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1331 ltenische Fregatten und eine französische Corvette an demselben Tage etngelaufen. Die Stadt wurde militairisch besetzt und die außer ordentlichen Commissare der Pforte vereinigten sich im Konak deS Gouverneurs mit den Delegtrten von Deutschland und Frankreich, sowie den Konsuln von England und Italien. ES wurden sodann die Befehle zur Verhaftung der compromittirten Personen auSgetheilt und im Laufe des Tages 36 Individuen ergriffen und an Bord der türkischen Panzerfregatte gebracht. Die Arrestationen verliefen ohne jede Ruhestörung. Am 14. sollten weitere Verhaftungen vorgenommen werden. (Vergl. Tel. Corr.) Der Körper des ermordeten Consul Abbot ist einstweilen in eine Kirche, in der Nähe des deutschen Con- sulats, gebracht worden, bis die feierliche Beisetzung stattfinden kann — Aus Konstantinopel sind in den letzten Tagen keine beun ruhigenden Nachrichten eingegangen. — 6 sAus dem Landtage.) In der heutigen Sitzung der Herrenhauses, welcher Biceprästdent v. Bernuth prästdirte, wurde zunächst über die geschäftliche Behandlung der eingegangenen Vorlagen Verfügung getroffen. Auf den Antrag des CanzlerS von Goßler beschloß das Haus die zweimalige Berathung des Reichs eisenbahngesetzes im Plenum. Die Personalveränderungen, welche seit der letzten Sitzung eingetreten find, wurden zur Kenntntß genommen. Hierauf wurde die Tagesordnung, aus welcher sich nur ziemlich unter geordnete Gegenstände befanden, rasch erledigt. — Nach Erschöpfung der Tagesordnung beklagt sich noch Fürst Putbus, unter allseitiger Zustimmung des HauseS, über die Art und Weise, in der die Staats regierung die Vorlagen den Häusern des Landtages zutheile. Das Abgeordnetenhaus werde mit Arbeiten überbürdet, während dem Herren haus der Stoff mangele, um Sitzungen abhalten zu können. Das Präsidium wird die Wünsche des Hauses der Staatsregierung wieder holt zur Kenntniß bringen. — Nächste Sitzung Donnerstag (Berathung der ReichSeisenbahnvorlage). Im Abgeordnetenhause wurden heute die Ablösung von Holzabgaben an Kirchen und Schulen im Regierungsbezirke Cassel und die Beseitigung einzelner kirchlicher Abgaben und Leistungen für Schulzwecke in dritter Lesung genehmigt. — Der Gesetzentwurf, betr. Ablösung von Servituten in Hessen, wurde ohne Debatte der Agrar commission überwiesen. — Der nächste Gegenstand der Tagesordnung: die Umwandlung des Zeughauses in eine Ruhmeshalle, gab erst An laß zu einer Discusston, an welcher sich die Abgg. Windthorst (Bielefeld und Meppen) und v. Gerlach betheiligten. Der Abg. Windthorst (Bielefeld) betonte den finanziellen Punkt, unter den gegen wärtigen wirthschaftlichen Verhältnissen räth er ab, die geforderte Summe zu bewilligen. Von den gleichen Gesichtspunkten ausgehend, kündete der Abg. Windthorst (Meppen) eine Interpellation über das Nothstandsgesetz an. Der Abg. v. Gerlach jedoch findet an dem Finanzpunkte keinen Anstoß, der Schmerz aber über die Feldzüge von 1866 und 1870 und deren Folgen macht es ihm unmöglich, für den Gesetzentwurf zu stimmen. Danach wurde die Vorlage der Budget commission überwiesen. — Auch der Gesetzentwurf, betr. die Ge schäftssprache der Beamten, Behörden und politischen Körperschaften, wurde mit nur geringer Veränderung ohne erhebliche Debatte nach den Beschlüssen der zweiten Lesung genehmigt. — Den Schluß der Tagesordnung bildete das Gesetz, betr. die Aufsichtsrechte des Staates bei der Vermögensverwaltung in den katholischen Diö- cesen, dessen dritte Berathung einen so leidenschaftlichen Culturkampf im Hause hervorrief, wie er je im Hause gehört worden ist. — Die Generaldiscussion eröffnete Abg. Frhr. v. Schor lern er-Alst. Sein Hauptbeweis zielte daraus ab, daß in seiner Partei noch nicht die geringste Ermattung eingetreten fei. Er selbst habe immer die äußerste Grenze des Erlaubten erreicht und werde im Bekämpfen der Gegner fernerhin noch weitergehen, wenn es ihm der Präsident ge statte. Unter den Gefahren, welche seiner Ansicht nach den Lide- ralismus, welcher unterliegen müsse, bedrohen, nennt er auch die eisenbeschlagenen Schaaren der Agrarier. — Abgeordneter Wehren- psennig entgegnete, daß man mit den Maigesetzen den katholischen Clems nur habe unter das Gesetz stellen, vor Willkür schützen und nationaler Bildung nahe bringen wollen. WaS die Agrarier anlange, so repräsentirten diese Classeninteressen, wie daS Centrum den Aberglauben. Das deutsche Bürgerthum, welches den Liberalismus repräsentire, brauche diese aber nicht