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-und guten Willens sind. Lie Umwälzungen in der Na- itur, welche in diesem Jahre die Erde erschüttert ha ben, sind eine Mahnung, alle Hilfsmittel der Solida rität und des menschlichen Geistes anzuwenden, um die moralischen und intellektuellen Voraussetzungen für Unser Dasein zu verbessern. , Millerand schloß mit der Versicherung: „Frank reich ist von friedlichen und brüderlichen Empfindungen beseelt und die Pflege der Geisteskultur ist eine seiner edelsten Traditionen. Wir kennen keinen anderen Ehr geiz, als an dem Kampfe gegen drohendes Unheil tat- «Sstig teilzunehmen." Mdenmg des BMchmWlstmdrs. Beschwerderecht «nd Schutzhaft. Nach einer soeben ergangenen Verfügung des Reichspräsidenten wird der über das ganze Reich ver hängte Ausnahmezustand in einigen Punkten gemil dert. So wird «. a. gege« das Verbot von Zeitungen das Recht der Beschwerde a» den Staatsgcrichtshos zu« Schutz der Republik cingcräuurt, jedoch hat die Be schwerde keine aufschiebende Wirkung. Ter Staats gerichtshof entscheidet in der Besetzung vou drei Mit- gkiedcru, Vs» denen mindestens eins dem Reichsgericht «icht angehöre« soll. Ferner wird das gleiche Recht Mtngeräu«t bei Beschränkungen der Persönlichen Frei heit. Lie Verordnung tritt sofort in Kraft und findet «auch Anwendung, soweit auf Grund des Ausnahmezu- Kandes Zeitungen jetzt verboten oder Personen in ihrer »persönlichen Freiheit beschränkt sind. Personen, die Ach am Tags der Verkündung in Haft befinden, sind vlsbald darüber zu belehren, daß ihnen gegen die Lerhaftung jederzeit das Rechtsmittel der Beschwerde »om den Staatsgerichtshvf zusteht. Vorzeitige Einberufung des Reichstags? Wie in Reichstagskreisen verlautet, wird die oben erwähnte Verordnung des Reichspräsidenten in den Kreisen der Linken als nicht ausreichend bezeichnet. Vertreter der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei haben deshalb mit Mitgliedern der bürgerlichen Koali- tionsparteien Fühlung genommen, inwieweit im bür gerlichen Lager für eine restlose Beseitigung des AuS- mahmezustandes Stimmung vorhanden wäre. Von so zialdemokratischer Seite soll in der Besprechung gel tend gemacht worden sein, daß auch durch die neue Verordnung die bisherigen sozialistischen Bedenken gegen den Ausnahmezustand nicht hinfällig geworden seien, und daß eine sofortige Einberufung des Reichs tages nötig wäre. Auf bürgerlicher Seite war man indessen der Meinung, daß schon aus außenpolitischen Gründen eine restlose Aufhebung des Ausnahmezustan des gegenwärtig kaum möglich wäre. Deutsches Keich. — Berlin, den 3. Januar 1924. ° Deutschlands Wille znr Verständigung. Dieser Tage hat in Berlin eine längere Besprechung zwischen dem Reichskanzler und dem französischen Botschafter stattgesunden. Tabei sind die schwebenden politischen Fragen erörtert worden. Ter Reichskanzler wies ins besondere aus das Düsseldorfer Urteil hin, dessen Un gerechtigkeit nn ganzen deutschen Volke eins außer ordentliche Erregung hervorgerufen habe, und das um so mehr bed ulert werden müsse, als die Neichsregierung durch ihre c >n Schritte in Paris und Brüssel den auiriä t a - W^ien zu einer Verständigung über das Verhältnis in den besetzten Gebieten zu erkennen gege ben habe. ° Ter erste Wahlaufruf. Der Vorstand der Ver einigten Sozialdemokratischen Partei Deutschlands ver öffentlicht in der Neujahrsnummer des „Vorwärts" unter dem Titel „Wahljahr 1924" einen Aufruf, der als Auftakt zu den kommenden Reichstagswahlen gedacht ist. Nach heftiger Polemik gegen die großkapitalisti schen und großagrarifchen Kreise und gegen die Deut sche Bolkspartei nennt der Aufruf das Kabinett Marx eine „Bedrohung für die arbeitenden Massen" und „eine Regierung, die nur allzu stark in die Abhängig keit von den großkapitalistischen Interessen geraten ist." ° Ein Neujahrsgruß aus Wien. Ter österreichische Bundespräsident hat aus den