im Zause der letzten Jahr zehnte eroberten Länder Central-Asiens, bereiste urtd einen TM der