zu fürchten, denn es habe bisher Bildung und Freiheit über alle diese Klippen hinweggeführt. — Der Abg. Windthorst (Meppen) nahm die römische Kirche in Schutz und konnte die Bemerkung nicht unterdrücken, daß es besser sei, man käme von Sedan auf Jena zurück. — Das Gesetz wurde schließ lich mit 230 gegen 92 Stimmen in der Fassung der zweiten Lesung ohne Aenderung angenommen und die Sitzung auf morgen vertagt. — Die Commission des Herrenhauses, welche die Syno dalordnung beräth, arbeitet rüstig und wird jedenfalls noch einige Verbesserungen anbringen. Wie der „Reichsbote" hört, soll die Re gierung nicht abgeneigt sein, den Beschluß des Abgeordnetenhauses, wonach die Kirche gar nicht mehr bei Anstellung theologischer Professoren gefragt werden soll, fallen zu lassen. Die meisten Verbesserungsanträge gehen darauf hinaus, die Freiheit und Selbstständigkeit der Kirche mehr zur Wahrheit werden zu lassen, und sie von der allzu großen staat lichen Abhängigkeit, in welche sie die Beschlüsse des liberalen Ab geordnetenhauses bringen würden, wieder etwas zu entlasten. Die liberalen Blätter sind sehr ungehalten über das Herrenhaus, daß es sich untersteht, an den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses zu rütteln. — Die Bereitwilligkeit der Majorität des Abgeordnetenhauses, dem Gesetzentwurf über die Umwandelung des Berliner Zeughauses in eine Ruhmeshalle sür die preußische Armee zuzustimmen, dürfte nach dem Ausfall der ersten Lesung nicht mehr in Zweifel zu ziehen sein. Nur die Fortschrittspartei und die Polen widerstreben dem Entwurf unbedingt. Das Centrum verstärkt die Zahl der Gegner wahrscheinlich; aber es hat sein letztes Wort noch nicht abgeben wollen. Die nationalliberale Fraction und die Fractionen der Rechten sind entschlossen, die geforderten 6 Millionen Mark zu bewilligen, zumal die Verausgabung dieser Summe auf eine Reihe von Jahren sich vertheilt. Möglich könnte sein, daß der Titel deS Gesetzentwurfs eine Aenderung erfährt; man dürfte beantragen, entgegen den Vorschlägen ,er Staatsregierung, nur die Worte: „eine Ruhmeshalle für die preu- jische Armee" in den Titel aufzunehmen. Im Weiteren, so hört man, werden wahrscheinlich die in der Vorlage stehenden Worte „preußische Nation" schlechtweg durch das Wort „Preußen" ersetzt werden. — Wie der „Magdeb. Ztg." von „unterrichteter Seite" angedeutet wird, wird die Staatsregierung vielleicht gar keinen Gesetz entwurf wegen Entschädigung der durch Hochwasser ge schädigten preußischen Distrtcte vorlegen. Ein definitiver Entschluß soll zwar noch nicht gefaßt sein, allein die bisherigen Erhebungen sollen die Ueberzeugung begründet haben, daß die provinziellen Fonds zur Entschädigung um so mehr auSreichen, als durch die Privatwohlthätig- keit bereits viel geschehen wäre, um dem dringendsten Nothstande ab zuhelfen. Breslau, 14. Mai. Die Fonds der St. Elisabeth-Capelle in der hiesigen Kathedrale sind, wie die „Schles. Volksztg." meldet, am H.d. M. früh durch den Staatscommissar, RegierungSrath von Schuckmann, mit Beschlag belegt worden. Aus den betreffenden Fonds erfolgt die Unterhaltung der vier an der genannten Capelle an gestellten Beneficiaten. Unter dem üblichen Protest fand die Uebergabe der Fonds statt. Oesterreich. Wien, 14. Mai. (Boh.) Der Kaiser ist heute nach Pesth abgereist und wird daselb.'t für die ganze Dauer der Delegations- Verhandlungen verweilen. Dies ist auch der Grund, weshalb Graf And rassy, abgesehen von der Nothwendigkeit seiner Anwesenheit in Pesth bei der officiellen Vorstellung der Delegationen, von Berlin, ohne Wien zu berühren, direct nach Pesth sich begiebt, um dem Kaiser dort über die Berliner Conferenzen eingehenden Bericht zu er statten. — Auch in der diesseitigen Reichshälfte regen sich jetzt Stimmen gegen den Ausgleich. Der Fortschrittsverein in Wiener Neustadt hat seiner Unzufriedenheit damit in einer Resolution Aus druck gegeben. — Vor dem nächsten Schwurgerichte wird u. A. ein hiesiger Antiquitätenhändler erscheinen. Derselbe ist angeklagt, eine ihm zur Anfertigung von Copieen übergebene Anzahl werthvoller Gegenstände aus den Sammlungen deS Herzogs von Mondena (einen Ritter schild und einen römischen Helm, je zu 5000 Fl. veranschlagt, so wie ein Paar Steigbügel im Werthe von 500 Fl.) zurückbehalten bez. veräußert und statt der Originale die angefertigten Copieen zurück- geliefert zu haben. Schweiz. Eine in Olten abgehaltene Volksversammlung beschloß, von den kompetenten Behörden die Entfernung der Cap uz iner aus