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Sonderrecht oder Strafgesetzbuch? Die Plädoyers im Stinnes-Prozeß. . 3m Stinnes-Prozeß machte der Verteidiger Schneids, Rechtsanwalt Waldeck, am Freitag eine be merkenswerte RechtsausstlHrung, indem er auf eine vor wenige" Tagen ergangene Reichsgerichtsentscheidung des dritten Strafsenat- in einem Spritschiederprozeh verwies. Nach dieser Entscheidung darf nicht der Be trugsparagraph des Strafgesetzbuches, sondern der Paragraph 119 des Branntweinmonopolgesetzes An wendung finden. Diese Entscheidung sei auch für die Angeklagten in diesem Prozeß von ausschlaggebender Bedeutung, weil in der Entscheidung betont werde, daß das Monopolgesetz ein Sonderstrafrecht darstelle. Auch beim Anleiheablösungsgesetz dürfe nicht der Betrugs paragraph des Strafgesetzbuches Anwendung finden, sondern nur der Paragraph 56, der eine Ordnungs strafe vorsähe. Im übrigen brachten die Verteidiger- Plädoyers bisher keine Ueberraschungen. Justizrat Davidson beantragte am Freitag für den Angeklagten Nothmann Freisprechung. Bei dicht gefülltem Zuhörerraum und unter all gemeiner Spannung nahm nach einer Pause dann Rechtsanwalt Dr. Alsberg-Berlin zu seiner Vertei digungsrede des Hauptangeklagten Hugo Stinnes das Wort. Er begann sein Plädoyer mit lebhaften An griffen gegen die Voruntersuchung. Auch die Staats anwaltschaft sei davon überzeugt, daß man dieses Ver fahren im wesentlichen nur deshalb gemacht habe, weil man eine Persönlichkeit fassen zu können glaubte, dis den Glanz eines großen Namens habe. Dr. Alsberg wird am Sonnabend sein Plädoyer fortsetzen. Am Montag folgen dann die Antworten der Staatsanwaltschaft und später die der Verteidiger. Mit dem Urteil ist nicht vor Ende der nächsten Woche, vielleicht sogar erst am Montag der übernächsten Woche zu re chn en. öchmmans Glückwünsche für „Reinen" Ei« Telegrammwechsel. Der amerikanische Botschafter in Berlin, Dr. Schurman, telegraphierte anläßlich der Jungfernreise der „Bremen" an Präsident Heineken vom Norddeut schen Lloyd: „Ich möchte Ihnen gratulieren zu der glücklichen Fahrt der „Bremen" und Ihnen meine besten Wünsche zu der Jungfernreis« übersenden. Möge das große neue Schiff als neues Mittel sich erweisen, unsere beiden Völker durch Handel und Verkehr und insbesondere in persönlicher Fühlungnahme und im geschäftlichen Verkehr, in gegenseitigem Verstehen und gegenseitiger Würdigung einander näher zu bringen. Schurman, Botschafter." Präsident Heineken erwiderte darauf telegraphisch von Bord der „Bremen" folgendes: „Empfangen Sie meinen wärmsten Dank für Ihre so gütige Botschaft, die ein neuer Beweis der großen Freundschaft ist, welche Sie uns bei der Taufe unseres Dampfers „Europa" im vergangenen August zeigten. Ich hoffe aufrichtig, daß die Wünsche, die Sie in dieser Botschaft zum Ausdruck brachten, sich erfüllen, und daß die Beziehungen zwischen unseren beiden Län dern sich weiter verstärken werden, gez. Heineken, Zie genbein." Deutsches Reich. — Berlin, den 2g. Juli 1929. ° Ein eigenes kommunalPolittscheS Organ der Landvolk-Partei. Die christlich-nationale Bauern- und Landvolk-Partei, die an der Kommunalpolitik und dem kommunalen Leben auf dem Lande besonders stark interessiert ist, besitzt jetzt ein eigenes kommunalpoli tisches Organ. Es ist ihr gelungen, den „Landbürger", der als kommunalpolitisches Aufklärungsorgan sich be reits auf dem Lande großer Beliebtheit erfreut, zum offiziellen Sprachrohr der Partei zu machen. 