Neu'ahrsgruß des Reichs präsidenten Ebert mit folgendem Telegramm geantwor tet: „Anläßlich des neuen Jahres bitte ich nebst wärm sten Wünschen für Ihr persönliches Wohlergehen die Versicherung entgegenzunehmen, daß ganz Oesterreich mit herzlichster Sympathie des schwergeprüften deut schen Brudervolkes gedenkt und dis feste Hoffnung hegt, cs mögen auch für Deutschland bald glücklichere und bes sere Zeiten kommen." ° Stresemanns Urlaub. Reichsminister Tr. Strese mann bleibt, entgegen anders lautenden Gerüchten, «mindestens bis 6. Januar in Lugano; es sei denn, daß der Eingang der Pariser Antwort noch in den 'allernächsten Tagen erfolgt und seine Rückkehr dringend 'erfordern sollte. ° Ter Kampf um die Arbeitszeit. Nach einer Mel dung aus Düsseldorf sagt die sozialdemokratische Or- tzanisation der Arbeiter in der Metallindustrie gegen die Einführung der zehnstündigen Arbeitszeit auf den Be trieben der eisen- und stahlvsrarbeitenden Werke den schärfsten Kampf an. Tie Ortsgruppe des Freien Me tallarbeiterverbandes fordert ihre Mitglieder auf, so fern diese noch in Arbeit ständen, nach Ableistung ihrer acht Stunden die Betriebsstätte zu verlassen. ° Ter Prozeß gege« Ludendorff und Hitler. Tic Untersuchung in der Hochverratssache Hitler-Ludendorff und Genossen wird voraussichtlich erst gegen Ende Januar beginnen. Angeklagt sind 8 bis 9 Personen. Wer außer Hitler, Ludendorff, Poehner und Frick da zu gehört, ist noch nicht zu erfahren gewesen. ° Bayern für Erhöhung der Beamtengshältcr. Ter Bayerische Beamtenbund teilt mit, daß der Finanz minister und der Ministerpräsident bei den Vorstel lungen einer Abordnung des Beamtsnbundes erklärt haben, daß es sich bei den jetzigen unzulänglichen Beamtsngehältern natürlich nur um eine kurze Zeit des Uebergangs handeln könne, bis der geordnete Ein gang der Gvldmarksteuern in Wirksamkeit trete. Die bayerische Negierung werde nichts versäumen, um so bald als möglich, für eine entsprechende Aufbesserung der Beamtengehälter zu sorgen. ° Schnelle Wermirrd-rung der Gefatzungstruppe«. Tie Pariser Zeitung „Ere Nouvelle" bringt die Nach richt, die Desatzungskräfte im Ruhrgebiet würden bin nen kurzem so herabgesetzt werden, daß nur etwa ein Armeekorps dort verbleibe. Eine Befehlsstelle werde in Düsseldorf verbleiben, und zwar über drei Divi sionen. von denen eine in der Gegend von Düsseldorf Serbes Schicksal. Rom«» von H- Comths-Mahler. (Nachdruck verboten Natürlich hatte Sanna recht vermutet. Anna von Rehling lauschte draußen an der Tür und gab dann, ehs sie beruhigt wieder eintrat, nur schnell in der Küche ein« kurze Weisung, daß zum Diner ein Gast anwesend sein Würde. . Strahlend von eitel Liebenswürdigkeit trat sie wieder, Ins Zimmer und nahm an der Unterhaltung teil, ohne zu ahnen, daß vorher schwerwiegende Ding« iwtschen j Sanna und Heerfurt besprochen worden waren. . Sechstes Kapitel. M-cSarl von Sachau kam erst kurz vor Tisch wieder heim Die Angelegenheit bet seinem Recküsanwall Halts khn ziemlich lange aufgehalten. Er sah blaß und abgespannt aus. begrüßt« Heerfurt aber sehr freundlich und bat um Entschuldigung, daß ek Mn so lange hatte warten lassen. Gr hatte Heerfurt sehr gern. Die kraftvolle, ehrlich» ^Persönlichkeit desselben flößte ihm Hochachtung und Sym» ,pachte ein. Er fühlte, daß es nur Heerfurr zu danken war, zdaß ihm das Amt des Vormundes so leicht geworden war. LSchon als er damals, kurz nach der Katastrophe, in pSlsssow gewesen war und den Verhältnissen hilfslos Mgenübergestanden hatte, war ihm Heerfurt eine verläß- Mche Stütze gewesen. Seither hatte sich sein Vertrauen jzu diesem blonden Hünen, der ihn um Haupteslänge über-' -ragte, noch bedeutend vergrößert. Gleich nach des Professors Rückkehr ging man zu Tisch, tmtzd es war nur Heerfurts Anwesenheit zu danken, daß Michael von Sachau diese erste Begegnung mit Frau von Rehling, nach der Enttäuschung von heute morgen, erträg