0 Uobertritt d«s Kreislandbundes Torgau zur Landvolk-Partei. Der Kreislandbund Torgau hielt eine Versammlung seines Hauptvorstandes, der Orts gruppenvorsitzenden und Vertrauensleute in Torgau ab, in der der Vorsitzende des Kreislandbundes, Land- ral a. D. Dr. Gereke, M. d. RWR., über dis wirtschaftliche und politische Lage sprach und im An schluß daran seinen Uebertritt zur christlich-nationalen Bauern- und Landvolk-Partei begründete. Diesem Schritt schlossen sich der Gesamtvorstand und die Ver trauensleute an. * ° Berlin. Der Reichspräsident von Hindenburg hat sich nach der Schorfheide begeben, wo er in dem dortigen Jagd haus das Wochenende verbringen will. Anfang der Woche kehrt der Reichspräsident wieder in sein Berliner Palais zurück. ° Berlin. Am 22. Juli begeht der Präsident des Deutschen Ostbundes, Geheimer Regierungsrat Karl-August Schmid-Berlin, seinen 60. Geburtstag. Auslands-Rundschau. Ein Polnischer Ministerrat in Biarritz? Dem „Paris Midi" zufolge wird dieser Tags kn Biarritz ein wichtiger polnischer Ministerrat statt- finden. Die polnischen Botschafter in Paris und Ber lin haben sich nach Biarritz begeben, wo Minister präsident Switalski und der Führer der Regierungs partei im polnischen Parlament, Slawek, ihre Som merferien verbringen. In den nächsten Tagen werden außerdem Außenminister Zaleski und Innenminister Skladkowski, die angeblich eine „Studienreise" burch Frankreich machen, in Biarritz erwartet. Nie französische Schulden-ebatte. Abstimmung erst nächste Woche? Die französische Kammer arbeitet schon mit Nacht schichten, um die Aussprache über die Schuldenabkom- men zu Ende zu bringen. Irgend etwas Neues können die Redner naturgemäß nicht mehr Vorbringen, aber sie müssen doch ihre Diäten abarbeiten. Es war deshalb -ucht möglich, schon am Freitag Schluß zu machen, wie rran gehofft hatte, zumal da auch die interfraktionellen Verhandlungen über die Ausarbeitung einer von Par° tmen und Regierung annehmbaren Vorbehaltsklausek noch nicht beendet waren. Die Schlußabstimmung wird daher vermutlich erst Anfang nächster Woche statt finden. Zur Borbchaltssragc sagen am Freitag zwei Entwürfe vor, und zwar ein. Entwurf Guernier, der einen Artikel 2 vorsieht, denr- zufolge die KreMte für die Tilgung der Schulden an Amerika und London nur den Frankreich auf Grund des Uoung-Plans zustehenden deutschen Jahreszahlun gen entnommen werden sollen, und ein inhaltlich gleich lautender Entwurf der Gruppe der Linksrepublikaner. Die Radikalsozialisten verharren dagegen auf ihrem bisherigen Standpunkt, wonach sie ihre Stimmabgabe von den förmlichen Vorbehalten abhängig machen. Allerlei aus aller Welt. * Uebersall auf Bahnbeamtc. In Grottkau wurden der Bahnstreifdienstbeamte Porrmann aus Bres lau und der Reichsbahnassistent Scholz aus Grottkau von einem dort sestgehaltenen Einbrecher, der mit dem nächsten Zuge weiterbefördert werden sollte, angeschos sen und schwer verletzt. Der Einbrecher ist durch den Streifbeamten erschossen worden. Die schwerverletzten Bahnbeamten wurden ins Krankenhaus eingeliefert. * 1SVVO Tonnen Getreide verbrannt. In dem großen Lagerschuppen der Emdener Hafenumschlag- gesellschaft m. b. H. im Emdener Außenhafen brach aus noch unbekannter Ursache Feuer aus, das in den Getreidevorräten und der durch die starke Hitze der letzten Tage völlig ausgetrockneten hölzernen Umwan dung reichlich Nahrung fand. 1500 Tonnen Getreide und eine neue Elevatorenanlage Im Werte von 100 000 Mark sind mit dem Gebäude vernichtet worden. Vier Kräne wurden durch die sengende Glut des Feuers unbrauchbar gemacht. Es gelang, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken. Der Schaden dürfte sich auf etwa eine Million Mark belaufen. * Zwei Autounfälle — fünf Tote. Ein Kraft wagen, der von dem in Paris wohnhaften italieni schen Industriellen Bonanone gesteuert wurde, stieß bei Rerms mit einem aus entgegengesetzter Richtung kommenden Auto des Industriellen und Bürgermei sters von Montmirail, Mathieu, zusammen. Die bei den Wagen wurden vollständig zertrümmert. Der Italiener und der Kraftwagenführer des Bürgermeisters waren auf der Stelle tot, während Mathieu kurz nach dem Unfall verschied. Zwei weitere Insassen wurden schwerverletzt dem Krankenhaus zugeführt. — Im Dorfe Meridien bei Lyon kam der Wagen eines Wein händlers ins Schleudern, fuhr auf einen Baum auf, den er buchstäblich wegrasierte und überschlug sich. Die vier Insassen wurden unter dem Wagen, der so fort in Brand geriet, begraben. Während der Füh rer mit einem Schlüsselbeinbruch und ein Freund der Familie mit mehreren Rippenbrüchen davonramen, ver brannten die Frau und das vierjährige Töchterchen des Weinhändlers. General Tschangkaischek, der Präsident und Schöpfer des neuen China, in dessen Händen mit di« Entscheidung über Krieg und Frieden liegt. Letzte Aachrichtea. Vormarsch der Russe« London, IS. Juli. Wie Reuter aus Osaka meldet, sollen die russischen Truppen die Offensive ergriffen und die Grenzstädte Pro- granichnoya und Mandschuli eingenommen haben. Neuqork, 19. Juli. Staatssekretär Stimson teilt mit. daß die Regierung dec Vereinigten Staaten die Verbindung mit den Botschaftern Englands, Frankreichs und Japans ausgenommen haben, um einen gemeinsamen Schritt der Mächte zur Verhinderung eines russisch-chinesischen Krieges herbeizusähren. Stimson erklärte, Rußland und China hätten den Kellogg-Pakt unterzeichnet. Die An sprüche beider Völker seien facher Natur, daß sic einem Schieds gericht zur Lösung unterbreitet werden könnten. Neuqork, 19. Juli. Wallstreet glaubt nicht an einen russisch chinesischen Krieg, weil beide Staaten weder Geld noch Kredit haben, um einen Krieg zu sühren. Nur wenn andere finanziell starke Mächte in den Konflikt hineingezogen würden, könne eine sehr ernste Lage entstehen. Weder die Sowjetunion noch China seien in der Lage, die Waffen, Munition, Flugzeuge und anderes modernes Kriegsgerät zu kaufen, welche zur erfolgreichen Führung eines Krieges notwendig seien. Beide Staaten hätten bei keiner fremden, finanziell starken Macht festen Kredit. Uborewitsch Oberkommandierender. Berlin, 20. Juli. Wie der „Rul" meldet, würbe ddr Oberkommandierende des Moskauer Militärbezirkes Uborewitsch, der seinerzeit die 5. Armee gegen Koltschak führte, zum Oberkommandierenden der russischen Streitkräfte im Fernen Osten ernannt. Sein General stabschef ist General Blücher. EinhcitSverbanS der landwirtschaftlichen Genossen schaften. Frankfurt a. M., 20. Juli, lieber die Abschluß verhandlung der deutschen landwirtschaftlichen Genos senschaften wird mitgeteilt: Unter dem Vorsitz des Prä sidenten der Preußischen Zentralgenossenschaftskasse fand am Freitag mittag in Frankfurt eine Sitzung der Organisationen des ländlichen Genossenschaftswesens statt. Die Verhandlungen über die Bildung des Ein heitsverbandes der ländlichen Genossenschaften wurden in dieser Sitzung zu Ende geführt. Dem zuständigen Organ der Genossenschaftsverbände wird folgendes Prä sidium des Ejnhxitsveröandes vorgeschlagen: Gleich berechtigte Präsidenten werden Geheimer Laudesöko- uomierat Hohenegg und Reichsminister a. D. Dr. Her mes, stellvertretende Präsidenten werden Landcsökono- mierat Dr. Rabe und Regierungspräsident z. D. Frei herr von Braun. Hoesch bei Briand. Paris, 20. Juli. Von deutscher amtlicher Stelle in Paris wird mitgeteilt: Botschafter von Hoesch hatte am Freitag eine weitere Unterredung mit dem Außen minister Briand, die ebenso wie die früheren Bespre chungen der Vorbereitung der bevorstehenden Regie rungskonferenz gewidmet war. Wo tagt die Konferenz? London, 20. Juli. Wie hier verlautet, kommt London als Konferenzorl nicht mehr in Frage. Mac donald, der seinerseits an einer Konferenz an einem anderen Ort nicht teilnehmen will, besteht aber im Interesse der anderen englischen Minister darauf, daß der Konferenzort in wenigen Stunden von London aus erreicht werden kann. Damit würde