lich fand. Er unterhielt sich vorwiegend mit dem Ver walter und richtete ab und zu ein Wort an Sanna. Mit Uva« von Rehling sprach er nur das Nötigste und vermied M dabei anzusechen, damit ihn der Groll nicht übermannte. Gleich nach beendeter Mahlzeit bat er den Verwalter hinüber in sein Arbeitszimmer. Das war gegen alle Ge wohnheit. Sonst pflegte er mit Heerfurt in Gegenwart Muer Kusine zu verhandeln, oder er bat üe. zu bleiben, z wenn sie sich entfernen wollte. Heute geschah daS nicht. Als sie ihm ohne Aufforderung folgen wollte, wies er sie zurück. ' »Ich wünsche mit dem Herm Verwalter allein zu sein." Das kam so schroff und kalt über seine Lippen, daß ihm Frau Rehling ganz betroffen nachblickte. „Was ist denn mit Onkel Michael, fandest du ihn nicht sehr seltsam?" fragte sie Sanna in ihrer Bestürzung. Die junge Dame schrak aus ihren Gedanken empor. „Wie meinst du, Tante Anna?" „Mein Gott, wo bist du nur mit deinen Gedanken? Ich meine, ob du Onkel Michael nicht recht seltsam fandest." Sanna schüttelte den Kopf. „Nein — ich habe nichts bemerkt — ich habe vielleicht auch nicht darauf geachtet." Die alte Dame biß sich ärgerlich auf ihre Lippen. „Es ist ein Kreuz mit dir! Du bist leider immer so interesselos gegen deine Umgebung, liebe Sanna. Ich bin in schwerer Sorge, daß Onkel Michael wieder sehr leidend und nervös ist. Du aber merkst gar nichts von seiner Ver änderung. Es interessiert dich leider gar nicht, o>b er krank oder gestmd ist." Sanna sah sie ruhig an. „Ich weiß nicht, was ich dir daraus erwidern soll." Die alte Dame konnte kaum ihre Gereiztheit meistern. „Was du erwidern sollst? Nun, du hast doch ost eine merkwürdige Art, Sanna, das muß ich sagen. Wenn man nicht aus Liebe zu dir allezeit zu nachsicNig wäre, müßte man dir aus diese Worte eine scharfe Entgegnung geben." Sanna nahm schweigend am Fenster Platz und be schäftigte sich mit einer Handarbeit. Frau von Rehling ging unruhig mit ihren lautlosen Schritten auf und ab. Am liebsten hätte sie wieder ihren Lauscherposten an der Tür zu des Professors Arbeitszimmer bezogen. Nach einer kurzen Weile ging sie auch, um diesen Vor satz auszuführen, denn sie hatte es nicht gern, wenn etwas im Hause geschah oder besprochen wurde, wovon sie nicht unterrichtet war. Als sie leise das Vorzimmer betrat, sah sie zu ihrem Mißvergnügen, daß Friedrich hier anwesend war. „Sie mtffe« gleich einmal auf den SveicLer a«b«r. selbst, dis zweite in der von Essen und die dritte in! der von Dortmund untergebracht würden. ° Provinzückicwanleihe». Tis preußischen Provin zen haben die Ermächtigung erhalten, Goldcmleihcn aufzulegen, aus deren Ertrag sie Darlehen an Kreise und Gemeinden ihres provinziellen Bereiches geben können. Diese Goldanleihen dienen als Unterlagen .für die Beschasfung kurzfristiger, vorübergehender Kre dite zur Deckung des Finanzbedarfs der Provinzen,. Kreise und Gemeinden für den Monat Januar, bis die Goldsteuern der Gemeinden zum Fließen kommen. Nach Art der Rentenmark dürfen auf diese Goldanleihen Awischenscheine ausgegeben werden, die schon in den nächsten Tagen in den Verkehr kommen und, wie die Rsntenmark, den Zweck eines hochwertigen Zahlungs mittels erfüllen werden. Mit Genehmigung der Reichs und preußischen Landesregierung werden diese Zwischen scheine bei den Kassen der Reichsbahn, Neichspost und Reichsfinanzverwaltung sowie allen preußischen staat lichen Kassen in Zahlung genommen werden. ° Lis englischen Bergwerke im Ruhrgebiet. Zwi schen London und Paris ist ein Konflikt über die An wendung der Micum-Verträge auf die Ruhrbergwerke, die völlig in englischem Besitze sind, entstanden. Ter Generaldirektor der Gewerkschaft Mont Cenis, die sich vollständig in englischem Besitz befindet, hat seinerzeit Zwar einen Micumvertrag unterzeichnet, erklärt aber jetzt, daß er bereit sei, die rückständige Kohlensteuer zu zahlen, es aber ablehnen müsse, als Verwalter eines