die Schweiz aus dem Wettbewerb ausscheiden. Gegen Holland er hebt Belgien Widerspruch, ein belgischer Ort — etwa Brüssel — wäre aber nicht als neutral anzusehen. Der Streit um den Konferenzort ist also noch keines wegs entschieden. Zunahme der Kriegsgefahr. Peking, 20. Juli. Die russische Flotte in Wladi wostok hat den Hafen verlassen. Drei Zerstörer und zwei Kanonenboote manövrierten vor der chinesischen Küste. Die Amur-Flußflotte hat sich an die Mündung des Sungari begeben. Die Flußslotte kann nötigenfalls bis vor Charbin hinuntergehen und die Stadt vom Fluß aus bombardieren. Die militärische Lage wird als äußerst gespannt bettachtet. An der russisch-chinesische« Grenze ist die Amur-Brücke, die die Stadt Sachaljang und Blagoweschtschensk verband, von Chinesen gesprengt worden. Sieg des Franzosen Lafleur. Berlin, 19. Juli. Im zweiten internationalen Rennen in Karlshorst siegte der Franzose Lafleur mit c4 Längen vor Dorn II. Amerika führt im Davispokal. Berlin, 19. Juli. Im ersten Spiel des DaviS- Cup-Spiels zwischen Amerika und Deutschland aus den Plätzen des L. T. T. C. Rot-Weiß Berlin-Grune^ Wald standen sich Tilden und Moldenhauer gegenüber. Der Amerikaner Tilden siegte mit 6:2, 6:4, 6:4. Ame rika hat damit eine 1:0 Führung. Im zweiten Spiel Prenn gegen Hunter siegte der Amerikaner Hunte« B:6, 6:3, 6:4, 6:3. Somit führt Amerika 2:0. Gestohlene Anlos. Der Dieb festgenommen. — Eine Warnung für Garagen- und Tankstellen-Jnhaber. Nach langwierigen Erörterungen gelang es der Kriminalpolizei, den Autodieb, der in letzter Zeit die Dresdner Parkplätze unsicher machte, zu ermitteln and festzunehmen. Die Beamten überraschten eine» 24mhrigen Monteur in einer Dresdner Garage be-m Abmontieren gestohlener Kraftwagen. Der Dieb hatte in der Garage mehrere Boxen gemietet. An Ort und Stelle fand man drei in letzter Zeit in Dresden gestoh lene Kraftwagen, von denen zwei vollständig abmon- tiert waren. Der dritte, erst vor einigen Tagen ans der Wallstraße gestohlene Wagen befindet sich noch M fahrbarem Zustand. Der Dieb erklärt, er habe sich mit den zum Teil zestohlenen und zum Teil gekauften Wagen nach und mch einen Autopark zulegen und sich selbständig Nachen wollen. Anlaß zu Bedenken gibt, daß es mög' stch war, die gestohlenen Wagen längere Zeit unbemer^ in einer Garage untcrzubringen und an verschieden^ Tankstellen Brennstoff zu nehmen. Sämtlich Wagen sind seinerzeit im Polizeiberichl als gestohle« zemeldet worden. Das Kriminalamt ersucht die Be sitzer von Garagen, Tankstellen usw., diesen Notizc« besondere Aufmerksamkeit zu schenken und verdächtige Wahrnehmungen schnellstens, unter Umständen fern mündlich, mitzuteilen. Km Fischerei und Landwirlschafi. Besetzung der sächsische« Elbstromstrecke. Wie die Pressestelle der Landwirtschaftskammer mitteilt, hat das sächsische Finanzministerium auf An trag der Landwirtschaftskammer und des Sächsischen Fischereivereins für das Rechnungsjahr 1929 eine Bei hilfe in Höhe von 3000 Reichs IN ark zur Ver- lügung gestellt mit Rücksicht auf die besonderen Scha ben, die der strenge Winter an den Fischbeständen in der Elbe verursacht hat. Diese Summe soll zum Ein setzen von edleren Nutzfischen verwandt werden. Vor schläge für die Besetzung sind bis zum 1. Oktober an die Fischerei-Abteilung der Landwirtschaftskammcr, Dresden-A., Sidonienstratze 14, einzureichen. Kahlfraß der Stachelbeersträucher. Die Pressestelle der Landwirtschaftskammer macht zweitens darauf aufmerksam, daß der Kah l f r a ß 0er Stachelbeersträucher durch die Afterraupen der gelten Etachelbeerblattwespe meist im Kroneninneren be- ainnt. um dann die ganze Belaubung m Mitleiden schaft zu ziehen. Die Früchte werden zwar verschont, gelangen aber nicht mehr zur Reife. Am zweck mäßigsten bespritzt mau die Sträucher während der