englischen Eigentums irgendwelche Reparationskohle an die französisch-belgische Verwaltung zu liefern, da eng lische Privatpersonen nicht verpflichtet seien, deutsche Reparationsleistungen zu bewirken, eine Rechtsauffas sung, deren Richtigkeit für englische Besitzer deutscher Unternehmungen von der Rechtsabteilung des englischen Auswärtigen Amtes bestätigt worden sein sott. ; » Hannover. In der NeujahrSnacht wurden in Han nover wiederum mehrere Kommunisten verhaftet, die im Verdacht stehen, an dem Bombenanschlag gegen den Ober- Präsidenten Noske beteiligt zu sein. " Münch««- Generalstaatskommissar v. Kahr hat eine Verordnung erlassen, nach der Sammlungen der Internatio nalen Arbeiterhilfe unter allen Umständen zu verhindern sind, da sie letzten Endes nur verbotenen volitischen Zwecken diente«. t AliSlandS-RimWall. Belgien: Politischer Reujahrscmpfs«g. Bei den Neujahrscmpfängcn im Schloß in Brüs sel sagte der König in Erwiderung auf eine Ansprache des Präsidenten der Teputiertenkammer, die Regelung der Reparationsfrage sei für die Wiederherstellung des wirtschaftlichen Gleichgewichts Belgiens unerläß lich. Tie Berechtigung der Reparationen sei, wie von der ganzen Wett, so auch von Deutschland anerkannt worden. Dem Präsidenten des Senats erwiderte der König auf dessen Ansprache, die Haltung Belgiens sei durch seine politische und geographische Lage bestimmt und ziele darauf ab, die bestehenden Freundschaften aufrecht zu erhalten und die unerläßlichen Stützen zu bewahren. Flalie«: Ein Verdienstorden für Arbeit. --- Der italienische Ministerrat beschloß die Schaf fung eines Verdienstordens für Arbeit, der ausschließ lich an Handwerker verliehen wird. Alljährlich sollen -169 dieser Dekorationen Industriearbeitern, die 25 Jahre, sowie bäuerlichen Arbeitern, die 35 Jahre ohne Friedrich, und die Sommersachen Des Herrn Professors nachsehen," gebot sie dem Diener, um ihn zu entfernen. Friedrich rührte sich aber nicht von der Stelle. „Später, gnädige Frau," sagte er mit stoischer Ruhe. „Was soll das heißen? Sie gehen sogleich." „Nein, gnädige Frau. Der Herr Professor hat mir ausdrücklich befohlen, hier zu bleiben und mich nicht von der Stelle zu rühren, bis er mich ruft. Und was der Herr Professor befiehlt, das gilt zuerst für mich." Frau von Rehling warf dem pflichtgetreuen Diener« einen giftigen Blick zu, aber sie fah doch ein, daß sie das Feld räumen mußte. Sie hielt es freilich nur für einen Zufall, daß der Professor Friedrich diesen Befehl gegeben hatte. Wahrscheinlich brauchte er ihn zu irgend etwas. Keine Ahnung kam ihr, daß er Friedrich mit Absicht hier Postiert hatte, um ihr das Lauschen unmöglich zu machen. Der Professor und Heerfurt besprachen zunächst nur die üblichen geschäftlichen Dinge. Erst als sie damit fertig waren, sagte der alte Herr, der nicht mit voller Aufmerk samkeit der Abrechnung gefolgt war: „Es ist gut, es ist alles gut, mein lieber Herr Ver walter. Das ist ja wohl nun das letztemal gewesen, daß ich an Stelle meines Mündels mit Ihnen abrechne. Das nächstemal wird Sanna selbst mit dabei sein, und dann wird nur noch ihre Unterschrift gelten." jawohl, Herr Professor, so ist es," erwiderte Heer furt, seine Papiere zusammenfaltend. Der Professor räusperte sich und fuhr fort: „Bis vor kurzer Zeit habe ich mich in dem guten Glauben gewiegt, daß ich mein Amt als Vormund, so, gut es ging, verwaltet habe. Aber in den letzten Tagens sind mir Bedenken gekommen. Bedenken schwerster Artz, daß ich manches hätte besser machen können. Abgesehen - von dem geschäftlichen Teil, bei dem ich in Ihnen eine der-« trauenswürdige Stütze hatte, habe ich auch sonst nicht daS! rechte Verständnis für das verantwortungsvolle Amt ge-, habt. Und — in dieser anderen Hinsicht war ich nicht so gut beraten als bei Ihnen. Ich habe da mein Vertrauen zu leichtsinnig verschenkt. Das weiß ich allerdings erst« seit beute. " . .. - - - - '